Samstag, 7. April 2018

Kram catalan


Es gibt ja diese Menschen, und sie scheinen irgendwie mehr zu werden (oder sie sind dank so genannter sozialer Netze einfach sichtbarer), für die Politik im Wesentlichen nach dem Schema 1 + 1 = 2 funktioniert. So nach dem Motto: Geheime Macht, die wir alle kennen, aber deren Namen wir nicht sagen dürfen, befiehlt die Große UmvolkungTM, Merkel muss gehorchen und schon dekretiert sie, die Grenzen zu öffnen, auf dass unkontrolliert Flüchtlinge angeschissen kommen können, um uns unseren Hart Erarbeiteten WohlstandTM abspenstig zu machen, unsere schmucken Städte zu islamisieren und in industriellem Maßstab Unsere FrauenTM zu molestieren.

Die Entscheidung einer unabhängigen Justiz, Charles Puigdemont auf Kaution und gegen Auflagen auf freien Fuß zu setzen, müsste für diese Politikexperten doch ein echtes Problem darstellen. Für die ist die EU ja nichts weiter als ein korrupter Haufen aus von Großbanken gesteuerter Marionetten, die alle unter einer Decke stecken. Da hätte es doch eigentlich so ablaufen müssen: Korrupte/r neoliberale/ Diktator/Marionette des Kapitals (Rajoy) befiehlt korrupter neoliberaler Diktatorin/Marionette des Kapitals (Merkel), den Separatistenchaoten, dessen Umtriebe den Gang der Geschäfte stören könnten, sofort lebenslang einbuchten zu lassen und den Schlüssel wegzuwerfen. Wobei der Justiz bloß noch die Rolle zukäme, artig zu parieren und das Theater dann der Öffentlichkeit zu verkaufen.

Man weiß einfach zu wenig, um sich da wirklich ein Urteil erlauben zu können. Ich zumindest. Weiß nicht, wer da recht hat. Eine kurze Recherche auf die Schnelle ergibt, dass Katalonien zwar immer eine eigene kuturelle und sprachliche Identität hatte, es in seiner sicherlich ruhmreichen und sehr interessanten Vergangenheit so gut wie nie ein selbstständiger Staat war, die Gründung eines solchen sich zumindest historisch schlecht begründen lässt. Andererseits müsste man wissen und einschätzen können, ob und inwieweit Franquistische Traditionen im spanischen Staats- und Justizwesen eine Rolle spielen und vieles mehr. Von juristischem und völkerrechtlichem Fachwissen ganz zu schweigen. Es ist daher immer wieder frappierend, von wie vielen Experten man im Netz plötzlich umgeben ist, die alles ganz genau wissen und einem das in sehr kurzen Sätzen final erklären können. Exilbots aus Rajoys und Puigdemonts geheimen Trollfabriken vielleicht, wer weiß.

Aber Moment mal! Das 17. deutsche Bundesland auf den Balearen ist bekanntlich ein katalanisches. Daher wird man sich die Dortigen doch sicher nicht noch mehr zum Feind machen wollen, obwohl dort - den meisten - wohl klar ist, das diese bestimmte Insel ohne den Tourismus relativ schnell relativ arm dran wäre. Auch wenn er in den Neunzigern etwas ausgeufert ist (Ballermann), jetzt aber wieder ein exquisiteres Publikum anspricht (Ausnahme: Ballermann, Schinkenstraße). Denken Sie mal drüber nach – na, klingelt's?



9 Kommentare:

  1. Stimmt, es reden zu viele Leute über Kataloniens Politik und Geschichte ohne besonders viel davon zu verstehen.
    Die Balearen zum Beispiel gehören nicht zu Katalonien. 😜😀

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  2. Ja gut, leider habe ich keinen Zweitwohnsitz auf Malle und auch sonst vielleicht nur sehr oberflächlich recherchiert, aber laut Tante Wikipedia ist Katalanisch eine der Amtssprachen auf den Balearen, die zumindest inoffiziell zu den Regionen Kataloniens gezählt werden. Scheint mir zumindest eine Grauzone zu sein...

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    1. Ahhhh... das hättest Du nicht schreiben sollen! Jetzt bin ich getriggert...! Umständehalber bin ich ziemlich mit Gedanken der katalanischen Unabhängigkeit kontaminiert und kann daher jetzt gar nicht anders als Klugscheißen, so unsympathisch das auch rüberkommen mag (Ignoriert werden ist für mich aber ein akzeptabler Kompromiss!):

      Nein, das ist gar keine Grauzone, sondern ganz klar. Zwar wird Katalanisch auch auf den Balearen gesprochen, wie auch in anderen Regionen außerhalb der politischen Region Katalonien. Allerdings fallen Sprachgebiete nicht mit politischen Einheiten zusammen. Katalanisch ist auch Amtssprache Andorras, ohne das Andorra deshalb Teil Kataloniens wäre. Chinesisch ist auch Amtssprache Singapurs, ohne daß Singapur jemals politisch zu China gehört hätte oder gehören würde. Und Deutsch ist auch Amtssprache Österreichs, ohne daß Österreich deshalb jemals zu Deutschland... Ok, lassen wir das besser. Aber der Schluß von Sprache auf Staat ist auf jeden Fall tiefes Wasser, da sollte man nicht Kurzschließen.

