Dienstag, 16. Oktober 2012

Stating The Obvious

Die Bundesagentur für Arbeit ist ein sehr großer Laden. Dort gibt es viele Abteilungen. Eine davon heißt wahrscheinlich: 'Sonderarbeitsgruppe', nein, 'Task Force' klingt cooler: 'Task Force zum Herausfinden offensichtlicher Dinge' oder so ähnlich. Sollte das so sein, dann hat diese Truppe jetzt einen echten Coup gelandet: Die haben nämlich eine Allensbach-Umfrage in Auftrag gegeben, und die Demoskopiefüchse haben – wahrscheinlich dank der Anschaffung neuer, hypermoderner Computer –  herausgefunden, dass viele Deutsche wenig schöne Vorurteile gegenüber Hartz-IV-Empfängern hegen:

„Die von der BA in Auftrag gegebene Erhebung zeigt, dass 57 Prozent der Deutschen denken, Hartz IV-Empfänger wären bei der Arbeitsuche zu wählerisch, ebenso viele halten sie für schlecht qualifiziert. Über die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass sie überhaupt nicht aktiv nach Arbeit suchen und nichts zu tun haben. Rund 40 Prozent glauben, Hartz IV-Empfänger wollen nicht arbeiten.“ (Quelle: BA)

Ja Donnerlüttchen! Und als ob das noch nicht genug wäre, hat eine andere Task Force, wahrscheinlich die für messerscharfe Schlüsse, herausgefunden, dass es sich dabei nicht nur größtenteils um Irrtümer handelt, sondern irgendwie auch ein Schuss ins eigene Knie ist, weil allzuviele solcher Vorbehalte die Vermittlung von Hartz-IV-Empfängern in Arbeit erheblich erschweren.

Man kann die segensreiche Arbeit diese Abteilungen nicht genug rühmen, denn die Auswertung der Datenmasse muss echte Detektivarbeit gewesen sein, gegen die das Zusammenpuzzlen geschredderter Stasi-Akten sich wie ein Kindergeburtstag ausnimmt. Man bedenke: Seit zehn Jahren berichten Medien im ganzen Land, allen voran die privaten, völlig wertfrei, objektiv und nüchtern über das schwere Los dieser neuen gesellschaftlichen Gruppe. An keinem Stammtisch ist je ein böses Wort gefallen über sie und kein Politiker keiner Partei hat je der Versuchung nachgegeben, auf ihrem Rücken ein populistisches Süppchen zu kochen. Man kann sich kaum die Sisyphusarbeit vorstellen, die nötig gewesen sein muss, um hinter dieser Potemkinschen Fassade aus Anstand und Fairness einen solchen Abgrund sichtbar zu machen.

Man hätte auch einfach mal eine Woche lang die BILD-Zeitung lesen können.

Nächste Woche finden amerikanische Wissenschaftler übrigens heraus, dass auf der Nordhalbkugel die Wahrscheinlichkeit für niedrige Temperaturen und frühen Sonnenuntergang in den Wintermonaten signifikant zunimmt.



4 Kommentare:

  1. haha ... irgendwie wird die Feder spitzer ... und spitzer ... ;), klasse.

    Lieben Gruß
    Rosi

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  2. Ja wer hätte das gedacht? ;)

    Den Nagel auf den Kopf getroffen und herrlich geschrieben!

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  3. Hab diese Weisheiten in der Süddeutschen gesichtet, - und vollkommen die Segel gestrichen, was man zu so viel Bigotterie noch von sich geben könnte. Du hast es geschafft. Hast den richtigen Ton getroffen. Respekt. Schließe mich meinen Vorkommentatoren absolut an.

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    1. Tja, manchmal kann man nur noch mit Zynismus reagieren. Politische Folgen dürften diese sensationellen Erkenntnisse m.E. allerdings kaum nach sich ziehen...

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