Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
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Samstag, 9. September 2017
Ronny des Monats - September 2017
Und schon wieder ist der Monat rum. Der Geliebte ArbeitgeberTM hat was überwiesen, an dem diverse Abgreifer aus den Branchen Immobilien, Gas/Wasser/Elektro, Telekommunikation und Versicherungswesen sich bereits bedient haben, der kalendarische Herbst hat begonnen, und es gilt wieder einmal den monatlichen Ronny zu küren. Ich muss sagen, dieses Mal kaum Probleme mit der Wahl des Preisträgers und des Ehrenronnys gehabt zu haben, da mir selten zwei so überzeugende Bewerbungen ins Haus geflattert sind (no pun concerning feynsinn intended). Auch dahinter wurde es diesen Monat eng. So galt zu meinen jungen Jahren ein vor einer Universität geparkter Opel Manta als maximalst denkbarer Widerspruch. Der dürfte inzwischen von rassistischen Sprüchen auf Universitätsgebäuden als maximalst dem eigentlichen Geist von Universitäten Hohn sprechendem Gegensatz abgelöst worden sein.
Die Preisträger des Monats:
Platz 5: Der Heilige Bimbam von Herxheim
Die Schnurre enthält alle Zutaten für eine typische Provinzposse Anno Domini 2017. Im Kirchturm der evangelischen Gemeinde im pfälzischen Herxheim bei Bad Dürkheim bimmelt seit 1934 eine mit einem Hakenkreuz und einem Lobpreis auf Adolf Hitler verzierte Glocke. Als die Kantorin das publik macht, erwägt man zunächst, den Turm für die Öffentlichkeit zu sperren. Dann aber kocht die Debatte hoch, es werden Videos gedreht, alle reden durcheinander, eine alte Dame meint, früher sei nicht alles schlecht gewesen, der Bürgermeister vergreift sich im Ton, meint hinterher, böswillig missverstanden worden zu sein, muss zurücktreten, es wird ein Parteiausschlussverfahren erwogen etc. etc. Das Ganze ist so unsäglich erbärmlich, dass es schon wieder lustig ist. Vor allem aber offenbart es eines: Dieses Land hat weder ein zu vekrampftes noch ein zu ignorantes Verhältnis zu den kürzesten tausend Jahren der Weltgeschichte, es hat gar keines.
Platz 4: El Entsorgo und La Verpissa - Das Dream Team der AfD
"Aussagen wie die aktuelle von Gauland verfolgen drei Ziele: 1. Überzeugte Rechtsextreme sollen in ihrer Sympathie für die AfD bestärkt werden. 2. Die Partei inszeniert sich weiter als Tabubrecher gegen den herbeihalluzinierten linken Konsens. 3. Medien sollen auf die Tabubrüche anspringen und der Partei so Aufmerksamkeit bescheren. Gauland ist dies wieder einmal gelungen." (Sebastian Weiermann) - nuff said, mehr muss man dazu eigenlich nicht wissen. Dummerweise war die SystempresseTM mal wieder anderer Meinung.
Ferner muss man es Teilen der rechten Szene lassen, ein wirklich herziges Verständnis von Politik zu pflegen. Wann immer irgendwo etwas geschieht, das ihnen gegen den Strich geht, fühlen sie sich sofort zu allem möglichen berechtigt. So auch Talkshowverlasserin und AfD-Vorzeigelesbe Alice Weidel, die Frau Merkel wegen dies und jenem, das ihr nicht passt, gern vor Gericht sehen würde (Adblocker aus, es zieht!), und zwar vor einem "ordentlichen" (wir sind schließlich in Deutschland hier). Sagen wir so: Würde ich jetzt davon anfangen, wen ich alles gern in der Klapse sähe, dann bekäme ich vermutlich Ärger wegen übler Nachrede. (Erwähnte ich schon, dass Politiker/innen, die teils krasse Minderheitenmeinungen vertreten, aber sofort beleidigt den Bosbach machen, wenn ihnen widersprochen wird, sich meiner unmaßgeblichen Meinung nach dringend einen anderen Job suchen sollten? Nicht? Tue ich hiermit.)
