Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Samstag, 8. Dezember 2012
Sofa-Ralle und Voodoo-Wolfi
Einst waren es die langhaarigen Gammler, über die Volkes Stimme sich empörte. Erstmalzumfriseur! Sollnerstmalwasarbeiten!, Sollendochnachdrübengehen!, oder auch: Abinslager! - So schnarrte es früher im Befehlston unter dicken Hornbrillen und grünen Fasanenfederhütchen hervor. Heute haben bekanntlich Sozialschmarotzer die Rolle des Sündenbocks eingenommen. Jetzt hat Deutschlands meistgelesene Tagespostille endlich wieder einen dreistesten Hartz-IV-Abzocker gefunden, der untätig in der sozialen Hängematte liegt und gegen den sich die Fraktionen "Ich bin was Besseres als der, weil ich mich wenigstens für sechs Euro die Stunde ausbeuten lasse" und "Warum ich so einen mit durchfüttern" so trefflich aufhetzen lassen. Nach Florida-Rolf und Arno Dübel hat man Sofa-Ralle aufgetrieben und prompt als propagandistisch nutzbaren Aufreger in Frau Maischbergers Talkbude verfrachtet.
Mittwoch, 5. Dezember 2012
Bye, bye, Doc!
House: „Wenn ich es genieße, das Leben zu hassen, dann hasse ich es nicht, sondern genieße es.“Was immer man über Arztserien sagen kann, 'Dr. House' war anders. Zwar hat es in Literatur, Film und Fernsehen immer wieder Ärzte gegeben, die heimlich zur Flasche griffen, familiäre Probleme hatten oder sich am Medikamentenschrank bedienten, doch so ein körperliches wie seelisches Wrack wie Gregory House (Hugh Laurie) war noch nie da. Selbst ein hinkender Schmerzensmann, von starken Medikamenten abhängig und am Rande des Alkoholismus entlang balancierend, scherte er sich meist nicht um die menschliche Seite seiner Fälle. Zu seinem Credo gehörte: Neben weißen Kitteln werden Patientengespräche allgemein überschätzt, weil jeder Mensch lügt. Ärzte sind da, um Krankheiten zu heilen und nicht Menschen. Und Händchenhalten hat noch niemanden je wieder gesund gemacht.
Mittwoch, 28. November 2012
Gewolltes Staatsversagen
Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen, so lautet eine alte Weisheit. Sascha Adameks und Kim Ottos Buch 'Schön reich – Steuern zahlen die anderen' fiel mir in der Stadtbibliothek meines Vertrauens in die Hände. Es ist eines dieser Bücher, die keine großen intellektuellen Mühen bereiten, die aber deswegen alles andere als entspannend sind. Man liest es in einem durch, mit von Seite zu Seite weiter steigender Wut, weil man eigentlich nicht glauben möchte, was man da liest. Klar, man hatte immer geahnt, dass irgendwas schief läuft mit den Steuern. Hin und wieder fliegt ja auch mal was auf, aber damit hatte man dann doch nicht gerechnet. Adamek und Otto zeigen anhand von Fallbeispielen, wie es um die Steuermoral im Lande tatsächlich bestellt ist. Wann immer man geneigt ist, schwach zu werden und der Deutschland-geht-es-gut-Propaganda doch auf den Leim zu gehen, empfiehlt es sich, dieses Buch zur Hand zu nehmen. Als lohnbesteuerter Arbeitnehmer hat man vor Kopfschütteln bald einen steifen Nacken.
Montag, 26. November 2012
Ein Nicht-Vorbild tritt ab
Deutschland, Anfang der Neunziger. Der Kater wegen der Wiedervereinigung hatte noch nicht richtig eingesetzt und im Fußball dünkte man sich auf Jahrzehnte unbesiegbar. Eines jedoch trübte für nicht wenige das Glück: Seit Jahrzehnten hatte das Autoland Deutschland keinen siegreichen Formel-1-Fahrer mehr hervorgebracht. 1992 trat ein junger Mann aus Kerpen namens Michael Schumacher an, das gründlich zu ändern. Am Ende war Schumacher von 1994 bis 2004 insgesamt sieben Mal Weltmeister geworden.: So drückend war zwischenzeitlich seine Dominanz, so häufig seine Start-Ziel-Siege, dass auch die wahrlich nicht auf den Mund gefallenen Plaudertaschen von RTL ihre liebe Mühe hatten, dem durch ihn sterbenslangweilig gewordenen sonntäglichen Gekarre wenigstens ein Minimum an Spannung anzuquatschen.
Samstag, 24. November 2012
Grundsätzliches über das 'Freigeben' von Artikeln
Heute Vormittag erreichte mich zum wiederholten Male per Mail die Anfrage eines kommerziell arbeitenden Verlages, mit der Bitte, einen hier erschienenen Artikel für die Veröffentlichung auf ihrer Webseite und in ihrem Magazin "freizugeben". Mit anderen Worten: Man hätte gern einen Artikel von mir geschenkt, um dann in gewerblichem Rahmen damit Gewinne zu erwirtschaften. Wobei "freigeben" genau so ein anderes Wort für "schenken" ist wie: "Zehn Überstunden pro Monat sind bei uns inklusive."
