Donnerstag, 24. Oktober 2024

Würgergeld


Christian Lindner ventilierte jetzt bekanntlich die Hammersahneschnittenidee, Bürgergeld Beziehenden nicht mehr Miete plus Heizkosten in voller Höhe zu zahlen (was schon jetzt nicht immer passiert; im SGBII heißt es, Wohnkosten würden "in angemessener Höhe" übernommen), sondern bloß noch eine einheitliche Pauschale. Möglicherweise geht man bei den Gelben ja wieder zum fröhlichen 'Hau den faulen Arbeitslosen!'-Budenzauber über, weil man festgestellt hat, dass AfD-mäßiger 'Hau den Migranten!'-Budenzauber auch keine Stimmen bringt. Vielleicht steckt aber auch anderes dahinter.

Fünfhundert Tacken fürs Wohnen müssen reichen, so die Ansage. Egal ob man in Gelsenkirchen wohnt, wo sich das in entsprechend beleumundeten Gegenden gerade noch ausgehen mag, oder in München, wo man für den Kurs nicht einmal eine Abstellkammer im Speckgürtel bekommt. Ohne Licht versteht sich. Nicht dass noch jemand anfängt zu träumen. Und wem das nicht reicht, der solle, so Lindner, einfach mal umziehen. Oder sich entscheiden: Wohnen oder heizen. Freiheit, yäy! Sekundiert wurde das übrigens durch Springers Vierbuchstabengazette, die am selben Tag von "neuen Horrorzahlen" beim Bürgergeld titelte.

Die Effekte, sollte das so umgesetzt werden, wären so absehbar wie dramatisch. Ohnehin zahlen bereits 12 Prozent der Bürgergeldbezieher:innen beim Wohnen aus dem Regelsatz drauf. Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum würde noch weiter ansteigen und auch auf ländliche Regionen ausstrahlen, Bürgergeld Beziehende müssten noch knapper kalkulieren als jetzt schon und die soziale Segregation nähme weiter zu, da Arme sich noch stärker in bestimmen Vierteln konzentrierten. Schlimmstenfalls kann eine 'falsche Adresse' zu Problemen bei Bewerbungen führen.

Zumal davon auszugehen ist, dass ein Teil der vermuteten Einsparungen eh wieder aufgefressen würde. Weil die Justiz öfter tätig werden müsste im Rahmen von Mahnverfahren, Privatinsolvenzen, die Jobcenter mehr Widersprüche zu bearbeiten hätten etc. Also, was soll das? Ist es nur die übliche kleinbürgerliche Lust am Bestrafen und Schikanieren, die sich hier austobt? Ich glaube nicht. Es geht darum, Arbeitslosigkeit endgültig zum Horrorszenario zu machen. Niemand soll mehr denken: Na ja, wenn ich meinen Job verlieren sollte, dann wäre das nicht schön, aber ich werde dank Sozialstaat nicht gleich im Elend landen. Die Botschaft soll sein: Doch, wirst du! Also denk nicht mal daran.


Lindners Partei der sozial Schwachen ist zuvörderst der parlamentarische Arm des Kapitals und dann lange nichts. Wenn die etwas fordert bzw. was vorschlägt, dann liegt die Vermutung nahe, dass es noch eindeutiger um Kapitalinteressen geht als bei anderen Parteien. Die Arbeitslosigkeit ist momentan zwar wieder ein wenig im Steigen begriffen, aber das wird angesichts des anhaltenden Bevölkerungsschwunds und den bevorstehenden Verrentungswellen bloß eine Episode bleiben. Daher wird das Kapital weiterhin vor dem Problem stehen, genügend Arbeitskräfte zu bekommen. Weswegen man ja auch keine Probleme mit Zuwanderung hat - oder glaubt jemand, Großkonzerne führten ihre Diversity-Kampagnen allein aus Imagegründen?

