Montag, 11. Juli 2016

Fordern und fördern


David Folkerts-Landau ist Chefökonom der Deutschen Bank und sieht eine neue Bankenkrise dräuen. Die Lösung sieht er darin, die europäischen Banken nach amerikanischem Vorbild mit Staatskohle auszustatten (er nennt es vornehmer "rekapitalisieren"). Gut 450 Milliarden Dollar sind damals in den USA geflossen. Den Kapitalbedarf der europäischen Banken bezifferte Folkerts-Landau auf 150 Milliarden Euro. Nur etwa ein Drittel dessen also, was amerikanische Banken bekommen haben. Na, wenn das kein Schnäppchen ist!

Zur Begründung meint er, der "... Kursrückgang bei Bankaktien sei nur das Symptom eines viel größeren Problems, nämlich einer fatalen Kombination aus schwachem Wachstum, hohen Staatsschulden und einer Nähe zur gefährlichen Deflation." - anders gesagt: Die Banken können ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen, weil ihnen die Einlagen fehlen. Noch anders gesagt: Ihr Geschäftsmodell funktioniert einfach nicht mehr. Am Arsche. Schluss, Ende, aus die Maus. Jede Würstchenbude müsste in so einem Fall wohl dichtmachen.

150 Milliarden - ja, böh, bisschen happig, können wir schon drüber reden. Man ist ja kein Unmensch. Ich kann Menschen nämlich nicht Not leiden sehen, niemanden. Außerdem sind wir schließlich immer noch ein Sozialstaat. Den Gedanken aber, dass ein Haufen überbezahlter Schlipsträger sich von unseren Steuergeldern weiter fette Boni einstreicht, und sich dann hinter verschlossenen Türen über die Doofheit von Politik und eben jenen Steuerzahlern einen mittelschweren Ast lacht, ertrage ich noch weniger. Daher plädiere ich dafür, dem schönen, urkapitalistischen Prinzip folgend, dass wer zahlt, auch anschafft, die geforderte neuerliche Bankenrettung an ein paar Bedingungen zu knüpfen. Z.B. folgende:

Totales Verbot sämtlicher Bonuszahlungen an alle Mitarbeiter aller profitierenden Banken.
Aussetzung der Dienstwagenregelung.
Mithaftung der Vorstände für Verluste.
Deckelung aller Gehälter und Bezüge auf maximal 500.000,00 € p.A. u. p.c.

So in der Art. Sind nur so spontane Ideen. Leute, die mehr davon verstehen als ich, mögen sich gern Geeigneteres ausdenken.

Im Falle von Verstößen drohen Sanktionen. Verstaatlichung allen Eigenkapitals und aller Guthaben bis zu einem festzulegenden Schutzbetrag, Gehaltspfändungen bis zum ges. Freibetrag etc. Eine Art Hartz IV für Banker halt. Fordern und Fördern, wenn schon, denn schon. Und wer seinen Job verliert, muss sofort zum Bewerbungstraining, sonst Kürzung. Man darf solchen Schmarotzern die Kohle halt nicht einfach so in die Hand drücken, haben sie doch schon einmal bewiesen, dass sie mit Geld nicht umgehen können. Anstrengungsloser Wohlstand auf Staatskosten macht eben träge und kultiviert bloß eine ungesunde Anspruchshaltung. Kommen immer wieder angeschissen, die Brüder und halten die Kralle auf. Sehen wir ja gerade.

Was wetten wir, dass von so was keine Rede sein wird? Statt dessen wird wohl wieder was von systemrelevant gefaselt werden. Fast könnte man ja, also wenn man jetzt ganz spitzfindig wäre, meinen, die Forderung nach den Milliarden aus dem Staatssäckel röche, wie üblich, verdächtig nach Sozialisierung von Verlusten und gleichzeitiger Privatisierung von Gewinnen, mithin nach Umverteilung. Und wenn Folkerts-Landau nun befindet, Europa sei schwer krank und man früge ihn nach den Ursachen dafür, was wetten wir weiter, er gäbe zur Antwort, das Problem seien die heillos aufgeblähten Sozialsysteme? Nur so ein Verdacht. Rein hypothetisch, versteht sich.


8 Kommentare:

  1. Systemrelevant. Systemrelevant. Ein System das nicht funktioniert ist nicht relevant sondern ein Fall für die Abrissbirne.

    Es passiert nicht oft. Ich halte mich für einen Pazifisten. Ich hab mich noch nie geprügelt oder der Gleichen. Aber als ich heute Morgen bei attac über die Forderungen des Herrn Folkerts-Landau las dachte ich spontan Pump Gun oder zur Abschreckung an nen Laternenpfahl hängen? Ich glaube irgend wann erwacht der Instinkt in einem. Wer immer nur mit seinen Steuern, die eigentlich zum Erhalt des Gemeinwohls gedacht sind Geld von Leuten retten muss die zu Hause in goldene Kloschüsseln kacken. Wer unverschämte Zinsen an diese Banken zahlen muss wenn es am Monatsende mal klamm wird. Wer von Herrn Folkerts-Landaus Banken dann die Gehalts- und Kontopfändung bekommt wenn er sich verrechnet hat. Wenn dieser "kleine Mann" dann immer hört "wir müssen die Banken retten"... dann passiert irgend wann irgend was. Und das kommt vermutlich so plötzlich wie ein Vulkanausbruch.

