Montag, 2. Juni 2025

Neues vom Iwan - Wirkungstreffer


Die ukrainische 'Operation Spinnennetz', bei der es am Wochenende gelang, etwa ein Drittel der russischen strategischen Bomber auszuschalten, hätte man früher wohl ein 'Husarenstück' genannt. Nach allem, was man so weiß, wurden die Drohnen mit zivilen Lkws in Zielnähe gebracht und dann aus der Ukraine über das russische Mobilfunknetz ferngesteuert. Es soll trotz erheblichen Schadens kein Mensch getötet oder verletzt worden sein. Neben A-50-Aufklärungsmaschinen wurden strategische Bomber der Typen TU-95 und TU-22M zerstört, die schon lange nicht mehr gebaut werden, also nicht direkt ersetzbar sind. Die Produktion von TU-160-Bombern läuft zwar noch, ist aber ewig langsam.

Die Folgen sind noch kaum absehbar, aber weitreichend. Zum einen funktioniert die alte russische Taktik nicht mehr, vitale Ressourcen einfach tausende Kilometer im riesigen sibirischen Hinterland zu verstecken. Und die Kriegskosten für Russland steigen. Um so etwas in Zukunft zu verhindern, müssen gehärtete Hangars für den Rest der Maschinen gebaut und die Luftabwehr um die Basen muss verstärkt werden. Außerdem wird man in Zukunft alle Trucks, die ins Land kommen, genau kontrollieren müssen. Auch das ist keine Kleinigkeit. Klar, man kann jeden Lkw röntgen, aber wie viele Grenzübergänge hat Russland? Einige der Trucks sollen. über Kasachstan gekommen sein. Außerdem hat sich gezeigt, dass die Ukraine keine teuren Marschflugkörper aus dem Westen benötigt, um die russische Infrastruktur empfindlich zu treffen.

Beim Boxen nennt man so was wohl einen 'Wirkungstreffer'. Bliebe allerdings die Frage, ob und inwieweit so eine Operation wiederholbar ist, zumal jetzt der Überraschungseffekt natürlich wegfiele. Die Aktion von Sonntag soll eineinhalb Jahre vorbereitet worden sein und es ist erstaunlich, wie es gelungen ist, das so lange geheim zu halten. Alles in allem nicht schlecht für ein Land, das quasi schon am Boden liegt, das die Verweichlichung und Verschwulung der Welt aktiv betreibt. und das sich von einem irren Drogenabhängigen in einen aussichtslosen Verteidigungskrieg hat zwingen lassen, will mir scheinen.

(Grober Unfug ist es übrigens, wenn Hobbyhistoriker bei diversen Qual-litäts- und Alternativmedien von "Russlands Pearl Harbor" bollern. Fun fact: Japan griff Pearl Harbor im Frieden an und außerdem kamen bei dem Angriff um die 2.400 Menschen ums Leben. Wo sind noch gleich die Parallelen?)

Die russische Propaganda indes jammert über einen "terrotistischen Angriff" herum. Schon klar. Zu 100 Prozent militärische Ziele anzugreifen ist Terror, wohingegen Wochenmärkte, Schulen und Kinderkrankenhäuser zu bombardieren eine total legitime Antwort auf die fortdauernde Aggression des Westens ist und lediglich der Wahrung wohlverstandener russischer Sicherheitsinteressen dient. Gewalttäter tun sich selbst ja immer am allermeisten leid. Selbstverständlich hat es auch überhaupt nichts mit Kriegstreiberei zu tun, wenn russische Blogger und Propagandisten sich jetzt in Phantasien ergehen, Kiew in einem nuklearen Feuerball verglühen zu lassen. Nein, das ist eine total angemessene, verständliche Reaktion. Denn merke: Kriegstreiber und Eskalierer sitzen grundsätzlich im Westen.

Seltsame Kriegsstrategie: Putin wundert sich, warum Ukraine militärische Ziele statt Zivilisten angreift www.der-postillon.com/2025/06/ukra...

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— Der Postillon 📯 (@der-postillon.com) 2. Juni 2025 um 13:08

Natürlich jammert auch Putins verlängerter parlamentarischer Arm in Deutschland kräftig mit und verurteilt den heimtückischen "Angriff auf Russland". Äh, wie meinen? Eine Geheimdienstmission gegen einen Aggressor, bei der ohne menschliche Opfer Kriegsgerät zerstört wird, ohne dass ein feindlicher Soldat auf russisches Territorium vorgedrungen ist? Interessant. Zur Erinnerung: Mit den zerstörten Flugzeugen wurden Marschflugkörper auf Zivilisten abgefeuert und es gibt kein einziges moralisches Argument, diese Mordmaschinen nicht unschädlich zu machen, wenn man kann.

Genau so wenig wie Deutschland Kriegspartei würde, wie, natürlich, auch wieder geunkt wird, wenn bei den Drohnen eventuell Teile und Knowhow aus Deutschland im Spiel waren. Deutschland wurde keine Kriegspartei, als es mehrere tausend Gefechtshelme, etliche Panzer, Luftabwehr und anderes schwere Gerät an die Ukraine lieferte und wird es auch jetzt nicht. Und nein, ein Leopard 2 aus deutschen Beständen, der mit ukrainischen Hoheitszeichen in der Ukraine von ukrainischen Soldaten gefahren wird, um russische Angriffe abzuwehren, ist auch kein deutscher Panzer, der zur Einnahme Moskaus schreitet (es sei denn, man glaubt an irgendwelchen Abstammungsunfug).

