Donnerstag, 30. Mai 2013

Sie sind unter uns (3)


Heute: Pink Radar - der Homophobe Oberchecker

Wer erinnert sich nicht an die legendären Terminator-Filme? Legendär die Szenen, in denen der staunende Zuschauer die Welt durch die Augen des Maschinenmannes wahrnahm. Wer hätte sich so was in bestimmten Situationen noch nie gewünscht? Entfernungen, Größenverhältnisse, freie Parkplätze, Temperaturen und vor allem Identitäten automatisch ins Sichtfeld eingeblendet zu bekommen. Zwar gibt es solche Geräte schon länger, aber dummerweise würde man damit aussehen wie eine dieser Borg-Drohnen aus Star Trek. Aber jetzt festhalten: Menschen mit eingebauten Scannern wie beim Terminator scheint es wirklich zu geben. Auch das muss ich wissen, denn ich bin auch so einem schon begegnet. Es war Pink Radar, der Homophobe Oberchecker.

Samstag, 25. Mai 2013

Oh selige Burschenherrlichkeit!


Grundsätzlich steht es jedem Verein frei, zu entscheiden, wer als Mitglied aufgenommen wird und wer nicht. Wenn der gesellschaftliche Mainstream sich dreht, kann es schon einmal schwierig werden. Dann stehen sich verfassungsmäßig verankerte Grundsätze („Niemand darf aufgrund … benachteiligt werden.“) und vereinsrechtliche Statuten entgegen („Der Verein für bekloppte Barttrachten Botzenburg e.V. von 1951 steht jedem männlichen Bartträger offen, der...“). Die Wiener Philharmoniker zum Beispiel, die kein öffentlich-rechtliches Orchester sind, sondern ein privater Verein, haben sich bis 1997 geweigert, Frauen aufzunehmen. Letztlich war das nicht mehr zu halten. Festzuhalten bleibt, dass es nicht zwingend Diskriminierung sein muss, wenn ein Verein einem die Mitgliedschaft verwehrt.

Dienstag, 14. Mai 2013

Fröhliches Filmeraten


Eines muss man den Wahlkampfstrategen der Union lassen: Sie verstehen es wirklich, Mutti Merkel im Wahljahr in Szene zu setzen. Kaum hatte unser aller Kanzlerin kürzlich dem Polit- und Justizfachblatt Brigitte ein Interview so ganz von Frau zu Frau gegeben, folgte schon der Charmeoffensive nächster Streich. Im Rahmen der Reihe 'Mein Film', die die Deutsche Filmakademie seit 2011 ausrichtet, wird einmal im Jahr eine prominente Person aus Politik, Kultur oder Showgeschäft eingeladen, die gebeten wird, ihren Lieblingsfilm zu nennen. Der wird dann in dessen und in Anwesenheit von weiteren Personen gezeigt, die etwas Schlaues zu dem Streifen zu sagen wissen. Hinterher wird noch ein wenig über das Gesehene und das Verhältnis der betreffenden Person zu dem Film geplaudert. Prima PR-Plattform, das. Wer den Lieblingsfilm eines Menschen kennt, kann einen kleinen Blick in sein Herz erhaschen, so oder so ähnlich das Kalkül dahinter.

Dienstag, 16. April 2013

Wiederkehr der Spargeltarzane


Man sagt, das Auto sei der Deutschen liebstes Kind. Das mag sein, stimmt aber, wenn überhaupt, nur zum Teil. Zumindest ein paar Monate im Jahr ist der Deutschen liebstes Kind ein saisonal angebautes Liliengewächs. Bis zum Johannistag ist das Land verrückt nach Spargel. Nur nach dem milden Weißen, versteht sich. Mit dem ungleich interessanter schmeckenden und vielseitigeren Grünen kann man hierzulande eher wenig anfangen. Und so pilgern jetzt wieder Freunde des müffelnden Urins und andere Spargeltarzane in Kohortenstärke auf Wochenmärkte und in Hofläden, wobei sie glasig umwölkten Auges ekstatisch stammeln: „Frischer Spargel! Endlich!“ Ich weiß, wovon ich rede, denn hier ganz in der Nähe ist ein Anbaugebiet. Apropos liebstes Kind: Existiert eigentlich irgendwo eine Statistik, die belegt, dass die Zahl der Autozulassungen während der Spargelsaison merklich zurückgeht? Wundern würde es mich nicht. Die Tatsache, dass die Anbaufläche sich binnen zehn Jahren fast verdoppelt hat, spricht jedenfalls dafür.

