Natürlich kann man die CDU und ihre
Anhänger verstehen, wenn sie gestern eine Riesenparty haben steigen
lassen. Ein solches Wahlergebnis, knapp an der absoluten Mehrheit
vorbei, trägt fast schon Adenauersche Züge. Oder Bayerische. Als kleinlicher Kritikaster kommt sich leicht vor, wer da in die Suppe spucken will. Dennoch: Wenn
der champagnerinduzierte Kater auskuriert ist, dann müsste der Union
klar werden, dass das
Wahlvolk ihr da ein ziemlich vergiftetes Geschenk gemacht hat. Es spricht nämlich so
einiges dafür, dass das Regieren für Angela Merkel trotz der satten
Mehrheit längst nicht so einfach werden könnte, wie es auf den
ersten Blick aussieht. Der Wahlkampf hat gezeigt, dass die
gestrige Wahl beinahe eine reine Personenwahl war und die Union in erster Linie von den traumhaften Beliebtheitswerten der Kanzlerin profitiert
hat. Sieht man sich an, was die Partei personell außer Merkel so zu bieten
hat, dann müsste ihr bei allem Jubel eigentlich angst und bange werden, denn
ohne ihre bleierne Kanzlerin mit der Teflonbeschichtung würde sie
vermutlich irgendwo auf Augenhöhe mit der SPD landen.
Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Montag, 23. September 2013
Donnerstag, 19. September 2013
Der nicht langweilte
Marcel Reich-Ranicki (1920-2013)
Der Mann hatte komisches Talent. Und war, mit Verlaub, verdammt cool. Einmal wurde 'Das literarische Quartett' aus dem gläsernen Studio des ORF am Gaisberg oberhalb von Salzburg übertragen. Den ganzen Abend schon hatte sich über der Stadt ein heftiges Gewitter zusammengebraut. Als letztes Buch des Abends sollte das jüngste Werk des von Marcel Reich-Ranicki notorisch nicht gemochten Martin Walser besprochen werden. Und siehe, exakt in dem Moment, in dem Reich-Ranicki den Zeigefinger hob und tief einatmete, um zu einer vernichtenden Suada anzusetzen, passierte es: Rrrumms, Blitz und Donner. Er schaltete blitzschnell, hob Blick und Hände gen Himmel und ranzte: "Also bitte, man wird doch wohl noch was gegen Walser sagen dürfen!" Großes Kino. Alles live. Mit weit über siebzig. So was lässt sich nicht proben oder einstudieren.
Montag, 16. September 2013
Splitter und Balken
Alternativ: Ein Finger gegen drei
Es heißt, wer für alles offen sei, der sei meistens nicht ganz dicht. Es gibt keinen Zweifel, dass Teile der Grünen bis in die 1980er hinein aus einem falsch verstandenen Toleranzbegriff heraus organisierten Pädophilengruppen eine politische Heimat geboten haben. Ferner kann es keinen Zweifel geben, dass die Grünen sich längst davon distanziert haben und heute so ziemlich alle ihre Mitglieder diese peinliche Episode gern ungeschehen machen würden. Auf die Gefahr hin, Offensichtliches auszusprechen, sei es, um Missverständnissen vorzubeugen, dennoch gleich zu Beginn klar gestellt: Es ist nicht verhandelbar, dass gelebte Pädophilie, sprich Kindesmissbrauch, gleich von wem und an wem, eines der schlimmsten Verbrechen ist, das zu recht verfolgt und bestraft wird. Komme mir keiner mit den alten Griechen! Etwas anderes ist es aber, das Thema aus vordergründigen wahlkampftaktischen Motiven auszuschlachten.
Sonntag, 8. September 2013
Blätter, die die Welt nicht braucht
"Formen sind kein leerer Wahn." (Heinrich Mann, der Untertan)
Vor ein paar Jahren war ich zu einer Hochzeit eingeladen, bei der im Vorfeld um Abendgarderobe gebeten worden war. Dummerweise besitze ich so etwas nicht. Nur zwei, drei Jacketts, die ich mit irgendwas kombiniere, wenn es denn gar nicht anders geht sowie drei Krawatten. Ich hasse solchen Zinnober. Offizielle Kleidung ist etwas, das ich zu vermeiden suche, wo immer es geht. So hatte ich in meiner nur als grenzenlos zu bezeichnenden Naivität gedacht, ich sei auf der sicheren Seite, wenn ich mir einen einfarbigen, mittelgrauen Dreiteiler ausleihe, mein einziges weißes Hemd anziehe und mir eine meiner Krawatten dazu umbinde. Narr, der ich war! Während der Feierlichkeiten raunte mir jemand dezent zu, was ich da trüge, sei aber keine Abendgarderobe. Die bestünde entweder aus einem schwarzen, sehr dunkelgrauen oder allenfalls einem dunkelblauen Anzug. Paff, da hatte ich es!
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