Mittwoch, 10. Juli 2024

Ronny des Monats - Juli 2024


EM-Zeit ist auch Ronny-Zeit. Davon, dass Leute wie Maxe Krah und Bernd Höcke (beide AfD) zu Protokoll gaben, dass sie das Gekicke nicht interessiere, da Mannschaft nicht deutsch genug, sollte man sich nämlich nicht blenden lassen. Ronny und Co. sind flexibel genug, auch zu Schwarzrotsenf einen nationalen Orgasmus zu kriegen. Hauptsache Vaterland. Auch dem rechten Framing, die aktuellen Deutschlandfarben seien ja die republikanischen und daher, im Gegensatz zu Schwarzweißrot, total unverdächtig und okidoki, sollte man ebenfalls nicht auf den Leim gehen. Remember Wirmer-Flagge?

"2006 [...] kam die schwarz-rot-goldene Autoflagge als Massenartikel auf, Motorradhelme mit Deutschland-Iros wurden getragen, die Deutschlandfarben wurden in wirklich jede denkbare Vermarktungsform gepresst. Es fand eine Entkrampfung der Beziehung zur deutschen Flagge und vielleicht auch zum Land selbst statt. Allerdings war und ist die Diskussion legitim, ob Partypatriotismus nicht auch eine normalisierende Vorstufe des Nationalismus sein könnte, wie eine Studie der Universität Leipzig nahezulegen versuchte." (Sascha Lobo)

Natürlich ist Fußball-Partypatriotismus kein Reichsparteitag 2.0, aber auch nicht so total harmlos wie hier und da mal behauptet. Wie leicht der Firnis von sportlicher Fairness bröckelt, sobald es national wird, ließ sich sehr schön am ersten Halbfinalspiel der spanischen gegen die französische Mannschaft studieren. Da entblödeten sich im Stadion anwesende deutsche 'Fans' nicht, den spanischen Außenverteidiger Cucurella, der im Viertelfinale gegen die deutsche Mannschaft einen Ball an den Arm geschossen bekommen hat, weswegen ein umstrittener Handelfmeter nicht gegeben wurde, bei jedem Ballkontakt auszupfeifen.

Gewiss, sich als Volldepp zu outen, indem man noch drei Tage später einen spanischen Nationalspieler auspfeift, den man als Schuldigen für seinen Frust identifiziert hat, ist was anderes als Planung, Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges. Zumindest ist das aber so unsportlich, wie man es sonst anderen gern vorwirft. Denn wenn es diesen Leuten nicht um doofes Nationalgehabe, sondern wirklich nur um Sport, Fairness und gute Laune gönge, hätten sie der großartigen Leistung der Spanier Respekt gezollt. Und hätten streng genommen auch Kai Havertz auspfeifen müssen. Ach nee, der ist ja Deutscher. Vergessen. Dummerchen, ich!


Die Top 5 des Monats:

Platz 5: Döp döp döp dödel döp di döp!
(dpö) In Leipzig wurde das von österreichischen 'Fans' gegrölt. Also von Ausländern. Der Turnierverlauf ließ dem Aufruf dann schnell Taten folgen.
Regensburg (Hitlergruß inklusive).
Saalburg.
Grevesmühlen (rassistische Attacke inklusive).
Und wo noch so überall.

Platz 4: Wo Bücher brennen...
An einer Bushaltestelle im sachsen-anhaltinischen Aken hat deutsches Jungvolk das jüdische Tagebuch der Anne Frank den Flammen übergeben. Nuff said.

Die Alte ist echt komplett lost...



Platz 3: Mirah Demiral (türkische Nationalmannschaft)
Der hat nach dem 2:1-Siegtreffer gegen die österreichische Mannschaft bekanntlich den 'Wolfsgruß' gemacht, den Gruß der faschistischen 'Grauen Wölfe'. Und tat danach das, was Rechte und Faschos immer tun, wenn sie kritisiert werden. Sich dümmer anstellen als man ist. Das sei doch gar nicht böse gemeint gewesen. Nur ein Ausdruck der Freude. Was die Leute immer haben... Zum Glück ist die UEFA nicht auf den Zinnober eingestiegen, sondern hat ihn für zwei Spiele gesperrt und ihn damit faktisch vom Turnier ausgeschlossen.

