Samstag, 25. April 2020

Experten und Durchblicker


"Nicht jeder im Internet ist irre, aber jeder Irre ist garantiert im Internet." (Wiglaf Droste)

So genannte seriöse Experten sind gegenüber Schwätzern, Scharlatanen und Wahnwichteln immer im strategischen Nachteil. Erstens, weil sie an wissenschaftliche Standards gebunden sind, die sie einhalten müssen. Zweitens, weil sie eine gewisse Verantwortung tragen. Beides ist bei zweiteren nicht der Fall, weswegen die Kanäle so voll sind von ihrem mehr oder minder ahnungsbefreiten Geschwurbel. Zumal Experten für Corona/Covid-19 gerade deutlich wichtigeres zu tun haben als Youtube-Videos aufzunehmen und in 'sozialen' Medien abzuhängen.

Hefte raus, Klassenarbeit! Was ist ein Experte? Wagen wir uns fürs Erste an eine verkürzte Definition: In der Wissenschaft ist ein Experte jemand, der in einem Spezialgebiet über Expertenwissen verfügt. Das bedeutet, er bewegt sich auf dem aktuellen Stand der Forschung und verfügt über ausreichend Hintergrund- und Kontextwissen, um neue Forschungsergebnisse richtig einordnen zu können. Daher ist jemand, der mal Biologie, Medizin o.ä. studiert hat und vielleicht auch mal als Arzt praktiziert hat, nicht zwingend ein Experte, der die aktuelle Forschungslage bei Corona/Covid-19 richtig einschätzen kann. Auch wenn er zweifellos mehr von der Materie versteht als die meisten anderen.

Auf mich übertragen hieße das: Die Tatsache, vor 25 Jahren mal neuere Geschichte studiert zu haben, macht mich nicht zu einem Experten für, sagen wir, mittelalterliche Archäologie in Oberfranken (eine Spezialdisziplin in einer anderen Fachrichtung). Um einer zu werden, müsste ich mich lange und aufwändig in die Materie einarbeiten, längere Zeit in Bibliotheken, auf Kongressen, in Graduiertenkollegs etc. verbringen. Und selbst dann wäre ich kein Experte, weil mein fachlicher Hintergrund ein anderer ist und ich auch nicht an aktuellen Debatten teilnehme. (So viel zum Thema "Ich habe mich eine Zeitlang intensiv damit befasst.")

Würde ich also hergehen und auf einem Kongress zu mittelalterlicher Archäologie in Oberfranken mich zu Wort melden und sagen: "Also, Herr Kollege ich habe auch mal Geschichte studiert und muss Ihnen sagen, dass das Blödsinn ist, weil...", man würde mich vermutlich wenig ernst nehmen bis belächeln. Weil 'abweichende Meinungen' keine Chance haben? Nein, weil unqualifizierter Blödsinn nicht allzu ernst genommen zu werden pflegt. Das wäre auch der Fall, wenn ich bei einer Innungsversammlung des Kfz-Gewerbes einen Vortrag hielte, in dem es heißt, das mit den Verbrennungs- und Elektromotoren sei alles Lüge, Autos würden in Wahrheit von unsichtbaren Engeln geschoben, da gäbe es ganz tolle Videos im Internet, wer das nicht glaube, solle das halt googeln, und wer das nicht glaube, der sei ein Tepp, ein arger, ein Schlafschaf gar, ein unaufgewachtes.

Merke: Es gibt zu allem immer mindestens zwei Meinungen, klar. Aber nicht alle sind gleich valide. Deswegen hat das Wort eines Christian Drosten momentan auch mehr Gewicht als das eines Wolfgang Wodarg, eines Bodo Schiffmann von der Schwurbelambulanz und anderen.