Platz 3: Die üblichen Schweinereien
Der Volkssport, Muslimen bzw. muslimischen Organisationen Schweinernes unterzujubeln (und zu glauben, die fielen dann vor Schreck in Ohnmacht), scheint sich nach wie vor großer Beliebtheit zu erfreuen. Der neueste heiße Scheiß ist offenbar, Schweineohren in Briefkästen zu werfen, wie jetzt bei einer syrischen Familie in Cottbus geschehen. Bevor jemand fragt: Es handelte sich tatsächlich um Körperteile von Schlachtvieh, nicht um das unter anderem auch als Palmiers oder Prussiens bekannte Blätterteiggebäck. Bleibt zu hoffen, dass die tapferen Postboten vorher auch gecheckt haben, ob es sich nicht zufällig um eine christliche Familie aus Syrien handelte. Tat es wohl nicht. Das Abendland ist also gerettetet. Schon letztens plädierte ich dafür, sich bei solchen Leuten zu revanchieren, indem man ihnen Spatzenhirne unterjubelt, doch steht zu befürchten, dass solch feine Ironie sie eventuell überfordern könnte.
Platz 2: Entkreuzigter Joghurt
Ein Glück, dass es Old Schweinsauge und seine Jungs gibt. Halten die Augen offen. Sitzen den ganzen Tag am Rechner und passen auf. Damit Gevatter Moslem hier nicht angeschissen kommt und rumislamisiert. Zieh dich warm an, Mustafa, Old Schweinsauge entgeht nichts. Weder ein islamischer Adventskalender noch ein schändlich entchristlicher Weihnachtsmann. Dann wird die Sache mal eben erledigt. Shitstorm, Morddrohung, bäm! Reicht in der Regel aus, um für Ordnung zu sorgen. Schwerer Job, das. Hart, schmutzig, einsam. Und danken tut's einem auch keiner. Im Gegenteil, der linksgrünversiffte Mainstream macht sich auch noch lustig. Aber einer muss ihn halt tun, den Job. Ihr jüngster Coup ist die Enttarnung des offensichtlich vom IS unterwanderten Unternehmens Lidl. Haben mal eben von einer Packung mit griechischem Joghurt mir nichts, dir nichts die Kreuze von den darauf abgebildeten christlich-abendländischen Kirchen retuschiert und geglaubt, diesen Versuch islamistischer Indoktrination würde schon niemand bemerken. Haha, aber nicht mit Old Schweinsauge, Freunde der Nacht! Eine Antwort auf die Frage hingegen, wieso auf der Joghurtpackung eine griechische Fahne prangt ist, deren Kreuz keineswegs entfernt wurde, steht allerdings noch aus.
(Glaubt ja nicht, werte Straßenbauämter der Nation, es bliebe unbemerkt, wie viele Kreuzungen ihr so zu Kreisverkehren umbaut.)
Platz 1: Herr Best (NPD) und die Zahlen (arabisch)
Man kann nicht alles wissen. Auch kann einem als Ehrenamtlicher während einem öffentlichen Auftritt das eine oder andere entfallen. Zum Beispiel, dass die Welt seit vielen Jahrhunderten mit arabischen (eigentlich indischen) Zahlen rechnet. Kann man mal nicht auf dem Schirm haben, wegen Lampenfieber und so. Ist keine Schande. Nur ist man dann gut beraten, entsprechend zu reagieren. Etwa indem man etwas sagt in der Art von: "Nun ja, das mag sein. Ich werde das prüfen." oder so. NPD-Mann Otfried Best, Bürgermeisterkandidat im saarländischen Völklingen, indes scheint von derlei Selbstzweifeln nicht getrübt. Seine Antwort auf die Frage von Uwe Faust, seines Zeichens Kreisvorsitzender der 'PARTEI', katapultiert ihn in den Charts von null auf eins. Es konnte nur einen geben. Aber hören Sie selbst (Transkript bei Kollegin Mechthild):
Und auch diesen Monat, hochverehrtes Publikum, wird wieder ein Sonderpreis verliehen. Die Runtergelassene Hose des Monats geht an:
Holger Arppe (AfD)
Der bereits 2015 wegen Volksverhetzung verurteilte ehemalige mecklenburgische AfD-Vizefraktionschef Holger Arppe gehört offenbar einer großen Mehrheit an: Zu derjenigen, die so blöd ist, das, was sie so in diversen Netzen von sich gibt, für total privat und geheim zu halten. Dumm gelaufen. Der NDR und die taz hatten Arppes, öhöm, Ergüsse zum Teil publik gemacht, woraufhin er von seinen Ämtern zurücktreten musste. Auf eine Wiedergabe der geleakten Inhalte wird hier aus Geschmacksgründen verzichtet, sie können aber problemlos anderswo nachgelesen werden. Vielleicht so viel: Es gibt politische Gruppierungen, die sich mit spitzen Bemerkungen über die Vergangenheit der Grünen in Zukunft vielleicht etwas bedeckter geben sollten. Werden sie aber wohl nicht.
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