Donnerstag, 7. April 2022

Duck and cover


Panzerrr rrrollen gen Osten für den Sieg, und die Bevölkerung ist verunsichert - so vermeldet dieses Fachorgan für Kriegsgeheul der gleichgeschalteten deutschen Stahlhelmpresse. Übrigens: An derselben Eisenbahnstrecke spazierte ich vor Jahren einst entlang und sah mit Befremden, wie auf Tiefladern verladene Marder-Schützenpanzer der Bundeswehr in Richtung neue NATO-Ostgebiete verfrachtet wurden. War ich nicht mehr gewohnt, so einen Anblick.

In unserer Kindheit und Jugend, da war das freilich Alltag. Wer da etwa gen Ostwestfalen reiste, musste damit rechnen, dass deutsche und/oder britische Panzerkolonnen den Straßenverkehr behinderten. Oder dass im Münsterland Tiefflugübungen veranstaltet wurden. Das war die Zeit, in der, die Älteren werden sich erinnern, diese Gesellschaft so durchmilitarisiert war, dass wir alle Pickelhauben trugen, Marschmusik hörten, uns von Bundeswehr-EPAs ernährten und von morgens bis abends überlegten, wie wir möglichst viele Iwans massakrieren konnten (fun fact: Die Ukraine war damals auch der Iwan).

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Und nun gibt es da welche, die sagen: Na ja, so ein paar Atombömbchen mögen ärgerlich sein, aber wenn man sich nur richtig selbstoptimiert - duck and cover! -, dann hat man eine achtzigprozentige Chance, das zu überleben. Das mag sogar sein. Was die Business-Schnullis aber konsequent verschweigen, ist die Frage, wie es nach einem überlebten Atomangriff weiter geht. Als Veteran des kalten Krieges weiß man da einiges zu erzählen. Auf die Schnelle sind mir drei Szenarien eingefallen:

Szenario 1: In Ihrer Gegend hat es eine oder mehrere Atomexplosionen gegeben, die Sie überlebt haben. Glückwunsch, Sie haben es geschafft. Fürs erste. Jetzt sehen Sie zu, dass Sie und Ihre Lieben, so noch vorhanden, möglichst schnell möglichst weit wegkommen. Wie, ist egal. Nur weg, das ist das Allerwichtigste (Autos werden aber wohl nicht funktionieren). Duschen Sie bei nächster Gelegenheit und ziehen Sie frische Kleidung an (vorausgesetzt, Wasser und Kleidung sind nicht radioaktiv verseucht). Denken Sie daran, so ein Atomangriff ist wie alle Naturkatastrophen auf einmal. Rechnen Sie also nicht damit, Hilfe zu bekommen. Ihr Geld wird nichts wert sein. Ihr Handy wird nicht funktionieren. Wenn Sie es schaffen, sich in eine nicht getroffene Gegend abzusetzen, lesen Sie bei Szenario 3 weiter.

Szenario 2: Sie haben einen der raren Plätze in einem der wenigen Schutzräume ergattert. Glückwunsch, Sie haben es geschafft. Es erwarten Sie: ungünstigstenfalls mehrere Jahrzehnte auf engstem Raum mit Leuten, die Sie sich nicht ausgesucht haben, ohne jede Privatsphäre, auch nicht auf dem Klo oder unter der Dusche, fade Gemeinschaftsverpflegung aus Konserven, Einheitskleidung, aufbereitetes Wasser, Jahre ohne Sonnenlicht, Bewegung an frischer Luft und ohne so ziemlich alles, was Ihnen im Leben je wichtig, lieb und teuer war. In jedem Knast gibt es besseres Essen, mehr Komfort und mehr Privatheit. Wie lebenswert so ein Troglodytendasein ist, mag jeder für sich selbst entscheiden. Am besten, Sie werden religiös, so noch nicht geschehen.

