Warum, mögen sich welche vielleicht fragen, erscheint hier eigentlich kaum mehr was zum Ukraine-Krieg? Ganz einfach: Weil es da für mich wenig zu schreiben gibt. Weil im Krieg die Wahrheit als Erstes stirbt, ist das allermeiste, was so durch diverse Medien gepustet wird, für mich nicht einzuordnen. Was soll ich kommentieren, wenn es wieder heißt, die russische Armee habe dies, die ukrainische jenes? Kann ich nicht beurteilen, bin kein Militärexperte und ich habe keine Satellitenbilder zur Verfügung. Wie auch sonst keine zuverlässigen Quellen. Und wenn, müsste ich mich da aufwändig reinarbeiten. Zu vielem habe ich keine klare Meinung, und wer eine hat, ist mir suspekt.
Diverse Aufrufe, Putin doch einfach zu geben, was er wolle, dann sei auch eine Ruhe und wir hätten im Winter einen warmen Arsch, außerdem sei der Westen ja eh schuld, halte ich hingegen nach wie vor für wohlstandsverwahrlostes, weltfremdes Geschwurbel. Wer glaubt, in der Unterstützung des Westens für die Ukraine erhebe der faschistische Vernichtungswille gegen den 'Iwan' wieder sein gräßliches Haupt, sollte seinen Arzt bitten, wieder die anderen Tabletten zu verschreiben. Keine Ahnung, wer die Bombe gelegt hat, die versehentlich die Tochter von Oberscharfmacher Dugin ("Töten, töten, töten!") zerfetzt hat, bin auch nicht schadenfroh deswegen, wenngleich meine Trauer sich in Grenzen hält.
Mehr gibt es da eigentlich nicht zu kommentieren für mich. Außer vielleicht, dass die ganze Affaire eine weitere Einladung ist für alle Querdenker, Spinner und Schwurbler dieser Welt, wie überhaupt für alle, denen ein bisschen Ambiguität wie die, dass man etwas zwar ablehnen, aber dennoch widerwillig befürworten kann, um noch Schlimmeres zu verhindern, bereits zu viel Denkarbeit ist. Verlinken tue ich aber nach wie vor gern. Etwa das hier:
Herfried Münkler über den Unsinn mit den 'Verhandlungen'.
"Einmal mehr bestätigt sich hier die kühle Antwort des grossen Politikers Talleyrand, der auf die Frage, was eigentlich Nichtintervention sei, nach kurzem Nachdenken antwortete, es sei vermutlich dasselbe wie Intervention. Was im konkreten Fall heisst: Die Einstellung der Waffen- und Munitionslieferungen an die Ukraine ist eine politische Parteinahme für Russland, die sich als neutral tarnt. Sie würde, wenn sich denn einige europäische Regierungen darauf einliessen, den Westen spalten, den weiterhin Waffen liefernden USA das Heft des Handelns allein überlassen, die Europäer politisch marginalisieren -- und doch nicht zum Frieden führen. [...] Ein Blick in die Geschichte der Kriegsbeendigungen ohne Sieg und Niederlage zeigt indes, dass es die Aussicht des Stärkeren auf desaströse Erschöpfung ist, die ihn zum Ablassen von der Gewalt bringt. Wer nicht bereit ist, sich auf diese Paradoxie einzulassen, wird im vorliegenden Fall nicht zu einem Verständigungsfrieden kommen." (Münkler, a.a.O.)
Mehr Politik. Die Bundeswehr wurde keineswegs kaputtgespart, meint Stephan Anpalagan
Annika Brockschmidt über die US-Demokratie unter dem Hammer.
Stefan Sasse: Die Lust zu strafen.
Interview mit der Psychiaterin Heidi Kastner über Dummheit und falsche Toleranz.
"Vor kurzem habe ich die Mail eines Betriebsrats gelesen, der allen Ernstes geschrieben hat, man müsse jede Meinung respektieren. Dann muss ich also jeden Rassisten, jeden Nationalsozialisten respektieren. Denn der hat ja auch eine Meinung. Das ist doch völliger Humbug. [...] Natürlich sollte ich mit einer offenen Haltung in eine Diskussion gehen und mir anhören, warum der andere seine Position vertritt. Vielleicht hat er auch Argumente, die ich nachvollziehen kann und bisher nicht berücksichtigt habe. Aber es gibt sehr wohl Positionen, die ausschließlich abzulehnen sind, weil sie schlicht und einfach Blödsinn sind. [...] Wenn mir jemand mit Inbrunst erklärt, die Erde sei eine Scheibe, brauche ich das nicht wertschätzen. Ich glaube, die Menschen verwechseln immer wieder eine eigene Meinung mit eigenen Fakten und dann erwarten sie, dass man ihre selbst erfundenen Fakten auch noch wertschätzt." (Kastner, a.a.O.)
