Migrantisches (1)

 

Sie kommen!

 

Zu den größten Fehlern, die man so begehen kann, gehört es, Menschen, oder schlimmer, ganze Gruppen von Menschen a priori zu unterschätzen bzw. für dümmer bzw. naiver zu halten als sich selbst. Was die momentane 'Migrationsdebatte' daher so komplett unerfreulich macht, ist nicht nur, erstens, die allgemeine Menschenverachtung, die inzwischen aus so vielen ganz offen herausquillt, sondern auch, zweitens, eine euro- bzw. germanozentrische Arroganz, die bei vielen spürbar ist und, drittens, eine generelle Unfähigkeit, wenn kein Unwille, in größeren Zusammenhängen zu denken und sich lieber in irgendwelchen imaginierten 'Festungen' einzuigeln.

Angesichts Friedrich Merzens jüngstem verbalen Hundehaufentritt brachte es der Postillon es wieder einmal sehr schön auf den Punkt:

Mann verlässt Heimat, zahlt tausende Euro an Schlepper, kommt auf Schlauchboot fast ums Leben und wohnt monatelang in Massenunterkunft, um günstig an Zahnfüllung ranzukommen #merz #asylbewerberhttps://t.co/WlrhEZwi1A

— Der Postillon 📯 (@Der_Postillon) September 28, 2023

Dort unten in Afrika gibt es nämlich, muss man wissen, nur Schamanen und Medizinmänner, nirgends jedoch Zahnärzte, bei denen man gegen einen entsprechenden Betrag Geldes Füllungen und Zahnersatz bekommt. Ein Teil jenes Geldes übrigens, das man statt dessen lieber verbrecherischen Schleppern gibt, die einen dann auf die gefährliche Reise gen Europa schleusen. Voll logisch, gell? Afrikaner machen das nämlich aus Dummheit und Naivität, wissen Sie? Weil sie im Gegensatz zu uns abendländischen Supercheckern halt nicht in der Lage sind, Nutzen und Risiken mal nüchtern abzuwägen. Und auch keine Handynetze haben, keine internationalen Nachrichten verfolgen. Nein, ganz bestimmt nicht. Wie denn auch in Lehmhütten?

Man muss nur einmal Leuten, keineswegs nur Rechten und Nazis, mit Verstand zuhören, und man kommt aus dem Facepalmen nicht mehr heraus: Ach, diese armen Menschen, wir haben ja eigentlich nichts gegen sie, aber die finden sich hier bei uns doch gar nicht zurecht in all dem Wohlstand. Ach, die ärmsten, haben völlig die Birne vernebelt mit irgendwelchen komplett unrealistischen Vorstellungen über das angebliche Luxusleben hier, und dann werden sie nur enttäuscht. Und so weiter. Genau! Die wissens halt nicht besser, diese Halbwilden. Können ja auch nix dafür. Dutzi dutzi! Die Kinder sind übrigens in einer Privatschule angemeldet.

Merke: Auch gut gemeintes Betütern kann mitunter rassistisch sein. Fieser vielleicht noch als offener Deutschland-den-Deutschen!-Rassismus a'la AfD et al.

Natürlich ist den meisten Menschen, die da kommen, vollauf bewusst, dass sie Gefahr laufen, unterwegs jämmerlich zu ersaufen. Selbstverständlich wissen die auch längst, dass Deutschland nicht das Super-duper-Traumland ist, in dem Milch und Honig fließen, sondern dass sie hier eine harte Zukunft erwartet. Menschen sind nämlich nicht blöd, nirgends. Und sie reden miteinander, immer. Ja, auch Afrikaner. Daher wissen sie auch, dass sie als reguläre Einwanderer keine Chance auf Einbürgerung hätten und ein Asylverfahren ihre einzige Chance ist, ins Land zu kommen. Jede Wette, die wissen das alles. (Haben aber eventuell andere Prioritäten als hiesige, von Verlustangst geplagte Untermittelschichtler.)

Tja, und trotzdem kommen sie. Höchstwahrscheinlich aber nicht aus Gier, Dummheit und Naivität, wie ihnen oft und gern unterstellt wird. (Fortsetzung folgt.)