Das Jahr neigt sich schon wieder und wie zu jedem Jahresabschluss, liebe Lesende, hier die Übersicht über die meistgeklickten Beiträge dieses Jahres. Ich spare mir hier Bemerkungen darüber, was für ein verrücktes Jahr das wieder war etc., denn dann bestünde die Gefahr, dass das ausufert.
Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Sonntag, 31. Dezember 2023
2023 - abgehakt
Das Jahr neigt sich schon wieder und wie zu jedem Jahresabschluss, liebe Lesende, hier die Übersicht über die meistgeklickten Beiträge dieses Jahres. Ich spare mir hier Bemerkungen darüber, was für ein verrücktes Jahr das wieder war etc., denn dann bestünde die Gefahr, dass das ausufert.
Donnerstag, 28. Dezember 2023
Wahre Worte (72)
Heute: Peter Unfried über das Ende einer Ära
"Die Bundesrepublik ist am Ende - in ihren Routinen des Regierens und Denkens. Die entscheidenden Dinge, auf denen Deutschland und die EU aufgebaut waren, funktionieren nicht mehr oder sind bedroht: der billige amerikanische Schutz, die billige russische Energie, der reich machende chinesische Markt. [...] Und jede Menge davon abgeleitete Dinge und Gedanken sind auch nicht mehr hilfreich, etwa der bequeme und egoistische Pazifismus, der als Weltläufigkeit getarnte Germanozentrismus, die weitgehende Ignoranz gegenüber den bedrohten planetarischen Lebensgrundlagen, den Grundlagen des mehrheitlichen Wohlstands und des im Vergleich beträchtlichen Sozialstaats." (taz, 23. Dezember 2023)
Freitag, 22. Dezember 2023
Jenseits der Blogroll - 12/2023
"Wenn die stille Zeit vorbei ist, dann wird es auch wieder ruhiger." (Karl Valentin)
Einer aktuellen Umfrage zufolge glauben 40 Prozent der Deutschen, dass Sie ihre Meinung nicht frei äußern könnten. Aha. Was mich wirklich ärgert ist, dass ich anscheinend die Zeit irgendwie verpennt haben muss, als jeder alles immer und überall sagen durfte, ohne dafür irgendwie kritisiert zu werden oder sich gar Widerspruch gefallen lassen zu müssen. Alle anderen weißen alten Männer scheinen sich zu erinnern, aber mir will es einfach nicht gelingen. 2023 könnte durchaus als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem Deutschland, seit jeher das Land der Unentspannten, endgültig durchgedreht ist und in Wehleidigkeit ersäuft.
Dienstag, 19. Dezember 2023
Glühwhine
Unter jenen, die sich für mit Geschmack gesegnet halten, herrscht in diesen vorweihnachtlichen Zeiten quasi Konsens: Glühwein geht gar nicht. Picksüßes gepanschtes Zeugs, das in einer Liga kickt mit -- oleee ole-olee-oleeee!!! -- aus dem Eimer eingenommenem Sangria am Ballermann. Nun gut, da es offenbar langsam langweilig wird, sich alle Jahre wieder an Konsumterror, Firmenweihnachtsfeiern und Ohrenfolter wie 'Last Christmas' abzuarbeiten, ist heuer halt verstärkt Gevatter Glühwein dran.
Sonntag, 17. Dezember 2023
Vermischtes und Zeugs (LXXI)
In der aktuellen Finanzdebatte lässt sich wieder einmal sehr schön das depperte Menschenbild von Konservativen/Rechten und (Neo-)Liberalen studieren: Steuererhöhungen für Reiche? Niemals! Reiche müssen maximal mit Geld und Subventionen gepampert werden, um sie zu irgendwas zu motivieren. Arme hingegen sind nur zu irgendwas zu motivieren, indem man ihnen möglichst viel Geld wegnimmt. Erbschaften höher zu besteuern, ist Diebstahl, Bürgergeld ist "anstrengungsloser Wohlstand".
Mittwoch, 13. Dezember 2023
Doch, es ist kompliziert!
Die Tage wurden die Uni-Präsidentinnen Claudine Gay (Harvard), Elizabeth Magill (Pennsylvania) und Sally Kornbluth (M.I.T.) bei einer Anhörung des Kongresses von der republikanischen Abgeordneten Elisa Stefanik hart zur ihrer Haltung zu antisemitischen Umtrieben an ihren Institutionen befragt. (Das geschah übrigens, weil auch US-amerikanische Privatuniversitäten öffentliche Mittel bekommen.) Der Auftritt der drei Damen geriet zu einem Desaster, da sie sich auf Stefaniks autoritäres Nachbohren nicht einlassen wollten und ins Relativieren gerieten.
Sonntag, 10. Dezember 2023
Ronny des Monats - Dezember 2023
Und, haben Sie schon gehört? Die AfD Sachsen wurde als dritter AfD-Landesverband als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. Next up: Wasser ist nass. Die Vorweihnachtszeit ist ja traditionell die Hauptsaison der militanten Kulturbewahrer. Ihnen entgeht kein 'Lichtermarkt' oder 'Winterfest', kein gegendertes Zipfelmännchen bei Penny, ohne dass sie gleich Alarm schlagen in den asozialen Medien. Man könnte vielleicht daran erinnern, dass sich heuer zum ersten Mal weniger als die Hälfte der Bevölkerung nicht mehr einer christlichen Kirche angehören. Und dass solch ein gesellschaftlicher Wandel, egal wie man dazu stehen mag, sich halt auch irgendwie im Alltagsleben niederschlägt. Aber das ist wohl schon wieder zu viel der Zumutung.
Samstag, 9. Dezember 2023
Vermischtes und Zeugs (LXX)
So ziemlich alles, was es über einen wie René Benko und seinen windigen Investoren-Erlöserkapitalismus zu wissen gibt, lässt sich spätestens seit 1956 in Friedrich Dürrenmatts Stück 'Der Besuch der alten Dame' nachlesen. Merke: Wenn irgendwo ein reicher Erbonkel mit fetter Kohle winkt, ist ganz schnell auf ganz vieles geschissen.
"Dass dieser Kapitalismus ungerechte Verhältnisse produziert, die Lebensgrundlagen des Planeten ruiniert und alles in allem eine mit dem Zuckerguss des Konsums überzogene menschenfeindliche Veranstaltung ist, ist in zwei Minuten gesagt. Was machen wir mit den restlichen 43 Minuten Sendezeit?" (Max Uthoff)
Dienstag, 5. Dezember 2023
Wahre Worte (71)
Heute: Hans Mentz über Witzshirts
"Seit längerem schon frage ich mich, warum Witzshirts meinen Widerwillen wecken, denn eigentlich zeugt es von Edelmut, seine Mitmenschen unterhalten zu wollen. Es tritt nur schnell ein Ermüdungseffekt ein: nach einmaliger Lektüre. Auf offener Straße mögen solche T-Shirts ja noch auszuhalten sein, in Büros und anderen Zwangs- wie Zufallsgemeinschaften nicht. Niemand sollte die Kollegen für die Dauer des gemeinsam verbrachten Tages ununterbrochen mit demselben Oneliner konfrontieren und mangels neuen Stoffs in der nächsten Woche eventuell schon wieder. Und im Zugabteil möchte ich nicht ständig »Als Gott mich schuf, wollte er angeben« auf dem Bauch des Gegenübers lesen.
Samstag, 2. Dezember 2023
Ein Stern (2)
Man kann spitzfindig sein. Man könnte etwa sagen, Gil Ofarim sei ja nicht wirklich schuldig, denn er sei ja gar nicht rechtskräftig verurteilt worden. Dem sei er mit seinem Geständnis zuvorgekommen. Kann man machen, ist aber müßig und arg bemüht. Tatsache ist: Der Musiker Gil Ofarim hat sich die Geschichte, dass ein Mitarbeiter des Leipziger Westin-Hotels ihn aufgefordert haben soll, seine Halskette mit Davidstern-Anhänger abzunehmen, ausgedacht. Viele haben ihm das sofort geglaubt oder es zumindest für glaubhaft gehalten. Darunter auch ich. Eine Welle der Solidarität brandete über dem Sänger zusammen.
Donnerstag, 30. November 2023
Vermischtes und Zeugs (LXIX)
Nach dem Wahlsieg von Geert Wilders in den Niederlanden sollte der PVV-Abgeordnete Gom van Strien Sondierungsgespräche für eine mögliche Regierungskoalition führen. Stellte sich raus: Die Universität Utrecht, ehemaliger Arbeitgeber van Striens hatte bereits im Frühjahr gegen ihn Anzeige wegen Betruges erstattet. Van Strien bestritt die Vorwürfe, trat aber trotzdem zurück. Immerhin kein Studienabbrecher und kein Grüner.
Mittwoch, 29. November 2023
Der Scheinsieger
Glaubt man diversen hiesigen Medien, dann hat Friedrich Merz mit seiner gestrigen Rede im Bundestag, in der er unter anderem Olaf Scholz Regierungsfähigkeit absprach, der 'Ampel', deren Beliebtheitswerte sich inzwischen denen von Enkeltrickbetrügern und Hämorrhoiden annähern, einen echten Wirkungstreffer versetzt. Und der Tenor so: Das war’s jetzt endlich mit der Ampel! Das hat gesessen! Bald ist die Chaostruppe weg, davon erholen die sich endgültig nicht mehr! Merz hats ihnen so richtig gegeben, yes!!! Entschuldigung, geht es vielleicht noch ein wenig oberflächlicher? Inzwischen erscheint mir weit realistischer, es in größeren Teilen der Medien nicht mit Gesinnungs-, sondern eher mit reinem Stimmungsjournalismus zu tun zu haben.
Montag, 27. November 2023
Mehrwertsteuer-Terror
Immer wenn Kapital sein Herz für die Nöte von Geringverdienern entdeckt, kann man sicher davon ausgehen, es mit Propaganda zu tun zu haben. Jetzt droht der nächste Ampel-Hammer: Ab Januar wird die Mehrwertsteuer in der Gastronomie von 7 wieder auf 19 Prozent angehoben. Es handelte sich dabei um eine Subvention: Der Staat verzichtete auf Steuereinnahmen, um den durch Corona-Einschränkungen, Energiekosten und Inflation gebeutelten Gastronomen Einnahmen zu verschaffen. Damit ist jetzt Schluss und das findet die Branche naturgemäß nicht nett. Herr Ivecen aus Mainz etwa:
Samstag, 25. November 2023
Jenseits der Blogroll - 11/2023
Die Fundstücke des Monats wieder. Die hässliche Fratze der "Polykrise" (Tooze) zeigt sich darin, dass die Welt aus dem Krisenmodus quasi gar nicht mehr herauszukommen scheint. Zu den in unserem Horizont augenfälligsten Großkrisen (in anderen Gegenden der Welt hieße es nur: Willkommen im Club!) Klimawandel und Ukraine-Krieg, gesellte sich im Oktober der Angriff der Hamas auf Israel und die Antwort Israels darauf. Was unbequemerweise viele der wohlfeilen hiesigen Bekenntnisse von Israels Sicherheit als deutscher Staatsräson als das hohle Geschwätz entlarvte, das es wahrscheinlich schon immer war.
Donnerstag, 23. November 2023
Hoffen auf die Farce
"Hegel bemerkt irgendwo, dass alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce." (Marx)
Das Lustige ist ja (wenn man das denn lustig finden will): Faschisten und Nazis pflegen vorher ganz genau anzukündigen, was sie vorhaben. Die machen da absolut keinen Hehl draus. Streuen niemandem Sand in die Augen. Halten damit nicht hinter dem Berg. Hitler hat schon in den 1920ern klipp und klar seine Politik der Gewalt gegen alle Gegner und sogar die Auslöschung der Juden offen angekündigt. Und alle so: Haha, wie soll DAS denn gehen? Der kleine Spinner mit der Rotzbremse wieder! Macht bestimmt nur Spaß. Und überhaupt, wie der schon aussieht...
Dienstag, 21. November 2023
Vermischtes und Zeugs (LXVIII)
Das Land befindet sich mitten in einer Rezession und die Union feiert, dass es jetzt 60 Mrd. weniger für Investitionen gibt, weil sie dem politischen Gegner damit eins auswischen konnte. Das muss dieses 'staatstragend' sein, von dem Konservative so gerne faseln. Was zu langfristigem strategischen Denken offenbar Unfähige wie Friedrich 'schwarze Null' Merz und seine Clacqeure, scheint's, nicht raffen: Diese Beschränkungen betreffen nicht nur die verhasste 'Ampel', die Merzens naturgegebenen Einzug ins Kanzleramt schnöde blockiert, sondern werden auch alle künftigen Regierungen treffen, darunter eine eventuell von ihm angeführte.
