Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
▼
Dienstag, 22. Mai 2018
Biedermänner am Werk
"Die Brandstifter können nicht ernst meinen, was sie sagen, glaubt Biedermann und gewährt ihnen deshalb immer mehr Raum in seinem Haus. Bis sie es anzünden und so die ganze Stadt zerstören. […] Das Tückische an den Brandstiftern ist, dass sie sanftpfötig daherkommen. Sie sagen schreckliche Dinge, aber sie tun es so wohlerzogen, dass Biedermann ihnen nichts Böses zutrauen kann." (Bettina Gaus)
Keine Frage, Salonrassisten vom Schlage eines Alexander Dobrindt, eines Boris Palmer oder eines Christian Lindner* sind geistige Brandstifter, die es, entgegen ihrem Beteuern, exakt so meinen, wie sie es sagen. Der Herr Dobrindt möchte, wenn man sein Gefasel von der Abschiebungsverhinderungsindustrie ernst nimmt (und warum sollte man nicht?), dass Ausländer in Zukunft nicht mehr ihre gesetzlich garantierten Rechte in Anspruch nehmen dürfe. Es hat sich offenbar noch nicht bis zu Herrn Palmer herumgesprochen, dass auch ein dunkelhäutiger Fahrradrowdy deutscher Herkunft sein kann. Und Lindner? Herrgott ja, die FDP hat traditionell eine hohe Ekeltoleranz. Nicht beim Bäcker, aber in Bezug auf jene, mit denen man sich politisch ins Bett legt.
Ob sie das tun, weil das wirklich ihren Überzeugungen entspricht, oder bloß weil sie am rechten Rand Stimmvieh ausgemacht haben (was wahrscheinlich ist), mag eine interessante Frage sein, tut aber nichts zur Sache. Als Vertreter der so genannten bürgerlichen Mitte tragen sie dazu bei, dass Rassismus exakt dort immer salonfähiger wird. Und übersehen dabei, dass Faschismus, einmal an der Macht, nicht mehr kontrollierbar ist und auch keine Rücksicht nimmt auf jene bourgeoisen Steigbügelhalter, die ihm zur Macht verholfen haben.
Das noch einen Tick widerlichere Pack aber ist jenes, das uns sofort in freundlich-sachlichem Tonfall erklärt, Rassismus sei bloß eine ganz natürliche Regung, für die man daher schon ein Stück weit Verständnis haben müsse. Nein, muss man nicht! Kern dessen, was wir so Zivilisation nennen, ist, wenn's mich nicht täuscht, 'ganz natürliche' Regungen und Affekte zum Nutzen aller irgendwie in Bahnen zu lenken. Ich zum Beispiel verspüre, wenn ich so was höre oder lese, den unstillbaren, somit völlig natürlichen und in dieser Logik daher total okayen Drang, dem Urheber derart gründlich die dämliche Fresse zu polieren, dass er den erbärmlichen Rest seines verpfuschten Lebens seine Nahrung per Schnabeltasse sich wird zuführen müssen. Täte ich das aber, dann bekäme ich ein Problem mit der herrschenden Rechtsordnung. It's that easy.
* Ursprünglich stand hier fälschlicherweise der Name Patrick Lindner. Mit Christian Lindner verwechselt zu werden, ist, Nachnamensgleichheit hin oder her, definitiv eine üble Sache. Daher entschuldige ich mich in aller Form beim Geschädigten. (Danke an Lutz Hausstein für den Hinweis.)
19 Kommentare:
Mit dem Absenden eines Kommentars stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zu. Zu statistischen Zwecken und um Missbrauch zu verhindern, speichert diese Webseite Name, E-Mail, Kommentar sowie IP-Adresse und Timestamp des Kommentars. Der Kommentar lässt sich später jederzeit wieder löschen. Näheres dazu ist unter 'Datenschutzerklärung' nachzulesen. Darüber hinaus gelten die Datenschutzbestimmungen von Google LLC.
Ich finde es voll in Ordnung von dir, die taz zu lesen, weil ausgezeichnetes Anschauungsmaterial. Im Übungsbuch zu meinem Deutschunterricht seinerzeit gab es übrigens einen Artikel aus Julius Streichers „Stürmer“: zur Analyse. Mir ging beim heimlichen Voraus-Lesen damals der Hut hoch. Mangels Durchblick, ich war nur ein armer Gymnasiast mit bürgerlicher Erziehung: es ging beim Artikel um das Lob des „Krieg-Spielens“.
AntwortenLöschenDu schreibst, „(...) dass Ausländer in Zukunft nicht mehr ihre gesetzlich garantierten Rechte in Anspruch nehmen dürfe“. Lieber Stefan Rose. Ein Ausländer genießt über das Menschenrecht hinaus kein weiteres Recht, insbesondere kein Bleiberecht. Ein solches genießt – grundsätzlich! – nur der Asylant. Steht im Gesetz. Außerdem bedarf der Asylstatus der Überprüfung.
Du hast den Ausländer genannt und den Asylanten – nicht etwa gemeint, sondern – suggeriert. Das ist die Rhetorik von taz und Co.