Montag, 19. November 2012
Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (2)
Kürzlich wurde hier schon einmal berichtet über Situationen, die auch den erfahrenen Konsumbürger an seinem Verstand zweifeln lassen. Natürlich hält auch die schillernde Welt der Mode diesbezüglich so einiges parat. Denn es ist doch ein Ärger mit den Alten, Armen, Hässlichen und Dicken. Man will einfach nur ganz entspannt jung, reich, schön und in sein, und überall treiben sie sich herum, das Auge beleidigend. Die Welt ist voll von unansehnlichen, faltigen Fattys, die einem durch ihre bloße Anwesenheit ein schlechtes Gewissen machen. Bestimmt sind sie nur neidisch, denn in einer Tour jammern sie herum, weniger vom Leben zu haben als die jungen, schönen Richtigmacher. Werden solche Neidhammel auch noch politisch, dann sind es meistens Sozialisten, die einem den schönen, hart erarbeiteten Wohlstand mit Gewalt abzunehmen trachten.
Donnerstag, 8. November 2012
Mehr Michelin-Männchen
Wem ein wenig an gutem Essen gelegen ist, wem es also nicht egal ist, was man selbst und Gevatter Mitmensch sich so tagtäglich durch die Futterluke schleust, müsste eigentlich hocherfreut sein über diese Nachricht: Wir sind endgültig im Gourmet-Himmel angekommen. 37, in Worten siebenunddreißig, neue Michelin-Sterne haben Deutschlands Weißmützen sich im letzten Jahr zusammengebrutzelt. Hurra! Deutschland ist nicht nur Exportweltmeister und im Fußball wieder wer, sondern endlich auch auf Augenhöhe mit den Mekkas des Genusses. Die Welt beneidet uns mal wieder. Hach, sind wir jetzt endlich alle ganz sinnliche Genussmenschen? Nö. Zumindest nicht mehr als vorher. Denn die Meldung ist nichts weiter als ein Beleg für nichtssagenden Stimmungsjournalismus.
Mittwoch, 31. Oktober 2012
Rückkehr des Großen Kürbis
Es ist wieder so weit: Das Fest des großen Kürbis ist da. Von bizarr bis gruselig herausgeputzte Kinder erpressen von den Nachbarn Süßigkeiten und nicht minder zurecht gemachte Erwachsene strömen in Scharen zu Halloween-Partys, auf denen sie die Nacht zum Tage werden lassen, um den folgenden Morgen des stillen Allerheiligen-Tages in gebührender Wortkargheit zu begehen. Schließlich sind auch die Supermärkte seit einiger Zeit nicht nur voller Weihnachtsgebäck, sondern auch voller Horror-Zubehör. Das gefällt nicht allen. So bezieht zum Beispiel in Polen die katholische Kirche mutig Stellung gegen das satanische Fest, an dem Okkultismus und Zauberei gehuldigt werde. Auch hierzulande ist man auf der Hut: Weil gewisse, sehr deutsche Dödel sich nicht nur in jeder freien Minute auf Traditionen besinnen, sondern auch sonst voll kritisch durchblicken, ist man in diesen Kreisen schwer um die einheimische Kultur besorgt. Von amerikanischem Kulturimperialismus wird da gern gemoppert. Müssen wir denn wirklich immer alles mitmachen, was von dort kommt? Und überhaupt sei das doch alles eh nur Kommerz und jappjappjapp.
Sonntag, 21. Oktober 2012
Willkommen im Mainstream, Homiez!
HipHop war vielleicht die dominierende Jugendkultur der letzten 15, 20 Jahre. Für Menschen, die qua eigener Sozialisation irgendeine Form von Rockmusik und einigermaßen normal geschnittene Hosen bevorzugen, war diese Zeit eine schwere Prüfung. Jugendliche, die im Englischunterricht keinen einzigen geraden englischen Satz über die Lippen bekamen, fuchtelten mit den Armen, machten unter obskuren Fingerverrenkungen einen auf Ganzböserjunge und parlierten dazu fließend kryptische Fachausdrücke in annähernd jenem Idiom, das ihnen doch eigentlich ein komplettes Rätsel war. Sie waren enttäuscht, wenn der Jugendrichter es wegen Dauerkiffen und/oder Graffittisprüherei bei einer Ermahnung beließ oder ihnen Sozialstunden aufbrummte, anstatt sie, wie ihre US-Vorbilder in den Knast zu stecken. Dazu trugen sie Kleidung, die sie in jedem anderen Jahrhundert vermutlich als Angehörige des fahrenden Volkes der Gaukler ausgewiesen hätte.