Samstag, 18. November 2023
Migrantisches (3)
Es gibt schon jetzt ganze Branchen, in denen quasi kein Personal mehr zu kriegen ist. Fast der gesamte Gesundheitsbereich. Gastronomie, Service. Aber nicht nur da. Kenne jemanden im Kreis Höxter, eine strukturschwache Gegend, nächster Autobahnanschluss 60 Kilometer entfernt. Dort steuern sie mit Riesenschritten auf Vollbeschäftigung zu. Ein Hersteller von Wärmepumpen dort sucht 30 bis 40 Montagehelfer, keine Vorkenntnisse erforderlich, 17 Euro pro Stunde aufwärts plus Schicht- und Wochenendzulagen. Nach sechs Monaten mehr. Findet keine. Jedenfalls nicht genug.
Mittwoch, 15. November 2023
Vermischtes und Zeugs (LXVII)
Es ist immer wieder herzig mitanzusehen, dass diejenigen, die für sich in Anspruch nehmen, immer alles zu 'hinterfragen' das nie bei sich selbst tun. So fordern Quersprallos und Coronadullis seit einiger Zeit, es habe gefälligst eine "Aufarbeitung" der Corona-Maßnahmen stattzufinden. Lies: Die Coronaverbrecher von der Regierung sollen ihre Sünden bekennen, vor der Welt zu Kreuze kriechen und dann am besten noch bestraft werden.
Sonntag, 12. November 2023
Ronny des Monats - November 2023
Man geht sicher nicht zu weit, wenn man sagt, die letzten Wochen standen vor allem im Zeichen der sprunghaft angestiegenen Zahl antisemitischer Taten seit dem 7. Oktober. Was natürlich bloß purer Zufall ist, gell? "In Berlin versuchten Unbekannte, einen Brandanschlag auf eine Synagoge zu verüben. Sie warfen Molotow-Cocktails auf ein Gebäude, in dem sich zudem eine Grundschule und eine Kita befinden. In Aachen versuchte ein Iraker, die Scheibe einer Synagoge einzuschlagen." (tagesschau) Aha! Ein Iraker! Da haben wir’s! Alles importierter Antisemitismus, nicht wahr, Ronny? Hättest du wohl gern. Remember Weimar: Every rightwing accusation is a confession.
Donnerstag, 9. November 2023
Postkoloniale Allianzen
Man hört derzeit Palästinenser:innen klagen, sie würden mit der Hamas in einen Topf geschmissen und man solle ihnen doch zuhören und so. Disclaimer: Ich kann die Trauer und Betroffenheit verstehen und will das nicht schlecht- oder kleinreden. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die überwiegende Mehrheit der Muslime, also auch der Palästinenser, die hier leben, nicht auf Gewalt aus ist, dass die meisten einfach nur unbehelligt in Frieden hier leben wollen, dass sich auch welche gegen Antisemitismus engagieren und dass es wie so oft die paar Prozent Säure sind, die den Saft zum Essig machen.
Montag, 6. November 2023
Manni, feste! (2)
Mit der Zuverlässigkeit eines Schweizer Uhrwerks kommt sie alle paar Jahre wieder nach oben geblubbert: Die Leitkulturdebatte. Jetzt hat Deutschlands Meistverkaufte ein 'Manifest für Deutschland' (nein, ich verlinke immer noch nicht direkt auf dieses Blatt) verbraten, das in nicht weniger als 50 Regeln klarstellen soll, was es heißt, ein guter Deutscher zu sein. Weil's doch gerade wieder so schlimm steht ums Vaterland. Sollte da eventuell der Eindruck entstehen, man wolle damit nur Migranten in Hausmeister-Manier Mores lehren, dann ist das gar nicht wahr und bloß linke Hysterie und Hetze.
Freitag, 3. November 2023
Vermischtes und Zeugs (LXVI)
Dass sich bei uns auch ein Friedrich Merz zur Mittelschicht zählt, ohne schallend ausgelacht zu werden, liegt unter anderem an der höchst schwammigen Definition des Begriffes. Zur Mittelschicht könnte man grob all jene zählen, die die für ihren Lebensunterhalt nötigen Mittel überwiegend aus durch Arbeits-, Werk- und Dienstverträge geregelter selbstständiger oder nichtselbstständiger Tätigkeit beziehen (müssen), aus der sie wiederum so viele Einnahmen generieren, dass noch irgendeine Form von Vermögensaufbau möglich ist. Umkehrschluss: Wer am Ende des Monats keinen Cent übrig hat, ist so wenig Mittelschicht wie einer, der so viel hat, dass er von heute auf morgen das Erwerbsarbeiten komplett sein lassen könnte, ohne sich irgendwo einschränken zu müssen.
Donnerstag, 2. November 2023
Fast fertig
Was 1989 bei der IBA Emscherpark erstmals vorgestellt wurde, der ökologische Rückbau und die Renaturierung der Emscher, nähert sich der Vollendung. Hier in der Gegend gibt es seit einigen Monaten das Emscherland, einen hübschen Naturpark um das renaturierte Flüsschen, das für meine Generation noch gleichbedeutend war mit 'stinkender Abwasserkanal'. Wer in Emschernähe wohnen musste, hatte es nicht gut getroffen im Leben. Weil die ursprünglich määandrierende Emscher mit Beginn der Industrialisierung als Kloake genutzt wurde, grassierten bald Seuchen im Emscherbruch. Dann kanalisierte man den Fluss. Die Krankheitsfälle gingen zurück, was allgemein begrüßt wurde. Jetzt lässt sich an den lieblichen Gestaden lustwandeln.
Dienstag, 31. Oktober 2023
Erschlagen
Der neue 'Asterix'-Band 'Die weiße Iris' ist mehr als gelungen. Endlich!
Seitdem ich die 'Asterix'-Renaissance hier begleite, bin ich der Meinung, die Geschichte ist nicht das Problem, das Gerede, 'Asterix' sei "ein auserzählter Witz" (Arno Frank) habe ich immer für Blabla gehalten. 'Asterix' hat auch zu Réne Goscinnys Lebzeiten diverse gesellschaftliche Umbrüche verkraftet, eine wilde Zeit wie diese sollte eigentlich genügend Themen liefern. Das Problem trug für mich immer den Namen des Texters Jean-Yves Ferri. Der konnte mit dem ganzen Stoff sichtlich nichts anfangen, verhob sich ein ums andere Mal und machte hanebüchene handwerkliche Schnitzer. Hatte kein Gespür für Timing und Komposition, ihm unterliefen immer wieder derbe Logikfehler (ein aufmerksames Lektorat sollte so was eigentlich im Blick haben und korrigieren).
Sonntag, 29. Oktober 2023
Löchriges
Für das weitere Verständnis des folgenden ist es nötig zu wissen, dass ich beim Verrichten gewisser fäkaler Geschäfte gern für mich bin. Der Idee, dass gemeinsames Scheißen, am besten im Freien über einem offenen Erdloch und möglichst viele auf einmal, irgendwie gut für den Zusammenhalt und die seelische Entwicklung sei, habe ich nie viel abgewinnen können. Wenn möglich, suche ich mir Fazilitäten auf, in denen ich meine Ruhe habe. Von fremden Plätscher-, Plumps- und Furzgeräuschen fühle ich mich belästigt, vom Geruch ganz zu schweigen.
Samstag, 28. Oktober 2023
Vermischtes und Zeugs (LXV)
Ärztefortbildungen haben ja so einen gewissen Ruf weg. Auf Kosten eines Pharmaunternehmens ein Wochenende all inclusive im Wellnesshotel, zwischen zwei Golfründchen ein Stündchen Fachvortrag für die Fortbildungspunkte. Nein, nicht beleidigt sein, liebe Weißkittel, ich weiß, dass das Stereotype sind, die mit eurem harten Alltag nix zu tun haben. Andererseits: Lehrer hören sich auch seit Jahrzehnten an, im Prinzip bloß staatlich alimentierte Faultiere zu sein, die zwölf Wochen Urlaub im Jahr haben und wenn gerade keine Ferien sind, vormittags recht und nachmittags frei. Ist auch Quatsch.
Mittwoch, 25. Oktober 2023
Vanity Fair
Um mich mal selbst zu zitieren. Im März schrub ich über Sahra Wagenknecht:
"Vielleicht ist es hilfreich, sich klar zu machen, dass Sahra Wagenknecht keine Politikerin ist. Also in dem Sinne, dass sie tatsächlich konkret Politik machen will. Sie ist seit Jahren auf eigene Rechnung unterwegs. Als ewige Rebellin bespielt sie Talkshows, schreibt Bücher, hält Vorträge und kuschelt auch mit Rechten. Das Schlimmste, was ihr passieren könnte, wäre wirklich politische Verantwortung übernehmen zu müssen, etwa als Ministerin. Da wäre, wie einst bei Gatte Oskar, der Lack ganz schnell ab und der Job bald futsch. Und damit das auch bloß nicht passiert, hat sie sich ein cleveres Instrumentarium zurecht gelegt. Wann immer die Linke in den letzten Jahren auch nur in die Nähe von Sondierungen für eine Koalition geriet, verlautete aus ihrer Ecke sinngemäß so was:
Sonntag, 22. Oktober 2023
Jenseits der Blogroll - 10/2023
Es sind Zeiten, die einen an der Welt verzweifeln lassen. Da tötet eine Organisation, die sich explizit die völlige Auslöschung der Juden aufs Tapet geschrieben hat ("From the river to the sea"), über 1000 israelische Juden, und alles, was welchen, die ihren Zynismus vermutlich mit Abgeklärtheit verwechseln, dazu einfällt, ist: "Ja, aber die Israelis..." Es gab im 20. Jahrhundert schon einmal jemanden, der mehrfach ganz offen die Vernichtung der Juden in Europa als sein politisches Ziel verkündete. Damals soll in einigen Kreisen sehr gelacht worden sein. "Haha, wie soll das denn gehen? Der Komiker mit seinem lustigen Bärtchen wieder! Der macht bestimmt nur Spaß, der kleine Schreihals." Tja, dumm gelaufen, hat doch keinen Spaß gemacht, der Typ mit der Rotzbremse.
Samstag, 21. Oktober 2023
Wieder ganz Ohr
Die von 1993 bis 2004 produzierte, in Deutschland von 1995 bis 2004 ausgestrahlte Serie 'Frasier' bescherte mir einst viele frohe Stunden und belehrte mich Ignoranten darüber, dass Sitcoms mitnichten seichter Quark sein müssen, sondern höchst geistreiches, clever gemachtes Kunsthandwerk sein können. Ich kaufte DVDs, ich besitze sie heute noch.
Donnerstag, 19. Oktober 2023
Vermischtes und Zeugs (LXIV)
Die AfD gibt gerade eine allererste Kostprobe ihrer Regierungskunst: Hannes Loth, Bürgermeister von Sonneberg und erster AfD-Bürgermeister überhaupt, hatte im Wahlkampf kostenlose Kitas versprochen. Jetzt wurde ruchbar, dass die Kita-Gebühren in Sonneberg um 60 Prozent steigen werden. Auch weitere groß angekündigte Investitionen wie Sanierung von Feuerwehrhäusern und großzügige finanzielle Unterstützung von Vereinen fallen aus. Loths Begründung: "Rein finanziell sind wir pleite".
Sonntag, 15. Oktober 2023
Vorlesungen, Chuzpe, Lippenbekenntnisse
Dass ich die einst durchaus respektablen Nachdenkseiten schön länger nur mehr am Rande verfolge, sollte bekannt sein. Ich habe den Feed nach wie vor im Reader, aber meistens vergeht mir schon bei den reißerischen Überschriften die Lust aufs Weiterlesen. Jetzt aber stieß ich auf das Lesestück eines gewissen Jürgen Hübschen, das sogar für NDS-Maßstäbe ein Tiefpunkt ist. (Wer Hübschen so ist und was er so macht, erfahren wir übrigens nicht. Wer weiß, vielleicht ist er ja ein "ausgewiesener Nahost-Experte" oder hat sich "lange intensiv mit der Thematik befasst".) Schauen wir uns ein paar Schlüsselstellen seines Aufsatzes mit dem Titel 'Der neue Krieg in Nahost: Eine vorhersehbare Katastrophe' einmal genauer an:
Donnerstag, 12. Oktober 2023
Zehn Gedanken zu Israel
"Leute, denen der Nahe Osten normalerweise am Arsch vorbeigeht, die aber jedes Mal in helle Aufregung verfallen, wenn Israel involviert ist, und sei es am Rande, haben offenbar ein Problem mit Juden." (Hannes Stein)
Ja klar, man muss immer beide Seiten sehen und jeder Konflikt hat eine Vorgeschichte. Im Krieg gibt es nur Verlierer und alle sind immer ein bisschen mitschuld. Weiß ich. Dergleichen offensichtliches wie blatant dummes Geschwätz ist ja inzwischen quasi überall und wäre ein wenig leichter zu ertragen, käme es sich nicht so irre schlau, edgy und abgeklärt vor. Konnte man schon damals friedensbewegte Teppichtaschenmädels mit beeindrucken. Die Frage ist doch, wie man die beiden Seiten jeweils gewichtet. Und da ist aus meiner Sicht im Falle der Hamas-Angriffe auf Israel der Fall ziemlich klar:
Montag, 9. Oktober 2023
Vermischtes und Zeugs (LXIII)
Liebes Tagebuch! Ich hätte nie gedacht, dass das mal passieren würde, aber doch ist es geschehen: Ich kann eine Forderung Christian Lindners voll und ganz unterstützen. Ich bin übrigens sehr gespannt, wann die ersten Pannemänner um die Ecke kommen und den Israelis hochmoralische Vorträge halten, so von wegen Gewalt sei keine Lösung, im Krieg gebe es nur Verlierer und man müsse ja auch irgendwie die Vorgeschichte des Konflikts bedenken (will heißen: der Westen ist schuld!) und dass die Hamas ja quasi gar keine Wahl hatte.
