Mittwoch, 21. August 2019

Jenseits der Blogroll - 08/2019


Na, heute auch schon den Stand der Dinge gecheckt? Wo die 'Malizia II' sich gerade auf dem Atlantik befindet? Waren Sie auch so erleichtert zu erfahren, dass unser Greta auch nach acht Tagen immer noch nicht reihernd über der Reling hängt (oder enttäuscht, je nach Sichtweise)? Warum reden eigentlich alle nur über Greta und nicht darüber, dass Skipper Boris Herrmann, der eine extrem aufwändige und teure Randsportart betreibt und somit weithin unbekannt war, plötzlich bekannter ist als je zuvor? (Er mag ja lautere Absichten haben, aber die PR wird ihm sicher nicht unwillkommen sein.) Oder darüber, dass sich sein Kompagnon und Sponsor Pierre Casiraghi, Sohn von Caroline von Hannover (ehem. von Monaco), hauptberuflich millionenschwerer Bauunternehmer, dazu Hobbyrennfahrer, sich zum Klimaretter stilisieren kann?

Politk. Die linke Haltung zu Klimawandel und Klimaschutz scheint mir arg ambivalent. Wird auch der menschengemachte Klimawandel meist nicht grundsätzlich abgestritten, herrschen Forderungen vor, doch zunächst mal bei der Großindustrie anzufangen, anstatt hart Arbeitenden mit wenig Geld ihren Urlaubsflug nach Malle und ihr günstiges Schnitzel madig machen zu wollen. Die Klimastreikbewegung erscheint als Projekt einer einseitig Verzicht predigenden, bourgeoisen Mittelschicht, die sich den propagierten Verzicht und die Mehrkosten leisten kann, wo nicht schon längst leistet, und ihren Lebensstil auch all jenen missionarisch aufzwingen will, die sich das deutlich weniger leisten können. Obwohl da schon etwas dran ist, wird es auf Dauer nicht reichen, Klimaschutz als bloßen "Spleen von Veganern, Hippies, [...] Esoterikern" und Ökofaschisten abzutun, wie Peter Bierl meint.

Was ist eigentlich gewonnen, fragt Georg Seeßlen sich, wenn der gute alte Heldenkult abgelöst wird durch einen um Heldinnen wie Carola Rackete, Pia Klemp und Megan Rapinoe, sich aber sonst nichts ändert?

"Natürlich wäre es fantastisch, wenn man es ganz genau wüsste: was Rassismus ist. Am besten, es gäbe einen Lackmustest: Man zapft dem Verdächtigen ein Tröpfchen Blut ab, bringt es auf einen Streifen auf, und wenn dieser sich braun verfärbt, steht fest: »Sie sind leider Rassist, bitte stellen Sie sich an den Schandpfahl!«" (Ijoma Mangold)


Neben Klima ist Rassismus ein Dauerbrennerthema. Wo Rassismus eigentlich anfängt, fragt Claudia Klinger sich anhand der Causa Tönnies. Ich neige eher dazu, Thomas Fischer recht zu geben, der Tönnies‘ Äußerung nicht rassistisch findet. (Mein Großvater mütterlicherseits war das zwölfte von vierzehn Kindern eines armen oberbayerischen Kleinbauern. Nicht weil Bayern ethnisch bedingt lieber schnackseln als Preußen, sondern weil Kinderreichtum immer korreliert mit Armut und viele Kinder die Chance erhöhten, auch ohne ausgebautes Sozialsystem im Alter versorgt zu sein.) Leider, das muss gesagt werden, versäumt Fischer es, darauf einzugehen, dass Tönnies mit seiner flapsigen Ausdrucksweise sich auf derart rutschigem Terrain eben nicht klar gemacht und so all jenen, die tatsächlich an den Quatsch vom 'triebhaften (Schwarz)Afrikaner' glauben, einen Kronzeugen mehr verschafft, auf den sie sich berufen können, und das ist fatal.