Lieber Stefan. Bei der Analyse ist es wohl nicht geblieben, es folgte sogleich die Ausprobiere, oder was ist? Brrr.
Verquaster Schwachsinn. Da wir von Menschenrechten reden: Laut Artikel 8 der UN-Menschenrechtscharta steht jedem Menschen das Recht auf Rechtsbehelf zu, Artikel 9 schützt davor, willkürlich des Landes verwiesen zu werden und Artikel 10 sichert jedem Menschen das Recht auf einen fairen Prozess zu. Nur zu Info.
LöschenUnd wer mir hier Julius Streicher kommt, sollte bitte, bitte niemals wieder über 'Nazikeulen' jammern.
Recht auf Rechtsbehelf leitet sich ab aus Menschenrechten, ist aber aus meiner Kritik nicht herauszulesen (auch nicht zwischen den Zeilen). Zu einer Asylprüfung, die den Namen verdient, kam es nie. Wie jeder weiß, der Zeitung liest.
LöschenIch habe kritisiert, dass du mit rhetorischen Mitteln eine andere Sachlage suggerierst. Verquaster Schwachsinn also?
Nachtrag, Hitler- und Nazi-Vergleiche sind mir fremd. Deren Zeit ist um.
LöschenDen Bezug auf den „Stürmer“ bitte nicht als Nazivergleich missdeuten: die taz ist inhaltlich mit jenem nicht vergleichbar (quasi-links statt nationalsozialistisch), auch nicht stilistisch (im „Stürmer“ schwirrten die Ein-Wort-Imperative; im genannten Artikel zitiere ich den 1. Satz vollständig: „Kriegspielen!“), der Satzbau der taz hat geringeren Impetus.
Nein. Die Gemeinsamkeit besteht in der Unredlichkeit (Propaganda statt Information).
Es geht aber nicht darum, ob im Fall Ellwangen eine Asylprüfung stattgefunden hat oder nicht (ich bin des Lesens mächtig), sondern dass Herr Dobrindt Grundrechte nach ethnischen Kriterien beschneiden möchte.
LöschenDass die Zeit der Hitler- und Nazu-Vergleiche um ist, wage ich zu bezweifeln. Und wer nicht missverstanden werden möchte, sollte nicht missverständlich formulieren.
Stichwort Ellwangen. Ganz schönes Erweckungserlebnis, oder?
LöschenWir Deutschen kriegen eingebläut: das Monopol auf Gewalt liegt beim Staat. Wir haben uns das Prügeln, Hauen und Stechen nicht nur abgewöhnt, sondern ganz verlernt. Das bloße Führen einer Waffe ist mit Gesetz verboten.
Dann halsen wir uns einen Trupp Goldstücke auf, die der Polizei tatsächlich ein Ultimatum stellen. Da verliere ich die Fassung! Das ist der Anfang der No-Go-Areas, wie wir sie aus den Staaten kennen.
Ich will diese Kerle nicht schlechter machen als sie sind. Sie sind her gelockt worden ohne Aussicht, in diesem Land auch nur ein Stück Brot mit eigener Arbeit zu erwerben: keine Deutschkenntnisse, Analphabeten, 25-40 Jahre alt – die Blüte ihrer Lernfähigkeit liegt weit in der Vergangenheit (bis 12. Lebensjahr).
Über ihre Sozialisation brauchen wir kein Wort zu verlieren.
So lange sie unter uns in Deutschland leben, messe ich ihre Moral selbstverständlich an unseren Maßstäben, alles andere wäre Selbstmord (keine Metapher, sondern real).
No Go Areas gab es vor ca. 25 Jahren zuerst sort, wo die ganz Rechten das Kommando übernommen haben.
LöschenNun ja, 'Erweckungserlebnisse' - ich bin da nicht so der Religiöse, aber wer unbedingt einen Vorwand braucht von wegen, jetzt müsse endlich mal Schluss sein mit der 'Humanitätsduselei', bitte schön.
Übrigens spricht die Statistik klar gegen derartige Völkerselbstmord- und Weltuntergangsphantasien.
Und mit einem Satz den Stab über ganze Gruppen zu brechen ("Über ihre Sozialisation brauchen wir..."), ist mindestens grenzwertig.
Die Statistik untersucht Vorfälle in GROSSER ZAHL. Die Zahl der No-Go-Areas in Deutschland betrug vorher GENAU NULL. Darum ist Statistik hier ein invalides Messinstrument.
LöschenHumanitätsduselei werfe ich dir nicht vor, sondern ich denke, du hast die „Schere im Kopf“ – selbst auferlegte Denkverbote. Bitte nicht persönlich nehmen. Ich kenne das von mir selbst.
Meine Aussage über ihre Sozialisation (Herkunftsländer, Wertvorstellung, Selbstbild) ist ganz sicher keine moralische, sondern eine strikt sachliche Aussage – dein impliziter Vorwurf läuft leer. Die Burschen können einzeln im direkten Umgang mit dir ganz ausgezeichnete Kerle sein. Das ändert aber nichts.
