Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Mittwoch, 18. Dezember 2013
Der große Coup der Angela M.
Kulturpessimisten klagen ja gern über die Verlotterung der Sprache und haben dabei meist die üblichen Verdächtigen im Blick: Jugendliche, Unterschichtler und andere Minderbemittelte verhunzen das schöne Kulturgut deutsche Sprache durch den falschen Gebrauch des Plusquamperfekts, mit ihren Angliszismen, ihrem "LOL!!!", "fett krass ey!" und anderen Modeerscheinungen. Leicht geht dabei unter, dass, wenn man schon über den ständigen Sprachverfall klagen muss, auch die, deren professionelles Handwerkszeug die Sprache ist bzw. sein sollte, eifrig daran mitstricken. "Ist es nicht immer wieder erstaunlich, mit welchem Weihrauch im Ton Journalisten das Ausfüllenkönnen von Bewirtungsquittungen schon für Schreiben ausgeben?", fragte Wiglaf Droste letztes Jahr rhetorisch. Um zu ermessen, wie recht er damit hat, braucht man sich nur die mediale Begleitung einer Personalie im Rahmen der jüngsten Regierungsbildung näher anzusehen.
Dienstag, 19. November 2013
Willkommen im Neandertal
"Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, / das müssen Männer mit Bärten sein [...] / Jan und Hein und Claas und Pit, / die haben Bärte, die fahren mit" (Gottfried Wolters)Kein Zweifel, Bart tragen ist wieder in. Nach Jahrzehnten, in denen nur als gepflegter Mann galt, der einen glatt rasierten Babypopo um die kantige Macherfresse hatte, scheint so eine Gesichtsmatratze vor allem für Großstädter seit einiger Zeit das Mittel der Wahl zu sein, der Welt zu zeigen, dass ihnen mehr Testosteron als Östrogen durch die Arterien schwappt. Mir ist übrigens ziemlich egal, ob das gerade in ist oder nicht. Ich trage seit zirka 20 Jahren einen Bart, den ich alle paar Tage stutze. Das maskuline Morgenritual des Nassrasierens, so erfrischend es sein mag, war mir damals doch recht bald lästig geworden. Vor allem, weil ich als ausgemachter Morgenmuffel dazu neigte, mich andauernd zu schneiden. Nicht schön, die nächsten paar Stunden rumlaufen zu müssen, als sei man in eine Messerstecherei geraten. Dass es sich im übrigen tatsächlich um einen echten Trend handelt, lässt sich daran erkennen, dass inzwischen sogar Weichmacher feilgeboten werden, damit die Wolle nicht gar so kratzt beim Knutschen.
Dienstag, 5. November 2013
Kann das gehen?
Der erste 'Asterix' neuer Zeitrechnung - das Verdikt
Mit 'Asterix' ist das Medium Comic in Europa erwachsen geworden und hat es speziell in Deutschland, wo Comics lange als amerikanischer Schund galten, sogar geschafft, vom Bildungsbürgertum ernst genommen, teilweise geliebt zu werden. Viele, die irgendwann mit den Abenteuern der Gallier in Berührung gekommen sind, können noch Jahrzehnte später ihre Lieblingsstellen auswendig. Als alter Fan, dem die letzten Versuche beinahe körperliche Schmerzen bereiteten, habe ich das neue Album mit ein wenig gemischten Gefühlen gekauft. 'Asterix bei den Pikten', erschienen am 24. Oktober, ist das 35. Heft der Reihe und das erste, das nicht von Albert Uderzo gezeichnet wurde. Als Zeichner wurde der erfahrene Didier Conrad verpflichtet, als Texter der preisgekrönte Jean-Yves Ferri. Beides Vollprofis, die nicht nur ihr Handwerk verstehen, sondern auch gewusst haben mussten, worauf sie sich da einlassen. Es gibt schlechtere Voraussetzungen.
Wie 'Tim und Struppi' mit Hergé, schien Asterix immer untrennbar verbunden mit René Goscinny und Albert Uderzo. Die Reihe mit einem neuen Team wieder aufleben zu lassen, ist natürlich ein Risiko, aber machbar. Denn das Potenzial ist nach wie vor groß, außerdem gibt es durchaus Beispiele, bei denen so etwas gelungen ist. Die von André Franquin ('Gaston') begründete Reihe 'Spirou und Fantasio' wird inzwischen vom sechsten Autoren-/Zeichner-Team betreut und es scheint so weit zu funktionieren. Es spricht für den 86jährigen Lordsiegelbewahrer Uderzo, dass es über sich gebracht hat, das Ruder an ein jüngeres Team zu übergeben, anstatt Asterix vermutlich mit noch einem Album, einer weiteren Neuauflage oder zusammengestückelten Geschichtchen aus dem Archiv endgültig zu Grabe zu tragen.