Samstag, 13. April 2013

Blockwartmentalität


"Reißt die Fenster auf –! Es mufft." (Kurt Tucholsky)

In meiner Heimatstadt trieb zu meinen jüngeren Jahren ein Polizist sein Wesen, den man wohl verdonnert hatte, lebenslänglich Streife in der Fußgängerzone zu gehen. Vielleicht ist er auch gar nicht dazu verdonnert worden, sondern hat diesen eher beschaulichen Dienst einfach gern getan, keine Ahnung. Ist eh egal jetzt, denn diese Zierde deutschen Berufsbeamtentums dürfte mittlerweile längst pensioniert sein. Besonders Fahrradfahrer hatte er auf dem Kieker. Er ließ keine Gelegenheit aus, unbotmäßige Radler zu jeder Tageszeit vom Drahtesel zu brüllen, ihnen eine Vorlesung über die StVO zu halten und das fällige Verwarnungsgeld "anzubieten", wie er es ausdrückte. Jeder jüngere Mensch, der damals gelegentlich per Rad unterwegs war, kannte ihn. Man munkelte, dass wenn hinter ihm eine Horde gesuchter Terroristen vorbeigelaufen, links neben ihm eine Schlägerei stattgefunden und vor ihm eine alte Dame mit vorgehaltener Waffe ausgeraubt worden wäre, er sich zuerst noch einen Radfahrer zur Brust genommen hätte.

Dienstag, 9. April 2013

Margaret Thatcher (1925-2013)


Wie gelinde gesagt es ist, Margaret Thatcher habe polarisiert, wird deutlich, wenn man sich einige Reaktionen auf ihren Tod in Großbritannien ansieht: Im Londoner Stadtteil Brixton stieg gestern eine spontane Straßenparty unter dem Motto 'Ding, dong, die Hex' ist tot!', ein ehemaliger Gewerkschaftsfunktionär aus dem Norden soll zur Feier des Tages angestoßen haben, der Sänger Morrissey attestierte ihr gar, niemals auch nur ein Atom an Menschlichkeit besessen zu haben. Man mag so was geschmacklos finden, pietätlos gar, doch zeigt es, wie umstritten die Verstorbene nach wie vor ist. Sicher ist, dass sie auch weiterhin als einer der einflussreichsten politischen Köpfe des 20. Jahrhunderts gelten wird. 1979 zur ersten weiblichen Premierministerin gewählt, baute sie Großbritannien grundlegender und nachhaltiger um als irgendjemand anders in der Nachkriegszeit. Nicht nur Großbritannien. Als sie ins Amt kam, dürfte sie mit ihrer Position, den europäischen Sozialstaat der Nachkriegszeit nicht für eine Errungenschaft, sondern für einen historischen Irrtum zu halten, ziemlich allein dagestanden haben. Am Ende waren ihre Positionen weitgehend salonfähig.

Samstag, 16. März 2013

Der Agenda zum Zehnten


Man kann nicht pauschal sagen, dass die Agenda 2010 kein Erfolg gewesen sei, denn ein paar Gewinner gibt es schon: Die deutsche Exportwirtschaft und die Branche der Leiharbeitsfirmen wären da als erste zu nennen. Auch bei den Sozialgerichten braucht sich so schnell niemand Sorgen zu machen, dass die Auftragslage einbricht. Insgesamt aber gibt es eine Menge Verlierer. Viele stehen seit 2003 schlechter da als vorher: Wer arbeitslos wird, ist seitdem nur noch zwölf Monate entfernt vom Abstieg in die Armut. Wer einmal drinsteckt, sieht sich von vielen Seiten marginalisiert und als parasitärer Faulenzer diffamiert. Zu den Verlierern gehören auch, vergessen wir das nicht, Mitarbeiter der Jobcenter. Oft mangelhaft geschult und selbst prekär beschäftigt, müssen sie ein kompliziertes, lückenhaftes Gesetzeswerk voller Grauzonen auf Menschen anwenden, von denen sich viele in einer Krisensituation befinden. Die Kollateralschäden sind manchmal tödlich.