Dienstag, 16. Oktober 2012
Stating The Obvious
Die Bundesagentur für Arbeit ist ein sehr großer Laden. Dort gibt es viele Abteilungen. Eine davon heißt wahrscheinlich: 'Sonderarbeitsgruppe', nein, 'Task Force' klingt cooler: 'Task Force zum Herausfinden offensichtlicher Dinge' oder so ähnlich. Sollte das so sein, dann hat diese Truppe jetzt einen echten Coup gelandet: Die haben nämlich eine Allensbach-Umfrage in Auftrag gegeben, und die Demoskopiefüchse haben – wahrscheinlich dank der Anschaffung neuer, hypermoderner Computer – herausgefunden, dass viele Deutsche wenig schöne Vorurteile gegenüber Hartz-IV-Empfängern hegen:
Freitag, 12. Oktober 2012
Unser langer Lauf von uns weg
Abt.: Sommerloch-Wiederholung
Da ich, wie bereits erwähnt, gerade mitten im Umzug stecke, habe ich nicht nur viel zu tun, sondern auch den Kopf ziemlich voll mit anderen Dingen. Daher werden hier in nächster Zeit ältere Beiträge ohne tagespolitische Bezüge, an die ich mich gern erinnere, in loser Folge wieder aufgewärmt werden (damalige Kommentare inklusive).
Vieles wäre wohl einfacher, wenn die wackeren Athener, die einst den persischen Invasoren eins auf die Mütze verpasst haben, eine Brieftaube zur Hand gehabt hätten. Oder ein Pferd. Aber nein, der Überlieferung zufolge mussten sie ja unbedingt einen antiken Urahnen von Dieter Baumann, Haile Gebrselassie und Achim Achilles per pedes losjagen, die freudige Nachricht in der Hauptstadt zu verkünden. Ein stinknormaler Soldat wäre das vermutlich in aller Ruhe angegangen, hätte nichts überstürzt und sich unterwegs, sobald er außer Sichtweite gewesen wäre, vielleicht an einem schattigen Plätzchen ein paar Mezedes und einen Schoppen Retsina gegönnt. Irgendwann am Abend wäre er ganz entspannt beim Bürgermeister aufgeschlagen, hätte ausführlich Bericht erstattet, einen Orden dafür bekommen und sich auf der Siegesfeier noch gepflegt einen hinter die Binde gekippt.
Mittwoch, 10. Oktober 2012
Fragen, en passant
Wenn man vom Kinderkriegen einmal absieht, braucht man in diesem Land für so ziemlich alles irgendeine Bescheinigung (mit Stempel!), die belegt, dass man auch qualifiziert ist. Wer per Kfz, Krad oder Brummi die Gegend unsicher machen will, braucht dazu, klar, einen Führerschein. Das eine oder andere wiwawichtige Staatsexamen muss vorweisen, wer beruflich als Doc, Pillendreher, Rechtsverdreher oder Kinderverdreher, a.k.a. Lehrer, sein Unwesen treiben will. Will man seine Mitmenschen durch das Führen eines potenziell bissigen Vierbeiners behelligen, dann müssen Herrchen und Brutus zuerst eine entsprechende Prüfung ablegen. Erst recht dürfen Träger von Knarren, Wummen, Ballermännern etc. nicht unexaminiert in die Weltgeschichte entlassen werden. Sogar wer eine leitende Position im Universum eines bekannten amerikanischen Bullettenbräters anstrebt, tut gut daran, an der einschlägigen Uni brav seine Scheine gemacht zu haben. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen, aber es sollte klar geworden sein, wovon die Rede ist.
Mittwoch, 3. Oktober 2012
Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft
Als einigermaßen erfahrener, geradezu abgestumpfter Angehöriger der Konsumgesellschaft meint man ja leicht, nur noch schwer zu schocken zu sein. Manchmal aber, da kommt man auch mit einigen Jahren auf dem Buckel in Situationen, die einen in ein vertracktes Dilemma bringen oder einem gar echte Grenzerfahrungen bereiten können.
Irgendwann im Herbst letzten Jahres kam mir ein Artikel in die Quere über ein bis dahin so gut wie unbekanntes Duo zweier junger Frauen. Die machten, so hieß es, unter dem Namen Boy handgemachte, wundervoll zwischen Melancholie und Beschwingtheit aufgehängte Popmusik. Normalerweise ist Gute-Laune-Mädchenpop nicht wirklich mein Fall, aber ich war neugierig geworden. Ein Klick auf das Video zur Single Little Numbers ließ die Sonne aufgehen: Dreieinhalb Minuten ansteckende Ausgelassenheit und Sorglosigkeit. Nicht eine Sekunde der puren Lebensfreude, die Valeska Steiner und Sonja Glass, durch das sonnige Barcelona tollend, da verbreiteten, wirkte aufgesetzt, bemüht oder künstlich. Kitsch? Meinetwegen! Text banal? Drauf geschissen! Das hatte Charme, brachte Erinnerungen zum Klingen an längst vergangene Sommer, in denen die Welt einem offen zu stehen schien und nur der Moment zählte. Ausnahmsweise schien es einmal angebracht, das oft so schnöde verheizte Attribut reizend.