Natürlich, wird auch die ganz olle Kamelle "Diplomatie statt Kriegstreiberei" wieder ausgebuddelt. Genau! Diese halsstarrigen ukrainischen Kriegstreiber, die es nicht nur wagen, sich zu wehren, sondern auch, sich Verbündete zu suchen, sollen doch einfach mal 'verhandeln', anstatt sich so renitent gegen ihren Friedensbringer zu wehren.

Ehrlich, wer soll das bitte noch ernstnehmen?





10 Kommentare:

  1. Der Vorteil solcher Ereignisse: Jeder Putin-Fanboy kommt aus der Deckung und gibt sich zu erkennen. Genau wie bei der Lebensmittelverteilung im Gaza-Streifen, die ausnahmsweise mal nicht von den Hamas-Warlords kontrolliert war. Da kann man sich die Diskussion getrost sparen, wie bei den Zeugen Jehovas. Spart Zeit und Nerven.

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    1. Es ist natürlich viel tröstlicher, mit Menschen zu diskutieren, die der gleichen Meinung sind wie man selbst. Wird auf die Dauer vielleicht ein bisschen langweilig, aber spart möglicherweise wirklich Nerven. In diesem Sinne: Ruhm der Einfalt, und eine gute Nacht!

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    2. Kommt auch noch ein Argument oder war's das schon?

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    3. "Da kann man sich die Diskussion getrost sparen, wie bei den Zeugen Jehovas. Spart Zeit und Nerven"
      ... da hat er leider recht.
      Grüße

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    4. @Andy Bonetti
      Erstmal nicht. Momentan hab ich leider keine Zeit, weil wir die nächste Putin-Fanboy-Convention organisieren müssen, wie immer im gemütlichen Königreichsaal um die Ecke. Diesmal will auch der örtliche Hamas-Kulturverein mitmachen, weswegen sich die Zeugen derzeit noch ein wenig querstellen. Aber wir schaffen das, inschallah!

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  2. Bei "Russlands Pearl Harbor" musste ich auch herzlich lachen. "Putins Stalingrad" wäre noch lustiger gewesen. Aber selbst im Satiremagazin aus Hamburg kann man (noch) nicht alles haben.
    Gut, dass der alte Augstein das nicht mehr erleben muss.

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  3. DasKleineTeilchen3. Juni 2025 um 18:01

    Grober Unfug ist es übrigens, wenn Hobbyhistoriker bei diversen Qual-litäts- und Alternativmedien von "Russlands Pearl Harbor" bollern

    die variante doolittle raid der ukraine is sehr beliebt im social networking. haben die alle lack gesoffen?

    https://en.wikipedia.org/wiki/Doolittle_Raid

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  4. "Zu 100 Prozent militärische Ziele anzugreifen ist Terror, wohingegen Wochenmärkte, Schulen und Kinderkrankenhäuser zu bombardieren eine total legitime Antwort auf die fortdauernde Aggression des Westens ist und lediglich der Wahrung wohlverstandener russischer Sicherheitsinteressen dient."

    Krankenhäuser und Schulen in Gaza zu bombardieren geht aber schon klar? Auch über 100 Journalisten, Hilfskräfte und internationale Beobachter wurden von der israelischen Armee bereits gezielt ermordet. Von mehr als 30.000 Zivilisten ganz zu schweigen. Das alles soll weiterhin "Selbstverteidigung" sein?

    Die Doppelmoral beim Thema Gaza/Ukraine ist schwer zu ertragen.

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    1. Wieso Doppelmoral? Israel wurde angegriffen und bekämpft die, die das getan haben. Und die Ukraine verteidigt sich gegen eine russische Invasion.
      Der Gazakrieg ist sofort beendet, wenn die Mörderbande Hamas kapituliert, die Waffen abgibt und die verbliebenen Geiseln rausrückt. Dann fällt kein Schuss mehr. War im zwoten Weltkrieg nicht anders. Kaum dass die Wehrmacht kapituliert hatte und den komplett sinnlosen Krieg beendet hatte, fiel keine Bombe mehr auf Deutschland. Ist ganz einfach.

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    2. L'immoralité, c'est les autres. Überhaupt hilft Moral, gleich ob in einfacher oder doppelter Ausfertigung, bei der Bewertung (un)menschlichen Handelns nur selten weiter. Es soll z. B. unter den Angehörigen von SS, Einsatzgruppen und Wehrmacht etliche Leute gegeben haben, die ernstlich glaubten, dass die massenhafte Ermordung von Juden in der Ausführung unangenehm, aber moralisch gerechtfertigt wäre. Ich wiederum glaube, dass es moralisch gerechtfertigt gewesen wäre, wesentlich mehr von diesen Mördern und ihren Auftraggebern und Gehilfen an den Galgen zu bringen, gern auch im Schnellverfahren.





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