Donnerstag, 25. November 2021

Jenseits der Blogroll - 11/2021


Hambemus semaphorum! Die Ampel ist da! Juhuu. Mit Lindner als Finanzminister. Was Adam Tooze für eine Katastrophe hält. Man liegt sicher nicht falsch, wenn man die FDP als die mit Abstand ideologischte der drei Koalitionsparteien bezeichnet. Weil sie entgegen aller Vernunft an alten Rezepten festhält, die sich nur mehr als schädlich erwiesen haben. Man kann es freilich auch anders sehen. Vielleicht kann getreu dem alten Prinzip "Only Nixon could go to China" nur ein Finanzminister Lindner alte neoliberale Zöpfe abschneiden. So wie der Sozialstaat nur von einem Sozialdemokraten geschleift werden, die Wehrpflicht nur von einem Konservativen abgeschafft und die 'Ehe für alle' nur von einer Unionskanzlerin eingeführt werden konnte.

Die weiteren Fundstücke:

Politik. Annette Dittert über das 'Brexit'-Chaos: Die Krise, die keine sein darf.

Apropos: Jörn Böwe findet, wir sollten nicht allzu selbstzufrieden nach Großbritannien blicken. Die Trucker werden bald auch hier fehlen.

Natascha Strobl im Interview über radikalisierten Konservatismus.

"Ein konservatives Bild von Gesellschaft baut darauf auf, dass jede und jeder ihren Platz in der gesellschaftlichen Rangordnung hat und dort auch bleibt. Das heißt, dass es nicht Aufgabe einer Gemeinschaft ist, Gleichheit zwischen Beherrschten herzustellen. […] Diese ganze Idee von Leistung zielt darauf ab, zu zeigen, dass die da unten auch verdient da unten sind: Die leisten ja nichts, die haben sich nicht angestrengt." (Strobl. a.a.O.)

Corona/Covid-19. Krankenschwester 'thefabulousfranzi' unterhält sich auf Instagram über eine Stunde lang mit Martin Moder.

Sandra Kreisler über die Causa Nemi El-Hassan.

Noch zwei Beiträge zum Trauerspiel um den 'Drachenlord' (thanks): Staatlich unterstützte Schwarm-Psychopathie und: Zum Thema Drachenlord und Mobbing. Ich sags mal so: Wer immer sich fragt, was für Menschen es braucht, um ein KZ zu betreiben -- die Suche ist beendet, unter den 'Häidern' wird man bestimmt fündig. Die 'Titanic' hat übrigens einen interviewt.

Schon gewusst? Die letzten Bezirke Tokyos beenden jetzt ihre Praxis, Bankanweisungen auf Disketten weiterzugeben ("Opa, was sind Disketten?").

Kultur, Feuilleton, Gedöns. Dennis Scheck findet Übersellerautor Sebastian Fitzek "talentlos, klischeebehaftet und dumm". Ich kann das Getue um den Mann auch nicht nachvollziehen. Kommt mir mehr wie eine pubertäre Mutprobe vor: Wer kann sich den ekligsten Film angucken ohne kotzen zu müssen. Get the popcorn!

Jens Uthoff über die 'Neue Deutsche Welle', die weit mehr war als Nena, Markus, Trio und Hubert Kah bei Dieter Thomas Heck. Obwohl der Anblick der geschockten Braven Bürger im Publikum, die Schlager erwartet hatten, schon was hatte. 

Ulli Hannemann über Mannsein im 21. Jahrhundert. Uga uga!

Wir haben vor zweieinhalb Jahren geheiratet. Für den systemkonformen Akt belohnt uns der liebe Gott nun auch noch mit dem steuerlichen Ehegattensplitting, das wir im Grunde politisch beide ablehnen. Kein Wunder, dass so viele Nazis heiraten. Aber wir wollten uns den Fun einfach nicht entgehen lassen, uns eines Tages gegenseitig die lebenserhaltenden Apparaturen abzuschalten." (Hannemann, a.a.O.)

Musik. Dieses Mal nicht. Statt dessen Persiflage mit Marti Fischer. Auch gut. Mindestens (thanks).


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Sport. Alina Schwermer analysiert das Verhältnis zwischen Fußball und Bratwurst.

Harry Waibel über das Antisemitismusproblem im Umfeld des sympathischen kleinen Underdogs und Aufsteigers FC Union Berlin.

