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Sonntag, 10. Januar 2016
Wullacken hilft
"Die völkisch-nationalistisch denkende und vor allem 'glaubende' Rechte und die demokratische Zivilgesellschaft können miteinander nicht mehr reden." (Seeßlen)
Es hilft nichts. In diesen aufgeheizten Zeiten ist es wohl besser, auch einmal die Klappe zu halten und nichts zu dem Thema zu schreiben, das im Moment so viele bewegt. Mit den Hetzern, die momentan ihren Weizen blühen sehen, gibt es kein Diskutieren. Also mal abtauchen, abwarten, bis der ärgste Qualm sich gelegt hat. Eines aber verursacht täglich mehr Übelkeit: Die Dreistigkeit und Verlogenheit, mit der exakt jene Konservativen und andere üblichen Verdächtigen, die normalerweise sofort "Genderwahn!" tröten, sobald von Gleichstellung nur periphär die Rede ist, sich nunmehr in die Positur von Frauenrechtlern werfen und so tun, als sei der Kampf für das unbedingte Recht der Frauen, "keinesfalls molestiert" zu werden (Gärtner), von jeher ihr heiligstes Streben gewesen.
Denn merke: Wenn brünstige Kanaken Frauen sexuell bedrängen, dann sind unsere Grundwerte in Gefahr, ist unsere Rechtsordnung am Kollabieren, mindestens. Wenn besoffene Deutsche Frauen begrabbeln, ist das ein zu vernachlässigender kultureller Kollateralschaden und etwas ganz anderes, wenn nicht gar eine unerträgliche Relativierung, die man sich im Brustton der Empörung verbittet. Schon klar. Wie damals bei der Annexion der DDR. Unionisten, die noch Wochen zuvor beim Thema Wiedervereinigung nonchalant grinsend die Achseln gezuckt und das als Utopie von Ewiggestrigen abgetan hatten, taten auf einmal so, als hätten sie ihr Leben lang für nichts anderes gekämpft. Und dann anderen noch Inkonsequenz und Unglaubwürdigkeit vorwerfen.
Was hilft gegen so was? Alkohol? Lieber nicht. Man muss sich die Leber schließlich nicht mit Gewalt gen Zirrhose saufen. Was anderes machen, ablenken, Birne runterdimmen. Sich ein Projekt vornehmen, eine anstrengende Arbeit, die nicht zu viel an Großhirnkapazität braucht. Rackern. Wullacken, wie wir in Westfalen sagen. Das geht am besten im Garten. Ist nur keiner da. Aber sich endlich die heimische Bibliothek vornehmen, das wäre was. Ausräumen, aussaugen, Staub wischen, Bücher reorganisieren. Zu viele Neuerwerbungen hatten sich angesammelt und lagen überall achtlos herum. Kein befriedigender Zustand für den Bibliophilen, der störrisch am bedruckten Totholz festhält. Geht auf Rücken und Knie, aber hinterher das schöne Gefühl, was geschafft zu haben. Befreiend, sollte ich öfter machen.
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