Donnerstag, 20. September 2012
Große Qualitätsmedienschelte
Wenn man bei Google 'heribert prantl' eingibt, dann schlägt die Autocomplete-Funktion als nächste Einträge vor: 'kirche', 'voßkuhle' und 'kontakt' - lauter fast unverfängliche Sachen also. Kein Vergleich jedenfalls, was bekanntlich passiert, wenn man zum Beispiel 'bettina' eintippt. Belässt man es bei 'heribert prantl' und klickt auf 'Suche', dann erscheint als erstes Ergebnis der Wikipedia-Eintrag zu seiner Person. Dort heißt es, man liest es mit Verwundern, dass der gute Mann gelernter Jurist ist. Das überrascht einen umso mehr, als dass Prantl in einem seiner letzten Kommentare für die Süddeutsche Zeitung erneut die Mär vom quasi rechtsfreien Raum Internet ventiliert hat. Wörtlich meint er: "Im Internet gibt es noch kaum Regeln". Und das finde ich erstaunlich.
Dienstag, 18. September 2012
Fürchtet euch! - Nicht
Na, wer hat sich damals, Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger auch diebisch gefreut, als die Komiker von Monty Python den ganzen Frömmlern gekonnt einen eingeschenkt haben? Wer außer mir hat sich noch auf die Schenkel geklopft, als die Gebetbuchschnüffler die Backen aufgeplustert, nach Verbot geschrien haben und ihnen zugerufen: Willkommen im 20. Jahrhundert, Spießer? Wegen des großen Erfolges ist nun ein, so hört man, unterirdisch schlechter Film aufgetaucht namens Unschuld der Muslime, mit dem ein Scherzbold den Muslimen der Welt einen ähnlichen humoristischen Knuff verpassen wollte. Dummerweise gibt es unter denen nicht nur viele, die das nicht witzig finden, sondern auch ein paar Durchgeknallte, die es nicht beim Backenaufblasen belassen. Dumm gelaufen.
Samstag, 25. August 2012
Böser Blasentee
Ja, richtig, Bubble Tea
ist pappsüß, sieht in der Regel aus, als käme er von einem anderen
Planeten, enthält angeblich doppelt so viele Kalorien wie Cola und
kleine Kinder könnten an den Kügelchen ersticken. Also ganz böse.
Nun bin ich kein manischer Kalorienzähler, aber der Gedanke, dass
man sich mit einem Becher mal eben 500 davon reinpfeift, ist auch mir
nicht wirklich sympathisch. Ich selbst bin eh wenig gefährdet, weil
ich mir nicht viel aus Süßigkeiten mache und auch ein Problem mit
als Getränken feilgebotenen Chemiecocktails aller Art habe. Das war
übrigens nicht immer so: Als Kind gab es für mich nichts Schöneres
als diese aus Pulver angerührten Erfrischungsgetränke. Wenn da
'Orange' draufstand, dann konnte man davon ausgehen, dass er engste
Kontakt, den das Zeug mit Orangen hatte, darin bestand, bei der
Anlieferung im Supermarkt an einer Steige Orangen vorbei getragen
worden zu sein. Diese Vorliebe hat sich, wie gesagt, gründlich
ausgewachsen.
Dienstag, 14. August 2012
Quält euch!
Die Kulturpessimisten blicken mal
wieder voll durch: Die geringer als erwartet ausgefallene deutsche
Medaillenausbeute bei den am Sonntag zu Ende gegangenen Olympischen
Spielen sei darauf zurückzuführen, dass wir Deutschen nicht mehr
bereit seien, uns zu quälen, es fehle uns am letzten Quentchen
Siegeswillen. Silber dürfe nicht das neue Gold sein. Und weil Sport
der Spiegel der Gesellschaft sei, stehe es schlimm um Deutschland. So
entfuhr es Michael Backhaus in der BamS in schöner Verleugnung
dessen, was den Olympischen Geist irgendwann einmal ausgemacht hat.
Samstag, 11. August 2012
Leistungsträger im Schwimmbad
Die frühe Morgenstunde, so ab sieben,
ist im Freibad die Zeit der rüstigen Rentner. Die ziehen dort,
unabhängig vom Wetter und immer in der gleichen Besetzung, Morgen
für Morgen auf der gleichen Bahn ihr Pensum herunter. Käme Mitte
August ein arktischer Kälteeinbruch, der Treibeis brächte, es
störte sie nicht weiter. Und Gott möge dem Eindringling gnädig sein, der es wagt,
einfach so eine der Bahnen zu okkupieren, die seit Jahren fest
vergeben sind. Der seit Jahrtausenden bewährten Rammtaktik sei Dank, wird er bald seinen letzten Armzug getan haben.
