Sonntag, 29. Mai 2016

Pussies und Mullahs


Wir sind, wie Tom W. Wolf sehr richtig bemerkte, schon arge Pussies. Während französische Gewerkschafter der Welt gerade zeigen, wie man sich gegen ein als Reform getarntes Verarmungsprogramm wehrt, heulen bei uns nicht eben wenige schon herum, wenn mal ein paar Züge ausfallen. Ei, des gehd doch ned! Mer müsse doch schaffe. Weddbewebbsfähisch bleibe. Des gehörd doch verbohde, so was! Pussies sind die Deutschen, zumindest die deutschen Männer, ja angeblich auch, weil sie kollektiv zu Weicheiern geworden sind, die jetzt, da nordafrikanische Grapscher und Antänzer in Kohortenstärke ihr Unwesen treiben bei uns, nicht mehr in der Lage sind, ihre Frauen angemessen zu verteidigen. Also rumheulen, anstatt auch mal nen Satz heiße Ohren zu verteilen. Ey, machsu meine Ische an oder was? Isch mach disch Krankenhaus!

(miserable Tonqualität, weiß ich)

Spätestens seit der Schreckensnacht von KölnTM wird ja gebarmt, der deutsche Mann habe das Prügeln verlernt. Hach ja, die heroischen Zeiten, da die Welt noch zitterte vor Dem Deutschen MannTM! Wie er damals, voll auf Pervitin, zu Fuß bis nach Stalingrad latschte, um dort, ein fröhliches "Sieg Heil!" auf den Lippen, zu erfrieren, zu verhungern oder sonstwie zu verrecken. Nebenbei fackelte er noch ein paar tausend Dörfer und Städte ab und massakrierte die Bevölkerung. Von der jüdischen ganz zu schweigen. Könnte also durchaus sein, dass es Menschen gibt auf der Welt, die unaggressive Deutschen ganz okay finden. Eine Umfrage unter Bewohnerinnen hiesiger Frauenhäuser ergäbe vermutlich eh, dass die Unfähigkeit zu prügeln nicht unbedingt zu den vorrangigen Problemen teutscher Mannsbilder gehört. Und erst kürzlich haben ein paar von uns auf Malle gezeigt, dass wir es sehr wohl noch draufhaben.

Also, wer ist schuld daran, dass die aktuelle Männergeneration angeblich nur noch aus wuschelbärtigen Heususen und Wattebauschwerfern besteht? Klar, linke Kuschelpädagogen, vor allem aber Feministinnen. Diese unweiblichen, ewig aufmuckenden und die Weltordnung ins Chaos stürzenden Megären hätten dem deutschen Manne Jahrzehnte über konsequent seine männliche Glorie aberzogen, ja ihn quasi kastriert. Übrig geblieben seien weinerliche, unmännliche Würstchen, mit denen keine Kriege mehr zu gewinnen seien. Dass ein notorischer Falschabbieger wie Hagen Grell sich so was aus der Runkel wringt, mag ja noch irgendwie angehen, weil quasi zum Berufsbild gehörig.



Wenn aber Teile der bürgerlichen Presse ins gleiche dämliche Horn tröten, finde ich das schon irritierend. (Es wird übrigens immer wieder der Gewaltforscher Jörg Barberowski als Kronzeuge angeführt, der dann allerdings konsequent falsch wiedergegeben wird). Nicht, weil da jemand anderer Ansicht ist, sondern weil ich mit der Logik intellektuell nicht ganz mitkomme. Soll es also das Mittel der Wahl sein, mit dem von Kriminologen und Besorgten Bürgern beklagten "phallisch-aggressiven Verhalten" der "importierten nordafrikanischen Macho-Kultur" fertig zu werden, indem wir uns unsererseits auch ein Stück weit zu einer mitteleuropäische Macho-Kultur mit phallisch-aggressivem Verhalten wandeln? Ich bin verwirrt.

Eines hingegen weiß ich ziemlich genau: Diese Welt wäre definitiv eine bessere, wenn alle Schmalspurdenker und -schreiberlinge freundlicherweise mal einen Tag lang darauf verzichten würden, das Spielchen der Rechten mitzuspielen, indem sie treudoof deren identitären Quark in Form kollektiver Zuschreibungen ("deutsche Männer", "deutsche Frauen", "nordafrikanische Migranten", "Muslime") nachplappern.

Apropos phallisch: Fast, haarscharf, beinahe hätten die von der 'Jungen Alternative', jener "frechen" Jugendveranstaltung der AfD, es geschafft, dass ich mit ihnen tatsächlich mal in einem Punkt einer Meinung gewesen wäre. Mir gehen diese krampfhaft lockeren Aufklärungsplakate der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die momentan überall geklebt werden, nämlich auch gewaltig auf die Nüsse. Nicht nur die aktuellen übrigens, auch die vorangegangenen Plakate, auf denen Repräsentantinn/en diverser Bevölkerungsgruppen einer Öffentlichkeit, die es nicht wissen wollte, mitteilten, wie sie es am liebsten besorgt bekommen, fand ich unangenehm. Too much information.

Und ich will's nicht wissen!!! (via dtoday.de)
Nicht dass es nicht ehrenwert und richtig wäre, Menschen darüber zu informieren, wie sie sich und anderen sexuell übertragbare Krankheiten vom Leibe halten. Man nenne mich meinethalben verklemmt oder humorlos, aber die diversen ministeriellen Aufklärungsverrenkungen sind, von einer einzigen rühmlichen Ausnahme einmal abgesehen, immer einen Tick zu bemüht. Erinnern an einen peinlichen Onkel, der seinen pubertierenden Nichten und Neffen unbedingt beweisen muss, wie irre locker drauf er trotz seiner 59 Jahre, seiner Ü-Ei-Figurensammlung und seiner nässenden Hämorrhoiden noch ist (derweil die Pubertanten hilfesuchend die Augen verdrehen und den Notausgang suchen). Oder ein Lebensmittelkonzern, der sich ans jüngere Publikum heranzuglitschen trachtet, indem er Nachwuchsdarsteller aus der Unbegabtenabteilung des Arbeitsamtes ungelenk herumrappen lässt. -- Nun gut, wenn mit der Plakatiererei auch nur eine Infektion verhindert werden konnte, soll's mir recht sein.

Dass die 'junge Alternative' aber nun in ihrer hysterisch-apokalyptischen Art und ihrem Talent, Nebensächlichkeiten zu Weltuntergängen aufzublasen, aus ein paar Zeichnungen von absurd akrobatisch kopulierenden, höhö, Strichmännchen und -weibchen einen handfesten "Pornoskandal" machen will ("staatlich verordnete Sex-Plakate") und allen Ernstes dagegen klagt, killt es dann doch wieder für mich. Lieber ein paar verkrampfte Fickelplakate ertragen als eine Horde prüder, im Geiste mindestens 60 Jahre alte Spießer, die sich offenbar nach dem Mief der Adenauerjahre sehnen, sich aufführen wie eine Riege iranischer Mullahs, wegen Bagatellen vor Gericht gehen und Verbote fordern. Pussies eben.



1 Kommentar:

  1. Wie formulierte es Grönemayer noch mal?

    "Wa- Wann ist der Mann ein Mahahann?"

    Toller Text!

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