Vermischtes und Zeugs (XLIV)

Noch in den 1980er, den Latzhosen- und Teppichtaschenjahren, war es, zumindest als Europäer, sehr einfach, Pazifist zu sein. Vielleicht war es sogar die einzig logische Konsequenz aus den herrschenden Bedingungen. Der nächste Krieg, so die vorherrschende Meinung, würde der letzte sein, es würde keine Sieger und Verlierer geben, bloß eine vernichtete Menschheit auf einem kaum mehr bewohnbaren Planeten. Der drohende Overkill durch die immer aberwitzigeren Atomwaffenarsenale auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs schien das ganze Konzept 'Krieg' ad absurdum geführt zu haben.

Wehrdienst verweigern? Ein No-brainer damals! Wenn die Supermächte erst einmal anfangen würden, sich nuklear zu beharken, welchen Unterschied sollte es da machen, wenn ich und ein paar andere mit Knarre und in kleidsamem Drillich im Weg rumstanden?

"Aber nun? Es wird keinen Impfstoff gegen Krieg geben. Dennoch dachten wir lange Zeit, so eine Art Immunität dagegen entwickelt zu haben. Das Wundermittel nannten wir Pazifismus, und viele von uns taten so, als wären sie als Kind in einen Kessel mit diesem Zauberzeug gefallen. [...] Nun aber müssen wir erfahren, dass es möglicherweise nicht ausreicht, einfach nicht hinzugehen, wenn es einen Krieg gibt. Das hilft genauso wenig wie einfach mehr spachteln als Mittel gegen die Welthungerkrise. Alles Einfache ist halt zu einfach. So einfach ist das." (Michael Herl)

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Überhaupt habe ich den Eindruck, der Großteil derer, die etwa am Samstag in Berlin den Damen Schwarzer und Wagenknecht zugejubelt haben, klammern sich an alte Gegebenheiten und wollen nicht wahrhaben, dass die Welt sich weitergedreht hat. Die wahren Gestrigen sitzen nicht mehr in der CDU oder so. Die wahren Konservativen sind in den Achtzigern stehengeblieben und glauben auch 2023 noch, mit dem einseitigen Verzicht auf Waffen würde die Welt eine friedlichere.

Oder sie sind in den Siebzigern geblieben, hängen Umsturzphantasien an und glauben, nach der radikalen Beseitigung des Systems wären überall nur noch nette, menschenfreundliche Leute, die Kapitalisten würden enteignet, die USA zögen sich brav auf ihren Kontinent zurück, alle redeten einfach mal miteinander und der ewige Weltfrieden bräche aus.

Oder zirka 2010, als die Nachdenkseiten noch Relevanz besaßen, haben leider aber nicht mitbekommen, dass man dort inzwischen nur mehr zu einer überwiegend hermetischen, sich selbst vergewissernden Bubble predigt, die kaum mehr einer ernst nimmt.

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Ganz großes Theater in Lörrach: 39 Mieter sollen ihre Wohnungen räumen, um Flüchtlinge darin unterzubringen. Fun fact: Die Wohnungen sind baufällig, aus den 1950ern und der Abriss plus Umsiedlung der Bestandsmieter war für 2024 eh fest eingeplant. Aber Hauptsache, sich mal hübsch aufkröppen und Nazis hinterherdackeln. Wegen Sorgen und NötenTM und Dreckssystem und so.

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Auch bei Ulrike Guérot, die man jetzt wegen Plagiatsvorwürfen ihres Postens enthoben hat, heißt es jetzt: Verengung des Meinungskorridors! Alle unliebsamen Stimmen werden mundtot gemacht. Jep, klar. Frau Guerot ist ihrer Professur verlustig gegangen, unterliegt aber keinem Veröffentlichungsverbot. Sie kann weiter wirre, unwissenschaftliche Schwurbelbestseller schreiben, ohne dass ihr das jemand verbieten kann. Leute, echt jetzt! Glaubt ernsthaft einer, in den Achtzigern hätte sich, sagen wir, ein Geschichtsprofessor hinstellen können und antisemitische bzw. den Holocaust leugnende Elaborate zu verzapfen oder ein Physikprofessor hätte Vorlesungen halten können darüber, dass die Erde eine Scheibe sei, ohne dafür nicht gewaltig auf die Ohren zu kriegen? Da werde ich dann mal konservativ: Ich habe den Eindruck, früher wurde einfach weniger selbstmitleidig rumgememmt.

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Endlich! Documenta gegendet.

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"Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, ..., sondern durch Eisen und Blut." (Otto v. Bismarck, 1862, wieder aufgewärmt von Alexander Gauland, 2012 – einen Sinn für Jubiläen haben sie ja)

Hätten Sie’s gewusst? Der so genannte 'Reichsparteitag des Friedens', der für den 2. bis 11. September 1939 angesetzt war, musste damals aus aktuellem Anlass leider ausfallen. Ich traue keinem Rechten und Neonazi, der vom Frieden faselt, auch nur einen Zentimeter über den Weg.