Freitag, 16. August 2013

Ohrenpein beim Reitverein


Die Betreiber des nahe gelegenen Reiterhofs mit angeschlossener Gastronomie verstehen ihr Handwerk. Im schön gelegenen Biergarten lässt sich gutes Gebräu zu unschlagbaren Preisen genießen, auf Bestellung wird einem etwas Gutes auf den Grill gelegt, das nicht aus dem Großmarkt kommt, sondern von einem Metzger und ebenfalls zum schwer schlagbaren Preis verkauft. Im Hintergrund hält vornehmlich weibliches Jungvolk die Zossen auf Trab. Wenn der Wind günstig steht, bemerkt man auch den Geruch der hundert Meter entfernten Kläranlage kaum. Was soll's, die Emscher will schließlich gereinigt werden. H. ist nach einem mehr als ein Jahr währenden Dating-Marathon wieder in einer Beziehung angekommen und kennt kaum ein anderes Thema als seine neue Flamme. Man ordert noch ein Weißbier und lässt den lieben Gott einen jolly old fellow sein. Idyllen wie diese machen langmütig. Doch auch das hat Grenzen.

Sonntag, 4. August 2013

Wieder rausgekramt: Der Philip Marlowe von Essen


Man könnte doch mal wieder 'Steeler Straße' lesen, so fuhr es mir die Tage durchs Hirn und ich tat wie befohlen. Drei Tage später hatte ich alle Bände durch und das sichere Gefühl, diese treuen Begleiter meiner Essener Studienjahre nicht zum letzten Male wieder hervorgekramt zu haben. 'Steeler Straße' ist eine aus sechs Bänden bestehende Serie von in Essen spielenden Detektivromanen des ehemaligen IT-Angestellten Friedrich Hitzbleck alias Conny Lens. Lens hat den Traum vieler wahrgemacht und sich vom Hobbyschriftsteller zum gefragten Roman- und Drehbuchautor gemausert. 'Steeler Straße' gehörte zu seinen ersten Gehversuchen.

Mittwoch, 17. Juli 2013

Deutschland, uneinig Egoland


Seit ihrer Gründung arbeitet die Bertelsmann Stiftung unermüdlich daran, dieses Land ein bisschen weniger solidarisch zu machen. So wenig Staat wie möglich lautete das schlichte Credo des erzkonservativen Gütersloher Bücherpaten Reinhard Mohn, der eine kleine Verlagsklitsche  zu einem der größten Medienhäuser Europas und später der Welt aufbaute. Mohn mag seinem Anspruch daran, wie ein Firmenchef zu sein hat, durchaus gerecht geworden sein. Für seine Mitarbeiter wird er tatsächlich so etwas gewesen sein, wie ein Patriarch – streng zwar, aber auch väterlich, großzügig, vor allem aber loyal. Unter seiner Ägide (und den Bedingungen des Wirtschaftswunders) musste vielleicht niemand Angst haben, entlassen zu werden.

Zwei bis drei Denkfehler aber muss man Mohn postum attestieren. Erstens: Ostwestfalen ist nicht die Welt. Zweitens: Unternehmer wie er und Unternehmen wie seins sind die Ausnahme, nicht die Regel. Drittens: Ein erfolgreicher Unternehmer ist zunächst einmal nicht mehr und nicht weniger als ein erfolgreicher Unternehmer und deswegen noch lange kein universell begnadeter Visionär, der in allen Fragen und allen Bereichen des menschlichen Daseins kompetent ist. Noch zu Lebzeiten, meinte er, Eigentum verpflichte. Unter anderem dazu, der Gesellschaft etwas zurück zu geben. Dieses an sich edel und altruistisch sich ausnehmende Motiv ist in Wahrheit nicht selten ein egoistisches: Es geht darum, die Gesellschaft im eigenen Sinne zu verändern.