"Wer von massenhaften Protesten nicht träumen kann, ohne vorher gedanklich seinen Frieden mit den Rechten gemacht zu haben, sollte besser zu Hause bleiben.", meint Leo Fischer. Und womit? Mit recht.
Feminismus gibt es nicht in Teilzeit, meint Mirna Funk.
Kultur/Gesellschaft/Gedöns. Rinaldo Talamonti wird 75. Er war der 'kleine Italiener', die Karikatur des Latin lover in den Alois-Brummer-Nacktfilmchen der Siebziger. Weigert sich konsequent, sich dessen zu schämen. Sympathisch.
Ein Reisetipp für eine Radtour zu Münsterländer Wasserschlössern, pardon, aristokratischen Protzbauten wie Hülshoff, Vischering und Nordkirchen. Im 'neuen Deutschland'. Ja, richtig gelesen.
Arnold Voss zeichnet die Geschichte des Bochumer Bermuda3ecks nach.
Haben Sie sich heute schon darüber belehren lassen, dass (Cis-)Männer eine mindere Lebensform sind? Inferiore Ranzdeppen, zu doof zum Zuendedenken oder Taschen an Frauenhosen anbringen, wohingegen Frauen die vollwertigeren, edleren, besseren Menschen sind? Dann können Sie das hier fix nachholen. Und wenn Sie immer noch nicht glauben, dass Frauen immer die eigentlichen Opfer sind, dann können Sie sich hier entsprechend aufklären lassen. Nicht dafür.
Ok, so ein paar zehntausenden Männern wird die klitzekleine Unannehmlichkeit abverlangt, sich an der Front zerfetzen oder als Kriegsgefangener foltern zu lassen, aber niemand hat es so schwer wie die deutsche Frau, die es jetzt 2 Grad zu kalt im Büro hat.https://t.co/o9VItAJlWe
— callingbullshitbot (@neurorandale) August 25, 2022
Musik. Wie bei vielen anderen Pink Floyd-Hörern, fristete das 1977er-Album 'Animals' bei mir lange ein Schattendasein. Sperrig, dunkel, schwer zugänglich. Eingeklemmt zwischen den Megasellern 'Dark Side Of The Moon' und 'Wish You Were Here' sowie dem küchenpsychologischen Egotrip 'The Wall'. Zwar waren Pink Floyd nie eine unpolitische Band, aber wütender und politischer als auf 'Animals' waren sie nie. Bei 'Pigs - Three Different Ones' wirkt es fast, als hätten die alternden Superstars angesichts der aufkommenden Punk-Welle gesagt: "Na wartet, Jungs, zornige junge Männer, das schaffen wir auch noch!". Und dann 'Dogs', das die gesamte erste Seite einnimmt. Kam ich früher gar nicht drauf klar. Jetzt hat Komponist Doug Helvering sich der Sache noch mal angenommen. Er hört "profound poetry" und ein paar der schönsten Gitarrensoli, die Davd Gilmour je gespielt hat. Ich auch!
Nein, Herr Hannemann, ausnahmsweise muss ich widersprechen: Brustschwimmen ist mitnichten "elegant", sondern in der Form, in der es von den allermeisten praktiziert wird, vor allem ungesund (krummer Rücken, ruckartige Bewegungen in den Knien) und platzraubend. Weniges ist harmonischer und vermittelt ein besseres Wassergefühl als Kraulen, weswegen es in den meisten anderen Ländern den Kindern als erstes beigebracht wird. Noch besser für alle: Wer krault, kann beim Schwimmen nicht quasseln.
Aber woher kommt diese deutsche Obsession mit dem Brustschwimmen? Lukas Brems ist der Frage mal nachgegangen. So setzten preußische Militärs sich zuerst für ein obligates Schwimmtraining für Soldaten ein. Ein Aspekt sticht da besonders hervor:
"Der [preußische] General Ernst von Pfuel ließ Anfang des 19. Jahrhunderts Badeanstalten bauen, um Schwimmtraining für Soldaten durchzuführen. Pfuel hielt den Frosch für ein gutes Bewegungsvorbild, lehrte in seinen Trainings das Brustschwimmen und prägte so die deutschen Lehrmethoden. Für Soldaten war Brustschwimmen von Vorteil, da sie mit dem Kopf über Wasser leichter Kommandos hören und den Überblick behalten konnten." (Brems, a.a.O.)