    PS: liebe NSA, BKA, BND und Co., die ihr hier mit lest. Keine Sorge. Ich bleibe weiter Pazifist und laufe nicht Amok. Versprochen. Allerdings würde es mich sehr freuen wenn Herr Folkerts-Landau irgend wann mal ALG II beantragen müsste weil er nichts mehr zu Beißen zwischen den Kiemen hat.

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  2. Mein Sparbuch verstaatlichen wollen, sachma, biste links oder was?

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    1. Wie kommste denn darauf??? ;-)
      @Wolfgang: So ähnlich ging es mir auch. Als ich das zuerst hörte, schossen mir, obwohl sonst durchaus friedliebend und gegen Gewalt, Bilder durch den Kopf, in denen Mistforken, Pechfackeln, Laternen und Seile auftauchten...

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    2. Weiß auch nicht, so'n Bauchgefühl halt...

      Wg. Mistforken u.ä.: Wenns bei den Bankern das erste Mal wäre, dass der Karren im Dreck steckt, würde ich ja nichtmal was sagen. Sowas kommt vor, und sogar eine gewisse Fahrlässigkeit könnte man wegstecken. Aber nachdem genau diese Leute vor ein paar Jahren eine böse Finanzkrise mutwillig verursacht haben (vielleicht nicht absichtlich herbeigeführt aber doch zumindest billigend in Kauf genommen), in der viele, viele (vielleicht allzu arglose, aber trotzdem) Kleinanleger eiskalt um ihre Altersvorsorge gebracht wurden, die Banker sich von der Allgemeinheit haben retten lassen und gleich im nächsten Jahr schon wieder dampfende Boni kassiert haben und ab da weitermachten als sei nie was gewesen, also: Da werde ich dann auch einigermaßen ärgerlich.

      Fehler: ok. Deformation professionelle: auch ok. Im Eifer übers Ziel hinausgeschossen: auch noch ok. Aber das ist jetzt pure Unverschämtheitk weit jenseits von Gut und Böse, und irgendwo hörts dann echt auf.

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  3. Banken sind "systemrelevant", nur die Menschen nicht. In Deutschland werden ständig Lohnarbeiter gemobbt, entlassen (weil zu alt, zu teuer oder zu kritisch), schikaniert, verarscht. Von den Millionen Erwerbslosen, Rentnern, Kranken usw. ganz zu schweigen. Dafür gibt es keine "Rettungsschirme". Wo kämen wir denn da hin!!! Die sind nicht "systemrelevant". Die sind nur Verfügungsmasse.

    Kapitalismus ist verarscht werden und betrügen mit Vorsatz.

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  4. @epikur

    Wahre, wahre Worte!!

    Ich habe ja die ganze Zeit nur darauf gewartet, bis sich einer von den Bankern wieder zu Wort meldet und nach viel Kohle schreit. Hat nicht so lange gedauert. Irgendwo kann man die Leute ja noch auspressen. Da findet sich bestimmt was, wo man die Kohle abzwacken kann. Zur Not muss wieder ein ganzes Land dran glauben. Die Stürmung der Bastille kann ich immer besser nachvollziehen.

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  5. nun macht mal halblang!

    1. Nahezu alle Leute, die da arbeiten, sind kleine Angestellte, die nicht mal wissen, wie man "Bonus" überhaupt schreibt. Die stecken auch schön in der Tinte, weil sie in bewährter Manier natürlich zuerst den Kopf hinhalten dürfen.

    Nach der Vorbemerkung jetzt ans Eingemachte:

    2007 haben es die Regierungen in der EU (vor allem mal wieder Deutschland) versäumt, direkt Nägel mit Köpfen zu machen und haben versucht, sich durchzuwursteln. Jetzt fehlen nicht etwa die Einlagen (davon hat man zu viel), sondern die Erträge für die nötigen Abschreibungen.

    Lösung: Jeder Laden, der Staatshilfe braucht, wird sofort verstaatlicht und dann entweder abgewickelt oder restrukturiert und verkauft. Das Top-Management wird unter Verlust sämtlicher zukünftiger Ansprüche gefeuert, alle Boni der letzten Jahre werden zurückgefordert. Und fertig. Das kostet am Ende den Steuerzahler vermutlich gar nix (siehe schwedische Bankenkrise von 90-92).

    Hätte man das 2007 gleich so gemacht, hätte es auch keine sog. Griechenland-Krise oder Staatsschuldenkrise gegeben, denn das ist immer noch die gleiche Misere und alles von den Banken verursacht.

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    1. Na, genau deswegen bat ich ja Leute mir mehr Ahnung um konstruktive und sacherechte Vorschläge. Das ist doch mal gar kein schlechter Anfang, vielen Dank.
      Na ja, dann isses eben umgekehrt, trotzdem scheint deren Geschäftsmodell ziemlich am Arsche zu sein. Mein Vater war übrigens auch sein Berufsleben über einer der kleinen Bankangestellten, ist heilfroh, als Rentner da raus zu sein und schämt sich gerade zu Tode...

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