Szenario 3: Sie leben in einer Gegend, in der keine Atombomben eingeschlagen sind. Glückwunsch, Sie haben es geschafft. Aber jetzt fangen Ihre Probleme an: Wenn Sie kein Prepper sind, dann sollten Sie alsbald einen Supermarkt plündern (keine Skrupel!) und schnellstmöglich auf Selbstversorgung umschalten. Zwar wird es Infrastruktur noch geben, aber die meisten Lieferketten werden zusammengebrochen sein, auch in Ihrer Gegend. Wer Bauern in der Nähe kennt, ist klar im Vorteil. Sollten Sie es schaffen, ein paar Vorräte anzulegen, treffen Sie Vorkehrungen, sie gegen hungrige Marodeure und gegen Räuber zu verteidigen. Nächstenliebe gewöhnen Sie sich am besten ab. Bewaffnen Sie sich. Lernen Sie jagen. Da Sie eventuell ihr Haus nicht werden heizen können, sorgen Sie für einen nuklearen Winter vor.

Ach so, wenn der Wind ungünstig dreht, könnten Sie in nächster Zeit an Krebs erkranken. Die medizinischen Einrichtungen, um den effektiv zu behandeln, werden aber wohl nicht zur Verfügung stehen. Besorgen Sie sich Morphium.

Man sieht also: Hey, alles ganz easy. Können wir also mit dem Bangemachen aufhören?






11 Kommentare:

  1. ... besser man geht vor die tür und schaut sich den Einschlag an.
    Eine der besten Beschreibungen gibt es in dem Buch Generation X.

    Gruß
    Jens

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  2. Grüße von einem anderen Kalter-Kriegs-Kind! ;-)

    Szenario 2:
    In der U-Bahn-Station Kalk-Post in Köln (hier bitte ,,Köln-Kalk-Verbot'' sagen!) gab es einen Bunker für 2.000 Personen. Die sollten in drei Schichten leben: Eine Schicht darf liegen, eine Schicht darf sitzen, eine Schicht muss stehen.
    Ich glaube, dort hätten sich in kürzester Zeit derart furchtbare Szenen abgespielt, da wäre ich selber lieber draußen geblieben und verhältnismäßig schnell gestorben ... :-(

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    1. Einen solchen Bunker gibt es auch in Berlin, unter dem Kudamm-Karree. Den konnte man besichtigen, derzeit ist es wegen Umbauarbeiten des Karrees wohl nicht möglich. Ich hab ihn mir mal angeschaut, vor einigen Jahren. Wenn man das gesehen hat, will man keinen Atomkrieg überleben.

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    2. SO ging es mir, als ich in den Achtzigern mal den unterirdischen Schutzraum der Berufsschule besichtigte, an der ein Großonkel Hausmeister war.

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    3. @ CK

      Ich habe mal den Bunker direkt am Sozialpalast in der Pallasstraße besichtigt. Ein Höllenspaß für Klaus Trophobiker.

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  3. Lederne Aktentasche über die Rübe stülpen und Jod S11-Körnchen ins Müsli. So damals die amtliche Empfehlung.

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  4. .....Klopapier hamm ja noch, Corona sei Dank....

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  5. DasKleineTeilchen8. April 2022 um 13:54

    ah, "threads". findet sich vollständig im archive. die schlockyversion des nuclear warfare aus den 60gern gibts da auch; "panic in year zero". mehr entsprechend punkt drei des überlebens danach. schön reaktionär. und mit einem fetzigen jazz-score inclusive.

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  6. OT aus aktuellem Anlass: Am 18.07.2021 schrieb ich zum Thema "Jahrhunderthochwasser" folgendes:

    "Als nicht Betroffener macht mich richtig wütend, dass sich die Leute in den betroffenen Gebieten mit einer "Trümmerfrauenmentalität", Vehemenz und von den TV-Medien begleiteten und gepuschten "Wir packen's an" so effektiv von der Ursache der Katastrophe, die ja Namen und Gesichter hat, ablenken lassen. Oder kommt da noch was?

    Selten habe ich erlebt, dass über 100 Tote als Ergebnis einer verfehlten bzw. unterlassenen Klimapolitik dermaßen entpolitisiert werden."

    Nun kommt nach und nach heraus, dass an meiner Kritik etwas dran war, obwohl ich dafür gescholten wurde. Nach Anne Spiegel (Grüne), Ursula Heinen-Esser (CDU) müssen sich nun Malu Dreyer (SPD) und nachgeordnete Beamte vor einem Untersuchungsausschuss verantworten.

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  7. .....verantworten....das ich nicht lache......im schlechtesten Fall endet die "Verantwortung" in der Amtsaufgabe mit ner dicken Pension....

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