Essen, trinken, gut leben. Francesco Giammarco sehnt sich nach Zeiten zurück, in denen man im Café als Kunde König war, und nicht hinter der Bohne und dem Barista auf Platz 3 kam.

Andreas Rüttenauer über Schweinsbraten in Zeiten der Flugscham. Als waschechter Münchner weiß Rüttenauer natürlich dass die Schreibweise 'Schweinebraten' zum sofortigen Abbruch der diplomatischen Beziehungen führen würde (was im Zeitalter eines Markus Söder vielleicht gar nicht mal so schlimm wäre). Generell ist es vielleicht ganz charmant, darüber zu räsonnieren, wieso so viele alternde Männer, die sich in jungen Jahren einen Ruf als begnadete karnivore Fresssäcke erworben haben, irgendwann mit Vegetarismus/Flexitarismus/Veganismus liebäugeln. Mir geht es so, dass mein Stoffwechsel Fressorgien wie früher einfach nicht mehr mitmacht. Knockt mich für den Rest des Tages aus. Immer öfter ist mir daher eher nach was Leichtem, das nicht belastet. Wie der Organismus auch alkoholische Exzesse immer schlechter wegsteckt, schwindet bei vielen mit fortschreitendem Alter vielleicht auch die Lust auf Fleischberge. Keine Ahnung, kann ja nur von mir reden. Auf jeden Fall aber kann man sich so als Teil des neuen woken Bürgertums positionieren.

Das Rezept. Oder besser: Die Rezepte. Wusste nicht so recht dieses Mal. Es gibt da einen schönen Beitrag von Vincent Klink über die gute alte Frikadelle. Das Grundrezept kann als bekannt vorausgesetzt werden. Kriegt jeder hin. Spielereien wie Gemüsezugaben, Oliven, Chili, Käsewürfel etc. sind unnötiges prätentiöses Getue. (Ich weiche Toastbrot in Milch ein anstatt ein Brötchen in Wasser und toleriere noch einen Hauch Knoblauch, Petersilie und etwas Majoran). Daher mag ich auch kein längliches Essay darüber verfassen, möchte aber sagen: Probieren Sie das von Klink praktizierte Verhältnis von 2 Eiern auf 500 g Hack unbedingt mal aus. Ich habe es getan. Die Dinger sind im Rohzustand sehr wabblig und arg delikat in der Handhabung, aber das legt sich beim Braten und man wird am Ende mit geradezu himmlischer Fluffigkeit belohnt.

Und ansonsten bediene man sich in Verena Lugerts Rezeptsammlung. Schöne, phantasievolle, nachkochbare Leckereien, alle mit einer persönlichen Geschichte, für alle was dabei. Gefällt mir.





4 Kommentare:

  1. Ich mache grundsätzlich süßes Paprikapulver an die Bouletten (ungefähr 1 bis 2 Teelöffel pro 500g Hackfleisch), das schmeckt nicht durch, rundet den Geschmack aber angenehm ab.

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  2. Mit Östro 430 ("Durch Dick & Dünn) wurde ich sozialisiert.
    "Nöte Des Kleinen Mannes" lief bei uns im Auto aus der Blaupunkt-Anlage in Dauerschleife. "Zieh zu ihr" ist auf dieser Platte auch fantastisch.

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  3. Logisch, das die Deutsche Logistik nicht davor zurückschreckt, das Brexitchaos für sich zu nutzen. Wir erinnern uns noch an den Logistikkonzern aus NRW, dessen philippinische Trucker vor der Konzernverwaltung wild gecampt haben und der Staat die nach Hause fliegen musste, weil das Unternehmen sich außerstande sah, sich um seine Arbeiter zu kümmern (selbstredend auf Steuerzahlers Kosten).
    Welche Intention könnte wohl dahinter stecken?
    Man kann sich nur wundern, dass es kaum Massenkarambolagen gab. Wer das chinesische Verkehrsprinzip: "Größe und Gewicht des Fahrzeugs bestimmen die Vorfahrt" verinnerlicht hat, dürfte auf deutschen Straßen wohl zunächst auf Probleme stoßen.

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    1. 'Soziale' Marktwirtschaft halt - hatten wir letztens...
      @Fred: Da bin ich leider ein paar Jahre zu jung für.
      @Chris: Interessant, habe ich schon mal gelesen. Würde ich direkt ausprobieren.

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