Montag, 13. Februar 2017

Ronny des Monats - Februar 2017


Aufmerksamen Lesern mag auffallen, dass in diesem Monat einen Schwerpunkt im sächsischen Dresden zu geben scheint. Das ist nicht nur scharf beobachtet, sondern auch nicht ganz falsch und liegt daran, dass in dieser Stadt momentan zwei Faktoren zusammenkommen: Zum einen jährt sich immer im Februar die Nacht des hinterhältigsten und heimtückischten Luftangriffs aller Zeiten auf die unschuldigste und schönste Stadt der Welt. Und bei der Bombennacht von Dresden ist der selbstmitleidige Opferdeutsche ganz bei sich. Zum anderen ist Dresden immer noch Hort und Epizentrum einer Schmerzfreienvereinigung namens Pegida, die immer noch wacker auf die Straße geht und ihre unterkomplexe Weltsicht zum besten gibt.

Apropos unterkomplex: Natürlich ist dies hier eine höchst eklektische Veranstaltung. Ist in diesem Rahmen auch nicht anders zu machen. Wer sich ein einigermaßen vollständiges Bild machen möchte, sei auf die allwöchentliche Presseschau auf netz-gegen-nazis.de verwiesen. Aber Vorsicht! Die Lektüre kann einem nachhaltig den Tag vermiesen. Sie wurden gewarnt.

Aber zurück zum Thema. Die Preisträger:

Platz 5: Alle Jahre wieder - Bombenstimmung in Dresden
Um die Erinnerung an den 13. Februar 1945 gebührend wachzuhalten, ist dieses Jahr der vorbestrafte Neonazi und Holocaust-Leugner Gerhard Ittner bei einer Kundgebung im Vorfeld des Gedenktages aufgetreten, wo er dann den Nationalsozialismus, so wörtlich, als "Modell für die ganze Welt" pries. Spitzenidee! Was wäre das für eine lustige Welt, wenn alle Länder, weil sie sich ja im stetigen sozialdarwinistischen Kampf aller gegen alle wähnten, andauernd Angriffs- und Vernichtungskriege gegeneinander führten und Minderheiten ausrotteten!

Platz 4: Auch Deutsche unter den Tätern
Über die Fülle der Meldungen über tatsächliche und vermeintliche Übergriffe von Migranten gegen hiesige Frauen gerät leicht in Vergessenheit, dass auch deutsche Männer in dieser Hinsicht ordentlich hinzulangen vermögen. Bitte mich nicht falsch zu verstehen: Hier soll weder plumper Whataboutism betrieben noch auf dem Rücken von Opfern sexueller Gewalt Politik gemacht werden. Ich habe halt nur immer gedacht, sexuelle Gewalt bliebe eben sexuelle Gewalt, egal woher die Täter kommen, welche Hautfarbe sie haben oder welcher Religion sie anhängen. Macht es einen Unterschied, ob ein Mann, der im Zug unmotiviert Fünf gegen Willi spielt, aus dem Nahen oder, wie jüngst in Hannover geschehen, dem ganz nahen Osten stammt? Wo ist der Unterschied, ob eine Frau im Schwimmbad von einem Zuwanderer oder einem Hiesigen befingert wird, wie jetzt in Fürth? Ach ja, und macht es irgendwas besser oder schlimmer, wenn gegen einen jungen Mann, sagen wir, aus Nordafrika wegen sexueller Nötigung ermittelt wird oder gegen den sachsen-anhaltinischen AfD-Abgeordneten Matthias Büttner?

Platz 3: Adolf - verzweifelt gesucht
Elena Roon, Bundestagskandidatin der AfD, hat in einer Chatgruppe ein Konterfei Adolf Hitlers verbreitet, über dem stand: „Vermisst seit 1945“, und darunter: „Adolf, bitte melde Dich! Deutschland braucht Dich! Das Deutsche Volk!“. Und als ob das nicht schon ulkig genug gewesen wäre, ließ Frau Roon gegenüber dem Münchner Merkur, der als erstes über den Vorfall berichtet hatte, verlauten, sie distanzierte sich von Rechtsextremismus und Antisemitismus. Mithilfe dieses des Bildes „den Eindruck erwecken zu wollen, ich würde den Inhalt der Banner gutheißen, würde die Wirklichkeit ins Gegenteil umkehren“. Ach sooo! Na dann ist ja alles gut. Und ich Dummerchen hatte schon gedacht. Ist ja bald auch wieder Karneval. Fasnacht sagt man, glaube ich, in Franken. Da kann sie den Klopper ja zum Besten geben.