Samstag, 7. Oktober 2023
Ronny des Monats - Oktober 2023
Finden Sie das auch so furchtbar? Dass irgendwelche Schmarotzer hier massenhaft angeschissen kommen und sich auf unsere Kosten die Zähne machen lassen? Ist aber kein neues Phänomen. In Ausgabe 4/1990 des SPIEGEL ist folgendes zu lesen:
"Ein besonders teurer Fall, gewiß, aber medizinische Hilfeleistung für DDR-Bürger ist längst keine Ausnahme mehr. Die AOK Berlin mußte in den vergangenen Wochen so häufig in Vorlage treten, daß ihr langsam die flüssigen Mittel ausgehen. [...] Aus Eigenmitteln können die Berliner Operationen und Brillen, neue Zähne und Grippemittel für die Besucher aus dem Osten nicht mehr bezahlen."
Donnerstag, 5. Oktober 2023
Gruselige Mischung
"Wir sind das Volk, und wir wollen, daß kein Gesetz sei; ergo ist dieser Wille das Gesetz, ergo im Namen des Gesetzes gibt's kein Gesetz mehr, ergo totgeschlagen!" (Georg Büchner, Dantons Tod)
Irgendwann muss das doch mal jemandem auffallen. Noch jeder Schweinediktator hat sich auf den 'Willen des Volkes' berufen. Oder darauf, nach selbigem zu handeln. Der Tweet zur deutschen Migrationspolitik zum Beispiel, den Elon Musk auf seiner persönlichen Spielwiese teilte, steht ihm als politische Meinungsäußerung selbstredend frei, offenbart aber sehr schön die Unreife, das Demokratiedefizit bzw. das mangelnde Verständnis für Politik, das Möchtegerndiktatoren wie er und andere Demokratieverächter unter der Fontanelle spazieren tragen und Gassi führen.
Dienstag, 3. Oktober 2023
Wahre Worte (70)
Heute: Robert Misik über die Krise des Westens
"Eine ewige Kompliziertheit ist es mit dem Westen: Er steht für die Idee der Freiheit, zugleich aber auch für Selbstverleugnung, Überheblichkeit und Verlogenheit. [...] Auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges gab es eine Diskrepanz zwischen dem Behaupteten und der Realität. »Der Westen« hielt Demokratie, Menschenrechte und Freiheit hoch und war zugleich Drahtzieher faschistischer Staatsstreiche wie in Chile und beging Kriegsverbrechen wie in Vietnam. [...] Heute ist die Idee des Westens längst durch die antiwestlichen Bewegungen im Westen selbst herausgefordert, also durch die Orbans, Höckes, Kickls und Trumps. Die geopolitische Dominanz des Westens ist sowieso schon untergraben, die ökonomische hat ein Ablaufdatum, und die liberale Demokratie wird von Innen in Trümmer gelegt. [...]
Samstag, 30. September 2023
Migrantisches (2)
Angst vor dem Spiegelbild
Globalisierung bedeutet, Kapital, Waren- und Geldströme möglichst unbehindert um die Welt zirkulieren zu lassen. Durch moderne Logistik, gemeinsame Wirtschaftsräume, Abbau von Zöllen und Reisebeschränkungen. Aber auch Menschen zirkulieren freier denn je. Seit dem Fall des eisernen Vorhangs 1990 kamen große Zahlen Arbeitsmigranten aus den armen ost- und mitteleuropäischen Ländern nach Westeuropa und übernahmen mehr oder minder bereitwillig Arbeiten, die Westeuropäer nicht akzeptierten zu Löhnen, die Westeuropäer nicht akzeptierten. Westliche Kapitalisten profitierten vom Lohngefälle, die mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaften von den Devisen, die ins Land kamen.
Donnerstag, 28. September 2023
Migrantisches (1)
Sie kommen!
Zu den größten Fehlern, die man so begehen kann, gehört es, Menschen, oder schlimmer, ganze Gruppen von Menschen a priori zu unterschätzen bzw. für dümmer bzw. naiver zu halten als sich selbst. Was die momentane 'Migrationsdebatte' daher so komplett unerfreulich macht, ist nicht nur, erstens, die allgemeine Menschenverachtung, die inzwischen aus so vielen ganz offen herausquillt, sondern auch, zweitens, eine euro- bzw. germanozentrische Arroganz, die bei vielen spürbar ist und, drittens, eine generelle Unfähigkeit, wenn kein Unwille, in größeren Zusammenhängen zu denken und sich lieber in irgendwelchen imaginierten 'Festungen' einzuigeln.
Dienstag, 26. September 2023
Vermischtes und Zeugs (LXII)
Die Saison des FC Bayern München verspricht interessant werden. Kahn und Salihamidžić haben ja Thomas Tuchel verpflichtet, weil Julian Nagelsmann es gewagt hatte, mit dem FCB zwei Spieltage lang nur Zweiter zu sein und deswegen gefeuert wurde. In Tuchel glaubte man, den bestmöglichen Trainer gefunden zu haben, der zu kriegen war. Leider gilt Tuchel als schwieriger Charakter, der sich bisher noch mit jeder Vereinsführung angelegt hat (Anruf in Dortmund, Paris und London genügt). Auch in München scheint es bereits zu knirschen. Stellt sich ferner raus: Der noch heißere Kandidat wäre eigentlich der in Leverkusen tätige Xabi Alonso gewesen. Mein Tipp: Irgendwann knallt's, Tuchel wird die Saison in München nicht überstehen, ein Teil des weiterhin zu zahlenden Nagelsmann-Gehalts übernimmt momentan eh der DFB und Alonso wird noch in der laufenden Saison aus Leverkusen herausgekauft.
Sonntag, 24. September 2023
Jenseits der Blogroll - 09/2023
Die Links und Fundstücke des Monats. In letzter Zeit fühlte man sich ja als nördlich des Weißwurstäquators Siedelnder ein wenig in die Vergangenheit versetzt. Als es noch durchaus salonfähig war, Witze zu machen über retardierte bayerische Bazis und Dörfler. Kennen se den? Wie sind die Bayern entstanden? Bevor Hannibal über die Alpen zog, sagte er: "Fuß- und Geschlechtskranke liiinks um!" Huhu, was haben wir gelacht! Dennoch, in der Causa Aiwanger war ein Anflug dieses Gefühls wieder da, diese Ahnung, dass 'Mia san mia!' eben nicht nur eine leere Floskel ist. Was mitunter in fast schmerzhaftem Kontrast steht zu der oft herrlichen Landschaft und dem großen sozialen Engagement, wie es etwa während der Flüchtlingskrise 2015 zu sehen war.
Freitag, 22. September 2023
Farbenspiele, Winkelzüge
"Patriot -- diese wunderbare Mischung aus Patriarch und Idiot." (Volker Pispers)
Wenn man dort, wo man sich gern staatstragend und seriös geben will, so richtig ins Klo greift, ist das immer doppelt lustig. Nehmen wir die CDU. Die kam ja jetzt auf die Idee, sich ein frisches neues Image zu verpassen. Und wählte als neue Parteifarbe ausgerechnet türkis. Wegen frisch und so. Weil das Merkelsche Orange vermutlich zu woke war oder sonstwie zu bunt oder so. Also türkis. Türkis, wie sich das einst ihr österreichisches Pendant ÖVP vom korrupten, rechtspopulismusoffenen Slimfit-Kanzlerwindei Sebastian Kurz hatte verpassen lassen. Der mit der FPÖ koalierte. Wer hier Schatten sehen will, die vorauseilen oder eine Parallele, kann sie behalten.
Dienstag, 19. September 2023
Wahre Worte (69)
Heute: Stefan Sasse über den Medienhass an den politischen Rändern
"An den Rändern links wie rechts ist die Ablehnung »der Medien« bereits seit Langem, wenn nicht sogar schon immer, ein zentraler Teil der politischen Strategie und der eigenen Identität. Ich erinnere mich noch an meine eigene deutlich linke Phase, in der ich davon überzeugt war, dass die »Mainstream-Medien« alle effektiv gleichgeschaltet, nicht vertrauenswürdig und in einem permanenten Kampagnenmodus seien. Die NachDenkSeiten hatten darauf ja quasi ihre ganze Existenz aufgebaut. Heute kriecht diese Haltung zunehmend in das bürgerliche Spektrum. Was früher einmal den Rändern vorbehalten war, ist bei der CDU zunehmend offizielle Strategie geworden. Das Feindbild Medien, ganz besonders natürlich das der Öffentlich-Rechtlichen, ist absolut besorgniserregend und passt leider ins Muster der rechten Kräfte weltweit. Es ist zerstörerisch für die Demokratie und wird am Ende […] auch nur denjenigen nützen, die die Demokratie ablehnen. Die Bürgerlichen rufen hier Geister, die sie nicht mehr loswerden werden." (19. September 2023)
Sonntag, 17. September 2023
Vermischtes und Zeugs (LXI)
Gute 30 Jahre dauerte es meiner Erinnerung nach, das Rauchen weitgehend aus dem öffentlichen Leben zu verbannen. Anfang der Neunziger traten immer mehr Antirauch-Aktivisten nicht mehr gesprächsbereit, sondern kompromisslos in der Öffentlichkeit auf. Ab 2010 wurden immer mehr Rauchverbote durchgesetzt. Lege ich die durchschnittliche Lebenserwartung zugrunde, habe ich in meinem Alter also noch 20-30 Jahre moderaten Fleisch- und Alkoholkonsum vor mir, bis das verboten wird. Könnte sich ausgehen. Oder die vegetarischen/veganen Imitate werden so gut, dass man sie irgendwann eh nicht mehr vom Original unterscheiden kann.
Mittwoch, 13. September 2023
Grüße vom Murmeltier
Ungefähr alle zehn Jahre erscheint eine SPIEGEL-Titelgeschichte über den desaströsen Zustand der deutschen Schulen. Dort wird von jeher das hiesige Schulleben in so drastischen Farben gemalt, dass man sich fragt, wie wir es damals überhaupt geschafft haben, Lerninhalte, die die Anforderungen von Topfschlagen überstiegen, intellektuell zu wuppen. Weil damals zu unserer Zeit waren die Schulen ja auch schon lost. Ebenfalls rund alle zehn Jahre kommen welche mit Vorschlägen um die Ecke, wie man deutsche Schüler dazu kriegen könnte, endlich die "unangemessene, lottrige, zerrissene oder freizügige" Kleidung abzulegen und sich ordentlich anzuziehen.
Labels:
Gesellschaft
,
Medien
,
netter Versuch
,
Sport
Sonntag, 10. September 2023
Vermischtes und Zeugs (LX)
Es ist schon verwunderlich, in welchem Maße die deutsche Journaille immer noch nicht begreift, dass man Rechten mit klassischen journalistischen Mitteln nicht beikommt und jeder Versuch in diese Richtung zum Scheitern verurteilt ist. Die Rechte hat nämlich im Umgang mit Medien ein perfektes, quasi unknackbares Catch-22 konstruiert, bei dem sie immer gewinnt: Bekommen sie Gegenwind, wird damit ihr Opfer- und Widerstandsnarrativ bedient. Dann beklagen sie unter allgemeinem Applaus ihrer an Fakten weitgehend uninteressierten Anhängerschaft weinerlich, von den 'Systemmedien' ganz böse diffamiert zu werden. Gelingt es ihnen hingegen, ein Interview oder eine Talkshow zu trollen, werden sie von ihrer Anhängerschaft ebenfalls gefeiert, weil sie’s den 'Systemmedien' aber mal so richtig gezeigt haben.
Samstag, 9. September 2023
Ronny des Monats - September 2023
Verehrte Lesende, da ich momentan beruflich recht eingespannt bin und ich den Kopf meist nicht freihabe, gibt es lediglich eine unillustrierte Sparversion der allmonatlichen Ronny-Verleihung. Aus den genannten Gründen könnte es auch passieren, dass hier eine Zeitlang nicht in gewohnter Frequenz gebloggt wird, mal sehen.