Diesmal verschlägt es die Gallier nach Kaledonien, also ins heutige Schottland, wo die Pikten leben. Streng genommen, ist das historisch nicht ganz korrekt. Die Pikten waren ein Stamm in der Gegend des heutigen Schottland, der aber erst zum Ende der Römerzeit anfing, eine Rolle zu spielen. Streng genommen, müsste der Band daher 'Asterix in Kaledonien' bzw. 'bei den Kaledoniern' heißen, aber dann wäre der Gag mit der Vorliebe der Pikten für Piktogramme perdu gewesen. Außerdem ist auch René Goscinny immer großzügig mit so was umgegangen, wenn sich gute Gags daraus stricken ließen. Die Deutschen waren auch nicht deckungsgleich mit den Goten, hätten aber sonst nicht gotische Fraktur geredet. Man sollte da also nicht zu kleinlich sein. Beruhigend aber, dass die Neuen gleich an die Phase anknüpfen, in denen Asterix und Obelix in fremde Länder aufbrachen und die Konfrontation mit den diversen Spleens der Bewohner einen Großteil des Spaßes ausmachte.
Also, wie ist das neue Heft nach einer ersten Durchsicht? Worum geht es? Was ist gut, was weniger und was geht gar nicht? Wer eh wild entschlossen ist, sich das Album noch zu kaufen und sich selbst ein Bild machen möchte, sollte - Spoiler voraus!!! - jetzt tunlichst nicht weiter lesen.
Donnerstag, 31. Oktober 2013
Neues vom Protestantismus
Vermischte Nachrichten von der schmuckloseren Seite des Christentums
Der Waliser Karl Jenkins ist den meisten, wenn auch vielleicht nicht namentlich, bekannt als Initiator, Komponist und Kopf des Fahrstuhlmusik-Projekts Adiemus. Mit diesem bombastisch-süßlichen Gesäusel, die Älteren werden sich schmerzvoll erinnern, wurden in den 1990ern viele öffentliche und private Räume akustisch zugekleistert. Weniger bekannt ist, dass er früher Keyboarder der Jazzrock-Band Soft Machine war und dass er eine Messe für den Frieden mit Namen The Armed Man komponiert hat, die er den Opfern des Kosovo-Krieges widmete. Das im Jahr 2000 uraufgeführte und durchaus beliebte Stück folgt formell dem Aufbau der katholischen Messe, verknüpft sie aber im Sinne eines völkerverbindenden, pazifistischen Grundgedankens mit musikalischen und textlichen Elementen aus verschiedenen anderen Kulturen und Religionen.
Sonntag, 27. Oktober 2013
Ein Männerding, immer noch
Ron Howards Film 'Rush - Alles für den Sieg', Formel 1 und der ganze Rest
Es ist schwer zu bestreiten, dass es auf der Welt eine ganze Reihe vernünftigere und sinnvollere Dinge gibt als Motorsport. Kann sein, dass Motorsport wirklich eines der dümmsten und unvernünftigsten Dinge der Welt ist. Trotzdem kann und will ich nicht leugnen, dass Autorennen mich von jeher fasziniert haben. Vielleicht, weil ich mir ein Leben so ganz ohne jede Verrücktheit nicht vorstellen kann. Ferner mag ich nicht darüber diskutieren, ob das ein Sport ist oder nicht. Auch wenn es allen Kritikern, die sicher mit vielem recht haben, nicht passt: Ein derart groteskes Geschoss auf Rädern wie einen Formel 1-Wagen knapp zwei Stunden lang permanent im Grenzbereich zu bewegen oder in einem noch groteskeres Geschoss auf Rädern ein Langstreckenrennen wie das in Le Mans durchzustehen, ist körperlich und mental sehr wohl großer Sport. Ein Bleifuß und ein Pkw-Führerschein reichen lange nicht aus dafür.
Mittwoch, 2. Oktober 2013
Die Tussi kehrt zurück
Liebe Geschlechtsgenossen, wir müssen jetzt sehr tapfer sein. Wir können aber nicht behaupten, nicht gewarnt gewesen zu sein: Die gendermäßig höchst asymmetrisch erfolgreiche Filmreihe Bridget Jones geht in die dritte Runde. Ein verfilmter Mädelsabend, die auf Zelluloid gebannte Rache für unzählige Fußballspiele und Actionfilme, die frau im Leben gezwungen war, mitzugucken. Es ist wichtig, für den Fall, dass mann mit weiblicher List dazu gebracht wird, sich das anzutun, ein wenig vorbereitet zu sein. Daher für alle, die das Glück hatten, sich im Gegensatz zu mir den ersten zwei Teilen nicht aussetzen zu müssen, eine kurze Einführung in den Kosmos dieser schillernden Ikone unserer Zeit:
Montag, 23. September 2013
Gemischter Senf zum Sonntag
Natürlich kann man die CDU und ihre
Anhänger verstehen, wenn sie gestern eine Riesenparty haben steigen
lassen. Ein solches Wahlergebnis, knapp an der absoluten Mehrheit
vorbei, trägt fast schon Adenauersche Züge. Oder Bayerische. Als kleinlicher Kritikaster kommt sich leicht vor, wer da in die Suppe spucken will. Dennoch: Wenn
der champagnerinduzierte Kater auskuriert ist, dann müsste der Union
klar werden, dass das
Wahlvolk ihr da ein ziemlich vergiftetes Geschenk gemacht hat. Es spricht nämlich so
einiges dafür, dass das Regieren für Angela Merkel trotz der satten
Mehrheit längst nicht so einfach werden könnte, wie es auf den
ersten Blick aussieht. Der Wahlkampf hat gezeigt, dass die
gestrige Wahl beinahe eine reine Personenwahl war und die Union in erster Linie von den traumhaften Beliebtheitswerten der Kanzlerin profitiert
hat. Sieht man sich an, was die Partei personell außer Merkel so zu bieten
hat, dann müsste ihr bei allem Jubel eigentlich angst und bange werden, denn
ohne ihre bleierne Kanzlerin mit der Teflonbeschichtung würde sie
vermutlich irgendwo auf Augenhöhe mit der SPD landen.
