Donnerstag, 3. Oktober 2024

Ostfrust ad nauseam


Der nächste bitte! Im Tagesspiegel-Interview mit Gregor Gysi wird angekündigt, selbiger rede in selbigem über "die Fehler des Westens nach der Wiedervereinigung". Entschuldigung, mir wird gerade schlecht. Ich kann es echt nicht mehr hören. Der Westen hat dies, der Westen hat jenes und die Treuhand und überhaupt, alles ganz schlimm, die böse NATO, der arme Putin! Basta cosi! Ich lese dergleichen nicht mehr. Nicht gut für meinen Blutdruck. Das Alter, Sie verstehen. Außerdem kommt da eh immer nur dasselbe. Wir wurden kolonisiert, plattgemacht, betrogen, man hat uns alles genommen, das Volk wurde nicht gefragt, grein, grein, grein. Und an absolut allem ist der Westen schuld.

Seit nunmehr 34 Jahren geht das jetzt so.

"Der gesamte Osten hat eine Bevölkerung, die in etwa der Bayerns entspricht. Für die anderen 9 Bundesländer war nie besonders spannend, was Bayern so an Meinungen vertrat, und meist wurde eher über die Forderungen aus München gegrinst, und so wirklich haben die Bayern auch nicht erwartet, dass sich ganz Deutschland nach München richte; auch wenn man sich sicherlich nicht dagegen gewehrt hätte. Der Osten hält dies anders. Man möge sich bitte für ihn interessieren, für seine Befindlichkeiten, aber man dürfe diese dann auch nicht einordnen, geschweige denn Begriffe wie »Jammern« dafür benutzen. Letztlich solle man einfach blind das übernehmen, was der Osten wolle, denn dafür habe man nie einen Blick gehabt." (Sebastian Bartoschek)

Und wenn man das dennoch nicht tut, dann ist das "Ossi-Bashing", wenn nicht gar "Hetze" und man verbittet sich pikiert jegliche "arroganten Belehrungen", könnte man noch ergänzen. Ich wäre ja bereit, so einen Kram wieder zu lesen. Unter einer Bedingung: Es wird auch über die Fehler des Ostens geredet sowie darüber, was der Osten konkret tun kann, daran zu arbeiten. Ach, das ist pauschalisierend? So was wie 'den Osten' gibt es gar nicht? Schön, dann kann es ja auch keine Fehler 'des Westens' geben, oder?

Wie so oft, stören lästige Fakten nur. Dass der Westen den Osten einfach nicht verstehe, ist fester Bestandteil dieser Klagelitaneien. Komisch, zumindest ein ehemaliger Geschichtslehrer aus dem Westen scheint die ostdeutsche Volksseele ziemlich gut zu verstehen, will mir scheinen. Ossis seien viel zu wenig sichtbar, heißt es auch oft. Komisch, Ost-Autor:innen greifen massig Literaturpreise ab, bis in die USA. Schauspieler:innen mit Ost-Hintergrund sind gefragt bis nach Hollywood, Ost-Künstler:innen, vor allem der 'Leipziger Schule', waren eine Zeitlang der ganz heiße Scheiß auf dem internationalen Kunstmarkt oder sind es noch. Und auch das mit dem finanziellen Abgehängtsein trifft allenfalls noch zum Teil zu. In vielen Ost-Bundesländern wird inzwischen pro Kopf mehr verdient als in einigen West-Bundesländern.

Überhaupt artet das meist in Selbstbespiegelung aus. Dass ländliche Regionen immer mehr aussterben, ist sicher richtig. Natürlich ist es deprimierend, dass es vielerorts längst keine Dorfkneipe mehr gibt, keinen Laden zum Einkaufen und der nächste 20 Kilometer entfernt ist. Das ist aber nicht nur im Osten so. Auch Menschen in der norddeutschen Tiefebene, in der niederbayerischen oder westfälischen Pampa geht es kaum anders und die Jungen zieht es oft in die Städte. Studieren, Perspektiven. Dahinter steckt aber kein gemeiner Plan einer geheimen Finanzelite, sondern schlicht technischer Fortschritt. 1950 arbeitete noch knapp ein Viertel der Bevölkerung in der Landwirtschaft, 2022 waren es noch 1,2 Prozent. Kann es da überraschen, wenn das Leben auf dem Land zunehmend öde wird?