Normalerweise ist das alles aber kein Problem für einen ausgemachten
Langschläfer, weil einfach zu früh. Außerdem verdient so viel
Selbstdisziplin und Zähigkeit, aller Schrulligkeit zum Trotze,
unbedingt Respekt.
Mittwoch, 8. August 2012
Romeo und Julia in braun
„Wenn unsere Gegner sagen: 'Ja, wir haben euch doch früher die Freiheit der Meinung zugebilligt.' - Ja, ihr uns! Das ist doch kein Beweis, daß wir das euch auch tun sollen. Daß Ihr das uns gegeben habt, das ist ja ein Beweis, wie dumm ihr seid." (Joseph Goebbels am 4.12.1935)
Die äußeren Umstände des Falls der
Ruderin Nadja Drygalla sind bekannt: Als herauskam, dass Drygalla mit
Michael Fischer liiert ist, der 2011 in Mecklenburg-Vorpommern für
die NPD zur Wahl angetreten ist, verließ sie letzte Woche nach einem
Gespräch mit Michael
Vesper, Chef de Mission der deutschen Mannschaft, das Olympische Dorf und reiste aus London ab.
Seitdem ist das Geschrei groß: Wie
kann man es wagen, die arme Frau wegen einer reinen Privatsache derart
zu drangsalieren? Es gehe schließlich niemanden etwas an, mit wem sie
zusammen sei. Das sei üble Gesinnungsschnüffelei, Sippenhaft und
Rufmord. Unerträglich! Alarm, Meinungsfreiheit und Demokratie in
Gefahr! Einige entblöden sich noch nicht einmal, diese Episode
hochzustilisieren zu einer Art Romeo und Julia in braun. In der Art
von: Hach, das arme Mädchen, dem das Recht beschnitten wird, den Mann
ihres Herzens zu lieben! Gehts noch oder tut es sehr weh?
Montag, 6. August 2012
Feudalismus 2.0
Technische Neuerungen, heißt es immer
noch, machten uns grundsätzlich freier und entlasteten uns von stupider Arbeit. Wer da zu widersprechen wagt, gilt schnell als piesepömpliger
Bedenkenträger. Natürlich möchte kaum jemand die Möglichkeiten
noch missen, die zum Beispiel das Internet in puncto Kommunikation und Information
bietet. Doch wäre es schlicht töricht, nicht auch über den Preis
zu reden, den das hat. So wird oft geschrieben und diskutiert, dass die Grenzen
zwischen öffentlich bzw. beruflich und privat immer mehr
verschwömmen. Mitarbeiter müssen via E-Mail und Handy rund um die
Uhr erreichbar sein, auch im Urlaub, und Millionen exponieren sich
bereitwillig via facebook und Co einer wachsenden Öffentlichkeit.
Donnerstag, 2. August 2012
Die Mär von der Schere im Kopf
"Seit 2008 wird
zurück geritten!", so entfuhr es ARD-Sportkommentator Carsten Sostmeier angesichts des
Goldmedaillengewinns der deutschen Vielseitigkeitsreiter in London.
Hintergrund war, dass die deutsche Equipe 2008 in Peking durch einen
umstrittenen Protest der Gegner auf dem zweiten Platz gelandet war
und nun die verdiente Revanche bekommen hätte. Der rhetorische
Herrenreiter musste ziemliche Kritik einstecken für seinen Adolf-Rekurs und sich öffentlich
entschuldigen. In dem Trubel ist übrigens die nicht minder geschmacklose Äußerung Sostmeiers untergegangen, die heimtückischen Briten und Franzosen hätten "uns" 2008 die schöne Goldmedaille am grünen Tisch mit fiesen sportrechtlichen Winkelzügen schmählich entrissen. Zu "heimtückischen Welschen" und zum "perfiden Albion" ist es da nicht mehr weit. Man braucht Sostmeier noch nicht einmal rechtes Gedankengut zu unterstellen. Vermutlich kam er sich einfach nur irre witzig vor.
Dienstag, 31. Juli 2012
Sprachliche Hassobjekte
Also-ja-Sätze
Sie sind überall.
Platitüden, in denen die grundsätzlich die beiden Füllwörter
„also“ und „ja“ auftauchen. Das „also“ steht immer am
Anfang, während das „ja“ meistens in der Nähe des Prädikats
oder des Objekts haust. Beispiele gefällig? Es gibt mehr davon, als einem, der Sprache und Kommunikation nicht völlig stumpf über sich ergehen lässt,
lieb sein kann:
Montag, 30. Juli 2012
Halbkritisches zu Olympia
Also Olympia. Natürlich kann man eine
Menge Kritisches über die Olympischen Spiele sagen und sich abwenden mit den Worten: "Guck' ich nicht!" Gern wird beklagt, dass der Geist des
Gründers, Pierre de Coubertin, längst verflogen ist und einer
ungehemmten Kommerzialisierung Platz gemacht hat. Das kann man, wie
gesagt beklagen, aber man sollte es sich gut überlegen. Denn die
Spiele sind ursprünglich aus dem Gedanken entstanden, die Jugend der Welt für den
imperialistischen Überlebenskampf zu stählen. Dann doch lieber
Kommerz. Man kann sich auch anders seinen Spaß machen: Zum Beispiel
kann man mitzählen, welche zusätzlichen Disziplinen diesmal von
Chinesen geentert werden und hochrechnen, wie viele Olympiaden es
noch dauern wird, bis bei ausnahmslos allen Siegerehrungen drei rote
Fahnen mit gelben Sternen gehisst werden und alle anderen
teilnehmenden Nationen das ganze aus Frust boykottieren.