      Und wenn die verlinkte Website "katalonien-netz.de" (.de??, nicht .cat?? ;) von "Katalanischen Regionen" spricht, dann meint sie explizit "països catalans". Da bedeutet zwar wörtlich "die katalanische Länder", bzw. die "katalanischen Gebiete", allerdings ist das zuerst eine Art stehender Begriff die katalanischsprachigen Gebiete, und meint keine politische Einheit (vielleicht ist der Begriff am ehesten vergleichbar mit dem Begriff "frankophone Welt", der eine kulturelle Zusammengehörigkeit, aber keine politische Einheit meint). So beinhalten die països catalans Katalonien, Valencia, Andorra, Teile Aragons, die Balearen, Teile Südwestfrankreichs und reichen bis nach Sardinien. Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung beschränkt sich allerdings auf die spanische autonome Region Katalonien, und eine "großkatalanische Lösung" spielt keine Rolle (was natürlich nicht ausschließt, daß einzelne nationalistische Spinner... Kennen wir ja von Österreich). Sowohl die Referenden als auch die Ausrufung der "República Catalana" betreffen nur das historische und die heutige Autonome Region Katalonien. Die Balearen haben mit der katalanischen Autonomie nichts zu tun.

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    2. Öhh, wenn jemand Ahnung hat, fällt das bei mir nicht unter Klugscheißen.
      Ich bin halt leicht von Erlöserfiguren wie Puigdemont zu triggern...

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    3. Ich glaube es wäre ein Fehler, Puigdemont als "Erlöserfigur" zu betrachten. Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung hat keinen charismatischen Führer und ist nicht im geringsten auf Personenkult aus. Zwar gibt es ein großes Interesse an Puigdemonts Schicksal als Repräsentant Kataloniens, aber es ist ja bei weitem nicht der einzige katalanische Politiker, der in Haft ist oder gesucht wird. Und sie öffentlichen Aktionen schließen in Katalonien alle diese Politiker mit ein, ohne Herrn Puigdemont einen herausragenderen Heldenplatz einzuräumen.

      Wenn es in den deutschen Medien eine Zuspitzung auf die Person Puigdemont gibt, dann ist das eher dem zur Gewohnheit gewordenen Hang zur Übervereinfachung geschuldet: Russland ist Putin. Die Türkei ist Erdoğan. Der Irak war Saddam und Nordkorea ist Kim Jong Un. Man muß halt einen einzigen Namen und ein Gesicht dran pappen. Da ist die katalanische Unabhängigkeitsbewegung eben Puigdemont, für mehr Komplexität ist kein Raum. Und in diesem Denken kann man dann plötzlich nur noch Puigdemont-Fanboy oder Putinversteher oder was auch immer sein.

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  3. Guten Tag,
    Bei der Frage nach den Urprüngen des Konflikts tauchen in Gesprächen mit katalanischen Kollegen immer wieder folgende Schlagworte auf: Felipe V liess Barcelona brandschatzen, Lluis Companys wurde durch das Franco-Regime ermordet, "wir" bezahlen mit unseren Steuern das korrupte "PP-Regime".

    Der Region Katalonien geht halt wirtschaftlich seit Jahrzenten besser als dem Rest und trotzdem verweigert man ihnen eine finanzielle Selbstständigkeit wie dem Baskenland.

    Gruß
    Jens

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  4. Absatz Eins schildert in weiten Teilen den nach Kriegs "Hooton Plan".Nach dem nicht umgesetzten Kaufman Plan.

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  5. Fest steht, dass ein politischer Konflikt mit juristischen Mitteln angegangen wird. Diesem politischen Konflikt sind elementare Verhandlungsfehler vorausgegangen.

    Der Rechtsblogger Oliver García äußert sich zum juristischen Aspekt genauer.

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  6. Man sollte den Spaniern vermitteln, was in Deutschland ein Freistaat ist, wie z. B. Bayern, Thüringen oder Sachsen. Vielleicht wäre das ein Modell für einen Neuanfang. Acuh wenn man nichjt jeden Bayern oder Sachsen auf anhieb versteht, so muss man schon feststellen, selbst wenn man nur in Calella gewesen ist, dass die Sprache sich doch schon merkelich unterscheidet, sowie die Mentaltität und nicht zuletzt auch die Wirtschaft. Anders als Bayern, Sachsen und Thüringen wurden die Katalanen vom Länderfinanzausgleich (den es auch dort gibt) nie aufgepäppelt, sondern waren immer die Zahler. Das macht genau wie hier, die Leute dort wütend. Gerade, wenn man mitbekommt, das die Knete für Vetternwirtschaft und Abwrackung draufgeht, also Dingen, wo kein Profit bzw. wechselseitiger Profit entsteht. Mich wundert ja eher, dass der Konflikt sich erst jetzt so zuspitzt. Ich hätte ihn so vor knapp 22 Jahren in der Form erwartet. Daneben gibt es ja noch das alte Ding mit den 13 Rosen...

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