"Dann wird in quotenverwöhnten Fernsehshows diskutiert, ob Impfen eine gute Sache ist. Man lädt dazu eine erfahrene Ärztin ein, die sich ihr halbes Leben lang mit evidenzbasierter Medizin, aufwändigen Statistiken und doppelt verblindeten Studien beschäftigt hat. Und daneben setzt man einen wütenden Impfgegner, der mit irgendwelchen Einzelfällen herumpoltert, um zu beweisen, dass vom Impfen in Wahrheit eine dunkle Gefahr ausgeht. Beide bekommen gleich viel Redezeit, und am Bildschirm sehen sie gleich groß aus." (Florian Aigner)

Noch etwas unterscheidet Experten von Schwätzern und Pseudoexperten: Das Bewusstsein, niemals im Besitz der gültigen Wahrheit zu sein und jederzeit falsch liegen zu können (das verlangen letztere immer nur von anderen). Daher ist es auch kein Zeichen von Inkompetenz oder Verlogenheit, wenn z.B. das Tragen von Masken zunächst als nutzlos erachtet wurde und nunmehr empfohlen wird. So funktioniert Wissenschaft. Zumal bei einem so neuen Forschungsgegenstand wie dem Covid-19-Virus. Da ist wenig wirklich bekannt und vieles im Fluss.

Ja, auch mich nerven die verhängten Maßnahmen, und zwar gewaltig. Ich finde Masken lästig, ich finde es unangenehm, dauernd Abstand halten zu müssen, mir 20-30 Sekunden lang die Hände zu waschen, ich vermisse Zeit im Kreise lieber Menschen, in Kneipen und Restaurants, im Konzert, im Kino, beim Feiern oder einfach nur so. Selbstverständlich treibt mich als politischen Menschen die Frage um, ob da im Moment nicht die Falschen ihre Liebe zu autoritärem Durchregieren entdecken. Es macht mich wütend, wenn ich sehe, wie gewisse Leute in der momentanen Situation den Blockwart rauslassen. Es ist alles andere als schön, nicht zu wissen, wie lange das noch so geht und ob es überhaupt was bringt. Trotzdem halte ich mich so gut es geht an die Vorgaben. Weil ich auf Gehorchen stehe, autoriätshörig bin? Weil ich mich willig in eine Diktatur manipulieren lasse?

Nein, weil es vernünftig ist. Weil die Entscheidung, sich an diese Vorgaben zu halten, eben keine rein individuelle ist. Wenn ich entscheide, mir hochaggressive Chlorbleiche hinter die Binde zu kippen, weil ich mir von einem Scharlatan habe erzählen lassen, das sei Medizin, dann schädige ich mich damit bloß selber und muss halt mit den Folgen klarkommen (eventuell sogar mithilfe jener Ärzte, die ich zuvor noch in Bausch und Bogen für unwissend erklärt hatte).

Wenn ich mich aber dagegen entscheide, eine Maske zu tragen und Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten, dann ist es zumindest theoretisch möglich, dass ich, wenn ich infektiös bin ohne das zu merken, zur weiteren Verbreitung des Virus beitrage, was schlimmstenfalls Menschenleben kosten kann. Anders herum: So lange auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit, die klitzekleinste Chance besteht, dass dadurch auch nur ein Menschenleben geschützt wird, beiße ich in den sauren Apfel, trage die blöde Maske, auch wenn's lästig ist und scheiße aussieht, halte so gut es geht Abstand und bleibe zu Hause, auch wenn's noch so nervt.

Wie, ich plappere bloß artig die offizielle Linie nach? Aha. Ja, die Vorgaben könnten unbegründet sein. Die Wissenschaft könnte unrecht haben und die Durchblicker recht. Was wäre dann? Dann wäre das ohne Frage sehr ärgerlich, ein milliardenteuer Flop, der der Menschheit eine Zeitlang sehr lästige Zumutungen auferlegt, viele Milliarden gekostet und schlimmstenfalls das ganze Gesellschaft nachhaltig destabilisiert hätte. Das wäre schlimm, gar keine Frage. Was aber, wenn es genau umgekehrt wäre? Wenn die Wissenschaft recht und die 'Kritiker' unrecht hätten? Dann wäre das ein lebensgefährlicher Unsinn, der schlimmstenfalls etliche Menschenleben gekostet hätte.