Ferner dürfe man um Himmels Willen keine Dankbarkeit erwarten für die Finanzhilfen, die in den Osten transferiert wurden, so wird man als Wessi nicht selten ermahnt. Tut meines Wissens nach auch kaum einer. Aber wenn man bedenkt dass Städte wie Essen und Dortmund, die qua Strukturwandel seit Jahrzehnten in einer angespannten Finanzsituation stecken, zwischen 1991 und 2019 jeweils etwa 800 Millionen gen Osten schaufeln mussten, Geld, das man sehr gut anderweitig hätte gebrauchen können -- kann es da wirklich verwundern, wenn Bewohner dieser Städte mittlerweile nur noch genervt abwinken und freundlichst daran erinnern, wenn im Osten wieder mal geklagt wird über den bösen raffgierigen Westen und das eigene Elend?

Zumal das Geld ja nicht übrig war und ungenutzt rumlag, sondern irgendwo herkommen musste. Das waren keine Mittel aus dem Soli-Zuschlag, den alle zahlten, sondern Geld, das die West-Kommunen im Rahmen des Solidarpakts aufzubringen hatten. Bezahlt haben das die Bürger:innen zusätzlich zum Soli. Mit erhöhten Gebühren, geschlossenen Schwimmbädern, Büchereien und anderen Kultureinrichtungen, Einsparungen in Öffentlichen Dienst, verschobenen Investitionen etc. Hat es im Westen je Großdemos gegeben gegen Ost-Schmarotzer, die nur unser Geld wollen? Motto: "Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht!" Kann mich nicht erinnern.

"Auch jetzt liegt es nicht am Westen, die Probleme des Ostens zu lösen. So wie man in Stuttgart nicht dafür zuständig ist, die Probleme in NRW zu beheben. Und erst recht ist es nicht die Aufgabe des Westens, nun noch mehr Verständnis für die antiwestliche Haltung und das Jammern von Menschen in Ostdeutschland zu zeigen." (Bartoschek, a.a.O.)

Dann wäre da noch die dreisteste Lüge: Dass der Westen den Osten damals gegen seinen Willen quasi kolonisiert und das Volk nicht hinreichend gefragt habe.

Blödsinn. Selbstverständlich hat man das Volk 1990 gefragt. Es gab da eine Bundestagswahl und eine Volkskammerwahl. Und beide haben ein eindeutiges Ergebnis gebracht. Daran war nichts intransparent oder undemokratisch. Man hätte, um ganz sicher zu gehen, vielleicht noch zusätzlich zum Wahlzettel eine Stimmkarte ausgeben können: "Sind Sie für einen Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zum 3. Oktober 1990? O JA | O NEIN" Dann wäre das noch mal deutlicher gewesen. Hat man übrigens schon einmal gemacht, als man auf Nummer sicher gehen wollte. Wann war das doch gleich? Ah, hier!

Kohl war mit den populären Versprechen schon baldigst 'blühender Landschaften' sowie baldiger Realisierung der Wirtschafts- und Währungsunion angetreten. Weil er die Wahl gewinnen und in die Gechichte eingehen wollte. Die Ost-CDU hatte den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes versprochen. Wer sie wählte, konnte wissen, was kam. SPD-Kandidat Lafontaine hatte eindringlich vor den Folgen einer übereilten Vereinigung gewarnt. Ergebnis: historischer Sieg der CDU und historische Klatsche für die SPD. Geht es noch deutlicher?

Ökonomen hatten durch die Bank vor einer sofortigen Währungsunion gewarnt, weil dann die Ost-Wirtschaft binnen weniger Monate erledigt sein würde. Was dann auch genau so gekommen ist. Aber was sind schon Experten anders als gekaufte, überbezahlte Wichtigtuer? Die schnelle Währungsunion indes wäre zu verhindern gewesen, wenn man damals das gemacht hätte, was heute die AfD andauernd fordert: Grenzen dicht für Wirtschaftsflüchtlinge (wir erinnern uns: Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr). Und ohne übereilte Wirtschafts- und Währungsunion hätte es auch keine Treuhand gegeben.

Das klare Wahlergebnis, auch und gerade im Osten lautete also: Ja zum Beitritt, ja zur Währungsunion. Und weil der Beitritt der DDR freiwillig geschah, ist es Unfug, davon zu reden, der Westen habe dem Osten gegen seinen Willen seine Verfassung übergestülpt.

