Mittwoch, 24. Februar 2021

Jenseits der Blogroll - 02/2021

 
Die Links und Fundstücke dieses Monats. Beginnend mit Politik/Corona.

"In keiner einzigen Sachfrage haben die Verharmloser der Pandemie die besseren Argumente, und doch bestimmen sie durch diese Angstkommunikation die Richtung. Denn im öffentlichen Diskurs geht es nicht um Argumente, sondern um das Auslösen starker Gefühle, und Angst ist im politischen Leben das wirkungsvollste Gefühl, vor allem wenn sie die ökonomische Existenz betrifft. Als Profiteure der Angst halten die Populisten diese Angst ständig am Köcheln." (Herwig Finkeldey)

Wilfried Druml: Wenn der alte Mikulicz gewusst hätte, was aus seiner Erfindung dereinst werden würde.

Schon älter, aber interessant: Daniel Strassberg meint, Corona-Skeptiker sind enttäuschte Monarchisten. Und in einer politischen Pubertätskrise.

Dazu: Der Reiz, Experte zu sein (Susanne Rabady)

Abschließend: Chris mit einer Ansage an Bodo Schiffmann und die Querdenker:

"Eure Chefquerdenker [...] machen genau das, was sie anderen vorwerfen. Zensur, Drohung, Unterdrückung von Meinung. Soviel also dazu. Da viele von euch die Realität schon lange verlassen haben, denkt daran, dass solche Hetze strafbar ist [...] Nein die Impfungen zu nutzen ist nicht das gleiche wie die Experimente die ein Herr Mengele im Dritten Reich durchgeführt hat. Wenn sie so etwas behaupten, dann legen sie Fakten vor. Wo sind die Toten, die Nebenwirkungen, wo sind ihre Forschungsarbeiten? Sie haben keine? Sie wissen nicht was Fakten sind? Dann schwurbeln sie weiter." (Ebd., Link von mir hinzugefügt, S.R.)

Der Historiker Heinrich August Winkler über die angesichts des 150jährigen Jubiläums der Reichsgründung wieder aufkommende Frage, was 1871 mit 1933 zu tun hat

Bari Weiss: 10 ways to fight back against woke culture (Englisch, auszugsweise übersetzt von Arne Hoffmann). Beste Aussage:

"If you are a decent person, you know mob justice is never just. So never join a mob. Ever. Even if you agree with the mob. […] Any mob that comes for them will come for you." (Weiss, ebd.)

"Wenn Sie ein anständiger Mensch sind, wissen Sie, dass Mob-Justiz niemals gerecht ist. Also schließen Sie sich niemals einem Mob an. Niemals. Selbst wenn Sie mit dem Mob übereinstimmen. Jeder Mob, der andere holen kommt, wird auch Sie holen [kommen]." (Hoffmann, ebd.)

Naturnah ist nicht artenreich - meint Zoologe Werner Kunz.

Marko Martin über Offenbarungseide deutscher Intellektueller, wenn's um Israel geht. Beschämend.

Kultur/Netz/Gesellschaft. Wolfgang Görl erinnert an die 1896 in München gegründete Zeitschrift 'Jugend'. Von der der 'Jugendstil' seinen Namen bekam.

Matthias Meisner über den "skrupellose[n] Blogger" Don Alphonso.

Scott Tobias erinnert an 30 Jahre 'Das Schweigen der Lämmer' (Englisch). Ein Film, der mich damals so durchgeschüttelt hat, dass ich ihm plane, einen eigenen  Artikel zu widmen.

"Den ganzen Nachmittag in seinem Kinderzimmer bekifft Marillion hören und unglücklich in Renate aus der 9b verliebt sein, das sind die Achtziger in einem Satz." (Andy Bonetti: Meine extrem schwere Kindheit)

So isses.
 

1974 brachte der türkische Folk- und Rockmusiker Erkin Koray das Album 'Elektronik Türküler' ('Elektrifizierte Volkslieder') heraus, ein zentrales Anadolu-Rock-Album, das anatolische Volkslieder mit 'westlicher' Rockmusik verbindet. Darunter der Song 'Cemalim', eine Totenklage aus dem 19. Jahrhundert. Die Kombination aus türkisch/anatolischer Volksmusik und Progressive/Psychedelic Rock finde ich schräg, aber auch hochgradig spannend (obwohl ich kein Wort verstehe).


(Video im erweiterten Datenschutzmodus. Anklicken generiert keine Cookies.)

Jetzt, 2021, anlässlich des sich jährenden Anschlages von Hanau, hat die Sängerin Michaela Meise 'Cemalim' erneut gecovert.

Sport. Manuel Andrack, ehemaliger Produzent und späterer Sidekick der Harald Schmidt-Show über das Wandern. Moment mal, ist Wandern überhaupt Sport? Ja, ist es. Wandern ist nicht Spazierengehen und Schach ist auch Sport.

Essen/Trinken/gut Leben. Man hat Hunger oder Appetit. Hasst Fertigfraß. Man hat keine Lust, was zu kochen, dafür eine Mikrowelle und eine Tasse im Schrank. Voilà: Blitzschnelle Tassengerichte für die Mikrowelle. Kreativ.

Jay Rayner räsonniert darüber, wie Yotam Ottolenghi unsere Art zu Kochen verändert hat (Englisch). Gut, zumindest derjenigen, die sich Kochbücher kaufen/schenken und sich zu Dinner Parties einladen. Naja, meistens. Trotzdem interessant.

