Freitag, 31. März 2023

Schmähkritik des Tages (65)


Heute: Georg Seeßlen über Melange

"Was die Positionen von Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und ihren Anhänger*innen anbelangt, so geht meine Reaktion übers »Anderer-Meinung-Sein« deutlich hinaus. [...] Es bildet sich da, meiner bescheidenen Meinung nach, keine Diskursgemeinschaft, die nach Möglichkeiten zum Frieden sucht, sondern eine hybride, bewusstlose und ein klein wenig clowneske Gemeinschaft, die fatal an »Querdenker« und »Coronaleugner«-Szenen erinnert, das Rechte und das Linke quergestrickt, die Verschwörungsphantasmen und die schwarzbraunen Immerdabeis, die berechtigte Opposition zur hegemonialen Mainstreamerzählung und der sektenhafte Bruch mit dem Common Sense, die Forderung nach Gehör und die Taubheit gegenüber Einwänden, die Mischung aus Aggression und Opferstatus, die Verbindung humanistischer Anliegen mit geradezu zynischem nationalem Interesse -- diese Melange entzieht sich meiner Vorstellung von kritischem Denken." (taz, 29.03.2023)

Mittwoch, 29. März 2023

Verwöhntes Pack!

 
Aus aktuellem Anlass sollte man beizeiten daran erinnern, dass das Streikrecht das einzige echte Druckmittel ist, über das Arbeitnehmer in Deutschland verfügen. Solange für die meisten die Alternativen zum aktuellen Job Arbeitslosigkeit oder schlechter bezahlte Jobs sind, zählt nämlich 'einfach kündigen und besseren Job suchen' nicht als Alternative und sitzt das Kapital immer am längeren Hebel.

Sonntag, 26. März 2023

Jenseits der Blogroll - 03/2023

 
So denn, wieder Zeit für die Links und Fundstücke des Monats, liebe Lesende. Fast wäre ja hier ein Beitrag zur Causa Nagelsmann erschienen. Der Umgang der Bayern-Supremos damit hat die ohnehin niedrig liegende Latte im Anstandslimbo bei dem "Scheißverein" (Frege/van Dannen) von der Säbener Straße noch einmal niedriger gelegt. Man sieht sich inzwischen offenbar nicht mehr bemüßigt, wenigstens den Anschein zu wahren, dass alle ihr Gesicht behalten. Okay, Mitleid ist unangebracht, denn Nagelsmann wird sich seinen vorzeitigen Abgang versilbern lassen und nicht Gefahr laufen, beim Jobcenter eine Nummer ziehen zu müssen. Weil meine restlichen Gedanken aber mehr unoriginell waren, bitte im Sportteil bei Herrn Rüttenauer weiterlesen.

Samstag, 25. März 2023

In der Parallelwelt


"Jede Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andre werde gepumptes Geld zurückzahlen. Tut er das nicht, so erfolgt eine sog. ›Stützungsaktion‹, bei der alle, bis auf den Staat, gut verdienen. Solche Pleite erkennt man daran, daß die Bevölkerung aufgefordert wird, Vertrauen zu haben. Weiter hat sie ja dann auch meist nichts mehr." (Kurt Tucholsky, 1931)

Es ist schon eine lustige Parallelwelt, in der die Banken sich bewegen. So hieß es ja immer, es könne nichts verteilt werden, was nicht erwirtschaftet worden sei. Wer Prämien und Boni wolle, müsse erst einmal leisten. Gewinne generieren. Leistungsprinzip! Nun, die Credit Suisse hat in den letzten zehn Jahren trotz teils erheblicher Verluste angeblich 32 Milliarden Schweizer Franken an Boni ausgezahlt. Im letzten Jahr, als der Laden gleich sieben Milliarden CHF Miese gemacht hat, sind trotzdem alle Boni gezahlt worden.

Donnerstag, 23. März 2023

Vermischtes und Zeugs (XLVI)

 
Nach Quiet Qiutting kommt jetzt aus den U.S. of A. der nächste Trend für gelangweilte Bullshitjobber, die nicht wirklich arbeiten müssen: Bare Minimum Monday. Der Life hack geht folgendermaßen: Man erledige am Montag nur das Allernötigste, mache sich eine minimale To do-Liste und arbeite am besten nur zwei Stunden, denn dann hält die Erholung vom Wochenende länger. Spitzenidee! Warum ist da bis jetzt noch niemand sonst drauf gekommen? Sollte man unbedingt mal in Krankenhäusern, bei Rettungs- und Pflegediensten, Polizei und Feuerwehr oder in der Produktion vorschlagen.

Sonntag, 19. März 2023

Musikalische Jubiläen (4)

 
Vor 50 Jahren erschien das Album 'The Dark Side Of The Moon' von Pink Floyd. Das geht mich an.

Ich war elf Jahre alt und es war schon dunkel. Das Elternhaus meines Schulfreunds K. hatte eine Art Multifunktionskeller, der für dieses und jenes genutzt wurde. Zu der Zeit hatte K. den Raum in eine, sagen wir, zeittypische Räuberhöhle verwandelt. Es lagen Flokatis und Matratzen auf dem Boden. Wir fläzten zu dritt herum, es brannten Räucherstäbchen und es wurde aromatisierter Tee, meist Wildkirsch, aus diesen henkellosen irdenen Tässchen getrunken, an denen man sich immer die Pfoten verbrannte, und wir ratschten über dies und das. Es waren andere Zeiten.

