Dienstag, 10. November 2020

Lest we forget (cont.)


1978 wurde in Westdeutschland aus Anlass des 40. Jahrestages erstmals offiziell der Reichspogromnacht am 9. November gedacht. In diesem Jahr fiel der 9. November auf einen Donnerstag. Und da kam immer die Quizshow 'Dalli Dalli' im ZDF. Davon, dass der bei ihnen so beliebte Showmaster Hans 'Hänschen' Rosenthal (1925-1987) Jude war und die NS-Zeit nur mit unglaublichem Glück und dank der Hilfe nichtjüdischer Nachbarn überlebt hatte, erfuhren die meisten Deutschen erst aus seiner 1980 erschienen Autobiographie und rieben sich verwundert die Augen.

1978 hatte er beim Sender darum gebeten, die Novemberausgabe von ‚Dalli Dalli‘ zu verschieben. Er mochte an diesem Tag einfach keine heitere Abendsendung moderieren. Seiner aus heutiger Sicht nachvollziehbaren Bitte wurde seinerzeit nicht entsprochen. Vertrag ist Vertrag und so. Also moderierte Rosenthal ein einziges Mal im schwarzen Anzug, das Licht im Studio war gedimmt, es ging nicht lustig zu und es traten keine Unterhaltungskünstler auf, sondern Opernsänger. (Erfahren kann man das übrigens in Regina Schillings hervorragendem Dokumentarfilm 'Kulenkampffs Schuhe'.)

Paar Häuser weiter...

Mir ist nicht bekannt, dass das damals jemandem groß aufgefallen wäre. Es spielte auch keine Geige, dass Martin Jente, der in den zu der Zeit ebenfalls sehr beliebten Shows Hans-Joachim Kulenkampffs immer den distinguierten Butler gab, der dem Chef am Schluss in den Mantel half, einst Adjutant im Führerhauptquartier war. Und Horst 'Derrick' Tappert bei der Waffen-SS. So wie der walroßbärtige, blechtrommelnde Kaschubiak Grass. Oder man wollte es nicht so genau wissen.

Warum ich das erzähle? Nun ja, der 9. November ist halt so ein Tag, an dem es sowohl Grund zum Feiern als auch zum Fressehalten gibt. Und daher finde ich es schlicht geschmacklos, um nicht zu sagen, ich könnte gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte, wenn ich erfahre, dass am 9. November 2020 Gedenkveranstaltungen zur Pogromnacht wegen Corona reihenweise ausfallen müssen, in Dresden aber das, was von Pegida übrig ist, völlig unbehelligt durch die Stadt latschen darf. Mit Andreas Kalbitz als, öhm, Festredner?

Mit aller Höflichkeit könnte man noch sagen: Es passt durchaus ins Gesamtbild.



 



1 Kommentar:

  1. Hoffentlich kommt keiner auf die Idee mal zuschauen, was so um den 20.04. da so immer läuft...

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