Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
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Samstag, 24. November 2012
Grundsätzliches über das 'Freigeben' von Artikeln
Heute Vormittag erreichte mich zum wiederholten Male per Mail die Anfrage eines kommerziell arbeitenden Verlages, mit der Bitte, einen hier erschienenen Artikel für die Veröffentlichung auf ihrer Webseite und in ihrem Magazin "freizugeben". Mit anderen Worten: Man hätte gern einen Artikel von mir geschenkt, um dann in gewerblichem Rahmen damit Gewinne zu erwirtschaften. Wobei "freigeben" genau so ein anderes Wort für "schenken" ist wie: "Zehn Überstunden pro Monat sind bei uns inklusive."
Um das ein für alle mal klar zu stellen: Solche Anfragen ignoriere ich prinzipiell und werde das auch weiterhin tun. Und sollte jemand trotz meiner Nicht-Reaktion noch einmal nachfragen, so wird, vorausgesetzt, ich habe gute Laune, die Antwort lauten: Nein. Nicht, so lange es kein Honorar gibt. Bin ich gierig? Größenwahnsinnig gar? Nö. Immerhin scheint eine Nachfrage nach meiner Arbeit zu bestehen und da ist es in einer Marktwirtschaft guter Brauch, dafür auch zu bezahlen. Über den Preis kann man ja gern reden, ich bin weiß Gott kein Wucherer. Die Rechnung ist ganz einfach: Wer mithilfe meines Geschreibsels Geld verdienen will, soll mir gefälligst auch etwas davon abgeben.
Dieser Blog ist eine ehrenamtliche Arbeit. Ich mache das hier, weil ich das gern tue und weil es Leute gibt, die das, was ich so schreibe, meist auch gern lesen. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich anders. Fast alle Blogger halten das so. Einige schalten Anzeigen auf ihren Blogs, binden einen flattr-Button ein, bitten um Spenden oder gehen Kooperationen ein, zum Beispiel mit amazon. In den meisten Fällen kommt dabei ein kleines Zubrot heraus, ein besseres Taschengeld. Oft gerade genug, die Kosten zu decken, die zum Beispiel entstehen, wenn man selbst hostet.
Bitte mich nicht falsch zu verstehen: Ehrenamtliche Arbeit ist etwas Großartiges. Viele Dinge, die diese Gesellschaft etwas weniger kalt sein lassen, funktionieren nur, weil Heerscharen von Ehrenamtlichen ihre Zeit opfern. So lange sich niemand daran bereichert und eventuelle Überschüsse gemeinnützigen Zwecken zufließen, die Beteiligten eventuell noch eine Aufwandsentschädigung bekommen für ihre Mühe, ist das auch alles wunderbar. Daher bin ich jederzeit gern bereit, nichtkommerziellen Projekten auf Nachfrage Artikel gratis zur Verfügung zu stellen, sollte das gewünscht sein. Etwas anderes ist es jedoch, ehrenamtliche Arbeit fest in ein Geschäftsmodell einzupreisen. Also Leute unentgeltlich für sich arbeiten zu lassen, damit Kohle zu machen und diese dann für sich zu behalten. Für so was hält die deutsche Sprache mehrere Fachbegriffe bereit. Abzocke und Ausbeuterei treffen es ziemlich gut. Gratismentalität auch.
Es mag ja sein, dass in der Medienbranche zahllose Freie für so gut wie nichts arbeiten, weil sie um jeden Preis ihren Traum vom Schreiben verwirklichen wollen und sich noch mit Mitte dreißig durch Zuwendungen ihrer Eltern über Wasser halten. Das ist aber nicht mein Problem und ich sehe keinen Grund, mich mit so was gemein zu machen. Es kann nicht sein, dass Verlage und andere Medienunternehmen ihre Kosten drücken, indem sie sich in Blogs für lau bedienen und dadurch professionellen Schreibern, die davon leben, Aufträge durch die Lappen gehen.
Überhaupt scheint es ein nicht auszurottendes Vorurteil zu sein, dass Menschen, die kreativ tätig sind, grundsätzlich bereit sein müssten, auch mal für einen feuchtwarmen Händedruck zu arbeiten. Dahinter steckt nicht nur eine Geringschätzung geistiger und kreativer Arbeit, sondern auch ein ziemlich verqueres Verständnis von Arbeit und Entlohnung. Mein Autoschrauber zum Beispiel ist ein Bekannter von mir und macht mir netterweise Freundschaftspreise. Käme ich aber auf die Idee, von ihm zu erwarten, mein Auto gefälligst umsonst zu reparieren und mir auch das benötigte Material zu schenken, würde er vermutlich ziemlich blöd aus der Wäsche schauen.