Donnerstag, 16. März 2023

Vermischtes und Zeugs (XLV)

 
Jetzt haben die ja wieder was rausgefunden: Geld macht doch glücklich! Jahrelang wurde uns ja erzählt, ab einer gewissen Menge mache Geld nicht mehr glücklicher. Die Befürworter einer Reichensteuer müssten sich nun ein neues Argument suchen, so wird gleich geschwafelt. Bätschi! Moment mal. Kann es sein, dass es bei einer 'Reichensteuer' weniger darum geht, Reichen an ihr persönliches Lebensglück zu gehen, sondern vor allem darum, sie angemessen zu beteiligen am Steueraufkommen?

Montag, 13. März 2023

Kein Mathe können


In der Grundschule war ich gar nicht mal schlecht in Mathe. Ich hatte bloß wenig Bock darauf und ließ das schleifen. Warum? Mein Mathematikunterricht hatte mit Mengenlehre begonnen. Ich war aber anderes gewohnt. Im Kindergarten hatten die Erzieherinnen mit uns einfache Rechenaufgaben geübt. Mit den Fingern. Ich stellte mich gar nicht ungeschickt an, so das einhellige Urteil. In der Schule bekamen wir dann plötzlich der Kinderkram mit den komischen bunten Plättchen. Was sollte der Blödsinn mit der 'Lösungsmenge'? Dass zwei Äpfel plus drei Äpfel fünf Äpfel ergaben, wusste ich. Konnte ich wie aus der Pistole geschossen. Wieso jetzt das mit den komischen Mengenkreisen und Schnittmengen und so? Erschloss sich mir nicht.

Samstag, 11. März 2023

Ronny des Monats - März 2023


Mal son bisschen Off Topic, bevor es losgeht. Ich sollte vielleicht sicherheitshalber erwähnen, kein ausgemachter Fan der Grünen zu sein, wobei ich, Gott der Dicke sei mir gnädig, die Performance der grünen Minister gar nicht mal übel finde (was aber in einer Koalition mit der FDP vielleicht auch nicht wirklich schwierig ist). Tatsache scheint aber zu sein, dass die Grünen sich zum Lieblingshassobjekt vieler Leute gemausert haben. Was sich darin äußert, dass jede Menge Witze über sie gerissen werden. Eigentlich kein Problem für mich.

Dienstag, 7. März 2023

Besudeltes Heiligtum


Zu den wenigen Dingen, die mir dieses Land immer einigermaßen sympathisch erscheinen ließen, gehört, dass um 'nationale Symbole' vergleichsweise wenig Gewese gemacht und das politische Geschäft eher nüchtern und geschäftsmäßig erledigt wird. Zwar flattern überall an Regierungsgebäuden Flaggen herum und sie gelten protokollarisch als Hoheitszeichen, doch käme niemand auf die Idee, sie mit quasireligiöser Heiligkeit aufzuladen. Umso befremdlicher jetzt das Bohei, das anhub, weil ein paar 'Letzte Generation'-Anhänger das Denkmal 'Grundgesetz 49' mit einer schwarzen Flüssigkeit besudelt haben.

Sonntag, 5. März 2023

Lokal vs. Global

 
Nachdem ich einer lieben Kollegin, mit der ich mich zuweilen über Kulturelles und schöne Dinge austausche, den ersten 'Bruno'-Band geliehen hatte mit der Gewissheit, das könnte ihr gefallen (tat es), drückte sie mir, als Revanche gleichsam, 'Teufelsfrucht' von Tom Hillenbrand in die Hand. Der erste Band einer weiteren Krimiserie, die Berührungspunkte zur Welt des Kulinarischen aufweist. Die Hauptfigur ist weder Polizist noch Detektiv noch sonst jemand, der irgendwie in Ermittlungen hineingezogen wird wie zum Beispiel ein Journalist. Xavier Kieffer ist Koch und betreibt in Luxemburg (Stadt) das Lokal 'Deux Églises', mehr ein Bistro, wo er regionale Küche wie Huesezwiwi und Wäinzoossiss serviert. Er selbst zieht ein Stück Rieslingspaschtéit und ein Glas Rivaner jedem Gourmet-Menü vor.

Donnerstag, 2. März 2023

Offenbarungseid

 
Vielleicht ist es hilfreich, sich klar zu machen, dass Sahra Wagenknecht keine Politikerin ist. Also in dem Sinne, dass sie tatsächlich konkret Politik machen will. Sie ist seit Jahren auf eigene Rechnung unterwegs. Als ewige Rebellin bespielt sie Talkshows, schreibt Bücher, hält Vorträge und kuschelt auch mit Rechten. Das Schlimmste, was ihr passieren könnte, wäre wirklich politische Verantwortung übernehmen zu müssen, etwa als Ministerin. Da wäre, wie einst bei Gatte Oskar, der Lack ganz schnell ab und der Job bald futsch. Und damit das bloß nicht passiert, hat sie sich ein cleveres Instrumentarium zurecht gelegt. Wann immer die Linke in den letzten Jahren auch nur in die Nähe von Sondierungen für eine Koalition geriet, verlautete aus ihrer Ecke sinngemäß so was: