Sonntag, 12. Februar 2023

Ronny des Monats - Februar 2023

 
Der Februar,  liebe Närrinnen und Narren, ist bekanntlich der Monat des Karnevals, aus dem ich mir nichts mache. Der Versuch, mich zu einer närrischen Veranstaltung zu schleifen, erfordert sehr schweres Gerät. Dennoch bin ich gezwungen, die grassierende Narretey zumindest mit einem Auge zu beobachten, weil sich da immer wieder welche für einen der begehrten Ronnys bewerben. Dieses Jahr wieder mit Erfolg. Und so sind auch wieder viele heiße Kandidaten auf der Longlist geblieben: Etwa der Reichsbürger in Neuruppin, der sich der Protestform des Nacktprotestes bediente. Was kommt da auf uns zu? Auch der Typ im niedersächsischen Sande, der dem Bürgermeister allen Ernstes mit einem Militärgericht drohte, hat heftig "Hier!" gerufen und sei erwähnt. Menge los mal wieder.

Die Top 5. Wollemersereilasse?

Platz 5: Komik-König Friedrich Merz

Die allermeisten Büttenreden, die ich bislang so mitbekommen habe, waren ungefähr so lustig wie Magen auspumpen und in etwa so geistreich wie Steine klopfen müssen. Auch die von Agnes Strack-Zimmermann bei dieser Aachener Geisterbahn wider den tierischen Ernst, zu der sie als explodierter Handfeger erschienen war, machte da keine Ausnahme. Aber die Reaktion des da in holprigem Versmaß veräppelten Friedrich Merz legte dessen Humorverständnis sehr schön offen: Was Humor ist, bestimmt er und wenn es auch mal ans Einstecken geht, dann geht das große Mimimi los. Erinnert mich an diese Schulhofrowdys, die sich immer irgendein Opfer zum Verprügeln, Mobben und Demütigen suchten, und dann, wenn der Betreffende das nicht lustig fand, sagten: "Och komm, nun lach doch mal!" Womit der zweifache Nicht-CDU-Chef übrigens nicht völlig allein ist.



Platz 4: Perlen der Propaganda
Der russische Fernsehjournalist Wladimir Solowjow ist da einer ganz großen Sache auf der Spur: Die Tatsache, dass Deutschland der Ukraine in nächster Zeit 14 Leopard 2- und 88 Leopard 1-Panzer liefere sei ein eindeutiger Beleg, dass Deutschland ein faschistisches Land und Olaf Scholz ein Nazi sei, denn '1488' sei ein verbreiteter rechtsextremer Code. Und Margarita Simonjan, Chefredakteurin von Russia Today, sekundierte: "1488 ist ein verschlüsseltes Nazi-Symbol." und sie glaube nicht, dass "das zufällig passieren konnte". Hey, ich hab noch einen: Olaf Scholz war mal regierender Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Das Autokennzeichen von Hamburg ist 'HH'. Na, klingelt da was? Eindeutiger geht es kaum. Oh, es kommt noch doller: Wenn man die Ziffern der Jahreszahl 1917 addiert, dem Jahr der Oktoberrevolution, bekommt man, 1+9+1+7= naaa? 18! ZUFALL??? Muss ich noch mehr sagen?

"Die Geschichte wird einmal geteilter Meinung darüber sein, was widerwärtiger war, die Taten der Nazis oder ihre Worte. Es wird ihr auch schwer fallen, zu entscheiden, wann dies Gelichter die Menschheit mehr beschimpfte: wenn es log, oder wenn es die Wahrheit sagte. In gewissem Munde wird nämlich auch die Wahrheit zur Lüge, zu einem Mittel des Betruges, -- und widerwärtiger kann man freilich nicht lügen als mit der Wahrheit. Goebbels und die Seinen schwelgten kürzlich in Wahrheitsliebe. Die rückhaltlose Redlichkeit, mit der sie das deutsche Volk von dem Desaster in Rußland benachrichtigten, das allerdings zu den verheerendsten Mißerfolgen der Kriegsgeschichte gehört, war monumental und überwältigend. An dem schauerlichen Ende der Belagerung von Stalingrad wurde nichts beschönigt, -- außer etwa durch die Nichterwähnung der Tatsache, daß gerade für diese Katastrophe Führer Hitler ganz allein und persönlich verantwortlich ist." (Thomas Mann, 1943)

Platz 3: Dann geh’ doch nach drüben!
Na, in Bayern als Rechtsreferendar abgelehnt worden? Weil auch dort inzwischen die linksgrünversiffte Antifa das Kommando hat und Sie böswillig rechtsextremer Umtriebe beschuldigt? Bloß weil Sie Mitglied der Partei 'Der III. Weg' sind? Kein Problem, gehen Sie doch nach Sachsen, da werden Sie geholfen!