Dienstag, 5. September 2023
Canossagänge
Felix Klein, Beauftragter für Jüdisches Leben und Antisemitismus in Deutschland, hat Hubert Aiwanger einen Besuch der Gedenkstätte Dachau dringend anempfohlen. Aha. Und was soll das bringen? Bei allem Respekt vor den Opfern und der Arbeit, die dort geleistet wird, geht mir schon seit längerem auf den Keks, dass welche offenbar glauben, Menschen mehr oder minder zwangsweise eine KZ-Gedenkstätte besichtigen zu lassen, würde wie ein Allheilmittel gegen Rassismus und Antisemitismus irgendeine mirakulöse Wirkung haben, Bösnickeln Bekehrungserlebnisse bereiten, sie von argen Saulussen in fromme Paulusse verwandeln.
Samstag, 2. September 2023
Spaßige Kasse - The Sequel
Weil mein Wappentier bekanntlich ein Brontosaurus ist, der kurz vor dem großen Asteroideneinschlag noch genüsslich auf einer halben Tonne Blattwerk herumkaut, habe ich natürlich immer noch nicht das Geldinstitut gewechselt. So bin ich nach wie vor Kunde der örtlichen Spaßkasse, obwohl die mir in den letzten Jahren mehr und mehr Gründe geliefert hat, unzufrieden zu sein. Unter anderem ihre Geschäftspolitik, die offenbar dem Prinzip folgt: Service runter, Gebühren rauf. Letztens wollte ich eine höhere dreistellige Summe Bargeldes meinem Sparbuch überantworten. Ja, ich weiß, Sparbücher haben nur noch alte Leute und großzügige Ignoranten wie ich, die wegen der Kombination aus Inflation und quasi Nullzinsen unbedingt Geld verschenken wollen, aber das soll hier nicht unser Thema sein.
Labels:
Gesellschaft
,
Grenzerfahrungen
,
Neues aus Kapitalistan
Mittwoch, 30. August 2023
Jagdszenen aus Bayern
Natürlich wird Markus Söder so lange wie irgend möglich an Hubert Aiwanger festhalten. Er wäre mit der Muffe gepufft, wenn er was Anderes täte, denn er wird ihn demnächst wieder zum Regieren brauchen. Und Aiwanger will Macht, die bekommt er nur mit Söder, und er ist bereit, dafür Kröten zu schlucken. Söder wiederum kann gar nichts Besseres passieren als ein potenziell lästiger Koalitionspartner, der gern mal freidreht, den er aber jetzt so richtig an den Eiern hat und den er das wieder und wieder wird spüren lassen können. Daher auch seine Empörung über das Flugblatt und seine heftigen Distanzierungen vom Hubsi. So geht Politik. Man nehme niemals Moral als Erklärung an, wenn Machtkalkül es auch täte.
Montag, 28. August 2023
Vermischtes und Zeugs (LIX)
Wenn wissenschaftlich einigermaßen klar umrissene Fachbegriffe in die Umgangssprache sickern, endet das meist nicht in Erkenntnisgewinn, sondern in Unklarheit und diskursivem Quark. Man denke daran, wie im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen von 'Gleichschaltung' und 'Ermächtigungsgesetz' gefaselt wurde. Dass es Mode ist, es 'Mobbing' zu nennen, wenn jemand sich punktuell eine blöde Bemerkung gefallen lassen muss. Oder wenn Leute davon sprechen, 'getriggert' zu sein, wenn sie etwas auf die Palme bringt, das sie irgendwie doof finden. Und so ist es auch Kokolores, wenn die Hinweistafeln des WDR als 'Triggerwarnungen' bezeichnet werden. Weil hier noch ein wissenschaftlicher Terminus wie 'Trigger' verwässert und damit entwertet wird.
Samstag, 26. August 2023
Jenseits der Blogroll - 08/2023
Meine Güte, ist das ein Hamsterrad oder grüßt von irgendwo ein Murmeltier? Das Fundstück der Woche war sicher das Foto, das Harald Schmidt auf einer Veranstaltung der rechten 'Weltwoche' bei fröhlichen Partymachen mit den Herren Matussek und Maaßen zeigt. Die Reaktionen waren so öde wie vorhersehbar: Entweder "Hängt den Nazi höher!" oder "Soso, jetzt wollen die linksgrünwoken Kryptofaschisten dem Herrn Schmidt auch noch das Feiern verbieten!" Empör, empör! Oder auch: "Hihihi, jetzt kriegen die ganzen Linken wieder Krämpfe, huhuhu, voll witzig!" Gähn.
Donnerstag, 24. August 2023
Kein Mathe können, revisited
Es ist kein Zufall, dass kulturpessimistische Untergangspropheten so oft dem nationalen/patriotischen Lager nahestehen. In streng nationaler Nabelschau wirkt alles noch mal so schlimm. Deutschland am untergehen! Fangt schon mal das Beten an! Sooo schlimm war es noch nie! Und die Grünen sind schuld! Ein Blick über den Tellerrand und die Erkenntnis, dass auch in anderen Ländern Regierungen mehr oder weniger holprig durch die "Multikrise" (Tooze) tapern, würde da nur stören. (Auch Teile der Linken lieben den streng nationalen Blick und verbitten sich mitunter Hinweise auf ebenfalls schlimme Zustände woanders, denn das sei bloßes Relativieren.)
Dienstag, 22. August 2023
Das Böse ist immer und überall
Regina Schillings Dokumentation 'Diese Sendung ist kein Spiel' versteigt sich zuweilen ins arg Verquaste. Das ist schade um die guten Ansätze.
Denjenigen, die sich für die Verfasstheit der Bundesrepublik West während der Nachkriegsjahre interessieren, kann Regina Schillings Dokumentarfilm 'Kulenkampffs Schuhe' von 2018 nicht genug empfohlen werden. Schilling verknüpft ihre eigene Familienbiographie, den sozialen Aufstieg ihres Vaters, der es als Drogist während der Wirtschaftswunderjahre 'zu etwas bringt', wie das hieß, mit den Biographien damaliger Fernsehgrößen wie Hans-Joachim Kulenkampff, Peter Frankenfeld, Horst Tappert und Hans Rosenthal.
Sonntag, 20. August 2023
Betonklotz
Das, liebe Lesende, ist der Bunker 'Valentin' in Bremen-Farge. Ein Trumm von über 400 Metern Länge. Wie andere U-Boot-Bunker wollte man ihn nach dem Krieg sprengen, errechnete aber, dass wegen der supermassiven Bauweise so große Mengen Sprengstoff nötig seien, dass die Umgebung zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Also blieb das Monstrum stehen und gammelte vor sich hin.
Donnerstag, 17. August 2023
Eine Chance, sich zu entspannen
Die Boomer werden sich erinnern. An den westdeutschen Fabrikatsnationalismus. Nur hierzulande, so ging einst die Fama, wurde akzeptable, sprich: allerhöchste Qualität produziert. Und so hatte, wer auf sich hielt, ausschließlich deutsche Elektrofabrikate im Hause. Grundig, Nordmende, Telefunken, Saba, Uher, Braun, Dual, Perpetuum-Ebner, Elac und wie sie alle hießen. Wer fotografierte, für den kamen, so er sich's leisten konnte, nur Rollei, Voigtländer, Agfa, Leica oder Minox infrage. Und wer es wagte, die treusorgende Hausfrau mit fremdländischer Weißware auszustatten, anstatt mit Constructa, Küppersbusch oder Miele, wie sich’s gehörte, den mochte der Blitz auf dem Klo treffen.
Montag, 14. August 2023
Vermischtes und Zeugs (LVIII)
Missionarisch veranlagte Veganer waren schon voller Vorfreude: Da gibt es in den USA eine Zeckenart, deren Biss den Fleischfressern die Lust am Fleisch vergällt. Die Viecher bugsieren ein Zuckermolekül namens Alpha Gal in den Körper des Wirts, wo es dann beim Konsum von rotem Fleisch teils schwere allergische Reaktionen auslösen kann, das sogenannte Alpha-Gal-Syndrom. Symptome können Übelkeit, Bauchschmerzen, Ausschlag und Atemnot sein. (Geflügel und Fisch reagieren nicht auf das Molekül.) Wäre das nicht geil? Die Leute hören ganz einfach so auf, tote Tiere zu essen, weil sie davon krank werden. Nun aber dumm gelaufen: Die Allergie kann von selbst wieder abklingen und es werden bereits Schweine gezüchtet, deren Fleisch keine Immunreaktion auslöst.
Sonntag, 13. August 2023
Reiseimpressionen (13)
Rupertiwinkel, Salzburger/Berchtesgadener Land. 2019, vor der Seuche, war ich zuletzt in dieser schönen Ecke. Dass Salzburg im August Festspiele hat und auch voll ist mit italienischen Gästen, war mir bekannt. Aber so voll mit Touristen und Selfiemachern aus aller Welt, vor allem Amerikaner und Fernost, habe ich es noch nie erlebt hier. Nun ja, es ist halt ein Hotspot, wer das nicht will, muss im Herbst oder im Frühjahr kommen. Ich kann mich erinnern, als nicht mehr Kind und noch nicht Pubertand mit den Eltern mal herbstens hier gewesen zu sein. Habe ich durchaus in angenehmer Erinnerung. Sollte ich bei Gelegenheit wiederholen, denke ich.
Mittwoch, 9. August 2023
Ronny des Monats - August 2023
Die Ronnys des Monats. Ausnahmsweise erlaube ich mir, auf eine wunderbare Aktion der Initiative 'Kein Bock auf Nazis' hinzuweisen. Die ließen, finanziert durch Spenden, während des AfD-Parteitages in Magdeburg mehrere Tage ein Flugzeug über der Halle kreisen, das ein Transparent mit der Aufschrift "Scheiss AfD" im Schlepp hatte. Bringt das einen überzeugten AfD-Wähler ins Nachdenken? Wohl kaum. Aber das tun Gegendemos auch nicht unbedingt, sind aber dennoch wichtige Zeichen. Und als Reaktion haben ein paar Fans natürlich wieder einmal deutlich gemacht, was sie so unter Demokratie und Meinungsfreiheit verstehen.
Samstag, 5. August 2023
Sommerloch: In die Lehrermangel genommen
Kann natürlich sein, dass ich mich da täusche, aber in Deutschland scheint
es mitunter einen Hang zu geben, exakt das Gegenteil von dem zu tun, was
rational und vernünftig wäre.
Viele amerikanische Unternehmen haben das seit Urzeiten kapiert und perfektioniert: Der wahre Segen liegt nicht im Verkaufen allein, sondern vor allem auch im Beschwerdemanagement. Klug ist es daher, die besten, talentiertesten Verkäufer nicht nur ins glamoröse Scheinwerferlicht der Verkaufsräume zu stellen, sondern sie, ordentlich geschult und bezahlt, versteht sich, Reklamationen bearbeiten zu lassen. In deutschen Unternehmen dagegen, in 'traditionellen' zumal, scheint Reklamationsabwicklung immer noch eine Strafarbeit für Unbegabte zu sein, die irgendwelchen Mist gebaut haben.
Viele amerikanische Unternehmen haben das seit Urzeiten kapiert und perfektioniert: Der wahre Segen liegt nicht im Verkaufen allein, sondern vor allem auch im Beschwerdemanagement. Klug ist es daher, die besten, talentiertesten Verkäufer nicht nur ins glamoröse Scheinwerferlicht der Verkaufsräume zu stellen, sondern sie, ordentlich geschult und bezahlt, versteht sich, Reklamationen bearbeiten zu lassen. In deutschen Unternehmen dagegen, in 'traditionellen' zumal, scheint Reklamationsabwicklung immer noch eine Strafarbeit für Unbegabte zu sein, die irgendwelchen Mist gebaut haben.
Mittwoch, 2. August 2023
Einfach zu verlockend
"Sprache ist das Fundament des Massenmords." (Daniel Jonah Goldhagen)
Zwischen März und Juli 1994 ermordeten in Ruanda Hutu-Milizen zirka 800.000 Menschen, fast ausschließlich Tutsi, innerhalb von 100 Tagen. Das macht im Schnitt 8.000 am Tag. Eine Quote, die gerade einmal die SS in ihren Mordfabriken an einzelnen Tagen hinbekam. Das geschah ganz offen unter den Augen der Weltöffentlichkeit, die sich außerstande sah, das Massaker auch nur einzudämmen. Die in Ruanda stationierten UNO-Truppen hatten weder das Mandat noch die Ausrüstung, etwas auszurichten. Nichteinmischungsgebot, kann man nichts machen.
Montag, 31. Juli 2023
Vermischtes und Zeugs (LVII)
Satire, so schrieb's Kurt Tucholsky einst, sei die Waffe der Schwachen gegen die Mächtigen. Das ist zunächst einleuchtend. Problematisch wird es, wenn nicht klar ist, wer die Mächtigen eigentlich sind. So kann jeder Antisemit Stürmer-Karikaturen mit feist hakennasigen jüdischen Superkapitialisten rechtfertigen mit: "Wieso? Ist doch nur Satire, es geht schließlich gegen die Mächtigen.". Und was ist mit regierungsnaher Satire, zum Beispiel Anti-Hitler-Filmchen, wie sie 1941ff. im Auftrag der US-Regierung auch von Disney produziert wurden? War das noch Satire oder bloß Propaganda?
