Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Freitag, 29. November 2019
Prioritäten
Unsere Bürgerlich-Konservativen sind bekanntlich ein höchst aufmerksames Völkchen. Sobald jemand irgendwo erwähnt, dass seit der Wiedervereinigung zirka 200 Menschen durch Rechtsextreme zu Tode gekommen sind, im gleichen Zeitraum durch Linksextreme hingegen genau niemand, erinnern sie stets daran, niemals und keinesfalls die viel, viel gefährlichere Gefahr von links zu unterschätzen. Immer schön zu erfahren, dass es Menschen gibt, die noch echte Probleme haben.
Montag, 25. November 2019
Been there, did that
Ein weiteren Eintrag abgehakt, der sich vermutlich auf irgendeiner dieser diese Wichtigtuer-Listen findet mit den tausend Dingen, die man angeblich unbedingt erledigt haben muss als hipper Individualistendödel, bevor man abkratzt, will man nicht überall unten durch sein (Nr. 15: Auf der Toilette des angesagtesten Clubs in London Sex mit Wildfremden haben - Nr. 344: Silvester auf dem Times Square - Nr. 449: Auf dem Eiffelturm eine Dosis Nasenata reinziehen - Nr. 941: Bei Sonnenuntergang am Hafen von Manila Street Food mampfen, zusammen mit Ihren gleichermaßen sagenhaft erfolgreichen und zu Tode gelangweilten Sackgesicht-Freunden, die auch alle nicht arbeiten müssen und nicht wissen, wohin mit ihrer Kohle).
Sonntag, 24. November 2019
Jenseits der Blogroll - 11/2019
Die Fundstücke des Monats wieder. Höchste Zeit. Sonst werdens noch mehr.
Politik. Genau mein Reden: Können wir bitte mal Schluss machen mit diesem sozialtherapeutischen Betüttern von AfD-Wählern? Wer AfD wählt und sagt, er täte das allein aus legitimem Protest, ist entweder verlogen, leichtfertig oder steindumm. Oder hält mich für letzteres. Wer AfD wählt, wählt Faschisten, muss sich dann gefälligst auch mit diesem Vorwurf auseinandersetzen und soll nicht passiv-aggressiv rumheulen von wegen: Keiner versteht mich. Für eventuelle Konsequenzen eigener Entscheidungen bzw. Nicht-Entscheidungen geradezustehen, ist übrigens bekannt als 'erwachsen sein'. Oder 'Autonomie'.
Freitag, 22. November 2019
Gesprächsangebot abgelehnt
"Aber weil jede ältere Generation neu darin ist, alt zu sein, denkt jede von ihnen, als sei es das erste Mal: Mit der Jugend geht's echt abwärts." (Matthias Lohre)
Es macht mich durchaus ein bisschen stolz, dass meine Erzeuger offenbar irgendwann verstanden haben, dass die Welt sich weitergedreht hat. Dass sie begriffen haben, dass ihre Maßstäbe und ihr Erfahrungshorizont nicht allgemeingültig sind. Sie bemühen sich fast immer zu verstehen, anstatt vorschnell zu urteilen. Vielleicht hilft es ihnen, dass sie dank frühen Einzahlens in die Rentenversicherung und guter Gesundheit ihren Lebensabend dafür nutzen können, auf Reisen ihren Horizont zu erweitern, anstatt ihn zu verengen.
Dienstag, 19. November 2019
Schmähkritik des Tages (33)
Heute: Wolfgang Abel über Weihnachtsmärkte
"Wenn es den Gemeinden wirklich um die Reduktion von Emissionen jeder Art ginge, müßten Weihnachtsmärkte an vorderster Stelle der Schamliste stehen. Öffentliche Plätze als Resterampe mißbrauchen und das ganze noch Markt nennen, tiefer kann ein Gemeinwesen nicht sinken." (Wolfgang Abels Kolumne vom 10. November 2019)
Samstag, 16. November 2019
Narratives
Der Begriff Major Consensus Narrative lässt sich kurz definieren als das, was innerhalb einer bestimmten Gruppe von einer Mehrheit für die Wahrheit gehalten wird. Die Beispiele sind da durchaus zahlreich:
"Eskimos haben 100 Wörter für Schnee, Ärzte schwören auf den hippokratischen Eid, Hexenverfolgungen waren ein Phänomen des Mittelalters – drei Ansichten, die in der Mehrheit der Bevölkerung weit verbreitet sind. Dass sie nicht stimmen, ist nicht so wichtig, denn dafür sind es einfach zu gute Geschichten, die hervorragend in unser Weltbild passen." (Erik Wenk)
Dienstag, 12. November 2019
Ronny des Monats - November 2019
"Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen:
Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus.
Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig.
Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent.
Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi."
(Gerhard Bronner)
Samstag, 9. November 2019
11-9
Der 9. November 1989 war ein Donnerstag und ich hatte Spätschicht, weil ich da Zivildienst im Krankenhaus machte. In den beiden Viererzimmern der Station herrschte meist gute Stimmung, denn dort waren in der Regel Patienten mit leichteren Gebresten untergebracht. Als ich den Raum betrat, um die Tabletts vom Abendessen wieder einzusammeln und dabei meine abendliche Blutdruck-, Temperatur- und Pulsrunde zu erledigen, sagte einer: "Hey, Stefan, schon gehört? Die Berliner Mauer ist offen." Und ich so: "Ja, Willi, ich komm gleich Fieber messen. Tabletten schon genommen?" Und er so, indem er auf den Fernseher zeigte: "Nee, ehrlich. Guck doch mal." (Patienten, mit denen man sich einfach duzte, waren oft die netteren.)
Mittwoch, 6. November 2019
Provinz.
Woran merkt man eigentlich, dass man in der Provinz lebt? Ich behelfe mir immer so: Provinzstädte sind zuverlässig daran zu erkennen, dass sie um Himmels Willen keine sein wollen. Daher betreiben sie mitunter einigen Aufwand, um krampfhaft als megahippe, coole Metropolen zu erscheinen, in denen Tag und Nacht der Bär aber so was von steppt. Wenn nicht gerade der Papst boxt. Echten Weltstädten hingegen pflegt so was ziemlich egal zu sein. Kein New Yorker/Londoner/Tokioter/Berliner/… muss eigens daran erinnert werden bzw. muss sich selbst andauernd vergewissern, in einer Weltstadt zu leben. Wer das trotzdem nötig hat, outet sich zuverlässig als Tourist oder als Zugezogener. Schlimmstenfalls aus Schwaben.
Montag, 4. November 2019
Kulturimperialismus
Ganz harmlos fing es vor ein paar Jahren an. Mit einem Oktoberfest. Geh, hab dich doch net so, ist doch alles nur Gaudi. Haben sie gesagt damals. Jetzt kommen sie in Scharen über den Weißwurstäquator angeschissen und fangen an, sich unserer Innenstädte zu bemächtigen. Dabei ist das doch eine ganz andere Kultur! Ist das schon die große Umvolkung? Wann werden sie uns überfremdet haben? Wann werden sie uns zwingen, Lederhosen und Dirndl zu tragen? Schnackseln sie schon unsere Frauen? Wacht!!!!1!Endlich!!1!! AUF!111!1
Samstag, 2. November 2019
Preisfragen
"Das politische Thema des Tages ist in Thüringen* der Wahlerfolg der AfD* und die Frage nach den Gründen für ihn. […] Man muß zunächst übertriebene Auffassungen zurückweisen: der Kern der Wählerschaft hat an der guten demokratischen Tradition des Landes festgehalten; nur ein - allerdings ansehlicher [sic] - Bruchteil ist der [...] Werbung der Rechtspopulisten* widerstandslos erlegen […]. Es sind die Leute der nationalen Romantik, die die Götzendämmerung des Nationalismus noch nicht erkennen [...]. Es sind die Leute mit dem kurzen Gedächtnis, die [...] sich auch absolut nicht mehr daran erinnern, wie es früher* bei uns aussah und wie ungeheure Fortschritte wir, so groß die Not breiter Volksschichten immer noch ist, seither, doch ganz unbestreitbar politisch und wirtschaftlich gemacht haben. Es sind die Leute, die innerlich so durcheinander gebracht sind, daß sie kritiklos auf jede Hetze reagieren und jeden Schwindel glauben, der ihnen von skrupellosen Spektakelmachern vorgesetzt wird. [...]
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