Gern wird eingewendet, die Bürgerrechtsbewegung der DDR und ihre Ideen seien nicht ausreichend gehört worden. Ähhh, wie bitte? Die Bürgerrechtsbewegung, deren Mitglieder übrigens als einzige Akteure im Herbst 1989 wirklich was riskiert hatten, trat 1990 unter dem Namen 'Bündnis 90' (später fusioniert mit den Grünen), zur Volkskammerwahl an. Ergebnis: läppische 2,9 Prozent. Kolonisierung geht anders. Übrigens vertrat die Bürgerrechtsbewegung schon damals Forderungen, wie sie heute beim BSW und Teilen der AfD heimisch sind: BRD raus aus der NATO, DDR raus aus dem Warschauer Pakt, dritter Weg, Neutralität.

Grosso modo kann man sagen, 1990 ist ziemlich genau das passiert, was das Volk, gerade und vor allem im Osten, wollte. Das Narrativ vom dem Ossis als widerständigem Heldenvolk, das mutig das Regime weggemacht hat, ist, wie die Wahlergebnisse zeigen, ohnehin eine fromme Illusion. Die überwiegende Mehrheit wollte vor allem möglichst schnell Westgeld und West-Lebensstandard und wartete ansonsten erstmal ab, was so geht. Hätte ich anders gehandelt, würde ich anders handeln? Schwer zu sagen. Ich bin kein Held und halte mich auch nicht für übermäßig mutig. Aber undemokratisch war daran, wie gesagt, nichts. Was passierte, passierte durchaus im Einklang mit dem herrschenden Zeitgeist. Es wurde geliefert wie bestellt.

Zumal Demokratie eben auch bedeutet, dass wenn 60 Prozent für etwas sind, 40 Prozent naturgemäß irgendwie dagegen sind und diese es dann zu akzeptieren haben, dass es nicht nach ihren Wünschen geht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Mehrheit im Westen, der 84 Prozent der Bevölkerung stellt, für Verbleib in der NATO und Fortbestand der Westbindung Deutschlands sind und im Osten, der um die 16 Prozent ausmacht, knapp die Hälfte dagegen. That’s democracy. Ihr wolltet es, ihr habt es bekommen. Mit "Umerziehung", wie in einer gewissen Postille (einer Art 'Super-Illu' für Leute mit Schulabschluss) allen Ernstes behauptet, hat das mal so gar nichts zu tun, .

Ich sage übrigens gern, was ich undemokratisch finde: Da ist eine in Teilen erwiesen rechtsextreme Partei, die wird von knapp einem Drittel der Menschen in drei Bundesländern gewählt, die zusammen weniger als die Bevölkerung Bayerns haben. Und diese Partei hat inzwischen einen solchen Einfluss auf die Bundespolitik, nicht zuletzt, weil sie sich teils illegaler Mittel bedient und die -- qua proprietären, intransparenten Algorithmen hochgradig undemokratischen --- 'Sozialen' Medien geschickt bespielt, dass sie inzwischen den gesamten politischen Diskurs mit verfassungswidrigen Gaga-Forderungen dominiert und sich im Thüringer Landtag aufführt, als sei sie wegen dreißig Prozent zum Herrschen berufen. DAS ist undemokratisch. Schönen Restfeiertag noch.

Das Interview mit Gysi habe ich dann doch gelesen. Ist weit differenzierter als es der dümmliche Teaser vermuten lässt.









12 Kommentare:

  1. "Die überwiegende Mehrheit wollte vor allem möglichst schnell Westgeld und West-Lebensstandard "
    ... geliefert wie bestellt.
    Die Zahl der Arbeitsplätze im Verarbeitenden Gewerbe schrumpfte bis zum Jahr 1991 von ehemals 3,3 Millionen auf nur noch 1,7 Millionen.
    (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung)

    40 Jahre DDR-Regierung haben wohl in der Bevölkerung dort eine teilweise unreflektierte Einstellung zu "denen da oben" erzeugt. Das haben manche Menschen dort dann bequemerweise nach der Wende beibehalten.
    Mit den bekannten Folgen ...
    Gruß Jens

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  2. Laut INSA halten 65 % der Ostdeutschen Deutschland für schwach oder gar nicht wiedervereinigt. Die Antipathie gegenüber dem Westen hat sich verfestigt, da hilft auch kein Verständnis der Politiker mehr.