Montag, 11. Februar 2013

Hölle alaaf!


Nein, ich kann wirklich nicht behaupten, es schlecht getroffen zu haben. Ich kann mich nicht beklagen. Es könnte schlimmer sein. Weil ich in einer Gegend Nordrhein-Westfalens siedele, die nicht zu den so genannten Karnevalshochburgen zählt, besteht eine reelle Chance, den heutigen Tag in Ruhe verbringen zu können. Ein paar Vorkehrungen sind freilich vonnöten. Erstens: Auf keinen Fall Fernseher oder Radiogerät einschalten, denn der WDR kennt keine Gnade. Zweitens: Wenn man an einer Ausfallstraße Richtung Innenstadt wohnt und keine Garage zur Verfügung steht, sollte das Auto außer Reichweite der närrischen Ströme geparkt werden. Leider scheinen nämlich immer wieder ganz besonders ulkige Zeitgenossen Sachbeschädigung für gelebtes Witzigsein zu halten, wenn sie parkende Autos sehen. Drittens: Türen und Fenster fest geschlossen halten. Hat man sich dann noch mit einem guten Buch ausgerüstet und mit ein paar Berlinern, der mit Abstand erträglichsten Begleiterscheinung der Saison, dann steht einem geruhsamen und vor allem friedlichen Rosenmontag eigentlich nichts mehr im Wege.

Mittwoch, 6. Februar 2013

El Candidate lassen bloggen


Bislang habe ich mich aus Diskussionen über SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück weitgehend heraus gehalten. Das hat unter anderem damit zu tun, dass ich immer noch keine sonderlich differenzierte Meinung zu dem Mann habe und mir das auch nicht zu einfach machen will. Als gegeben wird man voraussetzen müssen, dass eine von ihm geführte rot-grüne Koalition im Gegensatz zur momentan am Ruder befindlichen und sich im Regieren übenden keinen wirklichen Politikwechsel mit sich brächte, somit keine echte Alternative wäre, sondern gerade mal ein kleineres Übel. Der mit viel Wohlwollen ungeschickt zu nennende Beginn seiner Kampagne tat ein Übriges, dass von dem großen Hoffnungsträger ordentlich Lack abgeblättert ist.

Montag, 28. Januar 2013

Run for cover!


Irgendwann in den Siebzigern riss Otto Waalkes folgenden Witz: Ein Mann, trifft zufällig einen alten Bekannten wieder und man kommt ins Erzählen. Auf einmal sagt der Mann: "Übrigens, ich habe jetzt ein Stinktier als Haustier." "Igitt!", meint der Freund, "Wo hältst du das denn?" "Na, im Schlafzimmer natürlich.", entgegnet der Mann. "Und der Gestank?" - "Ach, daran wird das Tier sich schon gewöhnen." Was haben wir gelacht! Als ich letztes Jahr in irgendeiner Sendung sah, wie ein Mann tatsächlich Stinktiere in seiner Wohnung hielt, wurde mir schlagartig klar, dass ich langsam alt werde. Anderes Beispiel: Die Nonsens-Metal-Band JBO brachte vor knapp fünfzehn Jahren das Album 'Meister der Musik' heraus. Darauf befindet sich neben Eigenkompositionen und Coverversionen auch eine mehrteilige Werbeparodie auf einen Sampler, auf dem Schlager- und Dancefloor-Fuzzis Hardrock- und Metal-Klassiker zum Besten geben ("Blümchen singt Black Sabbath!", "Richard Clayderman spielt Metallica!", "Ernst Mosch und seine Egerländer spielen Venom!" usw.).