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Samstag, 11. Mai 2019
Ronny des Monats - Mai 2019
Das Fiese an den Zeiten, in denen wir zu leben haben, ist ja, dass man sich nicht so recht entscheiden kann. War das, was seit einiger Zeit überall an die Oberfläche schwappt, wirklich vorher in diesem Ausmaß nicht da oder traut das Pack sich inzwischen einfach nur mehr? Das ist nicht einfach zu beantworten, ich würde sagen, sowohl als auch. Vermutlich hat es was damit zu tun, dass man sich heute - Kachelmann lässt grüßen - besser vernetzten kann und noch für die abgefahrensten Minderheitenmeinungen Bestätigung findet. Leute, die glauben, Impfen sei tödlich, die Erde flach oder die Bundesrepublik kein souveräner Staat, wären vor, sagen wir, 20 Jahren ziemliche Außenseiter gewesen und haben sich bedeckt gehalten. Soziale Netzwerke und die unter deren Haube tickenden Algorithmen sorgen dafür, dass man sich als Teil einer ernst zu nehmenden Bewegung begreifen kann. Was dann auch Zulauf generiert.
Diese eher nicht im üblichen Plauderton gehaltenen Gedanken kamen mir bei der Recherche in den Sinn. Da ist mir aufgefallen, dass sich offene antisemitische Übergriffe in letzter Zeit zu häufen scheinen (allein im Mai hier, hier und hier), was mir durchaus Sorge bereitet. Ich bin noch nicht im Reinen mit mir, wie ich damit umgehe, vielleicht wird es für antisemitische Vorfälle demnächst eine eigene Kategorie geben oder so. Mal sehen.
Nun denn, die üblichen Top 5 des Monats:
Platz 5: No homo!
Waleri Gergijew ist seit Jahren Chefdirigent der Müncher Philharmoniker. Proteste bei seinem Amtsantritt sind im Sande verlaufen. Liberalitas Bavariae. Wogegen wurde protestiert? Dagegen, dass Herr Gergijew sich wiederholt als großer Fan des von Vladimir Putin durchgedrückten Gesetzes zu erkennen gegeben hat, das schon positive Äußerungen über Homosexualität unter Strafe stellt. Hach ja, Putin. Puuutin. Der kleine Schlingel, der! Wie er damals mit nacktem Oberkörper auf dem Pferd… schmacht, hechel, lechz. Homophob zu homophob gesellt sich eben gern. In Bayreuth, wo Gergijew im Sommer bei den Festspielen auftreten soll, regt sich jetzt Widerstand. Man darf gespannt sein.
Platz 4: Doch kein Unterschied
Verlogene Rechte erzählen ja gern, sie hätten nicht grundsätzlich was gegen Ausländer, sondern nur gegen jene, die sich nicht anpassen wollten. Ostasiaten zum Beispiel seien wahre Meister, was Anpassung, Höflichkeit und Fleiß anginge, und daher gebe es auch kein Problem mit ihnen. Da dürfte die 33jährige Twitch-Streamerin (was immer das sein mag) Gianni Lee aus Südkorea, die jetzt in einem Berliner Brauhaus als 'Schlitzauge' u.ä.m. bepöbelt wurde, anderes zu berichten wissen
Platz 3: Jetzt drehen sie endgültig durch
Ohne Worte.
Platz 2: Die Sexmonster von der AfD
Unreife Menschen erkennt man unter anderem daran, dass sie zu Sexuellem kein entspanntes Verhältnis haben, sondern es wie die Pubertierenden wieder und wieder im Munde führen müssen. So scheint es ja in Teilen der jüngsten Bundestagsfraktion (eine rechtsextreme, in Teilen rechtsradikale Partei, deren Mitglieder zu Weinerlichkeit neigen, wenn sie kritisiert werden) geradezu zum guten Ton zu gehören bzw. ein total akzeptiertes Mittel des politischen Diskurses zu sein, anderen Vergewaltigungen an den Hals zu wünschen. Oder vor Gymnasiasten von "Ar***f****n" zu bramabasieren, wie dies AfD-Mann Wolfgang Rotsolk jüngst exekutierte. Und Roman Reusch, AfD-MdB faselte im Rechtsausschuss (hihi) des Bundestages von "knackiger Vergewaltigung." Honi soit qui mal y pense.
Nun ja, es soll Leute geben, die glauben auch, dass Schokolinsen an Vergewaltigungen schuld sind.
Den Ronny des Monats, hochverehrtes Publikum, müssen sich in diesem Monat, ein Novum, das, zwei Preisträger aus Österreich teilen.
Platz 1: Zwei Einzelfälle, die wieder einmal grob missverstanden werden und absolut überhaupt nichts zu bedeuten haben
-- So würde es vermutlich Bundeskanzler Kurz (ÖVP) formulieren. Das Lustige an unseren blaubraunen Freunden im In- und Ausland ist ja, dass sie tapfer gegen die Propaganda vermeintlichen 'Staatsfunks' wettern, gleichzeitig aber keinen Zweifel daran lassen, dass sie, sollten sie je an die Macht gelangen, erst recht einen komplett stromlinienförmigen Propagandafunk installieren würden. Besonders gut ist das momentan im Nachbarland Österreich zu beobachten, weil dort die besonders Rechten momentan sehr nahe an der Macht sind (und die Sprache für unsereins leichter zu verstehen ist als in Ungarn, wo sie bereits an der Macht sind). So forderte FPÖ-Generalsekretär und Einzelfall Vilimsky den ZiB-Moderator Armin Wolf dazu auf, sich eine berufliche Auszeit zu nehmen, weil der ihm eine Frage gestellt hatte, die ihm nicht passte.
(Fun fact: Friedrich Küppersbusch eröffnete einst ein Interview mit dem damaligen Innenminister Rudolf Seiters mit folgender Frage: "Sie heißen Rudolf, Ihr Bruder heißt Adolf, und wie waren Ihre Eltern sonst so drauf?" Passiert ist ihm daraufhin -- nichts. Nostalgisch könnt‘ man werden.)
Die zweite Hälfte des diesmonatlichen Ronnys geht an Einzelfall Christian Schilcher, ehemaliger Vizebürgermeister von Braunau am Inn (das hat überhaupt nichts zu sagen, gehen Se bitte weiter). Der ist Hobbypoet und hat ein allerliebstes Gedicht verzapft, mit dem Titel "Die Stadtratte". Untertitel: "Nagetier mit Kanalisationshintergrund". Nun ja, wie soll ich sagen? Ach was, machen Sie sich doch selbst ein Bild (oder hier). Nur so viel: Wenn man, wenn schon sonst nichts, eines gelernt haben kann aus diesem vermaledeiten 20. Jahrhundert, dann wenigstens, dass es hochgradig heikel wird, wenn Menschen direkt oder indirekt als Schädlinge bezeichnet werden.
Und der Ehrenronny dieses Monats geht an:
Häschenwitz Guido Reil
Der hatte sich vor Ostern gedacht: Nutzt du mal das schöne Wetter und machst beim deutschen Volk gut Wetter, indem du in der Fuzo von Essen-Altenessen ein paar Schokoladenhasen verteilst. Gesagt, getan, zwei Zwölferpacks 'Harry Hase' besorgt, weil die so schön blau sind, die Hohlfiguren mit AfD-Aufklebern versehen und ab dafür. Das fand die Herstellerfirma Ferrero nun überhaupt nicht witzig, verbat sich derartige Vereinnahmung und kündigte an, rechtliche Schritte zu prüfen. Böh, Spaßbremsen! Schade, hätte doch zu gut gepasst. Harry Hase wäre das optimale Wappentier für den Verein: Außen blau, darunter braun und innen hohl.
Bis zum nächsten Monat. Ferrero-Küsschen!
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