Freitag, 27. Juli 2012
Susanne Lothar (1960-2012)
Zu Susanne Lothar fallen mir nur
Superlativ-Floskeln ein, wie sie von PR und Presse täglich
massenhaft verbreitet werden. Auch hatte ich kein persönliches oder gar freundschaftlichen Verhältnis zu ihr. Warum fühle ich mich dennoch genötigt,
hier einen Nachruf zu bringen, wenn mir nichts Kreativeres einfällt?
Weil ich bei ihr das Gefühl habe, eine prägende persönliche Begegnung gehabt zu haben mit einem faszinierenden Menschen. Ich hatte nämlich das Glück, diese zierliche, doch so große Frau einen unvergesslichen
Abend lang live im Theater erleben zu dürfen und selten hat mich etwas so berührt und durchgeschüttelt. Das ist jetzt ziemlich
genau zwanzig Jahre her. Die traurige Nachricht von ihrem frühen Tod brachte
vieles zurück. Doch bleibt vor allem tiefe Dankbarkeit.
Freitag, 29. Juni 2012
Verdient ausgeschieden
Vercoacht
Der 2:1-Sieg (2:0) Italiens war
verdient und ging völlig in Ordnung. Auf deutscher Seite hätte man
sich auch über eine 0:3- oder 0:4-Klatsche nicht beschweren dürfen.
Das wiegt umso schwerer, als dass Prandelli taktisch nichts anders
gemacht hat als in den Spielen zuvor und die italienische Mannschaft
daher im Vorfeld eigentlich gut auszurechnen gewesen ist. Sollten
sich beim DFB ein paar Leute mit Ahnung vom Fußball befinden, dann
wird Löw sich für seine taktische Einstellung und seine
Mannschaftsaufstellung zu Recht einige unangenehme Fragen gefallen
lassen müssen. Man bedenke, dass Roy Hodgson mit der spielerisch und taktisch
weitgehend überforderten englischen Elf Italien immerhin eine
Verlängerung abverlangt hat, indem er ganz simpel eine
4-4-2-Formation gegen eine 4-4-2-Formation hat spielen lassen. Wenn Löw unbedingt mit seiner Aufstellung überraschen wollte, warum nicht von
Anfang an mit zwei Spitzen, Reus und Klose, auflaufen? Warum keine
Mittelfeldraute mit Özil und Khedira als Vertikalachse? Wieso musste
unbedingt der sichtlich nicht fitte Schweinsteiger spielen?
Donnerstag, 28. Juni 2012
GER - ITA: Ausblick - Tipp
Die italienische Nationalmannschaft ist ein Phänomen: Nicht
nur, dass mit ihnen bei großen Turnieren fast immer zu rechnen ist, scheinen
sie doch auch von Skandalen in der heimischen Seria A völlig unbeeindruckt. Im
Gegenteil, je schlimmer Wettskandale, Korruption, zerbröselnde Stadien und
Gewaltprobleme der Fans, desto mehr scheint das die Squadra Azzurra zu
motivieren.
Freitag, 22. Juni 2012
GER - GRE: Rückblick - Ausblick - Tipp
Rückblick
Die Griechen haben sich in der Vorrunde als die Defensiv- und Konterkünstler erwiesen, als die sie 2004 von allen unerwartet Europameister geworden sind. Während der Gruppenphase haben sie sich nie aus der Ruhe bringen lassen und eine optimale Chancenauswertung gezeigt. Das unterscheidet sie von der deutschen Mannschaft, die eher offensiv aufgestellt was und etliche Chancen vergab. Wer seine Chancen nicht verwertet, bekommt irgendwann die Quittung, heißt eine alte Fußballweishei und das Beispiel Holland zeigt, dass da etwas dran ist. Weil sehr defensive Gegner in der Regel äußerst konterstark sind, war die deutsche Mannschaft auch gut beraten, eher vorsichtig vorzugehen und nicht zu versuchen, Tempofußball zu spielen.
