Samstag, 26. Februar 2022

Jenseits der Blogroll - 02/2022

 
Die Links und Fundstücke des Monats. Dieses Mal aus Gründen etwas verspätet. Kam ein Krieg dazwischen. Daher zunächst eine Sektion zum Thema Russland/Ukraine. Ein paar Analysen, die mir besonders aufgefallen sind:

Timothy Garton Ash sieht zwar keinen dritten Weltkrieg aufziehen, aber Europa sich tiefgreifend verändern.

Robert Reich mit acht ernüchternden Fakten.

Putin fand die NATO übrigens mal ziemlich geil. Klarer Fall von enttäuschter Liebe, will mir scheinen.

Eine einigermaßen schlüssige geostrategische Erklärung liefert Peter Zeihan, hier von fefe kurz zusammengefasst. 


Osteuropa-Historiker Karl Schlögel im Interview.

"Eine große Macht lässt sich nicht von außen definieren, was sie macht und was sie unterlässt. Wir investieren viel zu wenig Energie darein, die innere Mechanik Russlands besser zu begreifen. Die verstehen wir nicht wirklich. Und weil man so wenig weiß, nimmt man zu Projektionen Zuflucht. Das russische Verhalten wird nur als Reaktion auf Aktionen des Westens erklärt, nicht als Handeln aus eigenem imperialen Antrieb." (Schlögel, a.a.O.)


Tja, hätte man 1993 mal ins 'Neue Deutschland' geguckt:


Politik. Peter Linden über erodierendes Vertrauen in alles und was der Neoliberalismus damit zu tun hat.

Hartmut Finkeldey: Die Schmerzvermeidung der Querdenker.

Adam Tooze über die Probleme des Christian Lindner.

Interview mit dem YouTuber Ordenbandit, der hier auch verlinkt ist und dessen Kanal ich hiermit ans Herz lege.

Gert Buurmann dokumentiert im Mai 2011, was er unter anderem so an Post erhält. Jetzt, Ende Februar 2022, wird gegen einen der Absender vor dem Amtsgericht Frankfurt verhandelt.

Leo Fischer über eine Mediengesellschaft, die Anschläge wie den von Hanau wahrscheinlich macht
.

Der Zustand der Verwirrung, der durch die Missbrauchsskandale über die katholische Kirche gekommen sei, spiegele vor allem mal die allgemeine Wirrnis der Welt, meint Thomas Fischer.

"Aber die Wut, die Verachtung, die Verdammung der katholischen Kirche, die man allenthalben erlebt, haben andere Quellen als die Nacherzählung von vergilbten Akteninhalten. [...] Das ist zum einen der Klang von in pure Aggression umformuliertem Ekel und Furcht, der typisch ist für die Kollektivemotion gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und vor allem homosexuelle Pädophilie. [...] Zum anderen ist es die kleinkindhafte Wut darüber, dass weitere Reste der Geborgenheit zerstieben, [...] der nächste Ausbruch infantilen Hasses darauf, verlassen und verraten zu sein, allein gelassen in der leeren Welt." (Fischer, a.a.O.)

Kultur, Gesellschaft, Gedöns. Eng und stickig sei es "im Bassin derer, die Kultur für die ökoliberale Mittelschicht machen", meint Georg Seeßlen. Und hat damit wohl recht.

Stefan Sasse mit einem hervorragenden Beitrag über den nicht totzukriegenden Unfug von der 'Jugend von heute'. Einen schönen Überblick zum Thema gibt es auch hier.

Wir alle haben wahrscheinlich schon mal auf einem gesessen: Einem Kunststoffstuhl Modell 'Monobloc'.

Musik. Legendär: Tobias Schadts Dokumentarfilm 'Thrash Altenessen' über die Band Kreator und den Ruhrpott Ende der Achtziger. Nach seiner Erstausstrahlung im deutschen Fernsehen am 17. April 1990 wurde der Film nie offiziell veröffentlicht.


(Video im erweiterten Datenschutzmodus. Anklicken generiert keine Cookies.)

Essen, trinken, gut leben. Dirk Knipphals über Sylt in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs und des Klimawandels. Früher war das so: Wer es geschafft hatte in Westdeutschland und aus der Nordhälfte kam, fuhr gern nach Sylt (die südliche Hälfte orientierte sich eher gen Schweiz und Italien). Die es hatten, logierten in Kampen im reetgedeckten Wochenend- oder Ferienhaus, die es richtig dicke hatten, im eigenen. (Knipphals gibt die Schnurre zum Besten, dass die freitägliche Redaktionskonferenz der ZEIT früher angeblich immer vorverlegt wurde, damit die Chefetage nach Niebüll kacheln und den letzten Autozug noch erwischen konnte). Die es (noch) nicht (so) hatten, ertrugen tapfer die Betonbäderarchitektur von Westerland.

Die besser gestellte Klientel sah einst die Weltordnung ins Chaos sinken, als die Bahn ein günstiges Wochenendticket einführte, mit dem plötzlich Krethi und Plethi und sonstiger Habenichts-Pöbel einfach so, mir nichts, dir nichts das Reichenrefugium bereisen konnte. Inzwischen ist ein auf dem Auto prangender 'Sansibar'-Aufkleber ein sicheres Indiz dafür, dass es einer gewaltig nötig hat. Ich war noch nie auf Sylt, auch nicht per Schönes Wochenende-Ticket. Vielleicht sollte ich noch mal hin, bevor die Nordsee sich den langgestreckten Sandhaufen endgültig zurückholt.

Da braucht’s in der Tat keine Worte mehr.

Jacob Strobl y Serra über Austern. Weil die an den Küsten einst massenhaft verfügbar waren, aber sehr schnell verderben, bekamen die Krustentiere eine Zeitlang das Kunststück hin, gleichzeitig teure Delikatesse und Arme-Leute-Essen zu sein.

Eine vorläufige Liste all dessen, was man nicht essen darf, weil man sonst Nazi/Rassist/Alterweißermann/toxisch ist:

Fleisch und Burger
Pizza Hawaii, Toast Hawaii

Currywurst (auch vegan, es geht nämlich um Currypulver als kulturelle Aneignung)

(Wird wahrscheinlich fortgesetzt.)

Das Rezept des Monats. Pasta Carbonara hat, wie hier vor einiger Zeit bereits erwähnt, mitnichten eine jahrhundertelange Tradition, sondern ist ein Produkt des zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit. Als die US-Amerikaner nach Italien kamen, brachten sie auch ihre Essensrationen mit, die sie mit der einheimischen Bevölkerung tauschten. Findige Köche kombinierten das, was sie da hatten (Trockenpasta, etwas Parmesan oder Pecorino) mit Bacon und Eiern (auch als Pulver) aus Army-Beständen.

In Korea gibt es ein aus der Zeit des Koreakrieges stammendes Gericht namens Budae Jjigae (Army Base Stew). Auch in dem wurde einst Einheimisches wie Kimchi, Tofu, Sojasauce und Pilze kombiniert mit Army-Rationen. Davon vor allem alles, was nahrhaft ist und Kalorien liefert: Spam, Würstchen, Käse. Serviert wird mit Reis. Eine mächtige Angelegenheit, die zudem alle, die sich über 'kulturelle Aneignung' ereifern, in den Wahnsinn treiben dürfte.

Zu schwer alles? Dann essen Sie doch Pesto calabrese.







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