Immer noch spukt da gelegentlich diese Assoziation bei mir im Hinterkopf herum: Unternehmen, die Dinge herstellen und vertreiben, die einem einst die Kindheit verschönert, ja, verzaubert haben, sind nicht wie die anderen. Keine Ausbeuter und Kapitalistenärsche. Nein, das können sie unmöglich sein. Die doch nicht! Wie könnten sie sonst so was Schönes herstellen? (Bevor irgendwelche Schlaubischlumpf-Kommentare aufschlagen: Natürlich ist mir bewusst, dass das irrationaler Quatsch ist. Ich habe das Problem erkannt und arbeite seit längerem daran.)
So versetzte es mir einst als alter Modelleisenbahnjunge schon einen kleinen Stich, als ich hörte, dass Märklin mit der Pleite kämpfe und Fleischmann dichtgemacht habe. Oder als es Carrera nicht gut ging. Und war erleichtert zu erfahren, dass zumindest Märklin und Carrera irgendwie noch die Kurve bekommen haben. Oder Lego. Wie habe ich meine Legosteine geliebt! Ich habe alles nachgebaut, was mir begegnete, und noch ein bisschen mehr. Das war keine Kleinigkeit, denn zu meiner Zeit sahen Lego-Modelle noch so aus. Was die von mir heftigst begehrte Weltraumserie anging, blieben mir nur Träumen und gelegentliche Audienzen bei meinem besten Freund F., der einiges davon besaß. Zu teuer, befanden die Eltern, und außerdem: Zu viel Tüdelkram, den man nicht nachbekommt. Grmpf. Dasselbe galt übrigens für die Ritterburg. Aber lassen wir das. Tempi passati.
Die Firma Lego stellte ich mir früher immer vor als ein hyggeliges Holzhaus wie in Bullerbü, nur größer. (Bevor irgendwelche Schlaubischlumpf-Kommentare aufschlagen: Ich weiß, das ist ein fiktiver Ort in Schweden.) Darin haufenweise hyggelige dänischer Duzer, die alle irre freundlich sind, aussehen wie Sozialkundelehrer, die in Dänemark Urlaub machen, damals eben aussahen, und sich den ganzen Tag neue tolle Dinge für ihre kleinen Freunde, also uns, ausdenken. Vielleicht ist das sogar so, auch heute noch, wer weiß? Nur wenn das so ist, dann sollten sie vielleicht an ihrer Kommunikation arbeiten.
Kein Wunder also, dass die eine oder andere Saite bei mir anklang, als ich vor einiger Zeit auf den YouTube-Kanal von Thomas Panke gestoßen bin. Panke nennt sich 'Held der Steine', betreibt in Frankfurt am Main, "im Herzen von Europa", wie er es auszudrücken pflegt, ein Fachgeschäft für Klemmbausteine und hat damit sein Hobby zum Beruf gemacht. Er verfügt über stupende Kenntnis des Sortiments, ist eine begnadete Quasselstrippe, von ansteckender Freundlichkeit und entwaffnendem Optimismus. Und er nimmt kein Blatt vor den Mund. Ich gucke das wirklich gern. Man bekommt gute Laune und es gibt viel zu lernen.
Außerdem gibt es wenig Schöneres wie wenn einer, der wirklich etwas zu sagen hat zu einem Thema, einen daran teilhaben lässt. So jemand könnte mir auch Briefmarkensammeln schmackhaft machen. Was ich eigentlich, obwohl ich den kunsthistorischen Aspekt und die politischen Implikationen durchaus sehe, in etwa so spannend finde wie Kontinentalplatten in Echtzeit beim Driften zuzuschauen.
"Dänen lügen nicht." (Otto Waalkes)
Ursprüglich als reiner Lego-Fachhändler angetreten, wurde der Steineheld zunehmend unzufriedener mit der Sortiments- und Preispolitik des Klötzchengiganten aus Billund und machte das auch publik. Anfang 2019 setzte Lego seine Anwälte auf ihn an. Man sah Markenrechte verletzt, da sein Logo, ein stilisierter Noppenstein, zu sehr an einen typischen Lego-Stein erinnere. Panke ließ seine Marke löschen, wechselte sein Logo und nahm fürderhin auch Klemmbaustein-Bausätze anderer Hersteller ins Programm. Seit den 2000ern ist es nämlich erlaubt, Produkte aus Lego-kompatiblen Teilen herzustellen und zu vermarkten.
Anfang dieser Woche hat Panke wieder Post von Legos Anwälten bekommen: Er wurde aufgefordert, die Bezeichnung 'Lego' nicht mehr als Gattungsbegriff für Klemmbausteinsysteme zu verwenden sowie sämtliche Videos, in denen er das tut, umgehend zu löschen.
