Dienstag, 18. Juli 2023

Schmähkritik des Tages (68)


Heute: Kollegiales zum Thema Bundesjugendspiele

"[Wenn] ich lese, es »sei zudem eine wichtige Erfahrung, dass andere auf manchen Gebieten besser sind, der Umgang mit Misserfolgen sei auch ein wichtiger Lerninhalt.«, dann denke ich: »Um den sportlichen Kindern zu zeigen, dass andere Kinder noch sportlicher sind als sie, müssen unsportliche Kinder verpflichtet werden, ihre Unsportlichkeit unter Beweis zu stellen.« Dann das ist jedenfalls, was passiert.

Warum zwingt man die Sportskanonen nicht zu Gesangs- und Musikwettbewerben, um ihnen zu zeigen, dass andere nicht nur in anderen Bereichen besser sind, sondern dass sie selbst in manchen Bereichen so richtig schlecht sind und gar nichts können? Oder zu Buchstabierwettbewerben? Gedichtvorlesen und Schauspiel? IQ-Tests für alle?

Wenn Umgang mit Misserfolgen ein wichtiger Lerninhalt ist, ist es wichtig, dass jedes Kind etwas machen muss, was es niemals freiwillig auch nur ausprobieren wollte, denn nur so ist der wünschenswerte Misserfolg garantiert." (apokolokynthose, 18. Juli 2023)

Anmerkung: Doch noch mal zum Spocht. Bekanntlich plädiere ich im Umgang mit den leidigen Bundesjugendspielen für eine gewisse Gelassenheit und dafür, Kindern (und ihren Eltern) beizubringen, dass man nicht alles immer bierernst nehmen muss, aber das Obige ist in der Tat ein Punkt, der in der Diskussion zu kurz kommt.

Den Umgang mit (sportlichen) Misserfolgen bzw. die Erfahrung, dass andere auf manchen Gebieten (Sport) besser sind, kann meiner Erinnerung zufolge schon hinreichend im regulären Sportunterricht trainiert werden, da braucht es nicht extra eine aufwändige Ganztagesveranstaltung namens Bundesjugendspiele. Überhaupt könnte man fragen, ob ein pädagogisches Konzept ist, in dem es explizit darum geht, ganze Gruppen von Schüler*innen mit dem eigenen Unvermögen zu konfrontieren, eventuell ein hochgradig fragwürdiges ist. Oder ob das als alleinige Begründung nicht eventuell etwas dürftig ist.

Mehr noch: Könnte es sich dabei eventuell um ein Konzept handeln, aus dem indirekt sogar der Wunsch spricht, bestimmte Menschen zu demütigen? Nichts gegen Sport und Bewegung. Ist wichtig. Gern wird ja behauptet, Schulsport diene in erster Linie dazu, Schüler:innen Freude an Sport und Bewegung zu vermitteln. Nur: Wie wahrscheinlich ist es, dass eher unsportliche Kinder und Jugendliche mit solchem Deformationshintergrund später einmal Spaß an Sport und Bewegung für sich entdecken?

Nun bin ich weit davon entfernt, Kinder immer nur in Watte packen zu wollen, aber ein Mathelehrer, der sich jede Stunde konsequent 1-2 besonders Schwache aus der Klasse herauspickt, um sie einzeln an die Tafel zu holen und ihnen in Coram publico ihr Unvermögen zu demonstrieren plus die Tatsache, dass andere auf einigen Gebieten besser sind, müsste sich irgendwann auch die eine oder andere kritische Frage gefallen lassen.

Wenn die Erfahrung, dass andere auf manchen Gebieten besser sind sowie der Umgang mit Misserfolgen so unverzichtbare Lernziele sind, warum zwingt man dann, derselben Logik folgend, anderswo eher moderat begabte Sportskanonen nicht auch, wie oben vorgeschlagen, zu Veranstaltungen, bei denen sie sich erwartbar zum Horst machen? Oder brauchen sportliche Leute das am Ende gar nicht?

Das allerlustigste ist aber nun, wie die Modifikation (und eben nicht Abschaffung) der Bundesjugendspiele als Anlass herhalten muss, zum Kulturkampf gegen alles Linksgrüne zu blasen. Motto: Die woken Schneeflöckchen, die unseren Kindern den 'natürlichen' "Willen zum Erfolg" aberziehen wollen. Jetzt nehmen sie uns auch noch die Bundesjugendspiele!!!

Und dann kommt von irgendwo noch ein Fleischhauer her. Der gab nun stolz zum Besten, sein Sohn, 2. Klasse, käme nunmehr in Bayern zum letzten Mal in den Genuss 'richtiger' Bundesjugendspiele.

"Die schlechte Nachricht für Fleischhauer: In den 1. und 2. Klassen gibt es schon seit Jahren keinen Wettkampf mehr, sondern eben den Wettbewerb. Fleischhauer ist also stolz darauf, dass sein Sohn sich für genau die Art von Bundesjugendspielen vorbereitet, über die er herzieht.“ (Rieger)

Aber was sind schon lästige Fakten?

Immerhin: Fleischhauer ist offenbar wieder ganz der Alte. Ein bisschen beruhigt mich das jetzt.






4 Kommentare:

  1. "Fleischhauer ist offenbar wieder ganz der Alte" ...es gibt nix Schlimmeres, wie wenn einem die Feindbilder ausgehen — kenn ich.

    Gruß
    Jens

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  2. Da hat also Fleischhauer wieder mal irgendwo irgendeinen Blödsinn gelesen und drechselt eine Kolumne daraus, und wieder mal hat er den bei Spezi Martenstein gelesen, der den Blödsinn wiederum selber irgendwo gelesen hat. Die beiden kommen einem glatt vor wie die Statler und Waldorf der Kolumnistik, indem jeweils einer dem anderen das Stichwort für dessen nächstes Blödsinn-Kolumnenthema zuliefert.
    https://noemix.wordpress.com/2016/03/30/im-angesicht-des-terrors-1022555207

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  3. ... herrjeh. Warum können sich 2023 Menschen nicht einfach damit abfinden was sie sind und wie sie sind?
    Doof, fett, schnell Sonnenbrand, kaputte Knie, eingewachsene Fußnägel, Herzschwäche (wegen Saufen und Rauchen?).
    Immer ausdiskutieren, ob nicht evtl. jemand anders oder die Gesellschaft schuld ist. Willkommen bei Alice Weidels Frust und Fascho-Resterampe.

    Gruß
    der Dicke mit dem Bart

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  4. ... ich habe ja hier nix zu melden. Aber könnten wir das Thema zu machen?
    Neue Topic-Vorschläge: wieso fragen Rentner, ob man eine zweite Kasse aufmachen sollte?

    Wieso will bei ebay jemand für die Adidas Rekord Billosneaker aus den Sechzigern 190 Euro haben?

    Gruß
    Jens

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