Sonntag, 30. September 2018

Warum, ach sag', warum


Michael Spreng, seines Zeichens ehemaliger Chefredakteur des meistverkauften Presseerzeugnisses der Nation, muss sich doch sehr wundern. Wieso ist sein früherer Arbeitgeber in letzter Zeit bloß so komisch? Die Gazette "[...] zersetzt [...] systematisch den Respekt vor den Institutionen und Repräsentanten des Staates und delegitimiert die liberale deutsche Demokratie. Die Zeitung macht sich damit freiwillig oder unfreiwillig zur Vorfeldorganisation der AfD." Der nicht mehr gar so neue Schriftleiter "[…] Julian Reichelt hat offenbar eine Truppe von selbsternannten Kriegern um sich geschart, die glauben, sie lägen im Schützengraben und müssten nicht nur die Kanzlerin, sondern auch den liberalen Rechtsstaat sturmreif schießen.“ Büschen viel Weltkriegsmethaphorik. Egal.

Freitag, 28. September 2018

Patriarchat, fortgeschrieben


Sicher, es sind die USA und die sind - Platitüde - in vielem anders. Einigen wir uns vielleicht darauf: Richter, egal wo und welcher Instanz, sollten zunächst einmal über den nötigen Sachverstand verfügen, ihren Job ordentlich zu erledigen. Weiterhin steht nirgendwo geschrieben, dass Richter moralisch zu 100 Prozent integer sein müssen. Und nein, Richter müssen auch keine Heiligen sein, es wäre weltfremd, geradezu kindisch, das zu erwarten. Ein Bewusstsein aber, eine Art Kompass für das, was richtig und falsch ist, muss man schon erwarten von einem Richter. Ferner eine Fähigkeit zur Reflexion, sich in die andere Seite hineinversetzen zu können. Ich mit meinem laienhaften Verständnis von Rechtsprechung wüsste jedenfalls nicht, wie man sonst Recht sprechen könnte.

Montag, 24. September 2018

Jenseits der Blogroll - 09/2018


Preisfrage: Woran erkennt man, dass es wieder Herbst wird? An den sinkenden Temperaturen? Den bunt sich färbenden Blättern? Iwo, der sicherste Indikator ist die alljährlich anhebende Berichterstattung über das Oktoberfest. Dieselben Preßfritzen, die uns sonst streng ermahnen, dass schon das kleinste Feierabendbierchen pures Gift sei und es im Prinzip keine vertretbaren Alkoholmengen gäbe, schalten im September kollektiv auf Partymodus. Und so werden wir auch dieses Jahr wieder zugeballert mit allerlei Details über das größte Massenbesäufnis der Welt. Über Bierpreise, Alkoholleichen, betrügerisches Einschenken, wie ein Dirndl korrekt zu tragen ist, welcher Promi mit welchen anderen unwichtigen Menschen in welcher Feierbutze gesehen wurde, die Wonnen vormittäglicher Druckbetankung im Festzelt und dass es überhaupt nichts Geileres gibt als sich in alberner Gewandung systematisch die Birne rauszuschrauben. Sexuelle Übergriffe hingegen werden normalerweise eher diskret behandelt. Wegen christlich-abendländische Kultur vermutlich.

Sonntag, 23. September 2018

Jesses!


Mag man auch inhaltlich nicht immer mit allem einverstanden sein, was dort geschrieben steht (etwa wenn der Autor Harald Martenstein heißt), ist der berlinische Tagesspiegel für das eine oder andere unbedingt zu loben. Er ist mit einigen anderen Ausnahmen (taz, Frankfurter Rundschau) eines der wenigen größeren Presseorgane, das nicht ganz oder teilweise hinter Bezahlschranken verschwunden ist, kein Bezahlmodell praktiziert und einen auch nicht andauernd auffordert, den doofen Adblocker auszumachen. Ferner muss man hervorheben, dass man dort bereit und in der Lage ist, es zu thematisieren, wenn man Mist gebaut hat und dann auch bereit ist, das entsprechend zu korrigieren.

