"Wie argumentationslos Rechtsradikale sind erkennt man daran, dass sie ihre Agenda mit Gewalt durchsetzen wollen und müssen. Jeder mit einem Funken Verstand und Empathie erkennt gleich, dass die Forderungen dieser Menschen Blödsinn sind." (chris)
Das Eklige an denen von Pegida ist ja, dass sie einerseits alle Empathie der Welt für sich reklamieren -- Weil sie verkauft, belogen, betrogen und hintergangen wurden. Weil ihre Sorgen und Nöte nicht ernst genommen werden. Weil keiner Verständnis zeigt für ihre Wut. Weil alle sie zu Nazis stempeln, bloß weil sie eine marginal vom linksgrünversifften Mainstream abweichende Meinung zu äußern wagen, obwohl sie doch nur 'Besorgte Bürger' sind. Schluchzbuhu! --, dass sie andererseits aber nicht bereit sind, Flüchtlingen/Zuwanderern/Migranten, aber auch durchaus Hiesigen, die ihnen irgendwie querkommen, auch nur einen Funken jener Menschlichkeit und Empathie zuzugestehen, die sie so dreist für sich beanspruchen. Das macht den Umgang mit ihnen, zumindest mit denen, die die Schnauze aufreißen und Inhumanes pöbeln, nicht eben einfach.
"Nationalismus bedeutet Krieg." (François Mitterrand)
Angesichts des 'Kontraste'-Beitrages von einer "erschreckenden Radikalisierung" zu faseln, ist nichts weniger als lächerlich. An dieser Radikalisierung ist überhaupt nichts erschreckend, so im Sinne von überraschend. Sie war und ist für alle, die sehen wollten und wollen, seit Jahren offen und klar erkennbar ("Absaufen! Absaufen!"). Wurde halt nur nicht ernst genommen. Seit Jahrzehnten veröffentlicht nicht nur Wilhelm Heitmeyer empirisch sauber fundierte Studien über die schleichende Verrohung bürgerlicher Schichten und wird mit gleicher Regelmäßigkeit als unseriöser Panikmacher abgetan. Ach, ich bitte Sie, immer dieser linke Alarmismus. Hättest du gern, Schätzchen! So kompliziert das Leben und die Welt manchmal sein mögen, im Falle Pegida war es immer ganz einfach und ist es immer noch: Wer angeblich aus nichts als bloßer Unzufriedenheit mit dem herrschenden System mit Nazis Händchen hält, mag meinethalben wirklich keiner sein, ist aber zumindest so schmerzfrei, dass er sich nicht beschweren darf, für einen gehalten zu werden. Man nennt das: Für die eigenen Entscheidungen und Handlungen die Verantwortung übernehmen.
Das aber scheint in weiten Teilen der Gesellschaft inzwischen voll out zu sein. Gern wird ja Linken und Liberalen vorgeworfen, meist zu unrecht, aus falsch verstandener Menschenfreundlichkeit nicht hart genug durchzugreifen, mit dem Umfeld oder der harten Kindheit von Tätern alles und jedes entschuldigen und relativieren zu wollen. Wenn aber braunes Pack hetzt und mordet, dann stößt man bei nicht unbeträchtlichen Teilen des bürgerlichen Lagers auf ungeahnte Sensibiliät und unerwartetes Einfühlungsvermögen. Sicher, dass Lübcke ermordet wurde, ist schlimmschlimmschlimm, gewiss, gar keine Frage. Aber hat Lübcke sich nicht wirklich ein wenig unglücklich geäußert? Auch wenn es absolut nicht gutzuheißen ist, kann es wirklich wunder nehmen, wenn so ein armer Teufel, der‘s doch eh schon schwer genug hatte im Leben und dessen Heiligstes so in den Dreck getreten wurde, sich am Ende gar nicht mehr anders zu helfen wusste als zur Wumme zu greifen?
Übertrieben? Nun ja, dieselben, die so wortreich den Tod Lübckes beklagten, entblödeten sich nicht, kurz darauf abermals die intellektuelle Totgeburt der 'deutschen Leitkultur' ins Spiel zu bringen, die völlig zu Recht komplett erledigt ist. Aber sie können es nicht lassen. Und so kommt das leidige Thema immer mal wieder hoch wie ein schwimmfähiger Kotbrocken, der sich allen Spülversuchen hartnäckig widersetzt. Schlauerweise nennen sie es anders. Sie nennen es jetzt "Einpassung in deutsche Lebensverhältnisse". Heißt anders, meint aber das gleiche. Grundrechte nur noch für die, die sich benehmen wie ordentliche Deutsche. Lästige Kinkerlitzchen wie die, dass das vor keinem Verfassungsgericht Bestand haben dürfte und dass bislang noch jeder Versuch, 'Deutschsein' halbwegs gerichtsfest zu definieren, krachend gescheitert ist, sind unwichtig. Es geht darum, den Ausgrenzungs- und Bestrafungswunsch sowie den latenten Rassismus eines bürgerlichen Publikums zu bedienen. Wäre das alles nicht existent, gäbe es auch solche Gaga-Vorschläge nicht. So einfach auch das.