Lucas Schoppe über Frankfurt und 'toxische Männlichkeit'.

Man lese dieses Interview mit Robert Pfaller über Identitätspolitik und Pseudolinke. Es ist sehr gut.

Kultur und Gesellschaft. Bodo Mrozek über den neurechten Topos von der 'urbanen Elite'.

Auch lustig: Anna Miller lässt eine ellenlange Jammerlitanei darüber vom Stapel, was das böse Internet Schlimmes mit ihr und ihrer einstmals schönen Seele angerichtet hat und sie zum Smartphonezombie degeneriert ist, gefolgt von einem fashionablen Aufruf zum Digital Detox, zum radikalen Schlussmachen mit diesem bösen Internet. Publiziert wo? Richtig! Im Internet. Genau mein Humor.

Letztens war hier anlässlich des Jubiläums vom Woodstock-Festival die Rede bzw. dem Kult, der seither darum veranstaltet wird. Meine zugegebenermaßen pointiert formulierte Einschätzung rief auch Widerspruch hervor, was aber völlig in Ordnung geht. Es ist wohl auch eine Alters- bzw. Generationenfrage. Eine längere und differenziertere Bewertung des Phänomens Woodstock kommt von Bernd Rheinberg.

Haben Sie's gewusst? Der erste deutschsprachige Gangsta-Rap-Song ist bereits 1985 erschienen.

(Video im erweiterten Datenschutzmodus eingebettet. Anklicken generiert keine Cookies.)

Spocht. Mit dem Start der Bundesligasaison starten auch wieder Klaus Bittermanns wöchentliche Spieltagsanalysen. Konsequent aus der Sicht eines langjährigen BVB-Fans allerdings.

Essen, trinken, gutes Leben. Eine amüsante Übersicht über die absurden, teils neurotischen Essgewohnheiten bzw. Ticks einiger Reicher und Schöner. (Der begnadetste Fresssack von allen war, ist und bleibt natürlich Elvis Presley.)

Der Pestarzt über das Biotop Backshop. Wie habe ich nur ohne diese Wutergüsse leben können?

Das Rezept des Monats. Bolognese hatten wir hier schon mal. Rezepte dafür gibt es so viele wie für Kartoffelsalat und alle nehmen sie für sich in Anspruch, das einzig wahre/echte/authentische zu sein ("Das habe ich von einer echten italienischen nonna diktiert bekommen, als wir damals in diesem kleinen Bergdorf in der Emilia-Romagna nur mit Rucksack und ohne Geld..."). Manchmal aber stößt man auch auf ausgetretenen Pfaden noch auf etwas Neues. Elisa Rusconi betreibt in Bologna eine Taverna und ihr Ragù alla Bolognese ist angeblich das beste der Welt (wie auch immer man das im Einzelnen ermittelt). Das Rezept ist auch nicht wirklich kompliziert. Einziger Haken: Das Zeug muss 12 Stunden kochen.






12 Kommentare:

  1. Definitive Infos über Elvis am Esstisch liefert "The Burger and the King" (https://www.imdb.com/title/tt0115787/)
    https://youtu.be/5b5LQ-rNSd8

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    1. Danke, habe ich vor vielen Jahren mal gesehen. Höhepunkt ist zweifellos der Fool's Gold Loaf (ab Minute 36). Der Begriff 'belegtes Brot' bekommt eine neue Bedeutung...

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    1. Er rockte schon in seiner früheren Inkarnation. Und es ist gut, dass er wieder da ist.

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    2. Ist mir auch erst aufgefallen, als ich erneut von Borgwürfeln las.
      Aber auch ohne dieses Wort hätte seine geniale Wut-Schreibe für sich sprechen müssen.

