Wer sich heute mit dem Oeuvre des vor einigen Jahren verstorbenen Flachwitz-MGs Fips Asmussen befasst, stellt schnell fest, dass zwei Schwerpunkte seines Schaffens im Abwerten von Ehefrauen und im Herziehen über männliche Homosexuelle lagen. Nun muss ich als Mitglied der Generation X ehrlicherweise gestehen, dass derlei Witzeleien zu unseren Adoleszenzjahren noch ganz gut funktionierten. Aus Sicht des kleinbürgerlich sozialisierten Provinzheteros trugen Schwule am liebsten rosa, verkleideten sich gern als Frauen, machten immer Heititei, hießen Detlef, hörten Opern und Marianne Rosenberg, waren von Beruf zu 90 Prozent Friseure, Flugbegleiter oder Visagisten. Überprüfen konnten wir das freilich nicht, denn die lebten ja alle in Köln oder München und bei uns versteckten sie sich meist.
Heute eher so: Tja. Pff. Peinlich berührt. Alter, wo ist das Problem?
Es gibt bei einigen die Neigung, gegen alles, was nicht in die eigene kleine Provinzwelt passt, reflexhaft auszukeilen. Gehört nicht zu uns! Muss weg! Und es gibt bei bestimmten Leuten eine Neigung, Menschen abzulehnen, auszugrenzen, wenn nicht gar zu bekämpfen, die man insgeheim beneidet. Etwa darum, dass die sich etwas trauen, das man sich selbst immer so heldenhaft verkneift. (Das müssen keine homophilen Neigungen sein, es reicht, wenn welche fröhlich eine Promiskuität leben, die man selbst nicht lebt bzw. die man sich versagt.) Überkompensiert wird das gern mit einem absurden Männlichkeitskult z.B. um möglichst monströse, möglichst spritschluckende Gefährte und auch sonst dezidiert virilem Auftreten. Nicht, dass noch jemand denkt... ("Also, wir waren letztens ja mit drei Kollegen -- also nur Kollegen, nicht dass du jetzt denkst,...")
"Ich sehe mich in karierten Golfhosen und billigen Tassel-Loafern die Dorfstraße hinunterlaufen. Langhaarig, schwitzend, den Körper voll pulsierender Pickel. Es ist 1989, ich bin dreizehn Jahre alt, spurte über die Brücke und biege rechts ab. Hinter mir eine wütende Meute. Ein Dutzend Kinder zwischen sechs und vierzehn, die mir den Garaus machen wollen. Angeführt von Kai und Dirk. [...] »Wir müssen die schwule Aidssau töten«, schreit Kai, »sonst tötet er uns«. »Totschlagen«, brüllt der Mob, der jetzt aber zum Stillstand kommt, denn ich stehe mit dem Rücken zu einem Trafohäuschen. Immer wieder greifen mich Kinder an, hauen und stechen mit Stöcken nach mir. Tage zuvor war eine Sondersendung zum Thema »Aids« im Fernsehen gelaufen." (Björn Vedder)
Die Neue Rechte versucht schon lange, nicht erst seit den Bauernprotesten, das Ausgrenzpotenzial zu nutzen, das im imaginierten Stadt-Land-Gegensatz liegt: Hier, wo die Welt noch in Ordnung ist, das 'Urwüchsige', 'Ursprüngliche', 'Erdhaft-Natürliche', dort das 'Verweichlichte', 'Dekadente', 'Großstädtische'. Jeder Anflug von Verfeinerung, Lebensart und Leichtigkeit kann da im Extremfall verdächtig sein ("Soso, unsere Erbsensuppe aus der Gulaschkanone ist Monsieur wohl nicht gut genug, wie?"). Wozu dann auch alles gehört kann, was irgendwie 'queer' ist. Das wird mitunter paranoiderweise hochstilisiert zu einem Elitenregime, das einem den Lebenswandel vorschreiben will. Vgl. Fr. Weidel, die darauf beharrt, um Himmels Willen nicht queer zu sein und der aber so was von niemand ans Schnitzel geht.
Diese doch einigermaßen ungeordneten Gedanken bringen mich, ich weiß auch nicht recht warum, irgendwie zum neuen Auswärtstrikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Herren, das der DFB letzte Woche vorgestellt hat. Und das geht ja nun gar nicht. Wokommwadenndahin!
Hallo Herr Wagner! Auch unser Kaiser Franz Beckenbauer hat Pink getragen.
— DieInsider (@Die_Insider) March 17, 2024
Zum Top-Thema der letzten Tage heute einmal etwas von der #bild.
#LautGegenRechts #Auswärtstrikot #DieMannschaft#WirSindDieBrandmauer #GemeinsamGegenHass #DieInsider pic.twitter.com/X2KGL9eUrf
Man könnte da jetzt so einiges zu sagen: Etwa, dass man beim Fußball schon sehr lange vom Platz fliegt, wenn man Gegner einfach umtritt. Erst recht -- huhuhu! -- von hinten. Oder dass rosafarbene Trikots weiß Gott nichts Neues sind. Dass jemand, der ernsthaft glaubt, ein "wilder Kerl" mutiere auf der Stelle zum zärtlichen Lämmlein, bloß weil er neunzig Minuten lang eine bestimmte Farbe trägt, vielleicht mal zum Arzt sollte. Weil Mannschaften wie Real Madrid und FC Barcelona schon lange rosane Auswärtstrikots hatten und haben, dass Lionel Messis Klub Inter Miami sogar in komplett flamingofarbigem Heimtrikot rumläuft, dass Schiedsrichter mitunter in knalligem Magenta auflaufen und niemandem deswegen der Pipimann abgefallen ist oder sich das sonstwie erkennbar auf ihre Performance ausgewirkt hat. Ach ja, sogar Kaiser Franz (+) lief beizeiten in Rosa herum.
Das alles könnte man sagen. Oder einfach: Alter, wo ist das Problem?
Apropos: Haben wir denn wirklich keine wichtigeren Probleme in diesem Land?
Ich sage nur "Brot und Spiele". Da kann mit solchen Sinnlosthemen die Welt und Menschheit beschäftigt werden. Und ich armer Drops habe es wiedermal nicht gemerkt, weil Bild und Wagner nicht zu meiner Lektüre gehören. Aber der Typ zieht sich ja gerne mal an solchen Themen im Namen des Volkes hoch;-)
AntwortenLöschen"Bild und Wagner" ganz gefährliches Terrain. Man weiß nie was davon Satire ist. Einer von denen hatte doch sogar mal eine Papst-Audienz. Das ist doch eindeutig "Titanic" (die Zeitschrift, nicht das Schiff).
AntwortenLöschenGruß
Jens
1. Ich vermute, im ersten Absatz meinst Du "Visagisten".
AntwortenLöschen2. Damals haben DIE sich auch nicht empört: https://tinyurl.com/y2funu52
Ganz links Erik Zabel.
Das Telekommunikationsunternehmen Deutsche Telekom AG hat die Farbe Magenta (RAL-4010) als Farbmarke für Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation unter der Registernummer 39552630.2 registrieren lassen. Konkurrierende Unternehmen können daher bei Einsatz dieser Farbe in der Werbung abgemahnt werden. Das Corporate Design ist seit der Privatisierung 1995 gänzlich auf diese Farbe ausgerichtet, auch die öffentlichen Telefone sind zum Großteil in magenta. Das Unternehmen versucht seit Jahren, den Farbton gerichtlich schützen zu lassen und erzielte damit auch Erfolge vor dem Bundesgerichtshof.
1. Meine ich. Danke.
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