Sonntag, 17. Juni 2012
GER - DEN: Rückblick - Ausblick - Tipp
Rückblick
Das in weiten Teilen überzeugende 2:0
gegen die Niederlande ist nicht allein durch die spielerische Klasse
der deutschen Mannschaft entstanden, die sich im Gegensatz zum ersten
Spiel gegen Portugal sichtbar steigern konnte. Genau so wichtig waren
eklatante Schwächen und Nachlässigkeiten der Niederländer. Die
niederländische Mannschaft ist neben der spanischen die mit den
meisten Superstars europäischer Topclubs in ihren Reihen und hat
bisher im ganzen Turnierverlauf enttäuscht. Vor allem die schlampige
Abwehrarbeit kam einem Stürmertyp wie Mario Gomez entgegen. Zwischen
der zwanzigsten und siebzigsten Minute konnte der Eindruck aufkommen,
dass Oranje eigentlich keinen Bock mehr auf Fußball mehr hatte und das
Spielen weitgehend einstellte. Dass die Niederländer in den letzten zwanzig
Minuten dann besser ins Spiel fanden, lag nicht nur an ihrer offensiveren
Ausrichtung durch die Hereinnahme von Huntelaar, sondern auch daran,
dass die deutsche Mannschaft das Tempo heraus nahm und den Vorsprung
nach Hause schaukeln wollte. Das ist bei einem Turnier an sich
vernünftig, nur ließ leider die Konzentration ein wenig nach,
sodass das zu einer gefährlichen Sache wurde.
Mittwoch, 13. Juni 2012
GER - NED: Rückblick - Ausblick - Tipp
Rückblick
Für den oberflächlichen Zuschauer war am Samstag der Fall klar: Ein müdes Gewürge mit glücklichem 1:0-Ausgang. Nur durch die Mitte, mehr Glück als Verstand, die deutschen Rumpelfußballer sind zurück. Laaangweilig! So kann das nicht weiter gehen, da durfte man mehr erwarten und so weiter. Wenn Löw hinterher meinte, es sei ein taktisch gutes Spiel gewesen, dann mit Recht. Der Mann ist, im Gegensatz zu einigen seiner Vorgänger, kein Dummschwätzer. Denn aus taktischer Sicht lieferte das Spiel mindestens drei wichtige Einsichten.
Samstag, 9. Juni 2012
Vorschau und Tipp für heute abend
Die Teams: Deutschland
ZonalMarking, Nestor der
Fußball-Blogger, hat sich festgelegt: Deutschland ist Top-Favorit
auf den Titel. Das schmeichelt zwar und der Mann versteht eine Menge
mehr vom Fußball als ich, aber trotzdem habe ich Bauchschmerzen.
Grund: Die mehr als wacklige Verteidigung. Zwar ist Phillip Lahm
immer noch ein herausragender linker Außenverteidiger, vielleicht
einer der besten der Welt, aber in der Innenverteidigung rappelt es
gewaltig. Der in der Bundesliga überragende Mats Hummels hat bislang
enttäuscht und der erfahrene Mertesacker hat in letzter Zeit außer
seiner Erfahrung nicht viel vorzuweisen gehabt. Überhaupt, die
Dortmunder. Dass Löw mit ihrem Einsatz vorsichtig ist und lieber auf
die Bayern setzt, ist verständlich, denn die BVB-Spieler haben
bisher im Nationaltrikot nicht das gezeigt, was ihre Leistung in der
Liga versprochen hat.
Donnerstag, 7. Juni 2012
Scheißrotgold
Wenn man es nicht ins Stadion schafft,
dann ist Fußball gucken per TV am schönsten in einem überschaubaren
Kreis netter, nicht allzu fanatischer Menschen, von denen zumindest
einige ein wenig Ahnung von und Liebe zu dem haben, was da auf dem
Rasen abgeht. Fachsimpeln und Diskutieren gehören zum Fußball
wie Bratwurst und Bier. Daher kann man das bei entsprechendem Wetter
verbinden mit einer kleinen Grillparty, das eine oder andere Fässchen
Gerstengebräus dazu. Auf keinen Fall jedoch: Fahnen, Schminke und
andere lächerliche Devotionalien. Hymnengesinge mit aufstehen ist erst recht
verpönt. Zu prägend ist die Erinnerung an die Siebziger, an die Breitners und Netzers, die während des Einigkeitundfreizeit-Songs vor den Augen der Welt demonstrativ Kaugummi kauten.
Donnerstag, 24. Mai 2012
Wie versprochen: Eine Lobeshymne
Es gibt Anblicke, die fräsen sich förmlich ins Gedächtnis ein. "Die Weltpremiere! Und Tschüss auf Mallorca" - so drohte RTL einmal vor Jahren die Ausstrahlung einer viertklassigen Eigenproduktion an. Allzu inflationär werden abgeschmackte Jubelattribute verbraten a'la: "atemberaubend!", "brillant!", "Meisterwerk!", "Meilenstein!", "Sternstunde!" oder "bahnbrechend!". Im Fall der BBC-Serie Sherlock sind sie ausnahmsweise angemessen. Sherlock ist allerbestes Fernsehen auf der Höhe der Zeit und seinen Möglichkeiten. Die Abenteuer des soziopathischen Superdetektivs und seines getreuen Dr. Watson in die Gegenwart zu verlegen, ist eine radikale und großartige Idee, die dem Altbekannten jeden musealen Staub gründlichst aus der Jacke schüttelt.