Sonntag, 23. Juni 2013

Die ihr Essen fotografieren


Irgendwas mache ich falsch. Ich mache mir oft einen Kopf, über was sich so bloggen lässt. Weil das hier nie ein reines Polit-Blog sein sollte, sehe ich zu, eine gewisse Balance hinzubekommen aus Politischem, Gesellschaftlichem und jenen netten Banalitäten am Wegesrand, die das Leben so farbig machen. Ich drechsele Sätze, lese sie mir laut vor, um zu hören, ob sie auch einen schönen Rhythmus haben. Regt mich etwas richtig auf, dann gelingt es mir manchmal, einen Beitrag in einer halben Stunde fertig zu haben und nur noch ein paar kleine Korrekturen vornehmen zu müssen. Meistens breche ich mir aber länger einen ab. Vor allem aber schmeiße ich eine Menge weg. Nur gut die Hälfte dessen, was ich im Monat so verzapfe, erscheint hier auch. Der Rest gammelt als angefangenes Fragment auf der Festplatte rum. Ich beklage mich nicht, denn ich finde das ziemlich normal. Wie alle kreativen Tätigkeiten, ist Schreiben nun einmal, entgegen einem verbreiteten Vorurteil, kein reiner Spaß, sondern vor allem Arbeit. Eine schöne Arbeit zwar, die meist Freude bringt und sehr befriedigen, gelegentlich aber auch frustrieren kann.

Freitag, 21. Juni 2013

Deutsches Kinderelend


Kristina Schröder hat's manchmal auch nicht leicht. Weil bekanntlich das Damoklesschwert des demographischen Wandels über uns allen hängt, die Deutschen somit auszusterben drohen wie einst die Dinosaurier und die Neandertaler, gilt es als vordringliche Aufgabe einer Familienministerin, dafür zu sorgen, dass die zwar rammelfreudigen, aber vermehrungsmüden Deutschen diesen Trend gefälligst wieder umkehren. Das Elend der deutschen Politik liegt auch hier darin, dass man meint, alles sei im Zweifel nur eine Frage des Geldes.

Dienstag, 18. Juni 2013

Fremde Freunde


Kein Zweifel, Amerika war einmal cool. Vor allem die Populärkultur. Für viele in der Nachkriegszeit Sozialisierte hatten Jeans, Rock 'n Roll und auch das unkomplizierte Fastfood im Mief der Adenauerära etwas Befreiendes. Amerika, das stand für Freiheit, ein gewisses Rebellentum, dafür, es dem Establishment zeigen. Auch der amerikanische Traum hatte eine gewisse Faszination: Egal, wer du bist oder wo du herkommst, egal wie du heißt und welchen Namen du trägst, du bekommst deine Chance. Dass das streng genommen kaum jemals so war und es auch in den USA, die keinen Adel kannten, sehr wohl eine Rolle spielen konnte, wer man so war und aus welchem Stall man stammte, störte zunächst nicht weiter. Die Amerikaner waren schlau genug um zu sehen, dass es im Nach-Nazideutschland eine jüngere Generation geben würde, die nach so etwas dürstete und gaben den wohlwollenden Hegemon. Viele Deutsche dankten ihnen das.

Dienstag, 11. Juni 2013

Genderama


"Girls will be boys and boys will be girls / It’s a mixed up, muddled up, shook up world / Except for Lola." (Ray Davies)
Die um ihre Männlichkeit fürchtenden Männer an der Universität Leipzig können aufatmen: Die Klöten bleiben dran und im Uni-Chor wird auch weiterhin Tenor und Bass gesungen werden. Kein honoriger Professor muss fürchten, in Zukunft mit "Frau Professorin", "Frau Professor", "Klaus-Bärbel" oder "Loretta" angeredet zu werden. Auslöser der Panik war ein Bericht auf Spiegel online, in dem es sinngemäß hieß, die Leipziger Alma Mater habe ihre Sprachregelungen dahingehend geändert, dass sich von nun an alle Männer mit weiblichen Titeln anreden lassen müssten. Im Teaser heißt es:

