Sonntag, 9. Juni 2024

Ronny des Monats - Juni 2024


Es ist wieder Ronny-Time, liebe Lesende. Man sollte meinen, Topfavoriten seien Charlotte-Sophie, Beatrice, Justus, Justus, Wilhelm Jr., Bernadette-Eloise, Nathan, Albert-Benjamin, Justus und Justus, die auf Sylt so richtig schön einen draufgemacht haben. Aber erstens ginge das am Kern des Problems vorbei, denn Sylt ist längst überall und zweitens ist diese "wohlstandsverwahrloste Arschlochgesellschaft mit privilegierten Werber-Gesichtern, adretter Crypto-Bro-Attitude & schmucken Identitärenbraut-Faces" (Asmuth/Baeck/Fromm) hier bereits gesondert und ausführlich gewürdigt worden. Mehr wäre definitiv zu viel der Ehre für diese selbst ernannten Elitebratzen.

Überhaupt offenbart der Umgang mit der Rumhitlerei auf Sylt, dass der Kampf gegen Faschismus hierzulande vor allem mittels moralischer Empörung geführt wird sowie damit, sich selbst möglichst öffentlichkeitswirksam zu den Guten zu zählen. Höhepunkt war ein Interview mit dem 'L'amour toujours'-Erfinder Gigi d'Agostino, in dem man ihm ein Schuldbekenntnis abzupressen versuchte. Nach dem Motto: "Hätte ich Idiot doch geahnt, dass in knapp 25 Jahren mal Rechte meinen Song kapern, dann hätte ich ihn lieber nie geschrieben, schluchz!" Tat er aber nicht. Wieso sollte er auch?

Schon gemerkt, liebe Journaille? Wiewohl sie andauernd davon faseln, ist der eigene Beitrag von Faschisten zur Kultur jenseits üblen Retro-Kitsches ziemlich überschaubar. Und weil sie unkreativ sind bzw. ihre eigene Kreativität sich oft darin erschöpft, olle Kamellen wiederzukäuen und geschmacklos-provokante Memes zu stricken, bedienen Rechte sich meist bei der Kreativität anderer, adaptieren alles, was ihnen in die Finger kommt und prägen das für ihre Zwecke um. Sie nennen das 'Kulturkampf'. Auch das ist nicht von ihnen, sondern von Antonio Gramsci. Dagegen macht man erst mal nichts. So hatte der Schuh- und Sportartikelhersteller New Balance vor Jahren das Problem, dass dessen Treter gern von Rechten und Nazis getragen wurden. Weil ein 'N' wie 'National' auf ihnen prangt. Nach dieser Logik muss auch ich mich in Acht nehmen, weil mein Vorname ein 'n' enthält.

Dabei ist ja deutlich zu sehen, dass es sehr wohl etwas bringt, die AfD politisch zu bekämpfen. Wenn auch mit Verzögerung. Weil die AfD inzwischen von vielen Seiten Druck bekommt und auch die Justiz immer öfter ihren Job macht, häufen sich die Fehler, ihre Beliebtheitswerte sinken und sie reagiert zunehmend fahrig und nervös. Eines aber ist die dümmstmögliche Idee von allen: Politiker bzw. -Funktionäre körperlich anzugreifen, wie dies in letzter Zeit immer öfter vorzukommen scheint. Sie mögen sich für die Rächer der Enterbten halten, aber erreichen das Gegenteil. Einen größeren Gefallen kann man AfD gar nicht tun als ihnen unnötig Futter für ihre endlose Opferlitanei zu liefern.

Was war noch? Ach ja, Fritze Merz gibt jetzt den großen Kämpfer gegen Antisemitismus. So forderte er jetzt Kanzler Scholz auf, TU-Präsidentin Geraldine Rauch aus dem 'Zukunftsrat' zu entlassen. Natürlich ist Rauchs doofes Gelike israelfeindlicher Tweets nicht nichts. Nun hat Merz aber noch 2023 applaudiert ("bravorös"), als der Södermaggus seinen Vize Aiwanger nicht schasste, nachdem der sein antisemitisches Flugblatt aus Jugendtagen mit einer armseligen "Ich war das nicht, das war mein Bruder"-Ausrede gerechtfertigt hatte. "Das Doppelmoral zu nennen, ist eine eher zurückhaltende Formulierung." (Reinecke)

Die Top 5: 

Platz 5: Ganz ohne Gigi
Wir lernen: Nazi-Getue geht auch ohne 'L'amour toujours. Zum Beispiel in Regensburg. Faszinierend.