"Dass Demiral den faschistischen Gruß ausgerechnet am Jahrestag des Massakers von Sivas zeigte, dürften türkeistämmige Minderheiten als besonders schmerzhaft empfunden haben. Am 2. Juli 1993 hatte ein islamistisch-nationalistischer Mob ein Hotel in Sivas in Brand gesteckt, in dem sich Kulturschaffende und Intellektuelle aufhielten, die zu einem alevitischen Kulturfestival zusammengekommen waren. 37 Menschen wurden getötet." (Volkan Agar)

Platz 2: Dieter Nuhr
"Also ich weiß gar nicht, was die immer haben! Nur weil einer mal unbequeme Wahrheiten ausspricht, die dem linksgrünwoken Mainstream nicht passen, ist man doch nicht..."


Messermänner überall. Wird man ja wohl noch sagen dürfen. You go, Didi!

Platz 1: Blond und blauäugig
Als im bayerischen Landtag ein neues Präsidium gewählt wurde, schlug die AfD-Abgeordnete Katrin Ebner-Steiner ihre Kollegin Elena Roon mit folgenden Worten vor:

"Für die AfD-Fraktion schlage ich heute Elena Roon als Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags vor. Sie wurde in Kasachstan geboren, ist blond und blauäugig und als Volksdeutsche im Alter von 17 Jahren nach Deutschland eingewandert."

Da sieht man's! Die AfD hat doch gar kein Problem mit Einwanderung. Und was ist denn soooooooooooo schlimm an dem Begriff 'Volksdeutsche'? Das:

"Volksdeutsche war seit etwa 1900, vor allem aber in der Zeit des Nationalsozialismus eine Bezeichnung für außerhalb des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1937 und Österreichs lebende Personen deutscher Volkszugehörigkeit und nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, vor allem in Ost- und Südosteuropa." (Wikipedia)

Aber von einer Partei, deren Spitzenfunktionäre trotz Geschichtsstudium nicht wissen, dass "Alles für Deutschland" eine Nazi-Parole ist, kann man wohl nicht mehr historisches Bewusstsein erwarten. Von blauäugigen Blondinen wohl auch nicht.

Und der Ehrenronny des Monats geht an...


... die öffentlich-rechtlichen Bettvorleger bei ARD und ZDF

"Bei ARD und ZDF reihern Sie in die ersten Sitze" (Parodie eines Werbeslogans)

Jetzt haben Alice Weidel und Timo Chrupalla ingesamt fast eine Stunde Sendezeit im Rahmen der so genannten 'Sommerinterviews' bekommen. Und abgesehen davon, dass diese Interviews handwerklich unter aller Kanone waren, fragt man sich, wie lernresistent man eigentlich sein kann als öffentlich-rechtlich bestellte Politjournaille. 

Wenn schon, dann sollte man, wenn AfD-Politiker rumschwurbeln, wenigstens nicht fasziniert danebensitzen, derweil sie schwurbeln, sondern das tun, was man als Journalist tun sollte: Ihnen, wenn sie Lügen verbreiten, in die Parade fahren. Und ihnen, wenn sie einer Frage ausweichen, diese wieder und wieder stellen. Bis einer weint. Oder wird so was auf heutigen Journalist:innenschulen nicht mehr gelehrt?


(Video im erweiterten Datenschutzmodus. Anklicken generiert keine Cookies.)


Können wir uns weiterhin darauf einigen, dass es absolut nichts bringt, AfD-Granden einfach nur der Lüge zu überführen? Das mag ja Spaß machen, ist im postfaktischen Zeitalter aber irrelevant. Kein wie gründlich auch immer gemachter Faktencheck hat dem erwiesenen Dauerlügner Donald Trump je irgendwas anhaben können. Diese Leute und ihre Anhänger fühlen sich vollauf berechtigt dazu und sind der Ansicht, gegen das verhasste, korrupte System, das sie weghaben wollen, sei jede Trickserei legitim. Weidel und Chrupalla und ihre Fans, sofern sie diese Sommerinterviews überhaupt angucken und nicht die sinnentstellten, getunten Versionen ("WEIDEL ZERSTÖRT!!!!1! ALTSYSTEMPROPAGANDALÜGENMEDIEN!!1!!!!11!!") in AfD-Kanälen, verachten den ÖRR und wollen ihn abschaffen.