Platz 2: Neuer Volkssport
Wäre das ein Trend aus U.S.A., dann hieße er wohl 'Durch den Ort laufing, Gewaltbereitschaft signalling und Flüchtlingsunterkünfte verhindering'. Und der Bürgermeister so? Findet's ganz okay.

Platz 1 und Ronny des Monats Februar geht dieses Mal ins Nachbarland Österreich, und zwar an:
 
Gottfried Waldhäusl (FPÖ)
In der Puls4-Sendung 'Pro und Contra' kritisierte eine Schülerin, dass viele ihrer Klassenkameradinnen mit Migrationshintergrund nicht an der Schule wären, wenn die Forderungen der FPÖ durchgesetzt worden wären. Woraufhin Landesrat Waldhäusl meinte, dann wäre Wien noch Wien. Wiewohl die Stoßrichtung ziemlich klar ist, nämlich dass es darum ging, ganzen Bevölkerungsgruppen in schöner Offenheit mitzuteilen, nicht erwünscht zu sein (und gleich auch Kindern, damit die möglichst frühzeitig sehen, wo der Frosch die Locken hat), ist das auf den zweiten Blick gar nicht so einfach. Welches Wien meint der? Das mit Kaiser in der Hofburg? Das zerbombte aus 'Der dritte Mann'? Das vom Herrn Karl? Das rote Wien? Gar nicht so leicht zu knacken, der Rätselkönig.


Und der Ehrenronny des Monats geht nach Sachsen, und zwar an:

die Schiffergesellschaft 'Elbe' Prossen e.V.

Die richtet im sächsischen Prossen zwischen Königstein und Bad Schandau zu Karneval immer den Schifferumzug aus. Da karrte heuer, wie zu vernehmen war, ein Wagen mit der Aufschrift 'Asylranch' durch die Straßen, auf dem mehrere als Indigene Verkleidete um einen Marterpfahl herumtanzten, an den ein Mann in Regenbogenklamotten gebunden war. Motto des ganzen: "Deutschland dekadent und krank, Winnetou sucht Asyl im Sachsenland." Ok, abgesehen von Kleinigkeiten wie dem auch hier holpernden Versmaß und der Tatsache, dass ja auch das Sachsenland irgendwie zu Deutschland gehört, wirft das doch die eine oder andere Frage auf. Etwa die, was es mit Nichtdekadenz und Gesundheit zu tun haben soll, Mitglieder von Minderheiten zu Tode zu foltern und das für lustig auszugeben.

"Zwar ist zu bedenken, dass, um die Kraft der Satirefreiheit zu entfalten, zumindest ein Hauch dessen vorhanden sein sollte, was man »Satire« nennen könnte, selbst wenn man ein durchschnittliches Vollpfostentum berücksichtigt. [...] Ein paar »Indianer« einen Schwulen foltern zu lassen und dies als Rettung vor dem »kranken« deutschen Ausland auszugeben, enthält, nach meiner Meinung, weder einen Kern von Satire noch überhaupt von Humor. Es ist halt eine abwegige Meinung." (Thomas Fischer)

Überhaupt entbehrt es ja nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerechnet der stolze zölibatäre Apachenhäuptling, dessen innige Freundschaft zum ebenfalls ehelosen Old Shatterhand mehr als einmal auf ihre latent homoerotischen Anteile abgeklopft wurde, als homophobe Gallionsfigur gefeiert wird. Dazu noch dieser lange, schlanke, harte Marterpfahl... Daher habe ich für den nächsten Karneval in Kyritz an der Knatter schon eine ganz reizende Idee: Warum nicht mal dekadentes Schrifttum von Arno Schmidt der Flamme übergeben? Wenn schon, denn schon.







3 Kommentare:

  1. Der Link nach Sande ist kaputt, statt https.. fängt der mit ttps.. an.

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  2. "Komik-König Friedrich Merz"
    ... mein lieber Stefan, der Kollege kommt aus dem Sauerland. Aus dem deutschen Jessup County — als Stichwort für die Uneingeweihten — Mississippi Burning.

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