Dienstag, 26. März 2019

Schönes bleibt (3)


"History does not repeat itself - but it rhymes." (Mark Twain)

Gibt so Dinge, die scheinen sich wirklich nicht zu ändern im Leben. Gibt viele, die das beruhigend finden. Ich kann mich da meist nicht so recht entscheiden. So wurde ja bald nach der 1:1-Gala der DFB-Elf am letzten Mittwoch gegen Serbien in Wolfsburg bekannt, dass Leroy Sané und İlkay Gündoğan von der Tribüne rassistisch beleidigt wurden. Was immer das im Einzelnen ist, neu ist das jedenfalls nicht.

Die Älteren werden sich erinnern, dass Leroy Sanés Vater Souleymane Sané einst bei Nürnberg spielte und ab 1990 beim Bundesliga-Aufsteiger SG Wattenscheid 09 zur Legende wurde. Mit Tony Baffoe, Jay Jay Okocha und Anthony Yeboah gehörte er Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger zu den ersten schwarzen Spielern in der Bundesliga und wurde mit Bananen beworfen, musste sich Affenlaute anhören oder Fangesänge wie "Husch, husch, husch - Neger in den Busch!".

Als er 1988 seinen ersten Einsatz als Erstligaspieler beim 1. FC Nürnberg antrat, bekamen dortige Lokaljournalisten angeblich Post von 'Fans', die sich besorgt zeigten darüber, dass jetzt "ein Neger im ruhmreichen Dress des FCN" spielt und drohten, ihre Dauerkarten zurückzugeben. Immer wieder tröstlich zu sehen, dass es Menschen gibt, die noch echte Probleme haben.

Wie gesagt, manche Dinge scheinen sich wohl nie wirklich zu ändern. Legendär aber war die Coolness, mit der die Jungs damals auf derlei Zumutungen reagierten. Vermisse ich heute zuweilen.

"Du kannst auf meiner Plantage arbeiten!" (Tony Baffoe zu einem Fan, der ihn rassistisch angepöbelt hatte)

"Schwarze Sau!" (Anthony Yeboah zu einem Schiedsrichter)


"Komm Junge, wir Schwarzen müssen zusammenhalten!" (Anthony Yeboah zu einem anderen Schiedsrichter)


"Nix Neger raus – HSV raus!" (Souleymane Sané 1991 zu Hamburger Fans, die ihren Unmut über das Ausscheiden aus dem DFB-Pokal an ihm ausließen)


"Soll ich etwa ein Lagerfeuer im Wohnzimmer machen?" (Anthony Yeboah in einem Interview mit dem 'Kicker' bei ihm daheim, in dem man ihn verwundert darauf ansprach, er wohne ja wie ein "deutscher Musterbürger.")


Jay Jay Okocha, der begnadetste Trickser der je in der Bundesliga tätig war, hatte keine Sprüche nötig. Er erledigte das auf dem Platz. Dass der humorlose 'Don' Jupp Heynckes damals neben Maurizio Gaudino und Anthony Yeboah auch Okocha schnöde aus der Mannschaft warf, haben sie ihm in Frankfurt bis heute nicht verziehen.

Und noch etwas stirbt definitiv nicht aus. Erwachsene, die 'der Jugend' in toto, wie jetzt von Ariane Bemmer im 'Tagesspiegel' so meister- wie beispielhaft exekutiert, von oben herab erklären, wo ihr Platz ist. Die dem verstockten, uneinsichtigen Jungvolk predigen, wie verwöhnt und bequem es sei, es überdies mal langsam damit klarkommen müsse, dass die ältere Generation ihm nicht endlos die gebratenen Täubchen rüberwachsen ließe, dass irgendwann auch mal Schluss sein müsse mit dem unreifen Betroffenheitsgedusel und dass nach dem lustigen Rumdemonstrieren wieder Husch husch ins Körbchen und ab auf die Schulbank angesagt sei. Argumente? Braucht man qua Autorität der frühen Geburt nicht.

Die mitunter bittere Erkenntnis, dass Träume und Hoffnungen aus Jugendzeiten sich nicht zu erfüllen pflegen, gehört zu den Zumutungen des fortschreitenden Alters. Eine dieser Hoffnungen ist, dass diese Welt irgendwann eine freundlichere, angenehmere würde, wenn erst einmal jene jüngeren Jahrgänge übernehmen, die sich das einst auf die Fahnen geschrieben haben. Dann liest man einen Artikel wie den von Ariane Bemmer oder sieht einen gefühlt 50jährigen Jungspund wie Philipp Amthor sich im Fernsehen verbreiten und muss einmal mehr einsehen: Wieder nix.

Wenn wir denn schon pauschal von 'Generationen' reden wollen: Es gab welche, die hohle Schulmeister wie Frau Bemmer schon für weit weniger mit Eiern und faulem Gemüse beworfen und vom Podium gejagt hätten. Diese Leute wissen doch gar nicht, wie gut sie es haben mit dieser vergleichsweise netten Jugend.




1 Kommentar:

  1. Der jetzt bei S04 spielende Bruder von Leroy Sane war zusammen mit meiner älteren Enkeltochter im Kinderhort St. Barbara in Wattenscheid.
    Die Welt ist klein.

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