Donnerstag, 19. September 2013
Der nicht langweilte
Marcel Reich-Ranicki (1920-2013)
Der Mann hatte komisches Talent. Und war, mit Verlaub, verdammt cool. Einmal wurde 'Das literarische Quartett' aus dem gläsernen Studio des ORF am Gaisberg oberhalb von Salzburg übertragen. Den ganzen Abend schon hatte sich über der Stadt ein heftiges Gewitter zusammengebraut. Als letztes Buch des Abends sollte das jüngste Werk des von Marcel Reich-Ranicki notorisch nicht gemochten Martin Walser besprochen werden. Und siehe, exakt in dem Moment, in dem Reich-Ranicki den Zeigefinger hob und tief einatmete, um zu einer vernichtenden Suada anzusetzen, passierte es: Rrrumms, Blitz und Donner. Er schaltete blitzschnell, hob Blick und Hände gen Himmel und ranzte: "Also bitte, man wird doch wohl noch was gegen Walser sagen dürfen!" Großes Kino. Alles live. Mit weit über siebzig. So was lässt sich nicht proben oder einstudieren.
Montag, 16. September 2013
Splitter und Balken
Alternativ: Ein Finger gegen drei
Es heißt, wer für alles offen sei, der sei meistens nicht ganz dicht. Es gibt keinen Zweifel, dass Teile der Grünen bis in die 1980er hinein aus einem falsch verstandenen Toleranzbegriff heraus organisierten Pädophilengruppen eine politische Heimat geboten haben. Ferner kann es keinen Zweifel geben, dass die Grünen sich längst davon distanziert haben und heute so ziemlich alle ihre Mitglieder diese peinliche Episode gern ungeschehen machen würden. Auf die Gefahr hin, Offensichtliches auszusprechen, sei es, um Missverständnissen vorzubeugen, dennoch gleich zu Beginn klar gestellt: Es ist nicht verhandelbar, dass gelebte Pädophilie, sprich Kindesmissbrauch, gleich von wem und an wem, eines der schlimmsten Verbrechen ist, das zu recht verfolgt und bestraft wird. Komme mir keiner mit den alten Griechen! Etwas anderes ist es aber, das Thema aus vordergründigen wahlkampftaktischen Motiven auszuschlachten.
Sonntag, 8. September 2013
Blätter, die die Welt nicht braucht
"Formen sind kein leerer Wahn." (Heinrich Mann, der Untertan)
Vor ein paar Jahren war ich zu einer Hochzeit eingeladen, bei der im Vorfeld um Abendgarderobe gebeten worden war. Dummerweise besitze ich so etwas nicht. Nur zwei, drei Jacketts, die ich mit irgendwas kombiniere, wenn es denn gar nicht anders geht sowie drei Krawatten. Ich hasse solchen Zinnober. Offizielle Kleidung ist etwas, das ich zu vermeiden suche, wo immer es geht. So hatte ich in meiner nur als grenzenlos zu bezeichnenden Naivität gedacht, ich sei auf der sicheren Seite, wenn ich mir einen einfarbigen, mittelgrauen Dreiteiler ausleihe, mein einziges weißes Hemd anziehe und mir eine meiner Krawatten dazu umbinde. Narr, der ich war! Während der Feierlichkeiten raunte mir jemand dezent zu, was ich da trüge, sei aber keine Abendgarderobe. Die bestünde entweder aus einem schwarzen, sehr dunkelgrauen oder allenfalls einem dunkelblauen Anzug. Paff, da hatte ich es!
Freitag, 16. August 2013
Ohrenpein beim Reitverein
Die Betreiber des nahe gelegenen Reiterhofs mit angeschlossener Gastronomie verstehen ihr Handwerk. Im schön gelegenen Biergarten lässt sich gutes Gebräu zu unschlagbaren Preisen genießen, auf Bestellung wird einem etwas Gutes auf den Grill gelegt, das nicht aus dem Großmarkt kommt, sondern von einem Metzger und ebenfalls zum schwer schlagbaren Preis verkauft. Im Hintergrund hält vornehmlich weibliches Jungvolk die Zossen auf Trab. Wenn der Wind günstig steht, bemerkt man auch den Geruch der hundert Meter entfernten Kläranlage kaum. Was soll's, die Emscher will schließlich gereinigt werden. H. ist nach einem mehr als ein Jahr währenden Dating-Marathon wieder in einer Beziehung angekommen und kennt kaum ein anderes Thema als seine neue Flamme. Man ordert noch ein Weißbier und lässt den lieben Gott einen jolly old fellow sein. Idyllen wie diese machen langmütig. Doch auch das hat Grenzen.
Sonntag, 4. August 2013
Wieder rausgekramt: Der Philip Marlowe von Essen
Man könnte doch mal wieder 'Steeler Straße' lesen, so fuhr es mir die Tage durchs Hirn und ich tat wie befohlen. Drei Tage später hatte ich alle Bände durch und das sichere Gefühl, diese treuen Begleiter meiner Essener Studienjahre nicht zum letzten Male wieder hervorgekramt zu haben. 'Steeler Straße' ist eine aus sechs Bänden bestehende Serie von in Essen spielenden Detektivromanen des ehemaligen IT-Angestellten Friedrich Hitzbleck alias Conny Lens. Lens hat den Traum vieler wahrgemacht und sich vom Hobbyschriftsteller zum gefragten Roman- und Drehbuchautor gemausert. 'Steeler Straße' gehörte zu seinen ersten Gehversuchen.
Mittwoch, 17. Juli 2013
Deutschland, uneinig Egoland
Seit ihrer Gründung arbeitet die Bertelsmann Stiftung unermüdlich daran, dieses Land ein bisschen weniger solidarisch zu machen. So wenig Staat wie möglich lautete das schlichte Credo des erzkonservativen Gütersloher Bücherpaten Reinhard Mohn, der eine kleine Verlagsklitsche zu einem der größten Medienhäuser Europas und später der Welt aufbaute. Mohn mag seinem Anspruch daran, wie ein Firmenchef zu sein hat, durchaus gerecht geworden sein. Für seine Mitarbeiter wird er tatsächlich so etwas gewesen sein, wie ein Patriarch – streng zwar, aber auch väterlich, großzügig, vor allem aber loyal. Unter seiner Ägide (und den Bedingungen des Wirtschaftswunders) musste vielleicht niemand Angst haben, entlassen zu werden.
Zwei bis drei Denkfehler aber muss man Mohn postum attestieren. Erstens: Ostwestfalen ist nicht die Welt. Zweitens: Unternehmer wie er und Unternehmen wie seins sind die Ausnahme, nicht die Regel. Drittens: Ein erfolgreicher Unternehmer ist zunächst einmal nicht mehr und nicht weniger als ein erfolgreicher Unternehmer und deswegen noch lange kein universell begnadeter Visionär, der in allen Fragen und allen Bereichen des menschlichen Daseins kompetent ist. Noch zu Lebzeiten, meinte er, Eigentum verpflichte. Unter anderem dazu, der Gesellschaft etwas zurück zu geben. Dieses an sich edel und altruistisch sich ausnehmende Motiv ist in Wahrheit nicht selten ein egoistisches: Es geht darum, die Gesellschaft im eigenen Sinne zu verändern.
Sonntag, 23. Juni 2013
Die ihr Essen fotografieren
Irgendwas mache ich falsch. Ich mache mir oft einen Kopf, über was sich so bloggen lässt. Weil das hier nie ein reines Polit-Blog sein sollte, sehe ich zu, eine gewisse Balance hinzubekommen aus Politischem, Gesellschaftlichem und jenen netten Banalitäten am Wegesrand, die das Leben so farbig machen. Ich drechsele Sätze, lese sie mir laut vor, um zu hören, ob sie auch einen schönen Rhythmus haben. Regt mich etwas richtig auf, dann gelingt es mir manchmal, einen Beitrag in einer halben Stunde fertig zu haben und nur noch ein paar kleine Korrekturen vornehmen zu müssen. Meistens breche ich mir aber länger einen ab. Vor allem aber schmeiße ich eine Menge weg. Nur gut die Hälfte dessen, was ich im Monat so verzapfe, erscheint hier auch. Der Rest gammelt als angefangenes Fragment auf der Festplatte rum. Ich beklage mich nicht, denn ich finde das ziemlich normal. Wie alle kreativen Tätigkeiten, ist Schreiben nun einmal, entgegen einem verbreiteten Vorurteil, kein reiner Spaß, sondern vor allem Arbeit. Eine schöne Arbeit zwar, die meist Freude bringt und sehr befriedigen, gelegentlich aber auch frustrieren kann.