Spinner und Verschwörungstheoretiker (und nein, man ist kein Verschwörungstheoretiker wenn man 'eine abweichende Meinung äußert') haben es da deutlich leichter. Sie können folgenlos jeden Dünnpfiff behaupten, wie abstrus auch immer, ohne dass das für sie irgendwelche Folgen hätte.

"Nein, man ist Verschwörungsideologe, wenn man Verschwörungsmythen teilt. Und was viele nicht verstehen: Das hat weniger damit zu tun, ob und welche Fakten jetzt stimmen, sondern mit den Präsentationstechniken und Methoden. Es gibt reale Intrigen und verborgene Machenschaften. Aber diese hatten immer kurzfristige Perspektiven – und fliegen eigentlich immer schnell auf (Watergate, 20. Juli-Attentat uvm.) […] Das macht nicht automatisch alles glaubwürdig, nur weil man ein ausgelutschtes »Cui bono?« unter jeden Beitrag postet. Ein wesentlicher Hinweis: Je mehr Personen an der vermeintlichen Verschwörung beteiligt sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie nicht auffliegt." (Thomas Laschyk)

Überdies kotzt mich diese nonchalante Menschenverachtung an, mit der Durchblicker und Oberchecker gerade mit Menschenleben hantieren. Selbst wenn Corona/Covid-19 nicht schlimmer, will heißen: tödlicher ist als eine 'normale' Grippewelle (was es definitiv nicht ist) – ist nicht jeder Tote irgendwie einer zuviel? Pfff, ja, paar tausend Alte und Kranke weniger, was soll's? Klar, der Tod gehört zum Leben und sterben müssen wir alle mal. Trotzdem, so ein Gefasel ist schlicht inhuman. Ich halte jede Wette, niemand, der einen lieben Menschen auf der Intensivstation liegen hat, der wegen einer Corona-/Covid-19-Infektion zwischen Leben und Tod am Beatmungsgerät hängt, würde so reden.

Hey, Brückenbesetzer und Demonstrantenweltmeister, ich habe da mal eine Frage: Was macht ihr eigentlich, wenn sich irgendwann doch herausstellte, dass ihr falsch gelegen habt? Wenn ihr euch eingestehen müsstet, mit euren Aktionen aktiv dazu beigetragen zu haben, dass Tausende Menschen euretwegen gestorben sind? Was sagt ihr dann? "Tja, bisschen Schwund ist immer." und zuckt die Achseln? "Ja, doof, aber die Wissenschaft hat auch nicht immer recht."?

Hätten die, die sich gerade für ihr erbärmliches Bisschen Gratismut abfeiern bzw. abfeiern lassen, dann den Mut dazu, ihren Fehler einzugestehen? Wäre damit zu rechnen, dass alle die, die gerade die 'sozialen' Medien mit ihrem halb- bis unwissenschaftlichem Nonsens vollmachen, Selbstkritik übten und sich entschuldigten? Wohl kaum. Weil Selbstkritik nicht zu ihrem Geschäftsmodell gehört. Menschenverachtend sind grundsätzlich immer die anderen. Ehrlich, es widert mich an.

Das meiste von dem, was sich da als 'kritisch' ausgibt, hat mit Skeptizismus nichts zu tun, sondern ist wissenschaftsfeindlich, gegenaufklärerisch und in keiner Weise erkenntnisfördernd. Das ist sonst schon schlimm genug. Auch Quartalsirre wie Reichsbürger wurden anfänglich bloß belächelt, inzwischen sind sie bewaffnet.






14 Kommentare:

  1. Ich halte die wissenschaftliche Methode, die kritische und selbstkritische Überprüfung faktenbasierter Hypothesen, für die einzige Möglichkeit, komplexe Fragegestellungen wie es die Corona-Problematik zweifellos ist zu lösen.
    Dennoch sind Aussagen von Professoren mit Skepsis zu betrachten, da sich ein nicht unerheblicher Teil dieser Personen als Drittmittelnutte verdingt.

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  2. Ich weigere mich, den Regulierungswahnsinn der Merkel-Junta mitzumachen. Tempo 50 in geschlossenen Ortschaften? Wenn ich 200 fahre, komme ich doch viel schneller durch den Ort und gefährde weniger Menschenleben! Dazu habe ich ein YT-Video gemacht …

    Mir hat gestern auf FB eine frühere Kollegin erklärt, Schweden mache es richtig. Die hätten auch weniger Tote als wir. Ich erklärte ihr, Schweden habe nur 10 Mio Einwohner, im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße gäbe es dort 3 x so viel Tote wie hier. Als nächstes postet sie Bilder von einer Impfgegner-Demo in München, auf der sie war … Es ist so deprimierend …

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    1. Ohne Facebook ist man weniger deprimiert.

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    2. Richtig, und deswegen bin ich da auch nicht vertreten.

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    3. Das finde ich auch immer klasse, wenn einfach absolute Zahlen verglichen werden, wo pro Kopf o.ä. nötig wäre. Und Facebook ist ein Virus, sollte man sich so weit wie möglich von fernhalten.

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  3. Ich zieh mir jetzt auch mal einen weißen Kittel an, hänge mir ein Stethoskop um den Hals und mache ein Youtube-Video über die gesundheitliche Unschädlichkeit des Rauchens, die ja angeblich durch Studien und Expertengutachten bewiesen ist. Die Bilder auf den Zigarettenpackungen sind doch nur Panikmache der Regierung und mein Opa war Kettenraucher und ist 91 Jahre alt geworden. Das Menschenrecht auf Nikotingenuss muss verteidigt werden. Qualmen schafft außerdem ein kuscheliges WIR-Gefühl, wenn man in Gesellschaft raucht, ist also sozial sehr verträglich.

    Als nächstes Thema befassen wir uns mit der Unverzichtbarkeit auf ungezügelten Zuckerkonsum und dessen Nutzen für die Gesundheit. Denn auch hier sehe ich als erfahrener Kuchenschrat nur den Hass der Ernährungsgurus auf die Zuckerindustrie.

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  4. Vollste Zustimmung - bis auf einen mE nicht unwichtigen Punkt. Dass Masken zumindest das Gegenüber schützen, ist keineswegs eine wissenschaftliche Erkenntnis jüngsten Datums. Man müsste sich sonst fragen, warum es sie überhaupt gibt und von medizinischem Personal sogar gelegentlich verwendet werden.

    Das war eine taktische Lüge um erstens von Versäumnissen im Vorfeld und zu Beginn abzulenken und zweitens angesichts dieser Versäumnisse wenigstens die Versorgung des medizinischen Personals nicht noch zusätzlich zu gefährden. Das zu leugnen hieße sich nur unnötig angreifbar machen.

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  5. Ein schönes Beispiel für einen Durchblicker ist Epikur mit seinem neuesten Beitrag im ZG Blog. Seine Argumentation: Es gäbe nur wenige Tote, also könne man auch nicht von einer Pandemie sprechen. Es war klar, dass ein Laie - in diesem Fall ein Grundschullehrer - mit so einer abenteuerlichen These um die Ecke kommt. Fakt: Wegen des Lockdowns gab es so wenige Tote. Ohne Lockdown, so haben es die echten Experten errechnet, hätten wir auf die Herdenimmunität warten müssen. Bei einem Prozent, die das Virus nicht überleben, kämen wir dann auf 500.000 bis 600.000 Tote nur in Deutschland.

