"Ich sehe meine Rechte nicht beschränkt oder bedroht. Ich sehe mich bedroht durch Rechte und Beschränkte. Lieber glaube ich Wissenschaftlern, die sich auch mal irren, als Irren, die glauben, sie seien Wissenschaftler." (Fabian Eisenring)
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Oliver Kahn war mal einer, bei dem Mitspieler, Gegenspieler und Schiedsrichter schon die Hosen voll hatten, wenn er bloß auf den Platz lief. Die ehemaligen Dortmunder Stéphane Chapuisat und Heiko Herrlich entgingen nur knapp einem grausigen Schicksal. Mit seinem nebelhornstarken Organ machte Kahn noch im ärgsten Hexenkessel die eigenen Stürmer von seinem Fünfmeterraum aus zur Sau. Gestandene Schiris kuschten vor seinem Zorn aus Angst, zu Staub zerbrüllt zu werden. Den hätte der Übertorwart dann säuberlich eingesammelt, um damit sein morgendliches Müsli aus geschreddertem Alteisen, Titanchips und geraspelten Uranstäben zu verfeinern.
Wer diesen Oliver Kahn noch erlebt hat, konnte schon bei seinen Auftritten als TV-Experte nicht anders als Bauklötze zu staunen über die Fortschritte der Pharmaindustrie. Der war es augenscheinlich gelungen, Tranquilizer zu entwickeln, mit denen sich eine Horde brünstiger Elefantenbullen in sanfte Lämmlein verwandeln ließ. Jetzt ist die pharmazeutische Forschung offenbar so weit, dass Kahn als nunmehriger Vorstand des FC Bayern sogar dann noch cool und gelassen bleibt, wenn eine ganze Halle ihn ausbuht. Das hätt's früher nicht gegeben.
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Einem Bonmot zufolge, dessen Urheber mir nicht mehr erinnerlich ist, sei eine Mode spätestens dann erledigt, wenn sie bei den Bankangestellten angekommen sei. Oder wenn sie wie sauer Bier beim Discounter angeboten wird.
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Am Auftritt Sahra Wagenknechts bei Anne Will vor einigen Wochen lässt sich sehr schön studieren, wie etliche Querdenker arbeiten und warum es sich bei ihnen nicht um Aufklärer handelt, sondern um bloße Propagandisten. Sie bediente sich, ob bewusst oder nicht, der unter diesem Namen eher weniger bekannten Technik des Gish gallop (Eugenie Scott benutzte den Begriff einst, um den Debattenstil des Kreationisten Duane T. Gish zu beschreiben):
"During a Gish gallop, a debater confronts an opponent with a rapid series of many specious arguments, half-truths, and misrepresentations in a short space of time, which makes it impossible for the opponent to refute all of them within the format of a formal debate. In practice, each point raised by the »Gish galloper« takes considerably more time to refute or fact-check than it did to state in the first place. The technique wastes an opponent's time and may cast doubt on the opponent's debating ability for an audience unfamiliar with the technique, especially if no independent fact-checking is involved or if the audience has limited knowledge of the topics." (Wikipedia)
Die Gegenseite wird quasi unter einem Berg aus Bullshit begraben, andauernd unterbrochen, nicht zu Wort kommen gelassen, manchmal sogar angebrüllt, bis sie irgendwann genervt aufgibt. So ist es Karl Lauterbach ergangen. Ein anderes Beispiel ist der kürzlich auf den Nichtdenkseiten erschienene Artikel '30 Gründe, warum ich mich nicht impfen lasse' von Christian Felber. Auch das im Prinzip ein Gish gallop zum lesen. Keiner der Gründe, die Felber anführt, hält einer sachlichen Überprüfung stand, das meiste ist längst widerlegter Humbug, der dennoch unverdrossen wiedergekäut wird. Man braucht viele Stunden, um den Kram zu zerrupfen, die meisten haben weder die Zeit noch die Energie dafür, und wenn es einer mal tut, ist der Sprallozug längst weitergezogen.
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Zum Schluss eine Frage an die Frankophonen unter den Lesenden: Müsste es auf diesem Schild, wenn mich meine mit 'rudimentär' nur höchst inadäquat umrissenen Französischkenntnisse nicht völlig täuschen, nicht eigentlich heißen: "Ce n’est pas Paris..."?
Merci beaucoup. (Man möchte sich bei der freundlichen Inhaberin des charmanten Lädchens ja nicht blamieren.)
Zur Frage am Ende: das "ne" wird (afaik) in der Umgangssprache gerne 'geschluckt', ist also eigentlich falsch, wird aber verstanden.
AntwortenLöschenMit einem algerischen Kollegen hatte ich sehr viel Spaß diesbezüglich - bei ihm kam das praktisch nicht vor und ich kam nicht/kaum ohne klar. Nicht gar so arg wie wenn man mit Vorort-Arbeitern von der Insel Oxford-Englisch zu sprechen versucht, aber geht in die Richtung. ;)
Das ist schon frz.
AntwortenLöschenUnd man kennt es vielleicht vom Song
https://www.youtube.com/watch?v=8H0mZzsbLM8
Besten Dank. Ist vermutlich ähnlich wie das hier.
Löschen“Früher sagte man, eine Mode sei zu Ende, wenn sie bei den Bankangestellten angekommen sei“, schrieb Jens Jessen im ZEIT-Magazin (2015). Der originäre Urheber dürfte sich nicht mehr feststellen lassen.
AntwortenLöschen"Nichtdenkseiten". You made my day.
AntwortenLöschen"Mir geht es um die Bildung einer kritischen Gegenöffentlichkeit, die sich im Sinne einer lebendigen Demokratie einmischt und im Sinne Willy Brandts „mehr Demokratie wagt“. Eine demokratische Gegenöffentlichkeit, die sich politisch einbringt und nach Antworten sucht, die ihre Identifikation und das Band ihrer Zusammengehörigkeit aber nicht darin findet, die Ausgrenzung aus der Mehrheitsgesellschaft und die Verfolgung durch die Medien zu beklagen."
Als hätte er es geanht...
"Die Gegenseite wird quasi unter einem Berg aus Bullshit begraben, andauernd unterbrochen, nicht zu Wort kommen gelassen, manchmal sogar angebrüllt, bis sie irgendwann genervt aufgibt. "
AntwortenLöschenUnd das alles assoziierst Du mit Sahra Wagenknecht? In der Sendung? Lol.
Oder machst Du das daran fest, dass sie Lauterbach zum schwurbeln ("bei Impfung gegen Dengue-Fieber gab es keine späten Nebenwirkungen, sondern das war ein später schwererer Krankheitsverlauf"...) brachte?
Ich "assoziiere" das nicht, das ist beim Betrachten der Sendung klar erkennber - vorausgesetzt, man möchte es wahrnehmen. Fröhliches Weiterlollen.
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