Freitag, 7. Juni 2013

Ursuppe


"Wenn Menschen aufhören, an Gott zu glauben, dann glauben sie nicht an nichts, sondern an alles Mögliche. Das ist die Chance der Propheten – und sie kommen in Scharen." (Gilbert Keith Chesterton)
Man sagt, des Menschen Wille sei sein Himmelreich. Wenn also jemand glauben möchte, der liebe Gott sei ein rauschebärtiger alter Mann und habe die uns bekannte Erde binnen sechs Tagen plus einem Ruhetag mit etwas Simsalabim aus Knetmasse und Spucke zusammengeleimt, dann soll er das eben tun. Wer par tout glauben möchte, man würde 120 Jahre alt und garantiert niemals krank, wenn man sich ausschließlich von Rohkost und ungewaschenen Wildkräutern ernährt, dazu täglich skurrile Gymnastik betreibt und Volkslieder zu ungelenk umgedichteten Texten zum Besten gibt, soll das meinethalben auch tun. Problematisch wird es genau dann, wenn Leute, die so was tun, alle, die das nicht tun mögen oder schlicht für Mumpitz halten, für minderwertige, unerleuchtete, ignorante und böse Menschen halten.

Ich bin in meinem bisherigen Leben weiß Gott einer ganzen Menge Schwachsinn in allen Farben, Formen und Größen begegnet. Seitdem ich mich seinerzeit daran gemacht habe, in die unendlichen Welten des Netzes vorzudringen, scheint mir das Ausmaß noch einmal deutlich angestiegen zu sein. Auch ist man aus der Esoterik-Szene wirklich einiges Schräge gewohnt. Doch spielt das, auf das am letzten Wochenende auf mein entzündetes Auge fiel, noch einmal in einer eigenen Liga.

Donnerstag, 6. Juni 2013

Verklemmte überall


Wie landet man als Comedian fast immer einen sicheren Lacher? Ganz einfach. Man braucht nur einen Satz anzufangen wie: „Greift ein Priester einem Messdiener unter den Rock...“, und dabei verschwiemelt zu grinsen. Ta-täää! Grölendes Gelächter ist fast garantiert. Die normalerweise durchaus witzige und angenehm versaute Kölner (ja, ich weiß, sie ist in der Klumstadt Bergisch Gladbach geboren) Komödiantin Carolin Kebekus hat für ihre vom WDR produzierte und auf EinsFestival ausgestrahlte Fernsehshow einen Clip gedreht, in der sie als tanzende Nonne inmitten einer Schar von Messdienern, denen wiederum Priester nachstellen, in einer Kirche Hiphoppiges zum Besten gibt. Irgendwann lupft sie das Gewand vor einem Kruzifix und leckt auch eines ab. Haha. Wer im Gegensatz zu mir auf HipHop steht, wird dem vielleicht sogar etwas abgewinnen können.

Donnerstag, 30. Mai 2013

Sie sind unter uns (3)


Heute: Pink Radar - der Homophobe Oberchecker

Wer erinnert sich nicht an die legendären Terminator-Filme? Legendär die Szenen, in denen der staunende Zuschauer die Welt durch die Augen des Maschinenmannes wahrnahm. Wer hätte sich so was in bestimmten Situationen noch nie gewünscht? Entfernungen, Größenverhältnisse, freie Parkplätze, Temperaturen und vor allem Identitäten automatisch ins Sichtfeld eingeblendet zu bekommen. Zwar gibt es solche Geräte schon länger, aber dummerweise würde man damit aussehen wie eine dieser Borg-Drohnen aus Star Trek. Aber jetzt festhalten: Menschen mit eingebauten Scannern wie beim Terminator scheint es wirklich zu geben. Auch das muss ich wissen, denn ich bin auch so einem schon begegnet. Es war Pink Radar, der Homophobe Oberchecker.