Freitag, 21. Juni 2013
Deutsches Kinderelend
Kristina Schröder hat's manchmal auch nicht leicht. Weil bekanntlich das Damoklesschwert des demographischen Wandels über uns allen hängt, die Deutschen somit auszusterben drohen wie einst die Dinosaurier und die Neandertaler, gilt es als vordringliche Aufgabe einer Familienministerin, dafür zu sorgen, dass die zwar rammelfreudigen, aber vermehrungsmüden Deutschen diesen Trend gefälligst wieder umkehren. Das Elend der deutschen Politik liegt auch hier darin, dass man meint, alles sei im Zweifel nur eine Frage des Geldes.
Dienstag, 18. Juni 2013
Fremde Freunde
Kein Zweifel, Amerika war einmal cool. Vor allem die Populärkultur. Für viele in der Nachkriegszeit Sozialisierte hatten Jeans, Rock 'n Roll und auch das unkomplizierte Fastfood im Mief der Adenauerära etwas Befreiendes. Amerika, das stand für Freiheit, ein gewisses Rebellentum, dafür, es dem Establishment zeigen. Auch der amerikanische Traum hatte eine gewisse Faszination: Egal, wer du bist oder wo du herkommst, egal wie du heißt und welchen Namen du trägst, du bekommst deine Chance. Dass das streng genommen kaum jemals so war und es auch in den USA, die keinen Adel kannten, sehr wohl eine Rolle spielen konnte, wer man so war und aus welchem Stall man stammte, störte zunächst nicht weiter. Die Amerikaner waren schlau genug um zu sehen, dass es im Nach-Nazideutschland eine jüngere Generation geben würde, die nach so etwas dürstete und gaben den wohlwollenden Hegemon. Viele Deutsche dankten ihnen das.
Dienstag, 11. Juni 2013
Genderama
"Girls will be boys and boys will be girls / It’s a mixed up, muddled up, shook up world / Except for Lola." (Ray Davies)Die um ihre Männlichkeit fürchtenden Männer an der Universität Leipzig können aufatmen: Die Klöten bleiben dran und im Uni-Chor wird auch weiterhin Tenor und Bass gesungen werden. Kein honoriger Professor muss fürchten, in Zukunft mit "Frau Professorin", "Frau Professor", "Klaus-Bärbel" oder "Loretta" angeredet zu werden. Auslöser der Panik war ein Bericht auf Spiegel online, in dem es sinngemäß hieß, die Leipziger Alma Mater habe ihre Sprachregelungen dahingehend geändert, dass sich von nun an alle Männer mit weiblichen Titeln anreden lassen müssten. Im Teaser heißt es:
Freitag, 7. Juni 2013
Ursuppe
"Wenn Menschen aufhören, an Gott zu glauben, dann glauben sie nicht an nichts, sondern an alles Mögliche. Das ist die Chance der Propheten – und sie kommen in Scharen." (Gilbert Keith Chesterton)Man sagt, des Menschen Wille sei sein Himmelreich. Wenn also jemand glauben möchte, der liebe Gott sei ein rauschebärtiger alter Mann und habe die uns bekannte Erde binnen sechs Tagen plus einem Ruhetag mit etwas Simsalabim aus Knetmasse und Spucke zusammengeleimt, dann soll er das eben tun. Wer par tout glauben möchte, man würde 120 Jahre alt und garantiert niemals krank, wenn man sich ausschließlich von Rohkost und ungewaschenen Wildkräutern ernährt, dazu täglich skurrile Gymnastik betreibt und Volkslieder zu ungelenk umgedichteten Texten zum Besten gibt, soll das meinethalben auch tun. Problematisch wird es genau dann, wenn Leute, die so was tun, alle, die das nicht tun mögen oder schlicht für Mumpitz halten, für minderwertige, unerleuchtete, ignorante und böse Menschen halten.
Ich bin in meinem bisherigen Leben weiß Gott einer ganzen Menge Schwachsinn in allen Farben, Formen und Größen begegnet. Seitdem ich mich seinerzeit daran gemacht habe, in die unendlichen Welten des Netzes vorzudringen, scheint mir das Ausmaß noch einmal deutlich angestiegen zu sein. Auch ist man aus der Esoterik-Szene wirklich einiges Schräge gewohnt. Doch spielt das, auf das am letzten Wochenende auf mein entzündetes Auge fiel, noch einmal in einer eigenen Liga.
Donnerstag, 6. Juni 2013
Verklemmte überall
Wie landet man als Comedian fast immer einen sicheren Lacher? Ganz einfach. Man braucht nur einen Satz anzufangen wie: „Greift ein Priester einem Messdiener unter den Rock...“, und dabei verschwiemelt zu grinsen. Ta-täää! Grölendes Gelächter ist fast garantiert. Die normalerweise durchaus witzige und angenehm versaute Kölner (ja, ich weiß, sie ist in der Klumstadt Bergisch Gladbach geboren) Komödiantin Carolin Kebekus hat für ihre vom WDR produzierte und auf EinsFestival ausgestrahlte Fernsehshow einen Clip gedreht, in der sie als tanzende Nonne inmitten einer Schar von Messdienern, denen wiederum Priester nachstellen, in einer Kirche Hiphoppiges zum Besten gibt. Irgendwann lupft sie das Gewand vor einem Kruzifix und leckt auch eines ab. Haha. Wer im Gegensatz zu mir auf HipHop steht, wird dem vielleicht sogar etwas abgewinnen können.