Samstag, 29. Juli 2023
Sommerloch: Steinerne Schlussstriche
"Watt fott ess, ess fott." (Rheinisches Grundgesetz, § 4)
Ich bekenne, durchaus etwas über und ein Faible zu haben für alte Gemäuer und so genannte 'geschichtsträchtige' Orte. Stehe ich im Oktogon des Aachener Doms, vor dem Speyerer Dom, in der Hagia Sophia, der Kathedrale von Saint-Denis, am Londoner Tower, auf dem Forum Romanum, der Nürnberger Kaiserburg oder an ähnlichen Orten - you name it - und lasse die Gedanken schweifen, dann geht mir das Herz auf. Als Kind und Heranwachsender fand ich den alten Kram erst totenöde, da komplett uninteressant, dann war er mir egal. Als ich begann, mich für Geschichte zu interessieren, wurde das anders. Wer mit mir in den Kölner Dom geht, muss sich auf einen längeren Aufenthalt gefasst machen, denn ich finde immer was Spannendes zu entdecken.
Dienstag, 25. Juli 2023
Jenseits der Blogroll - 07/2023
"Der Zustand der gesamten menschlichen Moral läßt sich in zwei Sätzen zusammenfassen: We ought to. But we don't." (Kurt Tucholsky)
Die Links und Fundstücke des Monats. Was ist eigentlich mit dem Ukraine-Krieg? Da wird nach wie vor gekämpft, gelitten und gestorben, aber das alles scheint inzwischen mehr im Hintergrund zu laufen. Gewöhnung, sicher. Traurig, war aber irgendwie abzusehen. Auch scheint das ganze Elend sich so zu entwickeln, wie mir das schon ganz zu Beginn spontan in den Sinn gekommen ist: Zu einem mühsamen, blutigen Abnutzungskrieg, in dem es nur mehr um Material geht und darum, welche Seite am Ende mehr Ressourcen mobilisieren kann. Die Weltkriege eins und zwei grüßen von ferne.
Samstag, 22. Juli 2023
Vermischtes und Zeugs (LVI)
Es ist immer wieder zutiefst befriedigend, wie Geschäftsmodelle sich selbst erledigen, sobald die Gier Einzug gehalten hat. Aus Gründen, die hier nichts zur Sache tun, war es nötig geworden, dass ich für Anfang August kurzfristig eine Bleibe im Berchtesgadener Land, Nähe Salzburg, benötigte. Zur Information: Im August herrschen in Bayern und Italien Sommerferien und Salzburg hat um diese Zeit Festspiele.
Dienstag, 18. Juli 2023
Schmähkritik des Tages (68)
Heute: Kollegiales zum Thema Bundesjugendspiele
"[Wenn] ich lese, es »sei zudem eine wichtige Erfahrung, dass andere auf manchen Gebieten besser sind, der Umgang mit Misserfolgen sei auch ein wichtiger Lerninhalt.«, dann denke ich: »Um den sportlichen Kindern zu zeigen, dass andere Kinder noch sportlicher sind als sie, müssen unsportliche Kinder verpflichtet werden, ihre Unsportlichkeit unter Beweis zu stellen.« Dann das ist jedenfalls, was passiert.
Sonntag, 16. Juli 2023
Am Wegesrand (5)
Verehrte Damen und Herren, Sie sehen hier: Ein Reh. Also kein echtes jetzt, sondern ein Kunstwerk.
Freitag, 14. Juli 2023
Sommerloch: Völkerballerei
Wie jedes Jahr um diese Zeit erleichtere ich mir auch heuer die Bloggerei, indem hier ein paar Wiederholungen erscheinen. Warum sollen das nur Fernsehsender dürfen? Passend zum Beitrag über die Bundesjugendspiele letztens folgt ein Klassiker aus der Reihe 'Opa erzählt vom Schulsport' aus dem letzten Jahrhundert.
'Scharfschützen', so und ähnlich wurden G. und O. damals genannt. Ihren
schusswaffenhaften Würfen entkam nichts und niemand. Weil unsere
Sportlehrer das bald raus hatten, sorgten sie dafür, dass G. und O. beim
Völkerball nie in der selben Mannschaft waren. Sonst wäre die Sache
nämlich nach wenigen Minuten vorbei gewesen. Völkerball erschien mir
damals vor allem hochgradig entlastend für Sportlehrer zu sein. Keine
große Vorbereitung, kein Geräteaufbauen, einfach einen Ball gegriffen
und gesagt: So, wählt mal eben zwei Mannschaften, wir spielen ne Runde
Völkerball! Was sollten sie auch groß machen? Zu meiner Zeit gab es noch
einzelne Sportstunden von 45 Minuten Länge. Zog man das Umziehen ab,
blieben da netto vielleicht noch zwanzig Minuten übrig.
Montag, 10. Juli 2023
Ronny des Monats - Juli 2023
"Die AfD steht bei 20, die Linke bei 4 (!) Prozent. Und je lauter man in den Thüringer Wald hineinruft: »Ihr seid scheiße«, desto mehr wählen dort erst recht rechts." (Lukas Wallraff)
So denn, der unsägliche 'Stolzmonat', mit dem versucht wurde, dem Pride Month was mit National entgegenzusetzen, wäre glücklich überstanden. Ich komme bis heute nicht klar mit dem Konzept, auf etwas stolz zu sein, wozu man nichts beigetragen hat, darunter den kompletten Zufall, in einer ganz bestimmten Gegend der Welt zur Welt gekommen zu sein. Was soll das?
So denn, der unsägliche 'Stolzmonat', mit dem versucht wurde, dem Pride Month was mit National entgegenzusetzen, wäre glücklich überstanden. Ich komme bis heute nicht klar mit dem Konzept, auf etwas stolz zu sein, wozu man nichts beigetragen hat, darunter den kompletten Zufall, in einer ganz bestimmten Gegend der Welt zur Welt gekommen zu sein. Was soll das?
Freitag, 7. Juli 2023
Vermischtes und Zeugs (LV)
Kleines Gedankenexperiment zur Causa Pechstein: Man stelle sich vor, ein*e den Grünen oder der SPD nahe stehende*e Polizist*in hätte auf einer Parteiveranstaltung der Grünen oder der SPD in Uniform eine Rede gehalten und sei für einen Abschiebestopp, Nutzen von Gendersprache und ein modernes Familienbild eingetreten. Und Saskia Esken bzw. Ricarda Lang hätte die Rede "brillant" genannt. Merz, Söder, Aiwanger und die AfD hätten noch Monate später gegeifert und hyperventiliert von wegen Amtsanmaßung, Missbrauch der Uniform und Neutralitätsgebot und so.
Dienstag, 4. Juli 2023
Die Bundesjugendspiele sind nicht das Problem
Jetzt werden also die Bundesjugendspiele in der bisherigen Form abgeschafft. Den Kindern ist das Trauma, eventuell nur eine Teilnehmerurkunde zu bekommen (die es zu meiner Zeit noch nicht gab), nicht mehr zuzumuten, heißt es. Also weg damit. Komisch, ich und die, mit denen ich so rumhing, haben die Bundesjugendspiele damals nie als Zumutung empfunden, sondern eher als nette Abwechslung vom Schulalltag. Typische Bundesjugendspiele sahen für unsereins ungefähr so aus:
Samstag, 1. Juli 2023
Verführerisches
"Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat." (Erich Kästner)
Nicht zufällig war in der Nachkriegszeit 1945ff. das Narrativ von den 'verführten Deutschen' vor allem in bürgerlichen Kreisen beliebt. Die Deutschen seien insgesamt ein total super friedliches Kulturvölkchen gewesen -- ja gut, das hatte sich wegen eines in jeder Hinsicht überforderten Staatsoberhauptes, der aber leider Monarch und somit unabsetzbar war, in diesen Krieg hineinziehen lassen, aber wir wollen nicht kleinlich sein --, dann aber sei wie Kai aus der Kiste, quasi aus dem Nichts, der diabolische, charismatische Superbösewicht Hitler über sie gekommen und habe sie mit seinen unwiderstehlichen, schwarzmagischen Kräften zum Nazitum verführt. (Dass zum Verführen immer zwei gehören, wie jede*r Paartherapeut*in weiß -- nun ja.)
Freitag, 30. Juni 2023
Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (31)
Ein wenig Garderobe galt es zu ersetzen. Also letztens so gekauft: 2 Jeans, 2 T-Shirts, 1 Gürtel. Ausbeute, nachdem ich fertig damit war, die Etiketten zu entfernen:
Mittwoch, 28. Juni 2023
Vermischtes und Zeugs (LIV)
Erinnern Sie sich noch? Wie dieses Land bis 2021 in so ziemlich allen Punkten Weltspitze war? Wie die Bahn 100 Prozent pünktlich war, auf jedes Kind drei Kita-Plätze kamen, wir von Lettland um unsere Digitalisierungsstrategie beneidet wurden, alle hetero waren und die Nationalmannschaft souverän alle Gegner aus dem Stadion ballerte? Dann kam die woke, linksgrünversiffte Ampel und hat das alles kaputt gemacht. Alles!
Montag, 26. Juni 2023
Schmähkritik des Tages (67)
Heute: Leo Fischer über den Erfolg der AfD
"Die bürgerlichen Analysen sind sich einig: Man darf rechtsextreme Politik nicht den Rechtsextremen überlassen! Sie finden es schade, dass die von ihnen gewünschte Politik von einer Partei vertreten wird, die rechtsextrem ist; sie empfehlen, diese Politik von einer bürgerlichen Partei machen zu lassen, denn so wird daraus automatisch bürgerliche Politik. Die 20 Prozent der Wahlbevölkerung, die rechtsextreme Einstellungen hegen, müssen wieder eingefangen werden – indem andere Parteien AfD-Forderungen umsetzen. Denn sonst, so die Warnung, werden diese Menschen mit rechtsextremen Einstellungen rechtsextrem! Wenn hingegen die bürgerliche Politik die rechtsextremen Bedürfnisse dieser Menschen erfüllt, werden sie nicht mehr der AfD zulaufen, sondern einer bürgerlichen Partei, die rechtsextreme Politik macht. Was dabei der Gewinn sein soll, wird nicht erklärt. [...]
Samstag, 24. Juni 2023
Jenseits der Blogroll - 06/2023
Die Links und Fundstücke des Monats. Thema Nummer eins war ja der Höhenflug der AfD. Oder wie es Jürgen Schneider ausdrückte, derjenige der "mit allerlei Fahnenfirlefanz und empathischen Minderleistungen unterhalb des sozialen Gefrierbrandes agierenden rechtspopulistischen Evolutionsverweigerer, die sich offenbar in einer Art von selbstauferlegtem Wissenszölibat für ein Leben in kollektiver intellektueller Askese entschieden haben". Nichts geben wird es zum Ukraine-Krieg, weil die Situation im Moment zu unübersichtlich und fluide ist, um sich da auf irgendwas festzulegen. Allenfalls zeigt sich, was schon die alten Römer wussten: Lasse nie zu, dass einzelne so reich werden, dass sie eigene Armeen unterhalten können. Die nächsten Tage jedenfalls könnten spannend werden.
Mittwoch, 21. Juni 2023
Generation X am PC
Opa erzählt von früher
Wenn man in den Neunzigern einen PC einschaltete, blieb der Bildschirm schwarz. Mit weißer Schrift. Der Spaß hieß MS-DOS und verstand nur Tastaturbefehle. Wer etwa eine Datei namens 'HALLO.EXE' von einem Verzeichnis in ein anderes verschieben wollte, musste ungefähr folgendes eingeben:
Montag, 19. Juni 2023
Zum Zweiten
Auf die Gefahr hin, wieder tüchtig auf die Mappe zu kriegen, soll hier noch einmal von Rammstein/Lindemann die Rede sein. Es beruhigt ein wenig, nicht der einzige zu sein, dem auffällt, dass an der ganzen Berichterstattung etwas seltsam ist. Und bevor das hier wieder losgeht: Sollte es tatsächlich zu sexueller Gewalt/Nötigung bzw. zu sexuellem Missbrauch gekommen sein, egal, in wie vielen oder auch wenigen Fällen, dann gäbe es da nichts zu relativieren. Lindemann und seinen eventuellen Mittäter*innen möge man das nachweisen und sie zur Verantwortung ziehen. Keine zwei Meinungen.
Freitag, 16. Juni 2023
Je suis Boomer
Hoppla, da erfuhr ich letztens zufällig, dass ich qua Geburtsjahrgang noch der Generation der Boomer zuzurechnen bin! Höchste Zeit, mich endlich auch entsprechend zu benehmen.
