Mittwoch, 2. Juli 2014

Liberale Namenssuche


Man mag sie ja für tot erklärt haben, aber die FDP gibt es tatsächlich noch. Momentan kursieren im Lande Liberallala Überlegungen, sich eventuell einen neuen Namen zu verpassen, um gleichsam noch einmal neu durchzustarten. Zu Recht, ventiliert Roland Nelles, denn: "Viele Wähler sehnen sich nach einer starken liberalen Partei." Hm, tja, mag sein. Vielleicht sogar auch ich. Ein wenig schon. Käme halt unter anderem darauf an, wie man Liberalismus so definiert in diesen Zeiten anlassloser Totalüberwachung. Debatten über klassisch liberale Themen wie etwa Bürgerrechte und Freiheit des Einzelnen in Zeiten der totalen Digitalisierung des Lebens, des entfesselten Kapitalismus und der Globalisierung wären schon wünschenswert.

Wenn Nelles aber ferner meint: "Viele wünschen sich eine Politik, die mehr auf Eigenverantwortung als auf Umverteilung setzt.", dann ist das, mit Verlaub, ziemlicher Blödsinn. Zumindest, wenn man die FDP als Maßstab nimmt. Denn die war ja nie gegen Umverteilung, sondern immer sehr dafür. Hat alles gegeben, damit kräftig von unten nach oben umverteilt wird. Und mit der Eigenverantwortung - ein jeder sorge für sich selbst im maximalst von staatlichen Fesseln befreiten Rattenrennen - hatten sie's nur, wenn es nicht die gelbe Kernklientel betraf. Eher nämlich wäre die ehemalige liberale Bundestagsfraktion nackt durch die Innenstadt von Teheran gelaufen, hätte Kondome und Wodkaflaschen geschwenkt und versaute Karnevalslieder dazu gesungen als die Gebührenordnungen für Zahnärzte, Steuerberater, Anwälte und anderer, vor den Zumutungen des freien Marktes geschützten Besserverdiener anzutasten.

Aber aus der Idee mit dem neuen Namen könnte man echt was machen. Ich hätte da schon ein paar Vorschläge. Wie wäre es beispielsweise mit: DLP (Deutsche Lobbypartei)? Oder PNE (Partei neoliberaler Egoisten) oder AfDM (Asoziale für den deutschen Michel), EAK (Eure Armut kotzt uns an), GANS (Gegen alle neuen Steuern), SBZ (Steuern bezahlen ist ne Zumutung), BWL (Bündnis für Wirtschaft und Lobbyismus), BOMP (Bornierte Oberschicht macht Politik), MUM (Muss unbedingt mitregieren), SOZIS (Sozialismus ist scheiße), FFR (Freiheit für Reiche)? Oder warum immer nur Abkürzungen und Akronyme? Nennen wir sie doch gleich die DIE DREHTÜR.

Anderes Thema: Die ganze Schlichtheit des durchschnittlichen Shitstorm-Patizipianten offenbart sich gerade wieder im 'Freitag'. Dort hat man es doch tatsächlich gewagt, einen Artikel zu veröffentlichen, der sich ein wenig kritisch mit den Rumpelrockern 'Böhse Onkelz' nebst ihren bei Kritik nicht selten leicht verschnupft reagierenden Anhängern auseinandersetzt (nein, weder die einen noch die anderen werden rundheraus als Nazis diffamiert). Und was machen die prompt beleidigten 'Onkelz'-Fans, die ihren Säulenheiligen per Kommentar beispringen? Benehmen sich exakt so wie im Artikel beschrieben. Herrlich! Manche Menschen sind einfach zu leicht auszurechnen.




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