Donnerstag, 30. Mai 2013
Sie sind unter uns (3)
Heute: Pink Radar - der Homophobe Oberchecker
Wer erinnert sich nicht an die legendären Terminator-Filme? Legendär die Szenen, in denen der staunende Zuschauer die Welt durch die Augen des Maschinenmannes wahrnahm. Wer hätte sich so was in bestimmten Situationen noch nie gewünscht? Entfernungen, Größenverhältnisse, freie Parkplätze, Temperaturen und vor allem Identitäten automatisch ins Sichtfeld eingeblendet zu bekommen. Zwar gibt es solche Geräte schon länger, aber dummerweise würde man damit aussehen wie eine dieser Borg-Drohnen aus Star Trek. Aber jetzt festhalten: Menschen mit eingebauten Scannern wie beim Terminator scheint es wirklich zu geben. Auch das muss ich wissen, denn ich bin auch so einem schon begegnet. Es war Pink Radar, der Homophobe Oberchecker.
Samstag, 25. Mai 2013
Oh selige Burschenherrlichkeit!
Grundsätzlich steht es jedem Verein frei, zu entscheiden, wer als Mitglied aufgenommen wird und wer nicht. Wenn der gesellschaftliche Mainstream sich dreht, kann es schon einmal schwierig werden. Dann stehen sich verfassungsmäßig verankerte Grundsätze („Niemand darf aufgrund … benachteiligt werden.“) und vereinsrechtliche Statuten entgegen („Der Verein für bekloppte Barttrachten Botzenburg e.V. von 1951 steht jedem männlichen Bartträger offen, der...“). Die Wiener Philharmoniker zum Beispiel, die kein öffentlich-rechtliches Orchester sind, sondern ein privater Verein, haben sich bis 1997 geweigert, Frauen aufzunehmen. Letztlich war das nicht mehr zu halten. Festzuhalten bleibt, dass es nicht zwingend Diskriminierung sein muss, wenn ein Verein einem die Mitgliedschaft verwehrt.
Dienstag, 14. Mai 2013
Fröhliches Filmeraten
Eines muss man den Wahlkampfstrategen der Union lassen: Sie verstehen es wirklich, Mutti Merkel im Wahljahr in Szene zu setzen. Kaum hatte unser aller Kanzlerin kürzlich dem Polit- und Justizfachblatt Brigitte ein Interview so ganz von Frau zu Frau gegeben, folgte schon der Charmeoffensive nächster Streich. Im Rahmen der Reihe 'Mein Film', die die Deutsche Filmakademie seit 2011 ausrichtet, wird einmal im Jahr eine prominente Person aus Politik, Kultur oder Showgeschäft eingeladen, die gebeten wird, ihren Lieblingsfilm zu nennen. Der wird dann in dessen und in Anwesenheit von weiteren Personen gezeigt, die etwas Schlaues zu dem Streifen zu sagen wissen. Hinterher wird noch ein wenig über das Gesehene und das Verhältnis der betreffenden Person zu dem Film geplaudert. Prima PR-Plattform, das. Wer den Lieblingsfilm eines Menschen kennt, kann einen kleinen Blick in sein Herz erhaschen, so oder so ähnlich das Kalkül dahinter.
Dienstag, 16. April 2013
Wiederkehr der Spargeltarzane
Man sagt, das Auto sei der Deutschen liebstes Kind. Das mag sein, stimmt aber, wenn überhaupt, nur zum Teil. Zumindest ein paar Monate im Jahr ist der Deutschen liebstes Kind ein saisonal angebautes Liliengewächs. Bis zum Johannistag ist das Land verrückt nach Spargel. Nur nach dem milden Weißen, versteht sich. Mit dem ungleich interessanter schmeckenden und vielseitigeren Grünen kann man hierzulande eher wenig anfangen. Und so pilgern jetzt wieder Freunde des müffelnden Urins und andere Spargeltarzane in Kohortenstärke auf Wochenmärkte und in Hofläden, wobei sie glasig umwölkten Auges ekstatisch stammeln: „Frischer Spargel! Endlich!“ Ich weiß, wovon ich rede, denn hier ganz in der Nähe ist ein Anbaugebiet. Apropos liebstes Kind: Existiert eigentlich irgendwo eine Statistik, die belegt, dass die Zahl der Autozulassungen während der Spargelsaison merklich zurückgeht? Wundern würde es mich nicht. Die Tatsache, dass die Anbaufläche sich binnen zehn Jahren fast verdoppelt hat, spricht jedenfalls dafür.
Samstag, 13. April 2013
Blockwartmentalität
"Reißt die Fenster auf –! Es mufft."