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  3. Fischers Kolumnen finde ich prinzipiell auch gut. Aber mit Rassismus hat es nichts am Hut. Da schwurbelt er in einem endlos scheinenden Text juristisch herum, ohne auch nur den Alltagsrassimus in der Sprache zu analysieren. In einem gesellschaftlich rassistisch aufgeheizten Klima, wie es zur Zeit existiert, ist ein Kommentar wie der von Fischer nur die Bestätigung für die vielen Tölpel, die stets meinen, dass man das ja noch wird sagen dürfen. In Kleinbloggersdorf gibt es auch Autoren, die die Benutzung des N...-Wortes für Schwarze nicht rassistisch finden.

    Übrigens kann Fischer als Mitglied der weißen ("arischen") Mehrheitsgesellschaft niemals Subjekt von Rassismus sein. Er hat daher in meinen Augen auch nicht die Definitionsmacht, sich in epischer Breite darüber auszulassen, ob spätkolonialistische Vergleiche einer prominenten Person mit Reichweite zu zigtausend Fans
    nicht oder doch rassistisch sind.

    Chris Tall argumentiert ähnlich.


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    1. "Übrigens kann Fischer als Mitglied der weißen ("arischen") Mehrheitsgesellschaft niemals Subjekt von Rassismus sein." (Meintest du vielleicht 'Objekt'? Das passt eher.)

      Ähm, wie meinen?

      Rassismus bleibt Rassismus bleibt Rassismus.

      Auch Mitglieder diskriminierter Minderheiten können Arschlöcher sein und sich rassistisch betätigen. Die pflegen das dann gern damit zu legitimieren, dass sie sich ja bloß gegen die Diskriminierung der Mehrheitsgesellschaft wehrten. Ich würde solchen Kackbratzen nicht auf den Leim gehen.

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    2. "Rassismus bleibt Rassismus bleibt Rassismus."

      Ich bin fein raus, weil immun:
      Mein Arzt diagnostizierte bei mir eine Intoleranz-Intoleranz.
      :-D

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  4. @ Altauto

    Ein Weißer darf sich zum Thema Rassismus also nicht äußern?

    Stark. Dir ist schon klar, dass diese These lupenreiner Rassismus ist, oder?

    Da du dich selbst so dezidiert zum Thema Rassismus äußerst, nehme ich an, du bist kein Weißbrot. Verrätst du uns deine Hautfarbe?

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    1. Darf er. Selbstverständlich. Die Definitionsmacht hat er im konkreten Fall aber nicht. Genau so wenig, wie Männer, die sich anmaßen, zu bestimmen, was eine Vergewaltigung bzw. sex. Belästigung ist.

      Vielleicht solltest Du Dich etwas intensiver mit dem Alltagsrassismus oder mit Rassismustheorien beschäftigen. Als Einstieg empfehle ich "Deutschland Schwarz Weiß - Der alltägliche Rassismus" von Noah Sow. Frau Sow ist Schwarze und weiss genau, wovon sie redet. Helfen würde Dir evtl. auch das Buch "Die Schwierigkeit, nicht rassistisch zu sein" von Annita Kalpaka (Herausgeber), Nora Räthzel (Herausgeber), Klaus Weber (Herausgeber), Ute Osterkamp (Autor), Philip Cohen (Autor).

      Nach der Lektüre können wir uns hier gerne noch einmal in Augenhöhe über das Thema unterhalten.

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    2. Und wenn du einmal nach einem langen, Prozess ein paar Jahre unschuldig wegen Vergewaltigung im Knast gesessen hast, weil allein das vermeintliche Opfer die Definitionsmacht hatte, was eine Vergewaltigung ist und was nicht, können wir uns hier gerne noch einmal in Augenhöhe über das Thema unterhalten.

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  5. Der relativierende Kommentar eines alten weißen Mannes wird hier stärker und als entlastend gewichtet, als die berechtigte Empörung der wirklich Betroffenen schwarzen Ex-Bundesliga- und Schalke-Spieler Asamoa und Sarpei. Ja ja Leute. "Der Neger hat dem Arier nicht vorzuschreiben, was Rassismus ist."

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