Ja, Nostalgie ist ein schlechter Ratgeber, früher war keineswegs alles besser. Aber betrachten wir einmal die Bundesligasaison 1974/75. Da kassierte der FC Bayern München (ja, der FC Bayern) am ersten Spieltag eine 0 : 6-Klatsche bei den Offenbacher Kickers, unterlag am 15. Spieltag dem VfL Bochum mit 0 : 3 und war am 16. Spieltag Elfter. Trotz Sepp Maier im Tor. Und Bundesligaprofis sahen noch aus, wie Bundesligaprofis eben aussahen. Wie eine Mischung aus Zuhälter und Handfeger nämlich. Wie soll man da bitte nicht nostalgisch werden?
Essen/Trinken/gut leben. Wie der Baumkuchen Japan eroberte.
Eine Abrechnung mit dem angeblich weltberühmten Deutschen BrotTM.
Rainer Balcerowiak über den Hype um 'kuhfreie' Milchersatzprodukte. Der ist aus Sicht der Hersteller verständlich, wenn man sich ansieht, wie billig die Rohstoffe für die Gesöffe sind. Da lassen sich Margen erzielen, angesichts derer Don Vito Corleone heulend vor Neid den Geigenkasten in die Ecke pfeffert.
Der Obstsalat auf dem Frühstyxbüffett ist ein Gericht ohne Konzept und ein Klimakiller dazu, meint Jörn Kabisch.
Gerhard J. Breuer macht eine kulinarische Reise durch Bosnien-Herzegowina.
Passend dazu das Rezept. Gefüllte Paprika sind ein Klassiker. Und gehörten zu den Gerichten, die ich als Kind nur manipuliert gegessen habe. Der moderne Koch würde sagen: dekonstruiert. Den Fleischklops im Innern, Reis und Tomatensauce habe ich gern gegessen, die bittere grüne Paprika, die meine Mutter immer verwendet hat, habe ich gehasst und stehen gelassen. So wie ich auch immer fein säuberlich die Kapern aus der Soße geforkelt habe, wenn es Königsberger Klopse gab.
Rezepte für gefüllte Paprika sind so zahlreich wie für Kartoffelsalat und jede Oma/Mutti hat die besten gemacht. Hier die Variante der Kochgenossen, die einen Hauch k.u.k.-Küche atmet. Es wird Majoran verwendet, die Tomatensauce wird mit Einbrenn' und Nelke gemacht und die Fülle enthält Reis.
Meine Güte! Da ist diesmal echt viel gutes Lesefutter dabei! Bei der Sache mit dem Frieren der Frauen für den Krieg der Männer war ich dankbar, dass ich meine tägliche Blutdruckmessung schon vor dem Lesen erledigt hatte, denn sonst würde sich mein Doc ernsthafte Sorgen machen.
AntwortenLöschenHier mal mein Lieblingsrezept für gefüllte Paprika (ich kann nicht widerstehen):
https://www.chefkoch.de/rezepte/2104941339582265/Gefuellte-Paprika-mit-angebratenem-Hackfleisch-und-Kartoffeln-ueberbacken.html
Das darf aber niemand meinem Doc erzählen, sonst wird der mir sehr, sehr böse ... ;-)
Zur explodierenden Dame zu Beginn des Artikels; bla dies oder das; eines zeigt sich jedenfalls wieder.
AntwortenLöschenDas Dilemma der Sippenhaft.
Einerseits soll ja jeder selbst und frei entscheidend sein, jeder nach seiner eigenen Fasson und komplett unabhängig vom Erzeuger (generisch).
Andererseits "soll es meinen Kindern besser gehen", also Erbe, Erziehung, Prägung (ob durch Privilegien, Kontakte oder Millieus), Nacheifern (die Erzeuger stolz machen), ergo optimiertere Kopien der Erzeuger.
Und genau das Problem zieht sich durch alle "demokratischen", "individuellen" etc Weltbilder.
PS: Die Paprika vor dem Befüllen ein paar Minuten im Ofen "angrillen" - zumindest hat meine Oma darauf geschwört.
Schön, dass du dich nicht auf das Niveau von Brettspielgenerälen wie Burk u.a. hinabbegibst. Ich lese schon seit Monaten nichts mehr über den Krieg und warte einfach ab, wie's ausgeht.
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