    Richtig lustig wird dann seine empirische Basis. Er kennt niemanden persönlich, der Covid19 hat, und er kennt auch niemanden, der jemanden kennt, der Covid19 hat. So hätte ich in meiner Zeit am Forschungsinstitut auch mal argumentieren sollen. Spart viel Arbeit. Ich sehe hier vom Schreibtisch aus auf den Wald. Alles grün. Ich sehe keinen Klimawandel. Ich kenne auch niemanden, der ihn sieht. Zum Glück herrscht in Berlin kein Mangel an Aluminiumfolie.

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    1. Ehrlich gesagt haben mich eher Teile der Kommentare zu seinem letzten Beitrag getriggert, meinen obigen Beitrag zu schreiben. Eine Dunning-Kruger-Orgie in den herrlichsten Farben.

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  6. "Wenn ihr euch eingestehen müsstet, mit euren Aktionen aktiv dazu beigetragen zu haben, dass Tausende Menschen euretwegen gestorben sind?"

    Sorry, aber das ist mehr als dreist! Ich soll verantwortlich sein, dass "Tausende Menschen" sterben, weil ich die verfassungsfeindlichen Maßnahmen kritisiere, keine nutzlosen Masken

    trage und es für überaus menschenverachtend halte, Millionen von Menschen in die Armut, ins Elend, die Depression, in den Suizid und in die existenzielle vernichtung zu stürzen? Das 80

    Millionen Menschen in Geiselhaft genommen werden für eine vermeintliche "Soldiarität" die es sowieso noch nie gegeben hat? Mit Griechenland nicht. Mit den Arbeitslosen nicht. Mit den

    Alten sowieso noch nie (Altersarmut, Kündigung etc.).

    Nicht die Bundesregierung, die das Gesundheitssystem kaputt gespart haben (und eben deswegen keine Betten, FFP2 Masken, Personal etc. haben!), dass den Finanzhaien zum Fraß vorgeworfen

    wurde, ist hier verantwortlich, sondern die pöhsen Verschwörungstheoretiker und aufsässigen Kritiker?

    Übrigens: auf wie vielen Demonstrationen warst Du eigentlich schon mal? Hast Du Erfahrung wie die Medien anschließend darüber berichten und wie Deine eigene Wahrnehmung war? Und wie die

    Polizei vor Ort drauf ist? Es ist leicht vom gemütlichen Sessel von "Mahnwichteln" zu sprechen, aber was ganz anderes von der Polizei zusammengeknüppelt zu werden, weil man

    beispielsweise für das feie Tempelhofer Feld protestiert. Ich könnte das Bände drüber berichten.

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  7. @ Stefan

    Akuter Trollbefall vom deutschen Wutbürger? Erst kamen die Holocaustleugner über uns, letztes Jahr die Klimaleugner, jetzt die Pandemieleugner. Ist bloß ein Schnupfen und die Leute wären ja irgendwann sowieso gestorben. Ich will wieder auf Schalke gehen und ein frischgezapftes Bier trinken!

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  8. Ich will gar nicht auf die unsägliche Diskussion eingehen, ob die Maßnahmen nun angemessen sind oder nicht. Ich möchte aber allen Beteiligten wünschen, dazu zu kommen, rational und ruhig zu argumentieren und vor allem den anderen zuzuhören und nicht zu diffamieren.
    Was mich allerdings hier (und auch bei dem Artikel auf dem Volksverpetzer) extrem stört, ist die Verächtlichkeit, mit der auf Leute gezeigt wird, die erstens wahrnehmen, dass die Grundrechte extrem eingeschränkt sind und zweitens auch noch fordern sie wiederherstellen. Schalke und frischgezapftes Bier am Arsch. Was sind Grundrechte für euch, ein Luxusgegenstand, der zur Disposition steht, wenn die Zeiten schlecht sind? Habt ihr eigentlich keine Angst, zum Steigbügelhalter derer zu werden, die sich für die Masse der Menschen eh nur wünschen, dass diese arbeiten, arbeiten, arbeiten (und zur Belohnung dann eine Originalserie auf amazon prime) Was mir, neben dem Virus, in den letzte Tagen erheblich Angst macht ist Leichtigkeit und Schnodderigkeit wie man die Grundrechte (der anderen) in die Tonne kloppt.
    Kakapo3