Eigentlich sollte man meinen, solche Zeiten seien gute Zeiten für Arbeitnehmer. Angebot und Nachfrage halt. Nur hat dies Prinzip nie für alle zu gelten, sondern nur zugunsten des Kapitals, was bedeutet, dass der Faktor Arbeit auch weiterhin billigstmöglich zu sein hat, wofür dann auch Eingriffe des Staates hochwillkommen sind. Und so werden nunmehr eben Arbeitslose weiter drangsaliert, indem bereits die bloße Möglichkeit, arbeitslos zu sein, derart abschreckend gestaltet wird, dass niemand mehr wagt, irgendeinen schlecht bezahlten Mistjob abzulehnen.

Es geht also auch darum, die Kosten für Arbeit weiterhin niedrig zu halten. Nicht zufällig trommeln gerade diverse arbeitgebernahe Akteure heftig und bar jeder Empirie gegen die schröcklichen Folgen, die eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes nach sich zöge. Honi soit qui mal y pense.










8 Kommentare:

  1. Ich sage nur Dienstwagenprivileg, 100 Mrd. Euro für den Trachtenverein ohne wirklich positive Konsequenzen bei der Truppe selber und andere "Peanuts". Ich bin nur zu faul, da mal ein paar Kosten nebeneinader zu stellen analog zum Gehetze gegen die "ausländischen Sozialschmarotzer". Diese immer wieder bräsig angerührte Debatte bin ich langsam nur noch leid, bei der es nur um treten nach unten geht und Arme für Umstände nach Meinung solcher Typen wie Lindner alles zu schlucken haben, während diese als tolle Tipgeber sich auf ihren ererbten und sicher nicht erarbeiteten Summen aus dem Fenster lehnen und etwas von Leistungsträgern faseln. Das ging aber schon vorher los und hat auch Sozen und Grüne nicht abgeschreckt. Das jetzt Bürgergeld - vormals HartzIV wurde von halt in der Schröder/Fischer-Ära ausgeheckt , auch wenn ihnen der Beifall der anderen A.... dafür sicher war.

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  2. "Lindners Partei der sozial Schwachen" ...
    interessiert sich für die Freiheitsrechte der Bürger nur noch am Rande. Der marktliberale Kapitalismus funktioniert von der CDU getriggert bestens auch ohne ihre Mitwirkung.
    Die FDP ist in Gänze eigentlich überflüssig. Zu Zeiten der 3-Parteienlandschaft war das ja noch anders. Sie werden den Weg der Linkspartei gehen und leise mit ihrer libertinären Wählerklientel verschwinden.
    Gruß
    Jens

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  3. Ich würde die soziale Hängematte komplett abschaffen. Sozialleistungen sind von der Evolution nicht vorgesehen, sonst hätte es sie schon in der Steinzeit gegeben. Dieser linke Schwachsinn ist ein Paradebeispiel für den deutschen Sonderweg, der bekanntlich ins Unglück führt.

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    1. oh,das stimmt so nicht mein Freund^^Es gab schon in der Steinzeit ein soziales Auffangen.Das nannte man Mitgefühl.Kranke und Schwache wurden genauso versorgt,wie auch die Alten.Das wurde eindeutig festgestellt.Zu allen Zeiten gab es eine Art Versorgung von Hilfsbedürftigen.Das Ganze verschwand erst mit der Industrialisierung und des Kapitalismus.Wurde es zu erbärmlich,kam es zu Unruhen,Revolution usw.Und das möchte keiner.

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    2. Sorry. Ich werde Satire demnächst kennzeichnen.

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    3. 💖💖💖sorry,durch unsere schlechten Comedians in unseren Politiker Reihen bin ich immer was verwirrt.Da denke ich mir auch oft,das kann jetzt nur Satire sein

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    4. da denke ich mir auch oft,das kann nur Satire sein

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  4. Ach ja,die Sozialleistungen wurden übrigens von Erzkapitalisten eingeführt.Die wussten nämlich,das ohne Hilfe ihr eigenes bequemes Leben in Gefahr war

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