Zur Info, liebe Journalisten, die ihr euch vermutlich für knallhart investigative Aufklärer haltet: Diese Leute spielen nicht auf eurem Feld und sie haben auch gar nicht die Absicht. Die labern bei euch ihre Phantasiegeschichten vom knallharten Massenabschieben runter und es ist ihnen völlig schnuppe, dass sie dafür, so sie an die Regierung kämen, aus diversen internationalen Abkommen aussteigen und das Grundgesetz ändern müssten. Dass sie dafür kaum die nötigen Mehrheiten bekommen dürften, wissen die. Und auch das ist ihnen egal. Darum geht es nämlich nicht. Umsturz lautet das Ziel. Auf die Verfassung, pardon: Unser Grundgesetz (75), ist dabei übrigens mal sauber geschissen. Das ist im Zweifel ein Haufen Papier. Fun fact: Die Weimarer Verfassung war vom 30.01.1933 bis zum 08.05.1945 nicht einen einzigen Tag lang außer Kraft. Das hat genau was verhindert?







6 Kommentare:

  1. Bei Amazon hat mal eine Flachpfeife geschrieben, daß das Buch nicht spannend genug wäre. Die Bewertung betraf das Tagebuch von Anne Frank...
    Da habe ich mich durchaus gefragt, wie nah da der IQ am absoluten Gefrierpunkt ist. Oder anders gesagt: wie blöd kann man eigentlich sein...?
    Aber wie man sieht, geht es ja noch schlimmer.

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  2. Der so genannte Faktencheck bei den Sommerinterviews hätte vielleicht live geschehen sollen. Oder man hätte die Gelegenheit gehabt, die Interviews vorher aufzuzeichnen, und ein paar Tage später mit Einblendungen zu den Falschaussagen auszustrahlen. Aber naja.

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  3. Guten Tag,
    ich möchte zum Sommerinterview nur bemerken, dass auch im ÖRR eine Menge Wendehälse sitzen, die sich jetzt schon auf den Machtwechsel 2025 vorbereiten, (Haltung: Fehlanzeige)

    Gruß
    Jens

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  4. Meine Großmutter ist, obschon bekennende Atheistin, früher gelegentlich mit Kopftuch auf die Dorfstraße gegangen. Und ich hatte in meinen jüngeren Jahren oft ein kleines Taschenmesserchen dabei, auf das ich ganz ungeheuer stolz war und das ich bei jeder Gelegenheit vorgezeigt habe. Muss nun auch ich (DDR-Migrationshintergund, dunkeläugig und -haarig) mir Sorgen machen, dass ich demnächst remigriert werde? Und falls ja, wohin? Immerhin, meine Oma ist auf der sicheren Seite, da schon lange tot.

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    1. Ich habe immer ein Taschenmesser dabei, manchmal sogar zwei. Braucht man heutzutage ja schon, um potentiell Rasierklingen-gespickte Schwachmatensticker aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, wenn man nix zum Überkleben dabei hat.

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  5. Siewurdengelesen11. Juli 2024 um 19:11

    Übertriebenes Präsentieren der Schland-Farben bei internationalen Sportereignissen hatte spätestens seit dem "Sommermärchen" ein Geschmäckle. Das Fanklubs und diese speziell im Fussball nur zu oft entweder gleich von rechts bedient werden oder dazu dienen, unter dem Mantel Sport Ideologie zu verbreiten, ist auch nicht so ganz neu. Da muss man immer das Gesamtbild der jeweiligen nationalfarbentragenden Spiegelschlüpferfreaks betrachten.

    Zum Wolfsgruß schrubte mir schon etwas - ist halt die türkische oder vielleicht besser die osmanisch-verklärte Version des Obigen.

    ÖR und Rechte ist auch schon länger klar, dass die solche Nasen nicht "entzaubern" können, sondern denen nur Bühne bieten. Ich wiederhole gerne: Wenn Klicks und Einschaltquoten wichtiger sind und siehe Jens viele auch schon wieder sich in vorauseilendem Gehorsam sich bei diesen Typen einschleimen zu meinen müssen, statt deren Präsenz auch in den Schlagzeilen auf das Notwendige zu beschränken...

    ...aber sobald auch der dämlichste Reissackumfaller irgendwie mit irgendwas zu AfD als Spoiler kommt, kann man das schon mal raushauen. Ist ja dieselbe Strategie wie umgekehrt alles, was irgendwie gerade quer läuft, Richtung Grüne und Ampel zu schubsen - Satan weiche von mir!

    Zur verlorenen Frau Steinbach sei nur gesagt, dss wir im Gegensatz zum Völkchen über den Teich, dessen Führung uns gerade wieder mit Raketen beglückt, um die NATO-Mitgleidschaft der Ukraine abzusichern, nicht vor hat zu kanzeln und zu präsidieren - Glück gehabt.

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