Oft ist auch die Leier zu hören, es sei doch schließlich kostenlose Werbung, wenn man namentlich als Verfasser genannt würde. Bullshit. Eine bloße Nennung des Namens ist keine Leistung, also auch keine Werbung im engeren Sinne. Es handelt sich lediglich um eine Autorenangabe, wie sie beim Zitieren und Entlehnen ohnehin obligatorisch ist. Was soll das also bringen? Wären die, die so was sagen, auch bereit, mir ihre Erzeugnisse kostenlos zu überlassen, wenn ich versicherte, allen meinen Freunden davon zu erzählen? Was ist das für eine Logik? Der Cartoonist Flix stellte einmal zeichnerisch die Frage, was für ein Gesicht sein Vermieter wohl machen würde, wenn er ihm sagte, es sei doch auch Werbung für ihn, wenn er ihn mietfrei wohnen ließe.
Also noch einmal langsam und zum Mitschreiben: Anfragen nach kostenloser Nutzung von Inhalten dieser Seite zu kommerziellen Zwecken werden von mir aus den genannten Gründen grundsätzlich ignoriert bzw. abschlägig beantwortet. Capisce? Schön.
Nachtrag: Aus gegebenem Anlass sind auch die FAQs in diesem Sinne ergänzt worden.
4 Kommentare:
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Oft ist auch die Leier zu hören, es sei doch schließlich kostenlose Werbung, wenn man namentlich als Verfasser genannt würde.
AntwortenLöschenDas ist besonders dann ein sinnloses Argument, wenn es an einen Blogger geht, der eben kein Geld mit seinem Blog verdient. Klar, man schreibt für ein Publikum, und wenn das größer wird, freut man sich. Aber davon, dass aufgrund eines Links in einem Magazin zehn oder vielleicht hundert Leute mehr auf dem betreffenden Blog vorbeischauen (wenn sie dass denn tatsächlich tun), hat der Blogger zunächst mal nichts. Kein Geld, wahrscheinlich auch keine sinnvollen Kommentare, bessere Diskussionen usw. Nur höhere Zahlen in der Statistik. Wenn es dem Blogger nicht gerade darum geht, sich "in der Blogosphäre" einen Namen zu machen, ist diese Art der Werbung tatsächlich ziemlich sinnlos.
Hallo Herr Rose
AntwortenLöschenAlle Achtung, das nenne ich konsequent und authentisch!
Gruss
Rosi
Blogs sind immer mehr im Visier von Geschäftemachern. Werbung, Anzeigen, Link-Partnerschaften, flattr sind da nur der Anfang. Das sog. "Blog-Marketing" versucht Inhalte in ehrenamtlichen Blogs gezielt zu platzieren (blogs als U-Boote), links zu kaufen oder blogger anderweitig für sich zu gewinnen. Auch wir von ZG haben schon solche Anfragen bekommen. Ob wir nicht mal einen Beitrag von Unternehmen X für die Summe Y in unserem blog platzieren könnten? Haben wir rigoros abgelehnt!
AntwortenLöschenBlogs sind für viele Unternehmen sehr attraktiv geworden. Zum Einen sind da eine Masse an unbezahlten Schreibern, die keine zusäzlichen Kosten verursachen. Zum anderen steigt der Einfluss und die Bekanntheit von blogs immer mehr an. kein Wunder bei dem Einheitsbrei der Massenmedien.
Finde ich toll, dass Du so konsequent bist. ich befürchte, viele blogger werden sich nach und nach jedoch kaufen lassen.
Finde ich auch eine sehr gute Ansage. Auch an den Randbereichen dieses Blog-Marketing, wie epikur es treffend beschreibt, tut sich erstaunlich schwammiges. Im Moment trudeln sogar Angebote rum, blogtexte kostenlos in Buchform zu veröffentlichen. Ich hab da nicht mal mehr weiter nachgeforscht, weil so was einfach nur noch nervt. Dass die Dinger dann der "Veröffentlicher" verhökert, wird sich von selber verstehen können. Und auch hier wieder dieser "Freischalten"-Gedanke dahinter. Man kann nur hoffen, dass da keiner drauf rein fällt.
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