Platz 4: Wahlbetrug!
Davon und von "Kampagne!" oder "Hexenjagd!" reden AfDler ja gern, wenn sie mal wieder bei irgendwas erwischt wurden (was in letzter Zeit in immer kürzeren Abständen passiert). Allerdings sind selbst auch sie da nicht gefeit.

"Im sachsen-anhaltischen Möser findet sich ein AfD-Politiker auf den Wahlzetteln, der dort möglicherweise gar nicht kandidieren darf. Denn eine Recherche des MDR legt nahe, dass sein Hauptwohnsitz nicht in Möser liegt. Sollte sich diese Recherche bestätigen, begeht die rechtsextreme Partei in Sachsen-Anhalt Wahlbetrug. Und das auch noch mit einem Kandidaten, der Verbindungen zum Rechtsterrorismus hat." (Volksverpetzer)

Platz 3: Gedenken, AfD-Style
Eine Gedenkveranstaltung für einen getöteten Polizisten zum Jubelevent für sich selbst umzumünzen, das schafft wohl nur die AfD. Um es mit den Worten ihrer eigenen Fraktionsvorsitzenden auszudrücken: "Widerwärtig. Ekelhaft!"


Platz 2: Niemand ist sicher
Für den Fall, dass jemand denkt, ihn könne es ja nicht treffen, denn er sei ja schließlich kein Ausländer: Neuerdings häufen sich offen behindertenfeindliche Angriffe auf Einrichtungen der Lebenshilfe e.V. Es fällt das Wort "Euthanasie". So auch in Mönchengladbach.

Platz 1: Ursula 'Steigbügelhalterin' von der Leyen
Es gehört zu den Lebenslügen der rechten Bourgeoisie nach dem Krieg und zum Standardmodell bürgerlicher Geschichtswissenschaft, die Ursache für den Aufstieg Hitlers zum Reichskanzler darin zu sehen, dass die Weimarer Republik zwischen Rechts- und Linksextremisten gleichsam zerrieben worden sei. Dass es Rechtskonservative um von Papen waren, die meinten, jetzt müsse auch mal gut sein mit dieser lästigen Quasseldemokratie und Hitler ins Amt hievten, spielt da eher eine untergeordnete Rolle. Und so kuschelt von der Leyen in bester rechtsbürgerlicher Tradition immer offener mit Giorgia Meloni herum. Bahnt sich da was an? "Warum sollte man auch nicht zusammenarbeiten, wenn die Missachtung der Menschenrechte durch die Rechtsextremen und ihr Hass auf die Linken auch von der politischen Mitte vorsichtig geteilt wird?" (Ece Temelkuran) Und Meloni liefert. Anschlussfähigen Faschismus light ohne lästigen, unappetitlichen Nazikram nämlich.


Und der Ehrenronny geht an:

Theodor Weimer (Deutsche Börse)
Dass das Kapital bei der Wahl der politischen Systeme, mit denen es kooperiert, durchaus flexibel ist und die scheinbar naturgegebene Paarung aus Kapitalismus und (bürgerlicher) Demokratie keineswegs in Stein gemeißelt ist, sollte sich herumgesprochen haben. Weimer ist Chef der Deutschen Börse und hat jetzt eine 'Wutrede' gehalten, an der, so ist zu vernehmen, vor allem Rechte ihren Spaß hatten.


Wissen Sie übrigens, woran sie zuverlässig einen aufgeblasenen, wichtigtuerischen Dampfplauderer erkennen? Ganz einfach. Wenn er etwas redet von: "Meine Freunde im Ausland haben Deutschland und die Deutschen immer bewundert, aber seit einiger Zeit fragen sie mich irritiert, was denn bloß in Deutschland los sei."