(Kurt Tucholsky)
In meiner Heimatstadt trieb zu meinen
jüngeren Jahren ein Polizist sein Wesen, den man wohl
verdonnert hatte, lebenslänglich Streife in der Fußgängerzone
zu gehen. Vielleicht ist er auch gar nicht dazu verdonnert worden,
sondern hat diesen eher beschaulichen Dienst einfach gern getan,
keine Ahnung. Ist eh egal jetzt, denn diese Zierde deutschen
Berufsbeamtentums dürfte mittlerweile längst pensioniert sein.
Besonders Fahrradfahrer hatte er auf dem Kieker. Er ließ keine
Gelegenheit aus, unbotmäßige Radler zu jeder Tageszeit vom
Drahtesel zu brüllen, ihnen eine Vorlesung über die StVO zu halten
und das fällige Verwarnungsgeld "anzubieten", wie er es
ausdrückte. Jeder jüngere Mensch, der damals gelegentlich per Rad
unterwegs war, kannte ihn. Man munkelte, dass wenn hinter ihm
eine Horde gesuchter Terroristen vorbeigelaufen, links neben ihm eine
Schlägerei stattgefunden und vor ihm eine alte Dame mit
vorgehaltener Waffe ausgeraubt worden wäre, er sich zuerst noch
einen Radfahrer zur Brust genommen hätte.
Dienstag, 9. April 2013
Margaret Thatcher (1925-2013)
Wie gelinde gesagt es ist, Margaret Thatcher habe polarisiert, wird deutlich, wenn man sich einige Reaktionen auf ihren Tod in Großbritannien ansieht: Im Londoner Stadtteil Brixton stieg gestern eine spontane Straßenparty unter dem Motto 'Ding, dong, die Hex' ist tot!', ein ehemaliger Gewerkschaftsfunktionär aus dem Norden soll zur Feier des Tages angestoßen haben, der Sänger Morrissey attestierte ihr gar, niemals auch nur ein Atom an Menschlichkeit besessen zu haben. Man mag so was geschmacklos finden, pietätlos gar, doch zeigt es, wie umstritten die Verstorbene nach wie vor ist. Sicher ist, dass sie auch weiterhin als einer der einflussreichsten politischen Köpfe des 20. Jahrhunderts gelten wird. 1979 zur ersten weiblichen Premierministerin gewählt, baute sie Großbritannien grundlegender und nachhaltiger um als irgendjemand anders in der Nachkriegszeit. Nicht nur Großbritannien. Als sie ins Amt kam, dürfte sie mit ihrer Position, den europäischen Sozialstaat der Nachkriegszeit nicht für eine Errungenschaft, sondern für einen historischen Irrtum zu halten, ziemlich allein dagestanden haben. Am Ende waren ihre Positionen weitgehend salonfähig.
Samstag, 16. März 2013
Der Agenda zum Zehnten
Man kann nicht pauschal sagen, dass die Agenda 2010 kein Erfolg gewesen sei, denn ein paar Gewinner gibt es schon: Die deutsche Exportwirtschaft und die Branche der Leiharbeitsfirmen wären da als erste zu nennen. Auch bei den Sozialgerichten braucht sich so schnell niemand Sorgen zu machen, dass die Auftragslage einbricht. Insgesamt aber gibt es eine Menge Verlierer. Viele stehen seit 2003 schlechter da als vorher: Wer arbeitslos wird, ist seitdem nur noch zwölf Monate entfernt vom Abstieg in die Armut. Wer einmal drinsteckt, sieht sich von vielen Seiten marginalisiert und als parasitärer Faulenzer diffamiert. Zu den Verlierern gehören auch, vergessen wir das nicht, Mitarbeiter der Jobcenter. Oft mangelhaft geschult und selbst prekär beschäftigt, müssen sie ein kompliziertes, lückenhaftes Gesetzeswerk voller Grauzonen auf Menschen anwenden, von denen sich viele in einer Krisensituation befinden. Die Kollateralschäden sind manchmal tödlich.
Montag, 11. Februar 2013
Hölle alaaf!
Nein, ich kann wirklich nicht behaupten, es schlecht getroffen zu haben. Ich kann mich nicht beklagen. Es könnte schlimmer sein. Weil ich in einer Gegend Nordrhein-Westfalens siedele, die nicht zu den so genannten Karnevalshochburgen zählt, besteht eine reelle Chance, den heutigen Tag in Ruhe verbringen zu können. Ein paar Vorkehrungen sind freilich vonnöten. Erstens: Auf keinen Fall Fernseher oder Radiogerät einschalten, denn der WDR kennt keine Gnade. Zweitens: Wenn man an einer Ausfallstraße Richtung Innenstadt wohnt und keine Garage zur Verfügung steht, sollte das Auto außer Reichweite der närrischen Ströme geparkt werden. Leider scheinen nämlich immer wieder ganz besonders ulkige Zeitgenossen Sachbeschädigung für gelebtes Witzigsein zu halten, wenn sie parkende Autos sehen. Drittens: Türen und Fenster fest geschlossen halten. Hat man sich dann noch mit einem guten Buch ausgerüstet und mit ein paar Berlinern, der mit Abstand erträglichsten Begleiterscheinung der Saison, dann steht einem geruhsamen und vor allem friedlichen Rosenmontag eigentlich nichts mehr im Wege.