Wissen Sie, was ein Deonym ist? Wusste ich auch nicht, obwohl der Sprachwissenschafts-Prof damals in der Einführungsvorlesung sagte, man mache hier "Sprachprofis" aus uns. Aber ich war eh mehr der Literaturmensch. Ein Deonym ist ein Wort, das aus einem Namen abgeleitet ist. Was auch ein Markenname sein kann. Panke tat also nichts anderes als das, was man tut, wenn man Papiertaschentücher 'Tempo(s)' nennt, Heftpflaster als 'Leukoplast' oder transparenten Klebefilm als 'Tesafilm' bezeichnet. So wie damals für uns jeder tragbare Kassettenspieler ein 'Walkman' war, obwohl das eingetragene Marke von Sony ist. Und in Österreich jeder Schnellkochtopf ein 'Kelomat' ist.
(Obacht also, wenn Sie das nächste Mal beim Heimwerkeln nach einem 'Inbusschlüssel' fragen. 'Inbus' ist nämlich ein Akronym und steht für 'Innensechskantschraube Bauer und Schaurte' und ein eingetragenes Warenzeichen. Sie wurden gewarnt.)
Man verstehe mich übrigens nicht falsch: Markenrechte gegen Plagiatoren zu schützen, ist keine Schande und nichts Unmoralisches. Ein schon erwähnter Freund von mir hat inzwischen mehrere hundert Verfahren angestrengt wegen widerrechtlicher Nutzung eines seiner Motive. Darunter durchaus bekannte juristische Personen, die sich eine legale Nutzung locker leisten könnten. Aber ist ja nur ein kleiner Freischaffender. Viele Tausend Euro sind ihm über die Jahre durch die Lappen gegangen, der Aufwand, den er deswegen hat, steht in kaum einem Verhältnis zu den Einnahmen. Ich wäre an seiner Stelle auch nicht begeistert. Nur sollte man als Großkonzern, der erheblich von seinem Image lebt, schon darauf achten, wie man das genau anstellt. Mag Lego juristisch vollauf im Recht sein und sich auf der Höhe der Rechtsprechung bewegen, scheint in diesem Fall die Gegenseite nicht völlig ohne Argumente dazustehen.
Für den außenstehenden Zuschauer ist es ein hoch amüsantes David und Goliath- bzw. Hase und Igel-Spiel, das sich da live und in Farbe beobachten lässt. Hier der wendige kleine Fachhändler mit waffenscheinpflichtigem Charme, der eine stetig wachsende Netzgemeinde hinter sich hat (sein YouTube-Kanal hat inzwischen über eine halbe Million Abonnenten) und höchst gekonnt die Social Media-Klaviatur bespielt. Dort der über die Jahrzehnte satt und fett gewordene Riese, der offenbar den Kontakt zu seinen Kunden weitgehend verloren zu haben, noch nicht im Social media-Zeitalter angekommen scheint und ungelenk ein PR-Desaster nach dem anderen anrichtet.
Und natürlich darf man sich nicht täuschen. Auch Panke ist zunächst mal ein Geschäftsmann, der Gewinne machen will. Und dabei ist er sehr umtriebig. Wenn auch ursprünglich nicht geplant, pflegt und nutzt er sein Image des kleinen, aufrechten Underdogs, der sich mit dem Giganten anlegt, äußerst geschickt. Andererseits nimmt man ihm die Wut auf seine alte Liebe Lego wirklich ab. Wie es ihm fast körperliche Schmerzen bereitet, wenn er sich wieder einmal gezwungen sieht, ein Produkt zu verreißen, das seiner Ansicht nach bloß lieblos zusammengeschustert wurde und so wenig Qualität für so viel Geld bietet, dass man nur noch den Kopf schütteln will.
Eines aber steht für mich fest: Thomas Panke alias Held der Steine hat mir schon sehr geholfen beim Aufarbeiten meines eingangs erwähnten, kindheitsbedingten Lego-Problems.
Ursprüglich als reiner Lego-Fachhändler angetreten, wurde der Steineheld zunehmend unzufriedener mit der Sortiments- und Preispolitik des Klötzchengiganten aus Billund und machte das auch publik. Anfang 2019 setzte Lego seine Anwälte auf ihn an. Man sah Markenrechte verletzt, da sein Logo, ein stilisierter Noppenstein, zu sehr an einen typischen Lego-Stein erinnere. Panke ließ seine Marke löschen, wechselte sein Logo und nahm fürderhin auch Klemmbaustein-Bausätze anderer Hersteller ins Programm. Seit den 2000ern ist es nämlich erlaubt, Produkte aus Lego-kompatiblen Teilen herzustellen und zu vermarkten.
Anfang dieser Woche hat Panke wieder Post von Legos Anwälten bekommen: Er wurde aufgefordert, die Bezeichnung 'Lego' nicht mehr als Gattungsbegriff für Klemmbausteinsysteme zu verwenden sowie sämtliche Videos, in denen er das tut, umgehend zu löschen.
Wissen Sie, was ein Deonym ist? Wusste ich auch nicht, obwohl der Sprachwissenschafts-Prof damals in der Einführungsvorlesung sagte, man mache hier "Sprachprofis" aus uns. Aber ich war eh mehr der Literaturmensch. Ein Deonym ist ein Wort, das aus einem Namen abgeleitet ist. Was auch ein Markenname sein kann. Panke tat also nichts anderes als das, was man tut, wenn man Papiertaschentücher 'Tempo(s)' nennt, Heftpflaster als 'Leukoplast' oder transparenten Klebefilm als 'Tesafilm' bezeichnet. So wie damals für uns jeder tragbare Kassettenspieler ein 'Walkman' war, obwohl das eingetragene Marke von Sony ist. Und in Österreich jeder Schnellkochtopf ein 'Kelomat' ist.
(Obacht also, wenn Sie das nächste Mal beim Heimwerkeln nach einem 'Inbusschlüssel' fragen. 'Inbus' ist nämlich ein Akronym und steht für 'Innensechskantschraube Bauer und Schaurte' und ein eingetragenes Warenzeichen. Sie wurden gewarnt.)
Man verstehe mich übrigens nicht falsch: Markenrechte gegen Plagiatoren zu schützen, ist keine Schande und nichts Unmoralisches. Ein schon erwähnter Freund von mir hat inzwischen mehrere hundert Verfahren angestrengt wegen widerrechtlicher Nutzung eines seiner Motive. Darunter durchaus bekannte juristische Personen, die sich eine legale Nutzung locker leisten könnten. Aber ist ja nur ein kleiner Freischaffender. Viele Tausend Euro sind ihm über die Jahre durch die Lappen gegangen, der Aufwand, den er deswegen hat, steht in kaum einem Verhältnis zu den Einnahmen. Ich wäre an seiner Stelle auch nicht begeistert. Nur sollte man als Großkonzern, der erheblich von seinem Image lebt, schon darauf achten, wie man das genau anstellt. Mag Lego juristisch vollauf im Recht sein und sich auf der Höhe der Rechtsprechung bewegen, scheint in diesem Fall die Gegenseite nicht völlig ohne Argumente dazustehen.
Für den außenstehenden Zuschauer ist es ein hoch amüsantes David und Goliath- bzw. Hase und Igel-Spiel, das sich da live und in Farbe beobachten lässt. Hier der wendige kleine Fachhändler mit waffenscheinpflichtigem Charme, der eine stetig wachsende Netzgemeinde hinter sich hat (sein YouTube-Kanal hat inzwischen über eine halbe Million Abonnenten) und höchst gekonnt die Social Media-Klaviatur bespielt. Dort der über die Jahrzehnte satt und fett gewordene Riese, der offenbar den Kontakt zu seinen Kunden weitgehend verloren zu haben, noch nicht im Social media-Zeitalter angekommen scheint und ungelenk ein PR-Desaster nach dem anderen anrichtet.
Und natürlich darf man sich nicht täuschen. Auch Panke ist zunächst mal ein Geschäftsmann, der Gewinne machen will. Und dabei ist er sehr umtriebig. Wenn auch ursprünglich nicht geplant, pflegt und nutzt er sein Image des kleinen, aufrechten Underdogs, der sich mit dem Giganten anlegt, äußerst geschickt. Andererseits nimmt man ihm die Wut auf seine alte Liebe Lego wirklich ab. Wie es ihm fast körperliche Schmerzen bereitet, wenn er sich wieder einmal gezwungen sieht, ein Produkt zu verreißen, das seiner Ansicht nach bloß lieblos zusammengeschustert wurde und so wenig Qualität für so viel Geld bietet, dass man nur noch den Kopf schütteln will.
Eines aber steht für mich fest: Thomas Panke alias Held der Steine hat mir schon sehr geholfen beim Aufarbeiten meines eingangs erwähnten, kindheitsbedingten Lego-Problems.
Halb-OT – wir hatten als Kinder Eisenbahnmarke Rokal. Spur TT, irgendwas zwischen H0 und Spur N. Und von Rokal gab es ein wunderschönes kleines Schaffnerchen aus Gummi mit hochgehaltener Kelle.
AntwortenLöschen"Ein Deonym ist ein Wort, das aus einem Namen abgeleitet ist. Was auch ein Markenname sein kann." Man verreckt an der Welt, die man selbst erst erschaffen hat. Hätte uns doch nur mal jemand gewarnt oder so.
AntwortenLöschenWir Kinder waren über Vaters Modelleisenbahn Trix HO fanatics (ich weiss, Trix=Märklin, hatten aber nie nicht ein Fahrzeug wo Märklin draufstand).
AntwortenLöschenZum Thema Lego:Muss ich meinen Führerschein den ich 1974 in Legoland Billund gemacht habe, jetzt abgeben?
Bevor ein Schlaumischlumpf antwortet, dass ich das selber wissen sollte, es war auch nur eine rhetorische Frage.
Fred
"staubsaugen" = "to hoover" (in UK)
AntwortenLöschenDer "I want to break free" Hoover-Klopfsauger - Kult! ;-)