Jeden Vormittag, wenn ich von meiner überbezahlten Teilzeitarbeit nach Hause komme, parke ich meinen 8 Kubikmeter großen Verbrenner-SUV, der 12 Liter Super plus auf 100 Kilometer verbraucht, vor unserem Haus, in dem locker 5 volltätowierte Millenial-Avocadotoastfresser-Familien Platz hätten. Die Auffahrt ist übrigens aus blütenweißem Zierkies und wird von unserem bulgarischen Gärtner einmal täglich geharkt. Einmal die Woche muss er mit Glyphosat ran. Planet? Mir doch egal. Harr harr!
Mittwoch, 14. Juni 2023
Vermischtes und Zeugs (LIII)
Hätten Sie’s gewusst? Weil (Bohnen-)Kaffee nach dem zweiten Weltkrieg in Westdeutschland sehr hoch besteuert wurde, waren nicht nur Kaffee-Ersatzprodukte wie Caro, Lindes, Kathreiner etc. beliebt, sondern wurde auch Schmuggel zum lohnenden Geschäft. Besonders blühte er in der bettelarmen Gegend zwischen Aachen und Monschau an den Grenzen zu den Niederlanden und Belgien, wo Kaffee deutlich günstiger war (meine Großeltern fuhren noch bis in die frühen Achtziger regelmäßig nach drüben, um billig Kaffee zu kaufen).
Sonntag, 11. Juni 2023
Ronny des Monats - Juni 2023
Fällt das eigentlich nur mir auf? Seit die AfD neue Umfragerekorde erzielt, ist ja so ziemlich alles und jede/r Schuld daran: Die CDU, die CSU, die Ampel, die FDP, die Grünen sind sowieso immer an allem schuld. Dann wäre da noch: Der Hass auf Habeck, der Tonfall der CDU, die Migrationspolitik, die angeblich als "alternativlos" durchgedrückte Regierungspolitik, der Popanz der fiktiven Grünen. Ferner: Die Ausländer, die Queeren, weil sie alle schwul machen wollen, der Bäcker an der Ecke, weil er keine Weiltmeister-Hafer-Chia-Fladen mehr hatte, was 8 Kunden so wütend gemacht hat, dass sie jetzt aus Protest AfD wählen. Opa Kasuppke von nebenan, weil er sich letztens beim Furzen in die Hose geschissen und gedacht hat: "Oh, geil, braun!" Habe ich noch was vergessen? Gut möglich. Man blickt ja kaum noch durch.
Freitag, 9. Juni 2023
Secession/Immersion
Das internationale Projekt 'Culturespace' hat seit Beginn des Jahres eine Dependance in Dortmund auf dem Phoenix-Gelände. Eine knappe Stunde 'immersive' Multimediaschau kann man sich geben. Zunächst Wien um 1900, dann Gustav Klimt/Egon Schiele und danach ein kürzerer Abschnitt zu Friedensreich Hundertwasser. Umrahmt von der zeitgenössischen Präsentation 'Journey'. Untermalt von jeweils passender Musik. Beethoven, Chopin und Mahler bei Klimt/Schiele, Zeitgenössisches, u.a. John Cage, bei Hundertwasser.
Dienstag, 6. Juni 2023
Vermischtes und Zeugs (LII)
Die deutsche Wirtschaft, so ist zu vernehmen, rutsche in die Rezession. Der Grund sei vor allem der einbrechende private Konsum. Ja potzdonner, wo kommt der denn jetzt auf einmal her? Vielleicht von: "In diesen für uns alle schwierigen Inflationszeiten, in denen wir die gestiegenen Kosten leiderleider an unsere Kunden weitergeben müssen, gibt es leider keine Spielräume für Lohnerhöhungen und wer streikt, schadet dem Standort DeutschlandTM."? Keine Ahnung, bin jetzt kein Ökonom. Aber das kann man bestimmt nicht so sagen. Neinnein, so einfach ist das nicht, da gibt es zahlreiche, komplexe Faktoren, die…
Samstag, 3. Juni 2023
Rammelstein
"Die bürgerliche Gesellschaft besteht aus zwei Arten von Männern, aus solchen, die sagen, irgendwo sei eine Lasterhöhle ausgehoben worden, und solchen, die bedauern, die Adresse zu spät erfahren zu haben." (Karl Kraus)
Angeblich soll Till Lindemann, Frrrontmann der Rrrumms-Rrrocker Rrrammstein, sich systematisch junge Frauen für sexuelle Handlungen hat zuführen lassen. Den Interessentinnen soll aber vorab klargemacht worden sein, dass der Zugang zu Konzert und Party nur bei ausdrücklichem Interesse an Geschlechtsverkehr mit Till Lindemann gewährleistet sei. Das kann man selbstredend geschmacklos finden, unromantisch und/oder generell scheiße, da eventuell nicht deckungsgleich mit dem eigenen Verständnis von Liebe/Sexualität/Romantik. Solange aber kein Zwang stattgefunden hat und keine Gewalt im Spiel war, dann ist das nicht verboten und geht in Ordnung.
Mittwoch, 31. Mai 2023
Re: Frieden, öffentlicher
Bekanntlich wurde Professor Backpulver vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Als Begründung nannte das Amtsgericht Plön, die Äußerungen - zur Erinnerung: Der forsche Forscher rückte die Corona-Impfkampagne in die Nähe des Holocaust und die Juden in die Nähe des NS-Regimes - mögen vielleicht problematisch gewesen sein, aber nicht dazu angetan, den öffentlichen Frieden zu stören. Buhu, nichts darf man mehr sagen in dieser Coronadiktatur!
Dienstag, 30. Mai 2023
Jenseits der Blogroll - 05/2023
Die Links und Fundstücke dieses Monats. Sollten eigentlich schon vorgestern hier erscheinen, aber da kam dieses völlig irre Bundesligafinale dazwischen, über das ich vorher noch das Eine oder Andere loswerden wollte. Ich muss sagen, inzwischen wächst mein Erstaunen, wie ein Verein wie der FC Bayern München, dessen Chefetage mehr und mehr das Bild eines komplett unprofessionellen Hühnerhaufens abgibt, sich so lange an der Spitze halten kann (die Probleme haben sicher nicht erst damit begonnen, dass Kahn und Salihamidžić vor einem knappen Jahr ihre Jobs angetreten haben). Mehr dazu weiter unten im Sportteil.
Sonntag, 28. Mai 2023
Schwarzgelbe Trauer
Wenn man wie ich fußballaffin, aber nicht bereit ist, sein sauer verdientes Geld einem PayTV-Sender in den gierigen Rachen zu schaufeln, ist man spieltags entweder auf das Radio angewiesen oder den Liveticker des 'Kicker' (weil ich meinen Blutdruck ein wenig im Auge behalten muss, wähle ich meist letzteren). Und da gab es bis zur heurigen Rückrunde an jedem Spieltag der Bundesliga ein lieb gewonnenes Ritual: Spätestens nach zehn Minuten meldete sich die Kicker-App und gab ein Gegentor gegen Dortmund bekannt. An guten Tagen bekamen die Schwarzgelben das ausgeglichen, an besseren drehten sie das noch, an schlechten nicht.
Samstag, 27. Mai 2023
Buntmetallisches
Tja, gibste öffentlichkeitswirksam das Benin-Buntblech an Nigeria zurück, stellste fest: Das geht gar nicht in den Besitz des Volkes über und landet auch nicht, wie angekündigt, in einem schmucken Museum zu Nutz, Frommen und Erbauung der Allgemeinheit, sondern geht über in den Besitz des heutigen Oba von Benin, der damit, wenn er mag, seinen Partykeller dekorieren oder die Teile bei Sotheby’s verscheppern kann, wenn's mal klemmen sollte.
Mittwoch, 24. Mai 2023
Vermischtes und Zeugs (LI)
Treppenwitz des Tages: Früher waren es Konservative, die bei dem Film 'Life Of Brian' Krämpfe bekamen, heute sind es Progressive. Vorausgesetzt, man hält woke Identitätspolitik für progressiv anstatt für reaktionär. John Cleese möchte jetzt eine Bühnenfassung von 'Life Of Brian' inszenieren. Sein ehemaliger Kollege Eric Idle hat sich schon mal distanziert. Man habe ihm aber gesagt, die Szene, in der Stan/Loretta gesagt bekommt, er/sie könne keine Kinder bekommen ("Aber du hast keine Mumu. Eine Gebärmutter hast du auch nicht. Wie soll denn das funktionieren? Willst du’s in ’ner Zigarrenkiste aufheben?") müsse entfallen, da das heute nicht mehr ginge.
Sonntag, 21. Mai 2023
Unter Realitätsverweigerern
In letzter Zeit fällt mir immer öfter das ein, was ich irgendwann mal 'atheistischer Fehlschluss' nannte. Atheisten, und nicht nur die, neigen mitunter zu der Annahme, ein Verschwinden der Religion aus dem öffentlichen Leben bzw. ein Verlust an Bedeutung führe dazu, dass überall Vernunft und Rationalität Einzug halten. Ich bin da skeptisch, würde sogar sagen, das Gegenteil ist richtig. Gilbert Keith Chesterton, Erfinder der Figur des Pater Brown, sagte einst den klugen Satz:
Freitag, 19. Mai 2023
Dolce vita alla scatola
"Dosenravioli verfeinert man am besten, indem man sie ungeöffnet in den Müll schmeißt." (Kommentar auf chefkoch.de)
Zwei Dinge sollte man tunlichst nicht in einem Topf verrühren: Das, was man essen würde, wenn es sonst keine Alternative gibt zum Hungertod (das ist eine Frage des nackten Überlebens), und das, was man essen würde, wenn man mehr oder minder die Wahl hat (das ist eine Frage von Geschmack, Esskultur und meinetwegen auch von Gesundheitsbewusstsein; neuerdings immer öfter auch eine Frage der Moral).
Dienstag, 16. Mai 2023
Vermischtes und Zeugs (L)
"Nur Unerwachsene, Schwächlinge und Feiglinge sind stolz darauf, einer Nation anzugehören." (Wiglaf Droste)
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte für das Diktum, Deutschland sei das Land der Unentspannten, genügt ein Blick in die medialen Reaktionen auf das deutsche Abschneiden beim heurigen ESC. Man hat sich doch solche Mühe gegeben, nicht uncool zu sein, und dann das!
Samstag, 13. Mai 2023
Schmähkritik des Tages (66)
Heute: Bernhard Torsch über den Kampf der Rechten gegen angebliche 'Frühsexualisierung'
"Lange hatten rechte und rechtsextreme Kräfte nach einem Thema gesucht, mit dem sie die gesellschaftliche Liberalisierung skandalisieren können - in der herbeiphantasierten »Frühsexualisierung« unschuldiger Kinderlein haben sie es gefunden. Das Geraune von der »Frühsexualisierung« entpuppt sich oftmals als projektiver Ausdruck der eigenen Phantasien. An einer Lesung von Männern und Frauen in Drag vor Kindern ist objektiv nichts sexuell oder gar erotisch. Kinder ab vier Jahren, an die sich die Münchner Lesung richten sollte, betrachten Trans-Personen nicht mit der verklemmten Geilheit erwachsener rechter Politiker, sondern eben mit Kinderaugen.
Mittwoch, 10. Mai 2023
Ronny des Monats - Mai 2023
Naheliegend mag es erscheinen, den Ronny des Monats dieses Mal an Boris Palmer zu vergeben. Aber ich mag nicht. Ich kann mich selbstredend täuschen, aber der Mann ist kein Rechter oder Nazi, sondern wirkt bloß wie jemand, der Zeit seines Lebens gern provoziert hat und die empörten Reaktionen als Beleg dafür nimmt, richtig zu liegen. Der aber irgendwann den Knall nicht mehr gehört hat und inzwischen wirkt wie der peinliche Onkel Erwin auf der Familienfeier, der immer diese haarscharf daneben liegenden Witze raushaut, der pubertierenen Nichte Komplimente macht, die eine kleine Spur drüber sind und der höchst beleidigt reagiert, wenn jemand ihn, egal wie dezent, darauf hinweist. Nee, reicht nicht, bedaure.
Sonntag, 7. Mai 2023
Kopf. Krone.
Disclaimer: Ich habe mir die gestrige Krönungszeremonie angesehen. Aus Interesse. Wenn der nunmehr Bekrönte so lange durchhält wie seine Mutter, dann gönge ich bei der nächsten Krönung in Westminster Abbey stramm auf die Achtzig zu. So ich dieses Alter erreiche. Vielleicht teilt Charles III. bis dahin aber auch das Schicksal seines Namensvetters aus dem 17. Jahrhundert, der sein Leben bekanntlich mit 30 Zentimetern weniger Körpergröße beendete. (Dekapitation war damals ein so legitimes wie erprobtes, auf jeden Fall sicheres Mittel, dynastische Scherereien final zu regeln. Wäre heute nicht mehr so das Mittel der Wahl.)
Donnerstag, 4. Mai 2023
Kopf. Tischkante.
"Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können - das macht den Journalisten." (Karl Kraus)
Es gibt so Momente, da fragt man sich: Meinen die das jetzt wirklich ernst? Oder testen die einfach nur aus, was so geht ohne schallend ausgelacht und mit nassen Fetzen aus der Stadt getrieben zu werden? Nehmen wir Nikolaus Blome, eins der Sturmgeschütze des Neoliberalismus beim Spiegel. Dort verbrutzelte er jetzt eine Kolumne, in der er den gierigen Gewerkschaftern mangelnde "linke Solidarität" vorwarf. Denn sie dächten, so ist dem Teaser zu entnehmen, nur an sich und ihre Geldbeutel und nicht an ihre arbeitslosen Genossen. Pfui!
Montag, 1. Mai 2023
Vermischtes und Zeugs (XLIX)
"Lieber ein erfahrener Ü70 als ein abgebrochener Student", so ließ es Berlins Ex-Regierender nun verlauten. Oh ja, der "abgebrochene Student", der sich erdreistet, einfach so Politik machen zu wollen, obwohl er noch nicht mal ein Examen hat! Dies neue Feindbild des gnatternden Kleinbürgers. Reiht sich nahtlos ein in das der linksliberalen woken Birkenstockträger/Lastenradfahrer, die allen immer alles verbieten wollen.
Samstag, 29. April 2023
Jenseits der Blogroll - 04/2023
Politik. Hey, Linke! Wollt ihr wissen, wie ihr wieder relevant werden könnt? Schaut mal nach Österreich. Macht eine Fortbildung bei Elke Kahr (KPÖ), der Bürgermeisterin von Graz. Fun fact: Die Frau schafft es ein ganzes Interview lang ohne gendersensible Sprache und den Hinweis darauf, wie überlebenswichtig gendergerechte Toiletten sind. Auch im Land Salzburg ist die KPÖ aus dem Stand auf 11 Prozent gekommen. Das Geheimrezept? Zu den Menschen gehen, zuhören, sich kümmern, konkrete Hilfen anbieten. Anstrengend? Ja. Anstrengender als endlose marxistische Theoriedebatten oder welche über Mikroaggressionen und gendergerechte Klos. Aber erfolgreich, wie es scheint.
Freitag, 28. April 2023
Spurensuche
Es gibt durchaus so etwas wie die Ungnade der späten Geburt. Denn für den 'Baum' war ich zu jung. Der 'Baum' war eine Szenekneipe in meiner Heimatstadt. In einem Gründerzeitbau mit hohen Decken und neuromanischen Gewölben. Der Name kam daher, dass drinnen ein echter Baum stand. Keine Ahnung, was für einer. Als der Laden 1983 schloss, war ich noch nicht im kneipenfähigen Alter. Wäre ich ein paar Jahre älter, ich hätte wohl dauernd dort abgehangen. Unter anderem, weil es keinen Verzehrzwang gab. Der Laden verstand sich nicht als reine Kneipe, sondern als soziokultureller Treffpunkt. In den späten Siebzigern funktionierte so was. Zumindest eine Zeitlang.
Freitag, 21. April 2023
Sendepause
"Kommt da noch was?", so frug ein Kommentator letztens. Antwort: Eine Zeitlang nicht. Ich bitte die hiesige Lesegemeinde um Verständnis und Entschuldigung, dass hier mal ein paar Tage lang nichts Neues erscheinen wird. Das passiert zum ersten Mal in den zirka zwölf Jahren, die diese Veranstaltung hier schon läuft. Kein allzuschlechter Schnitt, wie ich finde. Bitte sich vor allem keine Sorgen um mich zu machen. Es geht mir gut, ich bin wohlauf, habe aber momentan nicht recht den Kopf frei.
Melde mich. Man liest sich bald.
Dienstag, 18. April 2023
Dr. KI
"1. Alles was es schon gab, als du geboren wurdest, ist normal und gewöhnlich. Diese Dinge werden als natürlich wahrgenommen und halten die Welt am Laufen. 2. Alles was zwischen deinem 16. und 35. Lebensjahr erfunden wird, ist neu, aufregend und revolutionär. Und vermutlich kannst da sogar Karriere machen. 3. Alles, was erfunden wird, wenn du über 35 bist, ist gegen die natürliche Ordnung der Dinge." (Douglas Adams)
Da ich aus diversen Gründen immer noch nicht dazu gekommen bin, diesen heißen Scheiß namens ChatGPT mal selbst zu testen (überlastet, keinen Bock, mir das drölfhundertste Passwort zu merken), habe ich mal Fachpersonal rangelassen. Der geschätzte, hier auch verlinkte Doc Hegedüs hat einen ChatGPT-Client mit medizinischen Fachfragen konfrontiert, die einen Laien überfordern dürften.
Sonntag, 16. April 2023
Vermischtes und Zeugs (XLVIII)
'Wandel durch Handel' sei krachend gescheitert, hört man jetzt. Ach was! Nein! Doch! Ohhh! Mir will scheinen, bei diesem ganzen Wandeldurchhandel-Zinnober ging es wie so oft bloß darum, dass die Politik der Wirtschaft gefälligst auch im Weltmaßstab gute Geschäfte und fette Gewinne zu ermöglichen hat. Das Ziel war nie Weltfrieden, sondern Geschäftemachen. Howgh, Captain Obvious hat gesprochen! Das Narrativ, pardon, die Erzählung, friedlich Handel miteinander treibende Nationen bekriegten sich nicht mehr, kann also als so erledigt betrachtet werden wie die Trickle Down-Theorie und anderer neoliberaler Quark.
Freitag, 14. April 2023
Das Tupperwunder
Wer wie ich eine kleine Küche hat, kennt das: Man kommt gar nicht erst in Versuchung, platzraubenden Tünneff anzuschaffen, den man angeblich unbedingt braucht, ja, ohne den sich's eigentlich gar nicht leben lässt. Thermomixe, Brotbackautomaten, Sandwichtoaster, George-Foreman-Grills, Fritteusen Dämpfgeräte, Standmixer, Küchenmaschinen. (Nein, stopp. Ich bekenne, Besitzer einer selten genutzten Fritteuse und eines oft und gern benutzten Reiskochers zu sein.) Vor allem aber hatte ich immer eine Ausrede, dass mir eines definitiv nie-niemals-nicht ins Haus kommt: Tupperware.
Dienstag, 11. April 2023
Ronny des Monats - April 2023
Die monatlichen Ronnys. Natürlich ist wieder vieles vorgefallen, das es nicht unter die vorderen fünf geschafft hat. Zum Beispiel hat uns ein Reichsbürger in Reutlingen daran erinnert, dass er keineswegs ein harmloser Spinner ist. (Den Gang in die Niederungen rechter Alltagsgewalt kann man wie immer hier und hier unternehmen.) Da und dort ist ja zu hören, wenn Rechte in Regierungen eintreten, man möge sie doch jetzt "einfach mal machen lassen". Momentan kann man studieren, was dann passiert. Rechte beschweren sich ja gern über 'Gender-Gaga', 'Sprachpolizei' etc., die Regieung Meloni in Italien plant nun, saftige Strafen zu verhängen, wenn jemand nicht genug Italienisch spricht. Und in Niederösterreich bereitet die neue ÖVP-FPÖ-Regierung ein Gesetz vor, das Wirtshäuser mit einem "traditionellen und regionalen" Angebot subventionieren soll. Man täusche sich da nicht: Alles fängt mal klein an.
Samstag, 8. April 2023
Ad: Ostermärsche/Appelle
"Die alte Friedensbewegung ist moralisch bankrott. Zur Stelle war sie nur, wenn es um Kriege der USA und des Westens ging. Wo Putin intervenierte und bombte, schwieg sie -- sei es in Syrien, Tschetschenien, Georgien oder Libyen. Vieles ließ sie kalt. Nie nahm sie demokratische und emanzipatorische Stimmen in Osteuropa ernst. Nie interessierte sie sich für deren Einschätzung und Forderungen. Welch beschämende Nähe zur offiziellen deutschen Politik. Bis zum 23. Februar 2022 hielt sie Putins Kriegspläne für US-Propaganda. Ihr plattes, manichäisches Weltbild ist blamiert bis auf die Knochen. [...]
Mittwoch, 5. April 2023
Vermischtes und Zeugs (XLVII)
Irgendwo las ich jetzt, Wolf Schneider habe dem Journalistennachwuchs einst beigebimst, der Plural von 'Pkw' und 'Lkw' sei mitnichten 'Pkws' und 'Lkws'. Denn dann müssten die Pluralformen der ausgeschrieben Wörter logischerweise 'Personenkraftwagens' und 'Lastkraftwagens' heißen. Dass die Schreibungen 'PKW' und 'LKW' falsch sind, wusste ich schon vorher, denn sonst würde es ja 'Personen Kraft Wagen' und 'Last Kraft Wagen' heißen. Also ist, im Singular wie im Plural, 'Pkw' und 'Lkw' korrekt. Was man sich manchmal so für Gedanken macht.
Sonntag, 2. April 2023
Aufputz-Codes
Das Leben wäre zweifellos weitaus angenehmer, wenn mehr aus meinen Alterskohorten es fertigbrächten, sich mal ein wenig zu entspannen. Zu kapieren, dass vieles, über das sie sich empören, bloß alter Wein in neuen Schläuchen ist. Nehmen wir das mit der Kleidung. Die deutsche Knigge-Gesellschaft fordert nun ein Verbot von Jogginghosen auf Schulhöfen. Disclaimer: Aus Mode mache ich mir nichts, halte es aber für einen Fehler, das als Vorwand zu nehmen, sich nachlässig zu kleiden. Das Gegenteil ist korrekt: Gerade wer sich nichts aus Mode macht, tut gut daran, durch Kleidung weder positiv noch negativ irgendwie aufzufallen. So wird ein Schuh draus. Aber ich schweife ab.
Freitag, 31. März 2023
Schmähkritik des Tages (65)
Heute: Georg Seeßlen über Melange
"Was die Positionen von Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und ihren Anhänger*innen anbelangt, so geht meine Reaktion übers »Anderer-Meinung-Sein« deutlich hinaus. [...] Es bildet sich da, meiner bescheidenen Meinung nach, keine Diskursgemeinschaft, die nach Möglichkeiten zum Frieden sucht, sondern eine hybride, bewusstlose und ein klein wenig clowneske Gemeinschaft, die fatal an »Querdenker« und »Coronaleugner«-Szenen erinnert, das Rechte und das Linke quergestrickt, die Verschwörungsphantasmen und die schwarzbraunen Immerdabeis, die berechtigte Opposition zur hegemonialen Mainstreamerzählung und der sektenhafte Bruch mit dem Common Sense, die Forderung nach Gehör und die Taubheit gegenüber Einwänden, die Mischung aus Aggression und Opferstatus, die Verbindung humanistischer Anliegen mit geradezu zynischem nationalem Interesse -- diese Melange entzieht sich meiner Vorstellung von kritischem Denken." (taz, 29.03.2023)
Mittwoch, 29. März 2023
Verwöhntes Pack!
Aus aktuellem Anlass sollte man beizeiten daran erinnern, dass das Streikrecht das einzige echte Druckmittel ist, über das Arbeitnehmer in Deutschland verfügen. Solange für die meisten die Alternativen zum aktuellen Job Arbeitslosigkeit oder schlechter bezahlte Jobs sind, zählt nämlich 'einfach kündigen und besseren Job suchen' nicht als Alternative und sitzt das Kapital immer am längeren Hebel.
Sonntag, 26. März 2023
Jenseits der Blogroll - 03/2023
So denn, wieder Zeit für die Links und Fundstücke des Monats, liebe Lesende. Fast wäre ja hier ein Beitrag zur Causa Nagelsmann erschienen. Der Umgang der Bayern-Supremos damit hat die ohnehin niedrig liegende Latte im Anstandslimbo bei dem "Scheißverein" (Frege/van Dannen) von der Säbener Straße noch einmal niedriger gelegt. Man sieht sich inzwischen offenbar nicht mehr bemüßigt, wenigstens den Anschein zu wahren, dass alle ihr Gesicht behalten. Okay, Mitleid ist unangebracht, denn Nagelsmann wird sich seinen vorzeitigen Abgang versilbern lassen und nicht Gefahr laufen, beim Jobcenter eine Nummer ziehen zu müssen. Weil meine restlichen Gedanken aber mehr unoriginell waren, bitte im Sportteil bei Herrn Rüttenauer weiterlesen.
Samstag, 25. März 2023
In der Parallelwelt
"Jede Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andre werde gepumptes Geld zurückzahlen. Tut er das nicht, so erfolgt eine sog. ›Stützungsaktion‹, bei der alle, bis auf den Staat, gut verdienen. Solche Pleite erkennt man daran, daß die Bevölkerung aufgefordert wird, Vertrauen zu haben. Weiter hat sie ja dann auch meist nichts mehr." (Kurt Tucholsky, 1931)
Es ist schon eine lustige Parallelwelt, in der die Banken sich bewegen. So hieß es ja immer, es könne nichts verteilt werden, was nicht erwirtschaftet worden sei. Wer Prämien und Boni wolle, müsse erst einmal leisten. Gewinne generieren. Leistungsprinzip! Nun, die Credit Suisse hat in den letzten zehn Jahren trotz teils erheblicher Verluste angeblich 32 Milliarden Schweizer Franken an Boni ausgezahlt. Im letzten Jahr, als der Laden gleich sieben Milliarden CHF Miese gemacht hat, sind trotzdem alle Boni gezahlt worden.
Donnerstag, 23. März 2023
Vermischtes und Zeugs (XLVI)
Nach Quiet Qiutting kommt jetzt aus den U.S. of A. der nächste Trend für gelangweilte Bullshitjobber, die nicht wirklich arbeiten müssen: Bare Minimum Monday. Der Life hack geht folgendermaßen: Man erledige am Montag nur das Allernötigste, mache sich eine minimale To do-Liste und arbeite am besten nur zwei Stunden, denn dann hält die Erholung vom Wochenende länger. Spitzenidee! Warum ist da bis jetzt noch niemand sonst drauf gekommen? Sollte man unbedingt mal in Krankenhäusern, bei Rettungs- und Pflegediensten, Polizei und Feuerwehr oder in der Produktion vorschlagen.
Sonntag, 19. März 2023
Musikalische Jubiläen (4)
Vor 50 Jahren erschien das Album 'The Dark Side Of The Moon' von Pink Floyd. Das geht mich an.
Ich war elf Jahre alt und es war schon dunkel. Das Elternhaus meines Schulfreunds K. hatte eine Art Multifunktionskeller, der für dieses und jenes genutzt wurde. Zu der Zeit hatte K. den Raum in eine, sagen wir, zeittypische Räuberhöhle verwandelt. Es lagen Flokatis und Matratzen auf dem Boden. Wir fläzten zu dritt herum, es brannten Räucherstäbchen und es wurde aromatisierter Tee, meist Wildkirsch, aus diesen henkellosen irdenen Tässchen getrunken, an denen man sich immer die Pfoten verbrannte, und wir ratschten über dies und das. Es waren andere Zeiten.
Donnerstag, 16. März 2023
Vermischtes und Zeugs (XLV)
Jetzt haben die ja wieder was rausgefunden: Geld macht doch glücklich! Jahrelang wurde uns ja erzählt, ab einer gewissen Menge mache Geld nicht mehr glücklicher. Die Befürworter einer Reichensteuer müssten sich nun ein neues Argument suchen, so wird gleich geschwafelt. Bätschi! Moment mal. Kann es sein, dass es bei einer 'Reichensteuer' weniger darum geht, Reichen an ihr persönliches Lebensglück zu gehen, sondern vor allem darum, sie angemessen zu beteiligen am Steueraufkommen?
Montag, 13. März 2023
Kein Mathe können
In der Grundschule war ich gar nicht mal schlecht in Mathe. Ich hatte bloß wenig Bock darauf und ließ das schleifen. Warum? Mein Mathematikunterricht hatte mit Mengenlehre begonnen. Ich war aber anderes gewohnt. Im Kindergarten hatten die Erzieherinnen mit uns einfache Rechenaufgaben geübt. Mit den Fingern. Ich stellte mich gar nicht ungeschickt an, so das einhellige Urteil. In der Schule bekamen wir dann plötzlich der Kinderkram mit den komischen bunten Plättchen. Was sollte der Blödsinn mit der 'Lösungsmenge'? Dass zwei Äpfel plus drei Äpfel fünf Äpfel ergaben, wusste ich. Konnte ich wie aus der Pistole geschossen. Wieso jetzt das mit den komischen Mengenkreisen und Schnittmengen und so? Erschloss sich mir nicht.
Samstag, 11. März 2023
Ronny des Monats - März 2023
Mal son bisschen Off Topic, bevor es losgeht. Ich sollte vielleicht sicherheitshalber erwähnen, kein ausgemachter Fan der Grünen zu sein, wobei ich, Gott der Dicke sei mir gnädig, die Performance der grünen Minister gar nicht mal übel finde (was aber in einer Koalition mit der FDP vielleicht auch nicht wirklich schwierig ist). Tatsache scheint aber zu sein, dass die Grünen sich zum Lieblingshassobjekt vieler Leute gemausert haben. Was sich darin äußert, dass jede Menge Witze über sie gerissen werden. Eigentlich kein Problem für mich.
Dienstag, 7. März 2023
Besudeltes Heiligtum
Zu den wenigen Dingen, die mir dieses Land immer einigermaßen sympathisch erscheinen ließen, gehört, dass um 'nationale Symbole' vergleichsweise wenig Gewese gemacht und das politische Geschäft eher nüchtern und geschäftsmäßig erledigt wird. Zwar flattern überall an Regierungsgebäuden Flaggen herum und sie gelten protokollarisch als Hoheitszeichen, doch käme niemand auf die Idee, sie mit quasireligiöser Heiligkeit aufzuladen. Umso befremdlicher jetzt das Bohei, das anhub, weil ein paar 'Letzte Generation'-Anhänger das Denkmal 'Grundgesetz 49' mit einer schwarzen Flüssigkeit besudelt haben.
Sonntag, 5. März 2023
Lokal vs. Global
Nachdem ich einer lieben Kollegin, mit der ich mich zuweilen über Kulturelles und schöne Dinge austausche, den ersten 'Bruno'-Band geliehen hatte mit der Gewissheit, das könnte ihr gefallen (tat es), drückte sie mir, als Revanche gleichsam, 'Teufelsfrucht' von Tom Hillenbrand in die Hand. Der erste Band einer weiteren Krimiserie, die Berührungspunkte zur Welt des Kulinarischen aufweist. Die Hauptfigur ist weder Polizist noch Detektiv noch sonst jemand, der irgendwie in Ermittlungen hineingezogen wird wie zum Beispiel ein Journalist. Xavier Kieffer ist Koch und betreibt in Luxemburg (Stadt) das Lokal 'Deux Églises', mehr ein Bistro, wo er regionale Küche wie Huesezwiwi und Wäinzoossiss serviert. Er selbst zieht ein Stück Rieslingspaschtéit und ein Glas Rivaner jedem Gourmet-Menü vor.
Donnerstag, 2. März 2023
Offenbarungseid
Vielleicht ist es hilfreich, sich klar zu machen, dass Sahra Wagenknecht keine Politikerin ist. Also in dem Sinne, dass sie tatsächlich konkret Politik machen will. Sie ist seit Jahren auf eigene Rechnung unterwegs. Als ewige Rebellin bespielt sie Talkshows, schreibt Bücher, hält Vorträge und kuschelt auch mit Rechten. Das Schlimmste, was ihr passieren könnte, wäre wirklich politische Verantwortung übernehmen zu müssen, etwa als Ministerin. Da wäre, wie einst bei Gatte Oskar, der Lack ganz schnell ab und der Job bald futsch. Und damit das bloß nicht passiert, hat sie sich ein cleveres Instrumentarium zurecht gelegt. Wann immer die Linke in den letzten Jahren auch nur in die Nähe von Sondierungen für eine Koalition geriet, verlautete aus ihrer Ecke sinngemäß so was:
Dienstag, 28. Februar 2023
Vermischtes und Zeugs (XLIV)
Noch in den 1980er, den Latzhosen- und Teppichtaschenjahren, war es, zumindest als Europäer, sehr einfach, Pazifist zu sein. Vielleicht war es sogar die einzig logische Konsequenz aus den herrschenden Bedingungen. Der nächste Krieg, so die vorherrschende Meinung, würde der letzte sein, es würde keine Sieger und Verlierer geben, bloß eine vernichtete Menschheit auf einem kaum mehr bewohnbaren Planeten. Der drohende Overkill durch die immer aberwitzigeren Atomwaffenarsenale auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs schien das ganze Konzept 'Krieg' ad absurdum geführt zu haben.
Sonntag, 26. Februar 2023
Jenseits der Blogroll - 02/2023
Fast pünktlich zum traurigen Jubiläum des Ukraine-Krieges haben sich gestern zirka zehntausend wackere Friedensbewegte am Brandenburger Tor versammelt. Warum eigentlich nicht 350 Meter weiter an der russischen Botschaft? Egal. Frau Wagenknecht lud ja alle ein, die, so wörtlich, "reinen Herzens" seien. Erteilte also allen anwesenden Nazis und Rechten Absolution. Und unterstellte allen, die anderer Ansicht sind als sie, ein unreines Herz. (Die Spaltung! Die Spaltung!) Was letztlich bloß ein neuer Twist ihrer Strategie ist, alle, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht auf ihrer "Verhandlungen, sofort!"-Linie liegen, infamerweise zu "Bellizisten" und "Kriegstreibern" zu stempeln. Man kann es mal wieder auch mit Herfried Münkler sagen: Wenn Politiker anfangen, pietistisch daherzureden, ist das ein sicheres Zeichen, dass etwas gewaltig faul ist.
Freitag, 24. Februar 2023
Petzi bei den Feministinnen
Wer sich freundlicherweise des öfteren mal hierherverirrt, weiß, dass ich einer der letzten bin, der etwas gegen eine gepflegte Feminismuskritik einzuwenden hat. So könnte man erwarten, dass auch ich einstimme in den Chor der Empörten über diese Meldestelle für Antifeminismus der Amadeu Antonio Stiftung, mit freundlicher Unterstützung des Bundesfamilienministeriums ("Petz-Portal"). Tue ich aber nicht. Mehr noch: Das komplett hysterische Geeimer ist nicht nur weitgehend substanzlos, sondern, wie so ziemlich alles hysterische Geeimer, auch ziemlich lächerlich.
Dienstag, 21. Februar 2023
Der Hundekackemann
Die heutigen, von Städten und Ländern betriebenen Theater, Orchester, Opernhäuser und Ballettkompagnien sind quasi Nachfolger der einst von absolutistischen Fürsten zwecks Repräsentation des Kunstsinns betriebenen Hofbetriebe. (Und weil wir hier in der Gegend einst so viele Fürsten hatten, haben wir immer noch so viele staatliche Kulturbetriebe, darunter öffentlich-rechtliche Rundfunkorchester.) Nur dass heute nicht mehr der Fürst sagt, wo es langgeht, sondern Satzungen, Verwaltungen und Gesetze.
Samstag, 18. Februar 2023
Kulturpessimismus im Sonderangebot
Es ist doch immer wieder herzig, wie man noch für jeden tatsächlichen und gefühlten Missstand die Jugend Von HeuteTM verantwortlich machen kann, mit der es jetzt aber endgültig so was von abwärts geht. 2022, so barmten Fahrlehrerverbände und TÜV-Verband, seien so viele Führerscheinkandidaten durch die praktische Prüfung geflogen wie noch nie. Zwei Prozent mehr als 2019, zehn Prozent mehr als 2013. Eine Erklärung hat man auch schnell parat: Die Jugend Von HeuteTM glotzt während des elterlichen Kutschiertwerdens nur mehr aufs Smartphone, anstatt sich, wie sich’s geziemt, für den hochkomplexen technischen Vorgang des Autofahrens zu interessieren. Aha.
Mittwoch, 15. Februar 2023
Manni, feste!
(kommentierte Ausgabe)
Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer haben die Tage ein Friedensmanifest verfasst, das binnen kurzem, wie es heißt, von nicht weniger als 69 Prominenten unterzeichnet wurde. Darunter illustre Namen wie Franz Alt nebst Gattin, Franziska Becker, Thilo Bode, Christoph Butterwege, Rainer Mausfeldt, Reinhard Mey nebst Gattin, Eugen Ruge, Hanna Schygulla, Günther Verheugen und andere. Offiziell vorgestellt werden soll das am 25. Februar bei einer Kundgebung am Brandenburger Tor in Anwesenheit von Unternehmensberater und Brigadegeneral a.D. Erich Vad, der schon des öfteren durch hanebüchene Fehleinschätzungen auffällig wurde.
Dienstag, 14. Februar 2023
Vermischtes und Zeugs (XLIII)
Was ich wieder einmal nicht verstehe: Lange vor der Wiederholungswahl in Berlin wurde ein Ergebnis prognostiziert, wie es am Sonntag eingetreten ist: Deutliche Gewinne für die CDU, FDP raus, Verluste für die Regierungskoalition, drohender Machtverlust der Regierungskoalition, und das obwohl der CDU-Kandidat angeblich über das Charisma eines verbogenen Schuhlöffels verfügt. Das hat man im wesentlichen so kommen sehen. Am Wahlabend dann: Drama, Baby, drama! Oh my goodness, dieses schockierende Ergebnis muss uns alle demütig machen! Oh ja, natürlich. Warum nicht mal so: Das war das erwartet schlechte Ergebnis. Meine Güte noch eins!
Abonnieren
Posts
(
Atom
)