Mittwoch, 6. Februar 2013
El Candidate lassen bloggen
Bislang habe ich mich aus Diskussionen über SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück weitgehend heraus gehalten. Das hat unter anderem damit zu tun, dass ich immer noch keine sonderlich differenzierte Meinung zu dem Mann habe und mir das auch nicht zu einfach machen will. Als gegeben wird man voraussetzen müssen, dass eine von ihm geführte rot-grüne Koalition im Gegensatz zur momentan am Ruder befindlichen und sich im Regieren übenden keinen wirklichen Politikwechsel mit sich brächte, somit keine echte Alternative wäre, sondern gerade mal ein kleineres Übel. Der mit viel Wohlwollen ungeschickt zu nennende Beginn seiner Kampagne tat ein Übriges, dass von dem großen Hoffnungsträger ordentlich Lack abgeblättert ist.
Montag, 28. Januar 2013
Run for cover!
Irgendwann in den Siebzigern riss Otto Waalkes folgenden Witz: Ein Mann, trifft zufällig einen alten Bekannten wieder und man kommt ins Erzählen. Auf einmal sagt der Mann: "Übrigens, ich habe jetzt ein Stinktier als Haustier." "Igitt!", meint der Freund, "Wo hältst du das denn?" "Na, im Schlafzimmer natürlich.", entgegnet der Mann. "Und der Gestank?" - "Ach, daran wird das Tier sich schon gewöhnen." Was haben wir gelacht! Als ich letztes Jahr in irgendeiner Sendung sah, wie ein Mann tatsächlich Stinktiere in seiner Wohnung hielt, wurde mir schlagartig klar, dass ich langsam alt werde. Anderes Beispiel: Die Nonsens-Metal-Band JBO brachte vor knapp fünfzehn Jahren das Album 'Meister der Musik' heraus. Darauf befindet sich neben Eigenkompositionen und Coverversionen auch eine mehrteilige Werbeparodie auf einen Sampler, auf dem Schlager- und Dancefloor-Fuzzis Hardrock- und Metal-Klassiker zum Besten geben ("Blümchen singt Black Sabbath!", "Richard Clayderman spielt Metallica!", "Ernst Mosch und seine Egerländer spielen Venom!" usw.).
Montag, 21. Januar 2013
Wahlnachlese: Fast nur Verlierer
Schwarzer Kater
Die CDU hat neben den Grünen von allen Parteien sicher den solidesten Sockel an Stammwählern. Das liegt unter anderem daran, dass Geschlossenheit bei der Union von jeher eine größere Rolle spielt als anderswo und viele eingefleischte CDU-Anhänger fast jeden Kandidaten wählen würden, wenn es nur dafür gut ist, dass kein Sozialdemokrat an die Macht kommt. Um die dreißig Prozent sind da immer irgendwie drin, nur für absolute Mehrheiten reicht es nicht einmal mehr in Bayern. Die Wahl hat gezeigt, dass es nichts nützt, stärkste Fraktion zu sein, wenn der Juniorpartner FDP seinen Zerfallsprozess weiter fortsetzt. McAllisters Kalkül, die schwarzgelbe Koalition per Zweitstimmen, die aus seinem Lager der FDP zufließen, zu retten, ist knapp gescheitert. Und eine schwarz-grüne Option ist, allen Sondierungsversuchen zum Trotze, fürs Erste nicht in Sicht.
Die schlechte Nachricht: Fällt mir spontan nicht ein.
Die gute Nachricht: Der Muslime frühstückende Innenminister Schünemann ist seinen Job los.
Samstag, 19. Januar 2013
Man wird doch wohl noch sagen dürfen!
Wenn Rassismus sich als Gebildetsein tarnt
Georg Diez, dem man einen Hang zu verbaler Verblasenheit nicht immer absprechen kann, hat es dieses Mal - Ehre, wem Ehre gebührt - ziemlich gut getroffen. Als bekannt wurde, dass der Thienemann-Verlag aus Otfried Preußlers Kinderbuchklassiker Die kleine Hexe Wörter wie 'Neger' oder 'Negerlein' entfernen wird, pumpten sich Sprachpuristen mächtig auf. (Bei Thienemann folgte man übrigens dem Beispiel des Oetinger Verlags, der aus Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf Worte wie 'Neger' oder 'Negerkönig' entfernte.) Sofort wurde Politisch Korrekte Gesinnungsdiktatur diagnostiziert und von Zensur geschwafelt. Ulrich Greiner, der irgendwann einmal beim selbsternannten Dickdenkerblatt ZEIT schaffen durfte, verstieg sich gar allen Ernstes zu der Mahnung, man stehle Menschen, zu deren Lesebiografie diese Bücher nun einmal gehörten, ihre Erinnerung. Diez stellt die berechtigte Frage, woher eigentlich die Aggression derer käme, die dieses schmutzige Wort um jeden Preis verteidigen wollen.
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