13 Kommentare:

  1. Stimmt. Wer von Frau von der Leyen reden will, sollte auch vom Faschismus nicht schweigen.

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  2. ... sorry, nicht gerade hundertpro das Thema: ich feiere seit gestern abend erst einmal Lars Klingbeil.

    Gruß
    Jens

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  3. Alles, was SPDCDUFDPGRÜN u.Ä. ärgert, ist auch okay.

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    1. Schönes Geräusch, Honkheimat!

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    2. Honkheimat? Hihi, der ist lustig, den nehm ich gern. Und ich mache gern schöne Geräusche, vor allem, wenn ich einen im Tee hab. Aber so benebelt kann ich gar nicht sein, um Herrschaften wie den Herrn Klingbeil zu feiern. Da zieh ich mich lieber wieder stumm in meine Ecke irgendwo zwischen allen Stühlen zurück. Auf jeden Fall viel Spaß beim Feiern bzw. beim Seit-an-Seit-Schreiten!

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    3. PS. Todesmutig von Herrn Klingbeil, Nazis Nazis zu nennen. Ein deutscher Held! Möglicherweise hat der Mann sich dabei ähnlich gefühlt wie einst Jana aus Kassel, welche wiederum vermeinte, sich wie Anne Frank zu fühlen.
      Im Ernst: Wohlfeiles Maulheldentum ist kein Widerstand. Natürlich hätte er der Weidel nicht gleich eine reinhauen sollen - obwohl ich das eigentlich schon recht gern gesehen hätte, mit Verlaub. Und Klingbeils Auftritt war immerhin leichter zu ertragen als jüngst dabei zusehen zu müssen, mit welcher Herzenswärme Frau von der Leyen eine Neofaschistin in die Arme schloss. Da war die Merzsche Brandmauer wohl wieder mal nicht hoch genug, fürchte ich.

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    4. PPS. Ganz blöder Fehler: Jana aus Kassel hatte sich natürlich nicht wie Anne Frank, sondern wie Sophie Scholl gefühlt. Auch blöd. Und ich, gelegentlich, sorry.

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  4. Siewurdengelesen13. Juni 2024 um 21:14

    Ganz fetter Daumen hoch!

    Speziell Heitmeyer spricht das aus, ws ich mir auch so denke und wo ich nach wie vor am Grübeln bin, ob Kapitalismus, Neoliberalismus whatever mit seinen systemischen Krisen und damit Unsicherheiten nicht nahezu zwangsweise rechtes Denken und Strukturen fördert und damit irgendwann in den Faschismus führt. Zur Zeit leben wir in so einer Phase und das Phänomen AfD bevorzugt im Osten rührt aus eben dem Abgehängtfühlen seit der Wende, hat aber auch ganz D und andere Staaten erfasst.

    Butterwegge bringt den Quatsch des Hufeisen wie andere auch auf den Punkt. Nähme man diesen Quatsch als solchen endlich auch politisch einmal an, dann müßten sich allerdings die Parteien der "bürgerlichen Mitte" kritisch mit dem konservativem Denken inneliegenden rechten Ansatz auseinandersetzen. Dann lieber spielt man das Spiele der extremen Ränder und setzt links und rechts gleich. Zu sehen ist das eben auch daran, dass man auf rechte Parolen aufsteigt und deren Themen bedient wie aktuell schärfere Abschieberegeln wegen das Angriffs auf den Polizisten in Mannheim. Und wieder liefert man damit freiwillig Wasser auf rechte Mühlen, statt solche Dinge sauber aufzuarbeiten und Dinge miteinander zu verwursten, die per se nicht zwingend etwas miteinander zu tun haben wie Flüchtlinge/Asyl und Kriminalität/Extremismus.

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  5. Eben. Deshalb wählt man ja im Erzgebirge weiter rechts als in Lampedusa. Muss an der Masse der Flüchtlinge liegen.

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