Das Rezept. In Louis de Funès vorletztem Film 'La soupe au choux' (hochdümmlicher deutscher Titel: 'Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe' - immerhin nicht mehr 'Balduin'; man war also lernfähig) von 1981 spielt die titelgebende Kohlsuppe eine zentrale Rolle. Der alte Bauer Claude (de Funès) und sein Kumpel Francis (Jean Carmet) vertreiben sich ihren Lebensabend mit reichlichem Konsum von Kohlsuppe und Pernod. Das führt zu heftigen Blähungen, die eines Abends bis in die Tiefen des Weltalls Gehör finden. In der zweiten Hälfte des Films wird Claudes große Liebe Francine (Christine Dejoux) wiederbelebt, die einst bei einem Unfall gestorben war. Das ist sentimentaler Kitsch. Die erste Hälfte aber, in der die beiden Opas brassicabedingt um die Wette furzen und der von der Knatterei angelockte, leicht debil dreinblickende Außerirdische vom Planeten Oxo (Jacques Villeret) auftaucht, weiß noch immer zu gefallen.

Was die Zubereitung der Soupe au choux angeht, scheint man sich nicht völlig einig zu sein. Ob man Weißkohl oder Wirsing verwendet, ist freigestellt (ich bevorzuge Wirsing). Karotte, Lorbeer und Nelken gehören rein. Die einen plädieren dafür, die Suppe mit Salzwasser anzusetzen, wie bei französischen Gemüsesuppen üblich (und empfehlenswert), die anderen empfehlen unbedingt Hühnerbrühe. Ich habe letzteres ausprobiert und war begeistert, wie delikat eine schlichte Kohlsuppe sein kann. Und die Gedärme blieben auch ruhig. Der große Giftzwerg hat also gelogen.







8 Kommentare:

  1. Schade, dass beim Schweigen der Lämmer immer nur der Film erwähnt wird. Neben der (zugegeben) großartigen Besetzung, besticht er als einziger aus der Lector-Reihe dadurch, dass er vor allem nah am Buch (R. Harris) blieb und nicht für jeden Schauspieler und jedem Schleichwerbungsartikelhersteller ein paar Sonderbrötchen gebacken wurden, bzw. gar die Geschichte umgeschrieben wurde.
    Die Bücher der Reihe sind allesamt empfehlenswert und sowohl auf Englisch und Deutsch ein Genuss, auch wenn man die Leber heutzutage nicht mehr mit einem Chianti runterspülen würde. Zu der Zeit wäre allerdings auch niemand auf die Idee gekommen, einen Ami nach Genuss & Geschmack zu fragen. Eine Kaffeeklitsche die 16 Mark für 0,5l Kaffee nimmt, damit er nicht nach Kaffee schmeckt, wäre in Deutschland völlig undenkbar gewesen (und das zu Recht). Ein paar Tage später kam dann Alien³ raus. 1 Million Dollar für Frau Weber extra, damit sie sich die
    Haare abschnitt. Dabei war das Beste an dem Film der Soundtrack. Allein die Drone Sounds im Intro, in denen leise das Knacken der Knochen mitschwang, hätten einen Preis verdient gehabt.

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  2. Guten Tag,
    ich hatte zu FAZ-Zeiten immer — nee oft— Spass an den pointierten Geschichten und Beschreibungen von D. A. Insbesondere seine Fahrradaffinität zu älteren Rädern traf doch sehr genau auch meine Interessen.
    Vor ca. 2 Jahren (?) fing es an, dass er sich immer mehr mit Auseinandersetzungen mit der linksgrünen Bloggergemeinde beschäftigte und ein stramm liberales bis rechtlastiges Gedankengut postulierte — habe ich ihm als Opfer eine Zeitlang verziehen bis ich mir angewöhnete die Kommentare zu lesen — da war dann irgendwann Schluss. Da brachen sich dann zu gefühlten 90 Prozent aggressive pauschale (!) Gewaltfantasien gegenüber Andersdenkenden die Bahn — so richtig schmuddelige rechtslastige Dinge — baba. Ich geh da nicht mehr hin — obwohl — der Kollege kann richtig gut schreiben ...

    Gruß
    Jens

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  3. Der Verweis auf Andy Bonettis extrem schwere Kindheit tut nicht.

    Die türkische Totenklage hab ich mir geschenkt, desgleichen Sport und Kulinarisches.

    Für alle anderen Links: danke, außerordentlich informativ. Hätte ich aus freien Stücken niemals aufgesucht.

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  4. Mustafa Erkin Koray ist ein ganz großer. Berühmt für seine große Klappe und spontanen Antworten. So hatte er schon in den 70er dümmliche Fragen in Talkshows mit:"Was laberst' Du für'n Scheiß" und ähnlichem abgebügelt.
    Ein anderer großer des Anadolu Rocks ist Tünay Akdeniz.

    Check das mal aus.
    https://youtu.be/rWDciOGT364

    Der Artikel von/über Manuel Andrack geht bei mir leider nicht. Wenn Du da etwas machen könntest wäre ich dir sehr dankbar, da ich ein begeisterter Wanderer bin.

    Fred

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    1. Cool, wusste ich noch nicht. Das Interview mit Andrack ist wohl, wie so vieles bei der ZEIT, mit steigenden Klickzahlen hinter der Paywall gelandet. Alles, was da geholfen hätte, wäre rechtzeitig ein paar Auszüge zu sichern und hier einzustellen (so weit das neue Urheberrecht das erlaubt hätte). Bedaure. Auch Bonetti hat den Beitrag inzwischen gelöscht. Gibts wahrscheinlich nur für Abonnenten auf Kiezschreiber+.

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    2. Das Zitat ist aus Blogstuff 466.

      https://kiezschreiber.blogspot.com/2020/07/saloonkomponisten.html

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  5. hey unbekannter,
    heute machen die kitz von istanbul aber auch mal ander'n scheiß,
    auch so dabbabbabbinging ing ing-zeugs.

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