Montag, 26. Juni 2023

Schmähkritik des Tages (67)


Heute: Leo Fischer über den Erfolg der AfD

"Die bürgerlichen Analysen sind sich einig: Man darf rechtsextreme Politik nicht den Rechtsextremen überlassen! Sie finden es schade, dass die von ihnen gewünschte Politik von einer Partei vertreten wird, die rechtsextrem ist; sie empfehlen, diese Politik von einer bürgerlichen Partei machen zu lassen, denn so wird daraus automatisch bürgerliche Politik. Die 20 Prozent der Wahlbevölkerung, die rechtsextreme Einstellungen hegen, müssen wieder eingefangen werden – indem andere Parteien AfD-Forderungen umsetzen. Denn sonst, so die Warnung, werden diese Menschen mit rechtsextremen Einstellungen rechtsextrem! Wenn hingegen die bürgerliche Politik die rechtsextremen Bedürfnisse dieser Menschen erfüllt, werden sie nicht mehr der AfD zulaufen, sondern einer bürgerlichen Partei, die rechtsextreme Politik macht. Was dabei der Gewinn sein soll, wird nicht erklärt. [...]

Wenn die Weimarer Zeit für irgendwelche Lehren taugt, dann für solche über die Hybris konservativer und sozialdemokratischer Sozialingenieure, die glaubten, die faschistischen Bedürfnisse in der Bevölkerung kontrollieren und kanalisieren zu können." (nd, 23. Juni 2023)


Anmerkung: Da ich hier sonst den gesamten Artikel zitieren müsste (was nicht nur ein Urheberrechtsproblem geben könnte, sondern auch welche davon abhielte, den Link zur Quelle anzuklicken und weiter zu lesen), sei darauf hingewiesen, dass Fischer noch auf das linke Hirngespinst eingeht, man müsse weiter auf AfD-Wähler zugehen, ihren "Unmut" verstehen. Das ist genau so ein Blödsinn wie die in rechtsbürgerlichen Kreisen verbreitete Auffassung, Faschisten seien halt ein paar verirrte Seelen, die es mit ihren Lausbubenstreichen manchmal übertrieben, sich aber mit ein paar guten Gesprächen wieder in den Schoß der bürgerlichen Gesellschaft zurück holen ließen.

(Funfact für jene, die das grob verzerrt oder übertrieben finden: Die Junge Union Sonneberg hat Sesselmann bereits gratuliert. Das muss diese berühmte Brandmauer sein, von der Merz immer redet.)

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Und fast alle gehen sie dem AfD-Ammenmärchen auf den Leim, das da lautet: Würde in diesem Lande nur ordentliche Politik gemacht, dann hätte auch niemand Grund, den Verein zu wählen.

Nein! Niemand ist Schuld an den Ergebnissen der AfD außer ihren Wählern. Und die wählen sie nicht aus Notwehr oder mangels Alternativen, sondern weil sie sie genau so wie sie ist ziemlich geil finden. Oder vielleicht noch zu faul, zu  blöd oder zu wenig ausdauernd bzw. kompromissbereit sind, sich ernsthaft politisch zu betätigen und glauben, deswegen eine rechte, in Teilen rechtsextreme Partei wählen zu müssen, deren Verfassungskonformität demnächst geprüft wird. Je schneller man aufhört, den Unfug Marke "Mi, mi, mi, wir hatten doch keine andere Wahl!" zu glauben, desto besser.

Außer für politische Glücksritter, die anderswo nie einen Job kriegen würden, ist die AfD zuvörderst ein Sammelbecken für autoritäre Charaktere, die finden, es hülfe ihnen, wenn es anderen schlecht ginge, vorzugsweise 'Ausländern' und solchen, die sich ihr Verhalten schließlich selbst wählen, etwa Queere, die ihre Orientierung nicht verstecken mögen, und glauben, sie selbst würde es schon nicht treffen.

Was soll man groß reden mit welchen, reinfallen auf welche, die vorgeben, Anwälte der 'kleinen Leute' zu sein, während sie konsequent agitieren gegen jene 'kleinen Leute', oft mit Migrationshintergrund, die den Laden hier am Laufen halten? Weil Migranten nicht nur Clanschläger sind, sondern auch überdurchschnittlich oft unter ausbeuterischen Bedingungen dafür sorgen, dass Spargel und Hotelzimmer bezahlbar, die Regale in den Supermärkten voll sind und immer Billigfleisch in der Kühltheke liegt.








4 Kommentare:

  1. Es scheint, als hätte Friedrich Merz diesen Rant gelesen und will ihn sofort bestätigen. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/friedrich-merz-will-nach-afd-wahlsieg-in-sonneberg-gruene-staerker-angreifen-a-ba1585a6-e6d9-4235-a080-c4c4cc1eb8b9

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  2. Die Wähler des parteigewordenen Stammtisches sind volljährig, zurechnungsfähig und eher keine Faschisten oder nationale Sozialisten oder sonstwas ... sondern das fleischgewordene Klischee Deutscher Spießbürger® in Erwartung des Starken Mannes© der nach infantilisierter Idealvorstellung alles wieder zack!zack! ins Lot bringt. Das kommt wohl dabei heraus wenn Staat seine Bürger verblöden lässt und statt dumpfer Ergebenheit kognitive Dissonanz herauskommt. In Verbindung mit der urdeutschen Sehnsucht nach katharsischen Grenzerfahrungen war das keine gute Idee.

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  3. "Die 20 Prozent der Wahlbevölkerung, die rechtsextreme Einstellungen hegen, müssen wieder eingefangen werden"
    ... die 20 Prozent "Faschisten" gibt es wohl überall.
    Die Gründe dafür mögen ja unterschiedlich sein. Einfangen kann man die nicht. Das wollen Faschisten sein; sind im Laufe ihres Lebens dazu geworden und bleiben es auch.
    Gestern machte jemand in WDR 5 den Vorschlag, die Wahlzettel zukünftig um die Möglichkeit "Unzufrieden" zu erweitern. Find ich gut. Kostet die AfD locker auf ewig die Hälfte der potenziellen Wähler.

    Gruß
    Jens

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