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  9. @epikur/@Kakapo3:
    Mein grundlegendes Problem ist, dass in vielen dieser Diskussionen, die ich verfolgt habe, die Corona-Nummer zum rein politischen Problem eingedampft wird (was sie auch ist, aber nicht nur). Die angesprochene Griechenland-Krise war dagegen eine rein politische Frage. Bei Corona gibt es eben auch, sollten die Virologen/Mediziner/Epidemiologen etc. auch nur zum Teil recht haben, die medizinische Seite. Und das wiederum kann schlimmstenfalls bedeuten, dass es evtl. schnell um sehr viele Menschenleben geht. Und dass so ein Virus sich eben nicht für Politik interessiert. Erschwerend kommt hinzu, dass die Forschung da auch noch weitgehend im Dunkeln tappt, da sie noch am Anfang ist. Die Leichtfertigkeit jedenfalls, mit der sich momentan Leute für schlauer erklären als der Großteil der einschlägigen Forscher, weil sie halt ein paar 'alternative' Quellen lesen, glauben politisch voll durchzublicken und mal eben fordern, sich an gar nichts mehr zu halten, ist schon ziemlich besorgniserregend, finde ich.
    Und, ja, es mag nervig sein, für einen Verschwörungstheoretiker gehalten zu werden. Ich finde es nervig, zum Hysteriker gestempelt zu werden, wenn ich anmerke, an der Sache könnte evtl. was dran sein.

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  10. @Stefan
    Zur Verdeutlichung meines Argumentes, hier ein Zitat aus dem Volksverpetzer:

    “Der Staat schränkt unsere Grundrechte ein.”

    Welche denn? Wirst du zuhause eingesperrt? Nein. Dein Recht auf’s Fitnessstudio ist kein Grundrecht.

    Selbstverständlich werde ich zuhause eingesperrt und das Recht auf Fitness fällt unter Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit) und ist ein Grundrecht!
    Daher halte ich die Diskussion nur dann für zulässig, wenn eingestanden wird, dass es zu massiven Grundrechtsbeschränkungen kommt, da ich in Westdeutschland geboren wurde und immer (bis zur Wiedervereinigung) dort gelebt habe. Habe ich derartige Einschränkungen noch nicht (am eigenen Leibe) erlebt.
    Erst wenn ich die Einschränkungen erkenne, kann ich darüber diskutieren, ob sie berechtigt sind.
    Und auch hier ist es möglich zu erkennen, dass die Viren gefährlich sind und trotzdem zum Ergebnis zu kommen, dass die Maßnahmen ungeeignet, unangemessen oder unverhältnismäßig sind. Solche Diskussionsbeiträge müssen möglich sein ohne gleich als selbstsüchtiger Egomane, Verschwörungstheoretiker oder Mörder abgestempelt zu werden. Epikur hat in seinem Diskussionsbeitrag zurecht darauf hingewiesen, dass die Folgen der Pandemie in Berlin derzeit eher überschaubar sind. Bei der Grippe-Epidemie 1918 lag die Betroffenheit der Bevölkerung in einigen Städten in den USA bei 80% und dies bei einer deutlich höheren Letalität. Da ist es durchaus legitim die Frage der Verhältnismäßigkeit aufzuwerfen.
    Die Pandemie wird über kurz oder lang enden, hoffen wir dass danach das Grundgesetz noch wirksam ist.
    (Ungern schweige ich hier davon, das unsere Gesellschaft mehr Recht, Freiheiten und Gerechtigkeit für den einzelnen benötigt und es nicht reicht den Satus Quo zu halten.)
    Kakapo3

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