Das alles wäre ein bisschen weniger schwer erträglich, wenn aus denselben Mündern auch nur ein Funken solchen Mitgefühls für die Demonstranten des g20-Gipfels zu vernehmen wäre, die zum Teil noch jetzt in U-Haft sitzen.
— Leo Fischer (@leogfischer) 29. August 2017Schlimmer noch: Gewalttäter wie der im Falle Lübcke Tatverdächtige oder offene Nazis wie der Mordnormalfinder von Pegida haben allen Grund, sich zu dem, was sie da tun, vollauf berechtigt zu fühlen:
"Aber warum sollte sich der Demonstrant auch nicht so äußern? Überall werden er und seinesgleichen doch belohnt für Aussagen wie diese. Die Reaktion auf einen nationalsozialistischen Mord an einem Politiker ist eine Einladung bei Plasberg - mit großzügig bemessener Bonus-Redezeit. Die Reaktion auf schwer bewaffnete nationalsozialistische Milizen quer durch den Sicherheitsapparat hindurch ist eine weitere Verschärfung der Asylgesetzgebung. Die Reaktion auf Waffenpakete an Politiker sind Kooperationen von CDU und AfD." (Leo Fischer)
Das einzig Tröstliche, der kleine Silbersteif: Bei Teilen des parlamentarischen Armes des deutschen Rechtsextremismus ist man wohl wirklich so doof wie angenommen und sägt sich aus eigener Blödheit ausgerechnet in der eigenen Hochburg sauber selbst ab. Gespannt sein darf man aber, wann die ersten Stimmen aus dem bürgerlichen Lager laut werden, die die Möglichkeit zur Nachnominierung von AfD-Kandidaten in Sachsen ins Spiel bringen. Weil, ja, natürlich, Gesetze zwar Gesetze seien, man aber auch nicht immer so irre streng sein dürfe. Weil das schließlich undemokratisch wäre und sie es doch eh schon schwer genug hätten, die Ärmsten. Wo bliebe denn da die Menschlichkeit?
Sie halten auch das für übertrieben? Ich nicht. Ein Lied, zwo, drei, vier…
Nachtrag, 6. Juli, 15:35 Uhr. Es geht schon los. Also sprach Professor Patzelt: "Ich bin kein Wahlrechtsexperte. Doch es scheint mir unverhältnismäßig zu sein, einer großen Anzahl von Kandidaten ihr passives Wahlrecht nur deshalb zu entziehen, weil Formalien, die von der Sache her nebensächlich sind, nicht gewahrt wurden."
Wie konnte ich auch zweifeln?
Da sind wir wieder bei Wiglaf Droste, warum Nazis Nazis sind.
AntwortenLöschenUnd Patzelt ist in meinen Augen genau dieses Abbild des Spießers, der selber immer schön die Händchen hebt, aber gleichzeitig den grossen Pegida-Versteher mimt und im Hintergrund Beifall klatscht.
Auf jeden Fall ist das so ein Typ, der lieber mit rechts marschiert als seine Aversionen gegen alles vermeintlich Linke zu überwinden.
Man wird ihn dereinst vielleicht den Papen von Dresden nennen.
LöschenLeo Fischer beschreibt in seinem text im grunde, was seit jahrzehnten schon so läuft. Man stellt sich mit den rechtsextremen gut und arbeitet sich an vermeintlich linksextremen ab, die schon als bewaffnet gelten, wenn sie auf einer demo vom schulsport noch den zahnschutz in der jackentasche haben.
AntwortenLöschenMich wundert es nicht für einen pfennig, daß nun ausgerechnet im kreis Kassel ein politiker (mutmaßlich) von einem rechtsextremen erschossen wurde. Es ist seit über 30 jahren bekannt, daß es dort eine aktive und gewaltbereite rechtsextreme szene gibt, aber es wurde immer nur weggesehen. In den 80er jahren wurden dort auf schulhöfen ausländer, grüne, linke, punks, schwule und die, die dafür gehalten wurden, von rechtsextremen verprügelt, bedroht, drangsaliert. Dagegen wurde nichts unternommen, denn das waren »normale« schulhofstreitigkeiten unter jugendlichen und außerdem waren die drangsalierten selbst schuld, sie hätten die anderen schließlich nicht provozieren müssen. Durch ihre bloße anwesenheit, beispielsweise. Aus den kleinen nazis von damals sind heute offenbar große geworden - man hat ihnen nichts entgegengestellt, im gegenteil.
