Ronny des Monats - März 2019

Seit der letzten Verleihung ist so einiges passiert. Etwa der quasi offizielle Beweis, dass die AfD schlimmer röche als eine Biogasanlage, wenn Eigenlob stinken würde. Oder der 58jährige Münchner, der einem widerborstigen Taxifahrer mal die Meinung geigte. Oder was da aus der Schweiz zu vernehmen war. Die ist ja für nicht wenige Rechtsdrehende so was wie ein Musterland. Direkte Demokratie! Roger Köppel! Braune Kühe! Und jetzt das! Ein Schweizer Pressegrossist hat, so ist zu hören, die Zeitung 'Junge Freiheit' aus dem Sortiment von vier Filialen gelistet - und bei der NZZ reiben sie sich die Augen. Schockschwerenot! Zensur! Säuberungsaktion! Wann brennen die Bücher? Sind die Deutschen am Ende toleranter? Fragen über Fragen. Es sind also wieder einige heiße Kandidaten leer ausgegangen.

Die Top 5 des Monats:

Platz 5: Zufälle über Zufälle
Am Holocaust-Gedenktag waren vor einem Polizeirevier im osthessischen Schlüchtern die National- und die Landesflagge verkehrt herum gehisst. Sicher nur ein Versehen. Erst recht in Hessen würde so was niemals mit Absicht gemacht.

Platz 4: Auf ihn mit Gebrüll
In Leipzig, melden Medien, soll eine alkoholisierte Männergruppe einen 22jährigen Mann aus Westafrika verprügelt haben. Besoffen und dann alle gegen einen. Voll mutig. Aber Moment mal! Eine Männergruppe? Hallooo? Ich hatte immer gedacht, Männergruppen seien diese Veranstaltungen, in denen verunsicherte Männer bei Vanilletee und Räucherstäbchen lernen, über ihre Gefühle zu sprechen, zu ihren Schwächen zu stehen und so. Saufen und Afrikaner vermöbeln gehörte meines Wissens bislang nicht zu deren Kernkompetenzen.

Platz 3: Chemnitzer Condolenz
Man muss den Tod eines Menschen gewiss nicht feiern, auch nicht den eines politischen Gegners. Wenn aber im Stadion ungehindert und öffentlich der Tod eines regional bekannten Neonazis betrauert wird wie jetzt dasjenige in Chemnitz das Ableben Tommy Hallers, Gründer der Fangruppe Hoonara ('Hooligans Nazis Rassisten') und nicht nur niemand widerspricht, sondern die Politik auch noch artig sekundiert – dann läuft halt was schief. Beim Chemnitzer FC hat man da weniger Berührungsängste. Laut MDR hat Peggy Schellenberger, Fanbeauftragte des CFC und SPD-Stadträtin, nämlich folgendes verlauten lassen: "Wir waren immer fair, straight, unpolitisch und herzlich zueinander." Na dann ist ja alles schön.

Platz 2: Offenbacher Streifenhörnchen.
In Offenbach am Main haben Ende Februar Menschen in roten Warnwesten patrouilliert (knallbunte Warnwesten scheinen in letzter Zeit irgendwie der voll heiße Scheiß zu sein), um, wie es hieß, in "der überfremdeten hessischen Großstadt" "Schutzzonen" zu schaffen. Am Samstag vor Karneval schwangen die Rotwesten sich gleich zur Staatsmacht auf und schickten eine allen Ernstes "Schutz-Streife" genannte Gruppe zum Karnevalsumzug in Usingen, weil die Stadt ihrer Meinung nach sonst im Chaos versunken und die Polizei an ihre Grenzen gestoßen wäre. Mit den Aktionen brüstet sich die NPD. Man darf gespannt sein, was passiert, wenn diese Bürgerwehr mal auf die Scharia-Polizei trifft.

Platz 1: Kein Geld für Asylantenkinder
Der Salzburger Verein 'VIELE' hat bis vor Kurzem mit ausgebildeten Pädagogen ein Lernförderprogramm für lernschwache Kinder an Salzburger Regelschulen betrieben. Jetzt wurden dem Verein durch die ÖVP/FPÖ-Regierung in Wien die Bundesmittel gekürzt, wodurch für den Verein zwei Drittel der finanziellen Mittel wegfallen. Das bedeutet für das Projekt das Aus. Zur Begründung hieß es, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass von den Bundesmitteln auch Kinder im Asylverfahren profitierten. Nun muss man mit Urteilen in so einem Fall vorsichtig sein. Man kennt weder die Umstände noch die Rechtslage in Österreich und es kann durchaus sein, dass das Vorgehen der Regierung rechtens war. Dann will mir aber eines nicht recht in den Kopf: Wenn Kinder im Asylverfahren eh nix lernen sollen, wieso schickt man die dann eigentlich an Schulen? Was immer der Hintergrund war, eines kann man hier wieder einmal sagen: Es passt ins Gesamtbild.

Und auch dieses Mal gibt es einen Ehrenronny. Der geht an:

Die frechen Anti-PC-Früchtchen von True Fruits
Hin und wieder benötigen auch echte, ganze, total männliche Kerle, also die ihr Steak roh essen und ihr Craft Beer dazu selbst brauen, weil Rotwein voll schwul ist und die sich andauernd zwanghaft ihrer Männlichkeit vergewissern müssen, ein paar Vitamine. Obst und Gemüse essen kann einen bei den männlichen Kollegen (also nur Kollegen, nicht dass einer denkt, man sei schwul oder so) als unmännliches, unter der Fuchtel der Lebenspartnerin stehendes Weichei in Misskredit bringen. Da sind Smoothies eine gute Alternative. Passen bequem in jede Tasche und können schnell und diskret gekippt werden. Und wenn sie dann noch von der Firma True Fruits kommen - bingo! Die machen nämlich immer so voll witzige Werbung, die auch Besorgten Bürgern, Identitären und anderen geistigen Undercuts gefällt.

Hier ein glänzendes Beispiel dafür, dass Ironie nicht in der Werbung funktioniert.
Verstehe nichts hier. #truefruits pic.twitter.com/qro01r0WoQ

— The Blocks (@m_blocksberg) August 15, 2017

Auf Kritik reagiert der Saftladen auch voll cool: Ihre total sophisticatete Kampagne "...könnte von dummen Menschen missverstanden werden."

Nun ja, besser dumm als braun, wenn man mich fragt.

"True Fruits ist das offizielle Getränk der konformistischen Revolte. Es ist das flüssige 4chan. Es ist das Getränk derjenigen, die laut für sich Meinungsfreiheit fordern und sich Zeter und Mordio schreien, wenn andere diese Meinungsfreiheit nutzen, um darauf hinzuweisen, dass Misogynie und Rassismus nur für autoritäre Würstchen witzig sind, die gerne nach unten treten." (Veronika Kracher)

Fun fact: Wem das obige arg überzeichnet erscheint, sei darauf hingewiesen, dass True Fruits auch einen 'Eier aus Stahl'-Award verleiht. Just sayin'.