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  3. Zeit, mal langsam über Rückabwicklung nachzudenken. Putin wird's freuen. Lesetipp: James Hawes: James Hawes: Die kürzeste Geschichte Deutschlands. Gibt auch Interviews mit ihm.
    @Jens: Und je brutaler 'Die Da Oben'(TM) einen unterdrücken, desto heroischer kann man sich dagegen auflehnen.

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  4. Seite der Bundesregierung: Mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung sind Ostdeutsche in Führungspositionen immer noch stark unterrepräsentiert. "Wie der Herr, so's Gescherr."

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  5. Witzig ist das du hier die vermeintliche Undankbarkeit der ossis ganz hoch hälst, teilweise erinnert das an die Argumentation von rechten, die Afrikaner Undankbarkeit vorwerfen, weil während der Kolonisation z.b. viele Eisenbahnen gebaut wurden.
    Aber ich vermute auch das die Kritiker der Ausstellung in Pirna, die du als Beispiel für cancel culture von rechts siehst, sich über fehlende Dankbarkeit der Flüchtlinge wundern, die hier leben und alle Errungenschaften der sozialen Sicherungen haben.
    Wie gesagt das Problem ist immer das fehlende Verständnis für die andere Sicht.

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    1. Lustig, was Sie mir hier alles unterstellen. Obwohl ich das mit der Dankbarkeit lediglich in einem Absatz erwähne und mich auch noch davon distanziere. Könnte ein sehr wunder Punkt sein.
      Mal zum besseren Verständnis: Ich erwarte von niemadem in Neufünfland auch nur eine Spur Dankbarkeit. Das wäre auch unangebracht, weiil die Leistung, um die es da ginge, ja keine individuelle war. Ich werde aber auch nicht gern beschimpft und angepflaumt dafür.
      Ich bin halt, wie viele im Ruhrgebiet, ziemlich genervt von diesem passiv-aggessiven Dauergenöle. Hier gibt es Gegenden, in denen es weit übler aussieht als im Osten, es wird aber deutlich weniger rumgejammert und die AfD krebst stabil bei 15 Prozent. Klar, gibt ja auch keinen bösen Westen, dem man die Schuld für sein Elend geben kann.

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  6. Siewurdengelesen4. Oktober 2024 um 20:45

    Zugegeben habe ich beim ersten Lesen dieses Beitrags erst einmal nach Luft geschnappt und musste das setzen lassen. Ein wenig ist da trotzdem der Reflex da, dass es keinen "Besserwessi" braucht, der "denen da drüben" den Erklärbär macht. Kommt immer gut an;-)

    Ich hoffe, dass es jetzt nicht zu unsortiert wird, aber als gewissermaßen "Wanderer zwischen den Welten" kenne ich durchaus beide "Deutschländer". Was stimmt, ist das der "Osten" in Vielem nicht in dieser Bundesrepublik angekommen ist und das ist ist nicht nur "Schuld" der Menschen in den NBL. Es stimmt auch, dass es nicht nur dort strukturschwache Regionen gibt und zigfach Kohle geflossen ist für den Aufbau und der Schnitt derer gestiegen ist, denen es gut und/oder besser geht als zur Wendezeit. Aber Geld alleine ist nicht alles und was hier nicht zur Sprache kommt, ist der Umstand, dass z.B. im Osten immer noch weniger verdient wird, eine geringere Tarifbindung herrscht und damit auch Beschäftigte tendenziell weniger von ihren Rechten Gebrauch machen.

    Weiterer Umstand ist ebenfalls, dass durch das Abklappen der Wirtschaft quasi meine Generation im Osten kaum präsent ist und als Folge davon mindestens eine weitere durch deren fehlende Kinder ausfällt, die großteils logisch ebenfalls in den ABL aufgewachsen sind und jetzt kaum Bock haben, wieder zurückzuziehen - wozu auch?! Da stellt sich die Frage, ob es nicht sogar günstiger gewesen wäre, Erhaltenswertes zu finanzieren, als hinterher den Kahlschlag mit noch mehr Kohle wieder zu kompensieren. So langsam sackt das zwar wieder an, gerade was Geburten usw. angeht, aber das Verhältnis Kinder/Jugend/Erwachsene im Beruf/Rentner stimmt überhaupt nicht. Dieser demografische Mißstand bleibt absehbar ebenfalls lange noch so.

