Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
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Samstag, 20. April 2019
Unerbetene Verbindlichkeiten
Na, auch schon mal vor der Frage gestanden: Wie zur Hölle werd ich eigentlich Feminist? Nicht verzagen, Marga fragen! Einfach sich an 40 simple Regeln halten und der Drops, pardon, das Bonbon, ist gelutscht. Lack fertig. Kittel geflickt. Diese Regeln sind deswegen so simpel, weil sie im Wesentlichen auf dem Prinzip beruhen: Gehorchen und Fresse halten. Und um Himmels Willen nicht mit Madame diskutieren. Dass Fragenstellen und Diskutieren nicht erlaubt sind, hat übrigens einen guten Grund.
So bin ich weiß Göttin nicht der einzige, dem es spontan auffiel, dass es einer gewissen Ironie nicht entbehrt, wenn eine Autorin verfügt: "9. Geben Sie Frauen keine unerbetenen Ratschläge und vor allem keine, die Sie bei Männern unangemessen fänden.", dies in einer Kolumne tut, in der sie ihrerseits mal eben 40 unerbetene Ratschläge runterrasselt. Na ja, richtet sich wohl vornehmlich an Männer. Da muss das. Grunz. Da gelten, scheint‘s, auch keine Angemessenheitsgrenzen. Oder zumindest andere.
Dankenswerterweise aber, das sollte lobend erwähnt werden, verlangt sie an keiner Stelle, gefälligst gendergerechte Sprache zu verwenden. Mit der ist das ja so eine Sache. Die Stadtverwaltung Hannover etwa hat im Februar eine Broschüre mit Empfehlungen herausgegeben, wie in Zukunft zu schreiben sei. Das meiste davon sind Selbstverständlichkeiten, Stilfragen, die der Sprache keine Gewalt antun, teils sogar elegant und auf jeden Fall die ganze Aufregung nicht wert sind.
Interessant ist allerdings der rechtliche Rahmen des Ganzen. Eine Politisch Korrekte Sprachdiktatur zu errichten ist nämlich längst nicht so einfach wie dauerempörte Sprachschützer sich das vorstellen.
(Apropos: Sprachsauberhalter wie jene vom Verein für deutsche Sprache, der auf keinen Fall verwechselt werden darf mit der Gesellschaft für deutsche Sprache e.V., sind mir suspekt. Wer sagt, man wolle die deutsche Sprache vor neumodischen Einflüssen schützen, weil man sie so liebe, offenbart damit allenfalls ein problematisches Verständnis von Liebe. Was wäre zu halten von einem/r, der/die seiner/ihrem geliebten Lebenspartner/in aus lauter Liebe Veränderungen untersagen bzw. volle Kontrolle darüber ausüben will, welche tolerabel sind und welche nicht?)
In Stadtverwaltungen und anderen öffentlichen Einrichtungen gilt allein das durch den Rat für deutsche Rechtschreibung erarbeitete und im jeweils aktuellen Duden abgedruckte Regelwerk. Daher kann man davon abweichende Sprachregelungen auch nicht einfach so verordnen. In diesem Fall verstößt das in der Broschüre empfohlene Gendersternchen gegen die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung. Der Rechtschreibrat hat Ende letzten Jahres mitgeteilt, das zu diskutieren, die Benutzung aber noch nicht zu empfehlen.
Das muss auch der Hannöverschen Gleichstellungsbeauftragten aufgegangen sein, die das Projekt betreute. Auf der Internetseite der Stadt Hannover heißt es daher, es handele sich bei den 'Regelungen' um eine, so wörtlich, "verbindliche Empfehlung". Für mich schon jetzt der Widerspruch in sich des Jahres. Ein echtes Easter Egg. (Unerhört! Wir sind hier in DEUTSCHLAND! Da wird DEUTSCH gesprochene!nse1f!) Mein erster Gedanke: Gibt es demnach auch 'unverbindliche Verbote'? So voll Seventies-sozialarbeitermäßig ("Ey, ich fänds irgendwie voll okay, wenn du nicht...")? Cool! Mein zweiter war: So eine Formulierung können sich nur Juristen ausdenken. Doch Pustekuchen! Eine mir befreundete Juristin, die ich darauf ansprach, musste passen und meinte, von so etwas noch nie gehört zu haben.
Was auch kein Wunder war. Eine Suchmaschine spuckte nämlich aus, dass das Konstrukt der 'verbindlichen' bzw. 'verpflichtenden Empfehlung' im hiesigen Rechtswesen ansonsten nur auftaucht bei der Empfehlung von Lehrer/innen zum Übertritt auf eine weiterführende Schule. Allerdings nicht in allen Bundesländern, so auch im heimischen NRW. Daher hatte sie damit auch noch nie zu tun.
Wieder was gelernt. Angenehme sonnige Ostertage allseits.
3 Kommentare:
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Warte mal. Das ging mir ein bisschen zu schnell. Heißt das konkret, dass wir bald eine Frau als Regierungschef kriegen? Eine KanzlerIN? Und am Ende ist eine Frau auch noch Oberbefehlshaberin der Armee in Deutschland? Das wäre ja krass. Kann ich mir noch gar nicht richtig vorstellen. Crazy - aber wenn Margot es sagt ...
AntwortenLöschenReingefallen! Du sollst doch keine dämlichen privilegierten Männerfragen stellen, sondern spuren! Anders funktionierts nicht.
LöschenAber vierzig Regeln sind definitiv zu viel. Kann man das nicht auf zwei oder drei reduzieren, damit ich's auch kapiere?
AntwortenLöschen1. Halt's Maul.
2. du hast doch keine Ahnung.
3. Heul doch, du Feinstaubopfer.
Funktioniert doch auch in den soziologischen Medien.