Mittwoch, 23. Mai 2012
Filme im Original
Sie sterben nicht aus. Kommt ausnahmsweise etwas wirklich sehenswertes im hiesigen Fernseh, das das Einschalten der Glotzmaschine lohnt und das ursprünglich nicht deutschsprachig ist, kommen sie aus ihren Löchern geschissen: Die Huchwiegebildeten, die bei so einer Gelegenheit mit der Zuverlässigkeit eines Schweizer Uhrwerks und in mehr oder weniger leicht herablassendem Tonfall sogleich darauf hinweisen, sie sähen sich fremdsprachige Filme ja grundsätzlich nur im Original an.
Dienstag, 22. Mai 2012
Return of the Tabubrecher
"Seine Thesen sind nur ein Mix aus Statistik und Vorurteilen" (Nils Minkmar, FAZ, 21.5.2012)
Zu Sarrazin fällt mir nichts ein. Der Mann hat seine Fangemeinde und er wird sie auch dieses Mal bestens bedienen. Bei seinen brüllvollen Lesungen wird es wieder zugehen wie in der Schalker Nordkurve. Auf den Kern heruntergebrochen, leiert der Ex-Bundesbanker eigentlich immer nur die gleichen zwei Thesen herunter: 1. Früher war alles besser, 2. Es steht schlimm um Deutschland. Dabei sind seine Thesen in all ihrer Schlichtheit gar nicht so sehr das Problem, sondern das Getöse, das seine Anhänger veranstalten. Einen Vorteil hat die ganze Sache diesmal: Das, was uns in nächster Zeit ins Haus steht, kommt nicht mehr überraschend.
Samstag, 5. Mai 2012
Schluss mit dem Doktor-Getue!
Bundeskanzler a.D. Helmut Kohl ist
bekanntlich über alle Maßen stolz auf seinen Doktortitel. "Für Sie bin ich der Herr Doktor Kohl!", pflegte er in bräsigem
Pfälzisch zu blaffen, wenn es galt, sich bei unbotmäßigen
Pressbengels Respekt zu verschaffen. Er erinnerte dabei an eine späte Kopie von
Heinrich Manns Diederich Heßling, der das auch gern tat. Dass sich
im Übrigen hartnäckig das Gerücht hält, Umfang und
wissenschaftliche Bedeutung von Kohls Doktorarbeit - dass sie unter Verschluss gehalten wird, ist wirklich ein Gerücht - verhielten sich
antiproportional zu der Bedeutung, die er selbst der Sache zugemessen
hat, verleiht der Sache eine zusätzliche pikante Note.
Freitag, 27. April 2012
Niemand ist völlig unschuldig
Hervorragendes Feature von Ken Jebsen zu Anders Breivik, Medien und vielem mehr aus dem letzten Jahr. Vor ein paar Tagen bereits bei Paulinchen ist allein zu Haus, aber so hörenswert, dass ich mir erlaube, es hier noch einmal einzustellen:
Übrigens, liebe Norweger: Danke, danke, danke!
Übrigens, liebe Norweger: Danke, danke, danke!
Sonntag, 1. April 2012
Mein Leben als Eindringling
Interessant, was man als kinderloser
Mittvierziger, der normalerweise tagsüber arbeiten muss, auf seine
alten Tage noch so alles lernen kann. Mir war klar, dass Frauen sich
in den vergangenen Jahrzehnten ihre Freiräume erkämpft haben, teils
gegen erheblichen Widerstand: Es gibt Frauenhäuser,
Frauenparkplätze, Frauenbeauftragte, Frauensaunen, Frauenschwimmen
im Hallenbad und so weiter. Einzig Frauenbuchläden scheinen mir in
letzter Zeit ein wenig auf dem absteigenden Ast zu sein. Nicht klar
jedoch war mir, dass es, abhängig von der Tageszeit, noch eine ganze
Reihe weiterer Frauenrefugien gibt, in die man als Mann besser nicht
seinen Fuß setzt, will man nicht von akuten Kastrationsängsten
befallen werden.
Dienstag, 6. März 2012
Das psychopathische Manifest
Ayn Rands Ideen sind zum Marxismus der neuen Rechten geworden
George Monbiot
Man kann mit einigem Recht sagen, dass es so ziemlich die widerwärtigste Philosophie ist, die die Nachkriegswelt bislang hervorgebracht hat. Selbstsucht, heißt es, ist gut, Altruismus böse, Mitgefühl irrational und zerstörerisch. Die Armen sind selbst schuld, wenn sie sterben, die Reichen hingegen verdienen uneingeschränkte Macht. Wo immer das bisher ausprobiert wurde, ist es katastrophal und mit Pauken und Trompeten daneben gegangen. Trotzdem waren die Thesen der vor dreißig Jahren verstorbenen Ayn Rand noch nie so einflussreich wie heute.
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