Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
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Mittwoch, 2. Oktober 2013
Die Tussi kehrt zurück
Liebe Geschlechtsgenossen, wir müssen jetzt sehr tapfer sein. Wir können aber nicht behaupten, nicht gewarnt gewesen zu sein: Die gendermäßig höchst asymmetrisch erfolgreiche Filmreihe Bridget Jones geht in die dritte Runde. Ein verfilmter Mädelsabend, die auf Zelluloid gebannte Rache für unzählige Fußballspiele und Actionfilme, die frau im Leben gezwungen war, mitzugucken. Es ist wichtig, für den Fall, dass mann mit weiblicher List dazu gebracht wird, sich das anzutun, ein wenig vorbereitet zu sein. Daher für alle, die das Glück hatten, sich im Gegensatz zu mir den ersten zwei Teilen nicht aussetzen zu müssen, eine kurze Einführung in den Kosmos dieser schillernden Ikone unserer Zeit:
Bridget Jones (Reneé Zellweger) ist zu Beginn eine in London lebende Singlefrau um die dreißig. Abgesehen davon, dass sie sich abmüht, als Fernsehredakteurin auf einen grünen Zweig zu kommen, bestimmen noch folgende Dinge ihr Leben: Der Kampf gegen ihre Pfunde und die Suche nach Mr. Perfect. Ersteres ist komplett lachhaft, weil Bridget nicht wirklich dick ist, sondern lediglich ein paar weibliche Rundungen mehr hat als das durchschnittliche Model. Trotzdem versaut sie sich das Leben, indem sie akribisch Tagebuch führt über ihre Versuche, das Rauchen aufzugeben, über das, was sie sich aus Frust an Süßigkeiten und Alkoholeinheiten zuführt bzw. über die Trainingseinheiten, mit denen sie panisch die Folgen davon wieder loszuwerden versucht.
Zwei Filme lang ist sie hin- und hergerissen zwischen dem attraktiven Daniel Cleaver (Hugh Grant), der leider ein Arschloch ist und dem eher langweiligen, dafür grundanständigen Mark Darcy (Colin Firth). Überflüssig zu sagen, dass beide ordentlich Asche am Schuh haben und sich in den besseren Kreisen bewegen. Nach einigem Hin und Her macht Darcy ihr dann endlich den ersehnten Heiratsantrag. Wer die fünf verwöhnten, schuh- und konsumfixierten New Yorker Knatterschnatzen aus Sex And The City immer für die Höchststrafe in puncto geschlechtsspezifisches Medienschaffen gehalten hat, der musste noch nie nüchtern und bei vollem Bewusstsein einen Bridget Jones-Film von vorn bis hinten ansehen.
Nun kann es sein, dass ich als Mann, will heißen: als schwanztragendes, ignorantes, fleischgewordenes Missing Link zwischen Neandertaler und Homo sapiens, rein biologisch nicht in der Lage bin, ein Meisterwerk wie die Bridget Jones-Trilogie angemessen zu würdigen. Wenn das so ist, dann bin ich zumindest nicht allein. Und ich habe eine mächtige Verbündete: Helen Fielding, Erfinderin und Autorin von Bridget Jones, regte sich schon anlässlich des zweiten Films mächtig auf über die kultische Verehrung, die ihrer Figur da von ihren Geschlechtsgenossinnen zuteil wurde. Sie könne beim besten Willen nicht verstehen, wie so viele Frauen ihr begeisterte Briefe schreiben könnten, was für eine starke Frau und welch ein Vorbild ('role model') Bridget für sie sei.
In einer Times-Kolumne (die leider nicht mehr online abrufbar ist) meinte sie, Bridget sei von ihr als Karikatur der Egogesellschaft der Neunziger angelegt worden. Und eine 'starke Frau' sei sie erst recht nicht, so Fielding: Wenn sie keinen Mann abbekäme, dann sei sie selbst Schuld, denn sie interessiere sich für nichts außer für sich selbst, für ihre Bedürfnisse und ihr Äußeres. Nicht für Kunst, Musik, Literatur, Filme, nicht einmal für Handarbeiten. Welcher Mann mit Stil und Geschmack und Haltung sollte so eine langweilige, oberflächliche Tussi, deren höchstes Ziel im Leben es ist, reich geheiratet zu werden , also jenseits sexueller Anziehung interessant finden oder gar ernst nehmen?
Vielleicht soll das alles aber auch uns Männer nachdenklich machen: Seht euch genau an, was passiert, wenn ihr Frauen nur auf ihr Äußeres reduziert. Irgendwann tun sie euch den Gefallen und spielen das Spiel mit. Zur Strafe müsst ihr euch dann solche Filme ansehen. Niemand kann also sagen, nicht gewarnt gewesen zu sein.
1 Kommentar:
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Schöner Text!
AntwortenLöschenDer Feminismus karikiert sich zunehmend selbst an den real gelebten Frauen-Vorbildern und er frisst die eigenen Kinder.
Auf der einen Seite wollen viele Frauen nicht immer nur aufs Äußere reduziert (Komplimente sind aber trotzdem wünschenswert, weil das Selbstbewusstsein davon abhängt), sondern auch ernst genommen werden. Gleichzeitig wird sich aufgetakelt und gehofft, durch das eigene Aussehen einen netten, reichen, intelligenten, hübschen und humorvollen Mann kennenzulernen. Blendkörper sind angesagt!
"Aber? Oh was? Nur Idioten und Proleten quatschen mich an? Ich verstehe das nicht! Männer sind böse, scheiße, an allem schuld und schwanzgesteuert!"
Wer eine Rattenfalle auslegt, muss sich nicht wundern, wenn nur die Ratten ankommen. Wer einen Mann mit Charakter will, sollte auch Charakter und nicht nur Arsch und Titten zeigen. Dieser Widerspruch wird von Hollywood, Fernsehen, Frauen-Büchern und Frauen-Zeitschriften vorgelebt. Erst wenn Frau anfängt, sich ihr Selbstbewusstsein nicht primär über ihr Aussehen zu beziehen, kann sie sich aus diesem Teufelskreis lösen. Dann lernt sie auch die "richtigen Männer" kennen.