    Selber war ich ebenfalls kein Freund dieses schnellen Einbindens in das bundesdeutsche Rechts- und Wirtschaftssystems, u.a. weil mir trotz meiner Jugend klar war, dass es da nicht nur Sonnenseiten gibt und dann dieses "es geht seinen Gang" so oder so perdu ist mit dem Umstand, sich halt selbst "kümmern zu müssen". Wie realistisch der Ansatz eines anderen zweiten Deutschlands mit langsamen Zusammenwachsen war, lasse ich mal im Raum stehen, der durch Kohl suggerierte Wohlstand dank D-Mark war halt schneller.

    Das dabei dieses Ungläubige gegenüber "oben" nicht besser wird, liegt vielleicht auch ein wenig an der Politik selber? Mich kotzt es ehrlich an, wie sowohl dieser coole Traum von Europa genauso von den Eurokraten systematisch geplättet wird, wie die bisher in den ABL weitestgehend störungsfrei regierenden Parteien sich eben dank der systematischen Verarmungspolitik der letzten Jahrzehnte selber in die Ecke gesetzt haben, in der sie jetzt sind. Und jetzt sind diese und die parlamentarische Demokratie solchen Schreihälsen wie denen der AfD nicht gewachsen und trotten lieber diesen hinterher, um weiter gewählt zu werden - Ergebnis bekannt. Selbst die jetzt noch geringeren Prozente in den ABL sind nur eine Frage der Zeit, wenn so weiter regiert wird und außer der Leier Migration keine Impulse kommen (was ich leider befürchte). Da ist der Osten nur z.Z. noch schneller, fügt sich aber in das Bild einer erstarkenden Rechten in entwickelten, westlichen Industriestaaten ein.

    Klar gibt es im Westen auch vernachlässigte Regionen und sind gemessen an den Einwohnern die der NBL nicht so viele, aber es war eben ein ganzes Land und die Probleme sind bis auf die Boomregionen der Städte in der Fläche existent statt regional. So krass wie dort ist das Abwandern der Landbewohner jedenfalls im Westen nicht.

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  7. @siewurdengelesen
    " Wie realistisch der Ansatz eines anderen zweiten Deutschlands mit langsamen Zusammenwachsen war, lasse ich mal im Raum stehen, der durch Kohl suggerierte Wohlstand dank D-Mark war halt schneller."
    da haben Sie sich am Ende des Satzes die Antwort auf den Anfang eigentlich schon selber gegeben.
    Der Kapitalismus hatte sich in Bezug auf die Wiedervereinigung wie das Alien aus dem gleichnamigen Horrorfilm verhalten: Extrem anpassbar, rasend schnell und sehr sehr gefräßig.
    Mir kommt bei solchen Geschichten immer wieder die Abwicklung der Interflug und Robotron in den Sinn.

    Wikipedia dazu: "Der nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion 1990 notwendige Transformationsprozess zur Anpassung an die marktwirtschaftlichen Bedingungen führte im Industriezweig zu gravierenden Veränderungen. Das Kombinat als wirtschaftsleitendes Organ wurde zum 1. Juli 1990 aufgelöst, die bisherigen Kombinatsbetriebe in Kapitalgesellschaften mit der Treuhandanstalt als alleinigem Anteilseigner umgewandelt. Die im internationalen Vergleich deutlich geringere Produktivität der Betriebe ermöglichte allgemein keinen kostendeckenden Absatz der Erzeugnisse. Das führte in den Folgejahren zur Liquidation der vormaligen Kombinatsbetriebe. Die Abwicklung wurde von dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Hermann Fellner geleitet."

    Gruß Jens

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    1. Auch in diesem Zusammenhang ist der Film "Zwei zu Eins" (https://www.x-verleih.de/filme/zwei-zu-eins/) sehr zu empfehlen. Ich hab mich sehr gut amüsiert und an ein paar Sachen von damals erinnert, die ich schon beinahe vergessen hatte.

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  8. Was die Berliner Zeitung regelmäßig zu Ostbefindlichkeiten schreibt, finde ich meist lesenswert. Ich vermisse aber eine ebenso ehrliche Debatte über Westbefindlichkeiten. Zum Beispiel zur Frage, warum will auch im Westen bis heute am 3. Oktober keine rechte Partystimmung aufkommen will.
    Zur m.E. bis heute tabuisierten Wahrheit gehört nämlich auch: Kaum jemand von "uns" hatte wirklich Bock auf die Veränderung, die 16 Mio. Neubürger:innen mit sich bringen und hat es bis heute nicht.

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  9. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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