Freitag, 24. Februar 2023

Petzi bei den Feministinnen

 
Wer sich freundlicherweise des öfteren mal hierherverirrt, weiß, dass ich einer der letzten bin, der etwas gegen eine gepflegte Feminismuskritik einzuwenden hat. So könnte man erwarten, dass auch ich einstimme in den Chor der Empörten über diese Meldestelle für Antifeminismus der Amadeu Antonio Stiftung, mit freundlicher Unterstützung des Bundesfamilienministeriums ("Petz-Portal"). Tue ich aber nicht. Mehr noch: Das komplett hysterische Geeimer ist nicht nur weitgehend substanzlos, sondern, wie so ziemlich alles hysterische Geeimer, auch ziemlich lächerlich.

Nun kann es ja keinen Zweifel geben, dass es sehr schnell sehr eng und sehr unschön wird, wenn staatlicherseits Denunziation gefördert, wenn nicht gar zur Staatsraison wird. Im Falle der Meldestelle behaupte ich hingegen: Nein, wir bekommen keine neue Stasi. Nein, man wird nicht für einen dummen Witz ins Loch geworfen werden. Nein, es wird keine öffentlichen Pranger geben. Nein, es wird keine Orwellsche Gedankenpolizei geben.

Klar, ich halte die ganze Veranstaltung für reichlich witzlos. Vor allem, weil dergleichen Plattformen sich mittels einer Flut frei erfundener, absurder Falschmeldungen ziemlich leicht trollen lassen. Fragen Sie die AfD Ihres Vertrauens, die hat auch mal Meldeportale aufgesetzt, auf denen man linksgrünversiffte Lehrer verpetzen konnte und die wirklich als Denunziationsplattform gedacht waren (freilich nur um unschuldige Kinder zu schützen).

Dann gibt es da noch Datenschutzgesetze. Die untersagen das Weitergeben personenbezogener Daten, zu denen schon ein Klarname gehören kann, ziemlich strikt und belegen das mit teils empfindlichen Strafen, woran letztlich auch die genannten AfD-Portale gescheitert sind. Fun fact: Die Meldestelle Antifeminismus verarbeitet keine Namen von Dritten. Was sie, s.o., auch gar nicht darf.

Was bleibt dann? Der einzige erkennbare Nutzen wäre der, dass man damit leicht eine große Menge Daten sammeln kann für jährliche Reporte, Berichte etc. Wobei es natürlich aus den oben genannten Gründen höchst fragwürdig ist, wie valide die Daten im einzelnen sein werden. Dann ist da noch die Unklarheit darüber, was überhaupt gemeldet werden soll.

Nicht weniger als 15 mögliche Tatbestände werden auf der Plattform als meldewürdig gelistet. Darunter welche, die ohnehin Straftaten sind wie Nötigung und Körperverletzung, die in der Kriminalstatistik erfasst werden und bei denen die Polizei im Zuge von Ermittlungen auch Hinweisen aus der Bevölkerung nachgehen müsste. Bei fast allen anderen herrscht so großer Interpretationsspielraum, dass so ziemlich alles gemeldet werden könnte. Bssst! Definiere "Antifeminismus"!

Was genau ist ein "Angriff"? Was genau ist "antifeministisch"? Legt man den Kriterienkatalog zugrunde, wäre ein antifeministischer Angriff schon, wenn jemand einen selbstgeklöppelten Flyer verteilt, in dem Frauenquoten als eher nicht so supi bezeichnet werden. Oder wenn jemand irgendwo den Sinn der Arbeit von Gleichstellungsbeauftragten infrage stellt. Das ist, mit Verlaub, lachhaft.

Die Frage ist nur: Öffnet das der Willkür Tür und Tor? Eher nicht. Es liefert möglicherweise nur eine Menge Datenmüll. Daraus werden dann vermutlich schockierende Berichte gebacken, mit denen medial gut Wind machen ist ("SKANDAL! Zahl antifeministischer Angriffe in 20xy auf Allzeithoch! #allmenarebastards."), denen sich aber auch sehr leicht die Luft herauslassen ließe. Apropos Luft raus: Ist es wirklich nur Zufall, dass der Start der Plattform in eine Zeit fällt, in dem die Luftnummer mit dem unbereinigten Gender-Pay-Gap irgendwie nicht mehr recht verfangen will? Vielleicht, vielleicht auch nicht.

Ja, aberaberaber ist so was nicht ein Dammbruch? Der harmlose, nette Einstieg ins totale Denunziationsregime? Mal zur Info: Es gibt bereits eine Meldestelle für Antiziganismus und hier in NRW für Queerfeindlichkeit, ohne dass die Welt deswegen zum Gulag geworden ist. Es existiert übrigens auch eine Meldestelle für Antisemitismus. Es ist eine nicht völlig uninteressante Frage, wieso die Apokalyptiker, die sich gerade aufkröppen über die antifeministische Meldestelle da nicht mit gleichem Aplomb reagieren.

Können wir uns also alle bitte wieder abregen? Danke.







5 Kommentare:

  1. ... ich fordere eine Meldestelle für Anti-Dicke-Menschen.
    Gruß
    Jens

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  2. Der Feminismus kennt halt auch extreme Strömungen, wie zum Beispiel die Verehrung des Hexenkultes (Wiccatum). Viele Feministinnen sind ganz einfach Männerhasserinnen.

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  3. "Viele Feministinnen" ... naja eher einige?
    Übrigens die die gruseligste Erkenntniss im Zuge der Erfindung sozialer Netzwerke: Der manchen Menschen innewohnende Hass auf alles Mögliche — von ungeschnittenen Hecken bis zu, naja, eben Männern.
    Ich versuche für mich die Einstellung "das sind halt die X-Prozent Arschlöcher, die es immer schon gab" zu finden und vermisse die Zeit, als ich davon nichts mitbekam.

    Gruß
    Jens

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  4. Bei Mad Heidi kann man anonym "heimliche Laktoseintolerante" melden.

    Passend zum Thema und voller Appenzeller.

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