Aha, und jetzt, da du deine "selbst auferlegten Denkverbote" abgelegt hast, bist du erleuchtet, oder was? Das wäre dann wieder so ein religiöses Narrativ. Das einzige Denkverbot, das ich mir bewusst auferlege, ist, gruppenbezogene Zuschreibungen zu vermeiden. Ist aber schon anstrengender als es sich mit Schubladen bequemer zu machen. Deine Aussage über "ihre Sozialisation" ist vor allem mal pauschal, sonst nichts.
LöschenUnd Statistiken, die einem nicht ins Bild passen, für invalid zu erklären? Nun ja. Hast du vielleicht auch einen Beleg für deine steile Hypothese, dass die Zahl der 'No Go'-Areas vorher "genau null" (deine Shift-Taste klemmt übrigens manchmal) war? Nicht? Invalid.
Ach ja, und Aussagen wie die, dass einzelne 'von denen' sicher prima Menschen sind, aber so insgesamt, in Horden - nun ja, ein absoluter Klassiker der antisemitisch/faschistischen Rhetorik.
Für einen einigermaßen erkenntnisfördernden Diskussionsstil empfehle ich dringend, sich über die am meisten verbreiteten Fehlschlüsse und Fehlwahrnehmungen zu informieren.
Selbst auferlegte Denkverbote resultieren aus Sozialisation und sind ins Unterbewusstsein verschoben. Sie an sich selbst festzustellen erfordert Energieaufwand.
LöschenDie „Pauschalität der Sozialisation“ ist eine Aussage über die große Zahl (also eine statistische aussage). Sie deckt sich mit der Wirklichkeit. Das ist nicht moralisch verwerflich.
Statistiken über No-Go-Zonen hast du ins Spiel gebracht. Bitte benenne eine, die sich auf Deutschland bezieht.
Meine Wortwahl mit antisemitischer oder faschistischer Rhetorik zu assoziieren (nicht etwa zu folgern) ist zu kritisieren. Meine Kommentare weisen mich als einen Nicht-Faschisten aus.
Danke für den Link zu „Fehlschlüssen und Fehlwahrnehmungen“. Lohnender Lesestoff.
Patrick Lindner? Ganz, ganz schlimm! Echt jetzt! Ich mag ihn auch nicht. Was aber weniger an ihm selbst, sondern an der Art seiner Musik liegt. Einfach nicht mein Ding, überhaupt nicht.
AntwortenLöschenP.S. Es ist nicht das erste Mal, dass ich darüber stolpere, wie jemand aus Versehen aus Christian Lindner Patrick Lindner macht. Und ich muss jedes Mal wieder lachen. Jungs, ihr sollt doch nicht immer so viel Schlager hören, das färbt ab. :-)
Patrick, Christian - alles ein Brei... Nur dass der musikalische Terror, abgesehen von der Ohrenpein, definitiv weniger Schaden anrichtet.
LöschenIch weiß nicht wie du dazu kommst der FDP rechte Tendenzen zu unterstellen. Gibt es dafür irgendwelche Belege?
AntwortenLöschenKommen Sie, das schaffen Sie!
LöschenAbsolut korrekt. Die F.D.P. ist eine Gruppe von Steinzeitkommunisten.
LöschenSo direkt rechts blinken mag Lindner nicht, die FDP ist sogar glaubwürdig für Flüchtlingshilfe, so mein Eindruck.
AntwortenLöschenLindner macht aber etwas weit gefährlicheres als das Propagieren eines rechten Rassismus , der einem wenigstens noch offen ins Gesicht kotzt- deshalb ist es völlig richtig, hier von der klammheimlichen Etablierung in der bürgerlichen Mitte zu sprechen.
Lindner spricht fast unverhohlen von unterschiedlichen Nutzwerten verschiedener Immigrantengruppen, greencard und hoch qualifizierter IT-Inder?- gut. Asylbewerber? Nicht unbedingt schlecht, aber naja, die Bildung und so, und was soll der am deutschen Arbeitsmarkt?
Lindner ist das missing link zwischen Neoliberalismus, Rechtskonservatismus und offenem Rechtsradikalismus, und als solches in der Tat höchst bedenklich.
"Ich zum Beispiel verspüre, wenn ich so was höre oder lese, den unstillbaren, somit völlig natürlichen und in dieser Logik daher total okayen Drang, dem Urheber derart gründlich die dämliche Fresse zu polieren, dass er den erbärmlichen Rest seines verpfuschten Lebens seine Nahrung per Schnabeltasse sich wird zuführen müssen."
AntwortenLöschenEine natuerlich humanistisch'pazifistische Zwangspause und der notwendige Gebrauch von Schnabeltassen ist durchaus legal.
Wolf Dieter Busch 23.Mai 2018 spricht mir aus dem Herzen.Junge ungebildete triebgesteuerte Migranten treiben als höchstes der Gefühle die Anzahl von stark armutsgefährdeter Kinder in die Höhe.Daher ist "kleiner Schnitt im Schritt" die Lösung.
AntwortenLöschen@Leon – du übersiehst, dass die reingelockten Burschen auch nur Figuren auf dem Brett darstellen. Bitte überdenke deine Schnibbelfantasien.
Löschen