Freitag, 21. September 2018

Schmähkritik des Tages (22)


Heute: Micky Beisenherz über die Personalie Maaßen

"Annette Schavan und Karl Theo Guttenberg wiegen gerade in Embryonalstellung unter der Dusche, während Christian Wulff traurig seine Kreise auf dem Bobbycar in der Einfahrt dreht. Binnen weniger Stunden ist »Maaßen« vom Substantiv zum Verb mutiert:

Maaßen- größtmögliche Karriereschritte machen bei erwiesener Inkompetenz.

Dienstag, 18. September 2018

Opa erzählt vom Kalten Krieg


An der bei RTL gefloppten Serie 'Deutschland 83' gibt es erfreulich wenig auszusetzen.

Mit den seit einigen Jahren so angesagten Fernsehserien ist das bei mir ja so eine Sache. Gucke ich meist erst dann, wenn sie schon ein paar Jahre alt sind. Keine Ahnung, wieso. Vielleicht weil mir 'Hypes' aller Art so gegen den Strich gehen. Ferner halte ich auch in Zeiten des Streamings eisern am guten alten Datenträger fest. Man sollte den Datensammlern dieser Welt ihr Geschäft so schwer wie möglich machen, wenn man es ihnen schon nicht komplett verunmöglichen kann. Ich finde immer noch, es geht außer mir und von mir ausgewählten Personen niemanden etwas an, wann ich wie lange was genau anschaue.

Samstag, 15. September 2018

Stei! Polizop!


Wie die Prioritäten liegen

3.500 bis 4.000 Polizeibeamte mit schwerem Gerät bietet das Land Nordrhein-Westfalen nach Medienangaben auf, um 200 Hektar rheinischen Restwald roden zu können. Dazu war es nötig, amtlich festzustellen (vermutlich nachdem man neueste Supercomputer angeschafft und die brightesten US-Hochschulabsolventen rekrutiert hatte), dass die 50, zum Teil seit Jahren existieren Baumhäuser den Bestimmungen des Brandschutzes nicht genüge tun (ein Glück, dass die Waldbrandsaison...). Gut, spätestens seit dem Berliner Flughafen weiß jedes Kind, dass in Deutschland Gebäude, die die Auflagen des Brandschutzes nicht erfüllen, qua ministerieller Verfügung unverzüglich durch die Polizei per Bulldozer abzuräumen sind. Bei Gefahr im Verzuge darf Der RechtsstaatTM kein Pardon kennen, es geht schließlich um unser aller Sicherheit.

Donnerstag, 13. September 2018

Steinerne Schlussstriche


Vorweg ein Bekenntnis: Ich habe durchaus etwas über und ein Faible für alte Gemäuer und so genannte 'geschichtsträchtige' Orte. Stehe ich im Oktogon des Aachener Doms, vor dem Speyerer Dom, in der Hagia Sophia, der Kathedrale von Saint-Denis, am Londoner Tower, auf dem Forum Romanum, der Nürnberger Kaiserburg oder an ähnlichen Orten - you name it - und lasse die Gedanken schweifen, dann geht mir das Herz auf. Als Kind und Heranwachsender fand ich den alten Kram erst totenöde, da komplett uninteressant, dann war er mir egal. Als ich begann, mich für Geschichte zu interessieren, wurde das anders. Wer mit mir in den Kölner Dom geht, muss sich auf einen längeren Aufenthalt gefasst machen, denn ich finde immer was Spannendes zu entdecken. In Stratford-upon-Avon hätte ich einmal fast meinen Zug verpasst, weil ich mit einem freundlichen und hochkompetenten Mitarbeiter der Shakespeare-Gedenkstätte ins Fachsimpeln geraten war.