Man könnte fast mit verrücktem gesicht durch die stadt laufen und den betretenen mienen zurufen »Ihr habt’s doch so gewollt!«
Den »anfängen zu wehren« ist’s längst zu spät. Hätte man beizeiten etwas dagegen unternommen, würde nicht nur Walter Lübcke noch leben, sondern wahrscheinlich auch der arme Halit Yozgat, der am 6. april 2006 in der Holländischen Straße in Kassel von rechtsextremen ermordet wurde.
Wenn die »bürgerliche mitte« vielleicht nun endlich mal begreifen würde, womit sie sich gemein macht, wären sie nicht völlig umsonst gestorben. Aber das kann man wohl vergessen.
"Wenn die »bürgerliche mitte« vielleicht nun endlich mal begreifen würde, womit sie sich gemein macht, wären sie nicht völlig umsonst gestorben. Aber das kann man wohl vergessen."
LöschenOje;-)
Ähnliches gilt doch für das Beklatschen der Massnahmen, welche die Seenotrettung diskriminieren und der Menschen, die diese durchführen. Dabei ist das nicht einmal irgendeine linke Gefühlsduselei, sondern ganz normales internationales Recht.
Kriminell sind also diejenigen, welche sie zu verhindern suchen, angefangen von den Politikern, welche zur Abwehr der Flüchtlinge die EU-Grenzen nach Afrika verlegen bis zu denen, die ein Einlaufen von Schiffen mit Schiffbrüchigen verhindern.
Der Artikel dazu ebenfalls im ND.
Vor jahren habe ich mich mal mit konservativen über das thema seenotrettung unterhalten. Die waren alle der auffassung, daß es ein verbrechen sei, schiffbrüchige nicht zu retten. Man muß sogar den Gauland retten, wenn er am Heiligen See in Pots in not gerät - klamottenklau nicht eingeschlossen. ^^
LöschenAls gegner der bürgerlichen demokratie ist mir an diesem punkt klar, daß ich die bürgerliche demokratie um jeden preis verdeidigen muß. Vielen bürgerlichen ist das leider nicht so richtig klar.
Da kommt einem in den Sinn was Max Reimann (KPD, Mitglied des Parlamentarischen Rates) 1949 anlässlich der Unterzeichnung des Grundgesetzes gesagt hat: "Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben."
LöschenSo ähnlich wie Max Reimann denken wahrscheinlich viele kommunisten: das grundgesetz unterschreiben kann man nicht. Aber der tag ist gekommen, daß wir es verteidigen müssen, weil es sonst in die barbarei geht.
LöschenWas mich an der aktuellen Situation (Lübke-Mord etc.) besonders ärgert, ist, dass bei den "neulandrebellen" insbesondere von dem notorischen Solidaritätsverweigerer Püntes bei jeder passenden Gelegenheit (Buch über das Versagen der Linken, G20 usw.) über die Antifa hergezogen wird.
AntwortenLöschenInzwischen berufen sich sogar seriöse Journalisten in Talkshows auf die Rechercheergebnisse der Antifa und loben deren investigative Bemühungen. Vieles, was jetzt als neueste Erkenntnis der Verfassungsschutzorgane veröffentlicht wird, war den tagtäglich mit den extremen Rechten und ihren Planungen konfrontierten radikalen Linken bekannt. Püntes fordert stattdessen für diese Aktivisten ein Berufsverbot.
Die "dame von welt" schreibt sogar: "Nicht nur, daß Antifaschismus der demokratische Minimalkonsens schlechthin ist, tut die Antifa vor allem eins: sie recherchiert. Danke, liebe Antifa! Weswegen über den mutmaßlichen Täter und sein wahrscheinliches Netzwerk* (lesen Sie das exif-Dossier (https://exif-recherche.org/?p=6218) ganz, ist so ausführlich wie gut recherchiert) auch ohne größere Anstrengungen der Staatsgewalt einiges bekannt ist.
https://dvwelt.wordpress.com/2019/06/18/vom-grossen-stil/
Die neulandpapiertiger sollten dort mal lesen.
und warum bringst du das nicht dort und ihm persönlich zur kenntnis, mit allen nötigen links? weil er möglicherweise nicht reagieren würde?
AntwortenLöschenAnonym: Weil er für seine Kritikresistenz weltweit bekannt ist.
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