Platz 2: Man kennt sich, man hilft sich
Es ist immer ein etwas komisches Gefühl, wenn Witze, die ich seit langem im Repertoire habe, von der Realität eingeholt werden. Kennen Sie den? Zwei Freunde treffen sich nach längerer Zeit wieder in der Kneipe und reden über alles, was so vorgefallen ist seither. Irgendwann sagt der eine, wer habe sich ein Haustier angeschafft, ein Stinktier. "Ihhhh!", sagt der andere. "Wo hältst du das denn?" Darauf der eine: "Im Schlafzimmer natürlich." - "Und der Gestank?" - "Ach, daran wird das Tier sich schon gewöhnen."
Vor ein paar Jahren dann sah ich beim sonntäglichen Zappen in der einer jener Fernsehsendungen, mit denen das Volks davon abgehalten werden soll, die Verhältnisse infrage zu stellen, ein Portrait von Leuten, die wirklich Stinktiere in der Wohnung  halten.
Oder wie wäre es mit dem? Wie lautet die Telefonnummer von Pegida in Dresden? 110. Hui, was haben wir gelacht! Ist leider nur nicht lustig, denn es zeigt sich immer öfter, dass Teile der Polizei und die rechte Szene offenbar einen recht guten Draht zueinander haben. Und auch hier scheint Sachsen einmal mehr die Nase vorn zu haben.

Platz 1: Opa greift durch
Im Thüringischen Leinefelde hat ein 64jähriger Rentner ohne erkennbaren Anlass eine 26jährige schwangere, aus dem Jemen stammende Frau im Supermarkt rassistisch beleidigt und ihr dann seinen vollen Einkaufswagen in den Bauch gerammt. Geholfen hat der Frau, wie es heißt, niemand, erst ihr Mann, den sie per Handy anrief, verständigte einen Rettungswagen. Zum Glück ist dem Ungeborenen wohl nichts passiert. Das Paar ist übrigens seit sieben Jahren in Deutschland, der Mann arbeitet als Oberarzt im örtlichen Krankenhaus und beide haben die deutsche Staatsbürgerschaft. So viel zum Thema Sozialleistungen abgreifen wollen, Willkommenskultur und alles Merkels Schuld. Es gibt Leute, die bringen Seiten in mir zum Vorschein, die ich noch gar nicht kannte. So kam ich irgendwie nicht umhin, dem rüstigen Rentner an den Hals zu wünschen, als Notfall in die örtliche Klinik eingewiesen zu werden und auf die Hilfe des jemenitischen Oberarztes angewiesen zu sein. Aber so etwas soll man ja nicht tun.


Und auch in diesem Monat ist wieder ein Ehrenronny zu vergeben. Er geht an:

Die Kunstsachverständigen von Dresden
In Dresden haben wir unsere Reise durch die Niederungen des braunen Matsches begonnen, in Dresden endet sie auch. Auf dem dortigen Neumarkt nahe der Frauenkirche wurde die Skulptur 'Monument' des aus Syrien stammenden Malaf Halbouni aufgestellt (Halbouni ist übrigens Absolvent der Dresdner Kunsthochschule). Die Installation besteht aus drei hochkant gestellten Linienbussen, wie sie auch in Aleppo zum Schutz gegen Kugeln und anderen Beschuss aufgestellt wurden. Das gefällt nicht allen, klar. Ist bei zeitgenössischer Kunst nicht selten der Fall. In der Kunst- und Kulturstadt Dresden zeigten Einheimische Sachverständige aus dem Umfeld des Intellektuellensalons Pegida ihre Kultiviertheit, indem sie aus ihrem Herzen keine Mördergrube machten. "Entartete Kunst!" - so befand man stilsicher. Gegen Oberbürgermeister Hilbert wurden im Netz Morddrohungen laut, sein Privathaus wird seither rund um die Uhr bewacht. Das ist besonders lustig, da der Polizeischutz für Hilbert vermutlich weit mehr Steuergelder verschlingen dürfte als die ganze Kunstaktion.
Ein nettes Gedankenexperiment ist es übrigens, sich vorzustellen, als links apostrophierte Gruppierungen hätten sich in vergleichbarer Weise aufgeführt.



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