Montag, 10. September 2018

Ronny des Monats - September 2018


"Meine Zweifel an der Lernfähigkeit der Gesellschaft wachsen." (Bettina Gaus)

Schaut man sich die Masse der Bewerber an, dann könnte man nach den Ereignissen der letzten Wochen glatt den Eindruck bekommen, nicht wenige Leute hielten den Ronny des Monats für einen echten Preis. Die Auswahl war riesig dieses Mal, die Shortlist lang. So haben Wissenschaftler jetzt herausgefunden, dass es eine Korrelation gibt zwischen gehäuft auftretender Hate Speech in sozialen Netzwerken und realer rassistischer Gewalt. Wow! Was finden die als nächstes heraus? Dass Kaffee ohne Zucker weniger süß schmeckt? Wer hat die Studie verfasst? Captain Obvious?

Samstag, 8. September 2018

Über die Maaßen klebrige Stühle


"Das sind meine Prinzipien. Wenn die Ihnen nicht gefallen, habe ich noch andere." (Groucho Marx)

Vieles war und ist mit Recht zu hören und zu lesen vom Verrat, den die moderne Sozialdemokratie an ihrer proletarischen Kernklientel begangen habe. Wenngleich leicht in Vergessenheit gerät, dass der Arbeiterverrat bei den Sozialdemokraten, beginnend mit 1914, eine über 100jährige Tradition hat und nicht erst mit Gerhard Schröder angefangen hat. Über all dem darf aber nicht der permanente Verrat vergessen werden, den moderne Konservative seit Jahrzehnten begehen. Den an ihren Idealen nämlich. Ja, richtig gelesen. Konservative, zumindest einige unter ihnen, hatten mal Ideale. Etwa das unerschütterbare Bekenntnis zu Europa eines Helmut Kohl. Man sollte das natürlich nicht überbewerten. Konservative Ideale waren meist eher Feigenblätter, ein Hauch von nichts, maximal dehnbar. Oder von solch rührender Unterkomplexität wie der plumpe Antikommunismus eines Franz Josef Strauß.

Dienstag, 4. September 2018

Vom Starkmachen der Rechten


"Die deutschen Konservativen und ihre Führungsriege sind unfähig, sich von rechts wirklich bedroht zu fühlen. Für sie steht der eigentliche Feind immer noch links. Rechts - das sind irgendwie ungezogene Verwandte."

Fällt das nur mir auf? Egal, was man tut oder nicht tut, man macht damit die Rechten stark. Ignoriert man sie, macht sie das stark, weil sie glauben, niemand wehre sich und die Straße gehöre ihnen. Protestiert man, macht sie das stark, weil sie sich dann als diskriminierte Opfer fühlen. Diskutiert man mit ihnen, macht sie das stark, weil es sie aufwertet, verweigert man jegliche Diskussion, macht sie das ebenfalls stark, weil das ihre Wahrnehmung vom arroganten Mainstream nur bestätigt. Andere wieder behaupten, man mache die Rechten stark, wenn man sie so nenne, denn schließlich seien sie nach eigenem Bekunden ja gar keine, aber... Man fragt sich ernsthaft, ob es eigentlich noch irgendwas gibt, was man tun oder lassen kann, das die Rechten nicht stark macht.

Sonntag, 2. September 2018

Werte Wespen,


wir müssen mal reden. Ich verstehe euch ja in vieler Hinsicht. Vor allem in der, dass ihr dauernd auf Nahrungssuche seid. Alles roger, sind wir alle, irgendwie. Weil ihr aber im Gegensatz zu unsereins keine Aldimärkte habt, müsst ihr, wie die meisten Tierarten, halt gucken, wo es gerade was zu spachteln gibt. So weit, so schön. Wir wollen alle leben. Ich sollte auch erwähnen, dass ich im Gegensatz zu anderen meiner Artgenossen keine Panikattacken kriege, wenn ich eine von euch bloß von weitem sehe, weder gegen eure doofe Stecherei allergisch bin noch sonst irgendwie Angst habe vor euch. Erst recht nicht vor eurem anorektischen 'Biene Maja in böse'-Look. Wir könnten also wunderbar nebeneinander her existieren auf diesem Planeten. Wenn, ja wenn ihr euch nicht so steindumm anstelltet.