Donnerstag, 11. August 2016

Durchgehende Gäule, Grenzen des Langmuts


Von den internationalen Pharmazeutischen Festspielen, als Olympische Sommerspiele gehandelt, gibt es ja auch durchaus Gutes zu vermelden. Zwar tut es mir um die einzelnen Sportler, deren Medaillenträume da platzen, sehr wohl leid, aber die mehr als magere Ausbeute der deutschen Mannschaft lässt auch ein wenig Genugtuung in mir keimen. Ich kann mir halt ein Grinsen nicht verkneifen, wenn nationale Selbstgerechtigkeit und mit Großmäuligkeit sich tarnende Unprofessionalität von Funktionären eins aufs Dach bekommen. Überhaupt bewahrheitet sich einmal mehr, dass Olympische Spiele as we know it nur noch in Diktaturen so richtig funktionieren. Woanders haben die Leute schlicht kein Geld oder keine Zeit, in die Stadien zu gehen und viele Plätze bleiben leer. Was wiederum die Hoffnung nährt, dass diese komplett korrumpierten, heillos aufgeblähten milliardenschweren IOC-, FIFA- und UEFA-Apparate irgendwann an ihrer eigenen Größe ersticken werden.

Durchaus sympathisch aber, dass dieses mal unübersehbar und unversteckbar nicht alles perfekt ist und es daher ein wenig menschelt. Gut zu wissen, dass viele Wettkampfstätten tatsächlich reine Provisorien sind, die nach den Spielen restlos wieder demontiert werden. Dass das Wasser des Sprungbeckens nach Grün umgeschlagen ist, wird mit einer defekten Umwälzanlage erklärt, durch deren Ausfall die Algenpopulation sich schlagartig vermehrt hätte. Nun ja, ich fühle mich da ja eher an die kurzbehosten, trillerpfeifenden Bademeister damals beim Schulschwimmen erinnert. Die versuchten uns immer mit der Drohung zu sekkieren, das Wasser verfärbe sich auf der Stelle signalgelb, giftgrün oder knallrot (jeder hatte da so seine eigene Version), wenn jemand hineinpinkele.

Ferner gefällt mir, dass Rugby wieder ins Programm genommen wurde. Das ist bekanntlich, einer alten Weisheit zufolge, ein Sport für Raufbolde, der von Gentlemen gespielt wird, wohingegen Fußball ein Sport für Gentlemen ist, der von Raufbolden praktiziert zu werden pflegt. Wer einmal erlebt hat, wie ein Zweimeterschrank, der aussieht, als sei seine zweite Sportart Hinkelsteinweitwurf, die Maßregelung eines um zwei Köpfe kleineren und halb so schweren Referees mitten in der Hitze des Gefechts ohne jede Diskussion mit "Yes, Sir" quittiert, weiß, wovon die Rede ist. Der Einwand, Rugby sei eben noch nicht so durchkommerzialisiert wie Fußball, trifft nur zum Teil zu. Es gibt Gegenden auf der Welt, in denen man mit Rugby durchaus wohlhabend werden kann.

Zu den definitiv schlechten Nachrichten gehört dagegen, dass ARD-Kommentator Carsten Sostmeier, jener Herrenreiter des Kommentatorenwesens, selbsternannter Großmeister der schwiemligen Sottise und des verbalen Auffahrunfalls, auch dieses Mal wieder die Welt des Reitsports unsicher macht. Und auch dieses Mal wieder zuverlässig liefert, da kann man nicht meckern. Schnarrte er noch vor vier Jahren im Taumel des Sieges der deutschen Military-Reiter, dass seit 2008 nunmehr zurrrückgerrritten werde. Dieses Mal onkelte er altherrenhaft über Julia Krajewski herum, die jüngste deutsche Reiterin. Womit er aus der Berichterstattung einen Blondinenwitz mit braunen Streifen machte. Den er wohl witzig fand. Und damit einer Minderheit angehörte, es aber wieder einmal nicht bemerkte. Was für den peinlichen Onkel auf der Familienfeier nur peinlich, für jemanden, der im weitesten Sinne mit Kommunikation seine Peseten verdient, auf Dauer aber nicht völlig unproblematisch ist.

Eigentlich bin ich ja Sympathisant des gebührenfinanzierten Rundfunks. Ein Modell, das, wie ich finde, trotz aller Schwächen durchaus Qualität hervorzubringen vermag. Mir ist auch bewusst, dass ich mit meinem Solidarbeitrag zwar eine Menge Schrott und Propaganda mitfinanziere, andererseits aber auch 3Sat, ZDFinfo, Dradio Kultur, arte usw. bekomme. Argumente wie die, es sei nicht zumutbar, von Leuten Zwangsbeiträge zu kassieren, die weder Fernsehen schauten noch Radio hörten, finde ich problematisch. Ich finanziere mit meinen Einkommens- und Mehrwertsteuern schließlich auch jede Menge Dinge mit, die ich zutiefst ablehne. Weit besser fände ich es, die Beitragszahlungen großzügig sozial zu staffeln. Aber zurück zum Thema.

Sostmeier nämlich bringt mich diesbezüglich regelmäßig an die Grenzen meines Langmuts. Ich verlange von Reportern gewiss weder Makellosigkeit noch ließe ich absolut keinen Fauxpas durchgehen. Auch geht die Welt des Reitsports mir komplett am Arsch vorbei, aber ich erwarte schon, dass jemand, der öffentlich-rechtlich unterwegs ist, sich innerhalb jener Bahnen bewegt, die das Grundgesetz ungefähr vorgibt. Also, sich unter anderem Diskriminierungen gefälligst zu verkneifen. Zumindest aber, einen Lapsus in diese Richtung sofort als solchen zu erkennen und entsprechend zu handeln, ohne erst dazu aufgefordert werden zu müssen.

Wenn nun einer wie Sostmeier regelmäßig in einer Weise herumschwadroniert, die jeden Jungreporter auf der Stelle den Job kosten würde und ebenso regelmäßig mit einer routinierten, lauwarmen, abgenötigten Entschuldigung durchkommt, dann wirft das schon Fragen auf. Etwa die, wofür genau der Mann eigentlich einen dieser deutschen Fernsehpreise bekommen hat und was das über den Stellenwert dieser Veranstaltung aussagt. Oder die, bis zu welchem Anschlag Sostmeier eventuell in welchen Pupslöchern steckt, dass die Besitzer selbiger offenbar immer wieder schützend die Hand über ihn halten. Und natürlich auch die, warum ich mit meinen sauer verdienten Piepen so einen schmerzfreien Dampfplauderer üppig durchfüttern soll.

Apropos Grenzen: Beim letzten Mal habe ich hier ja an einer Verteidigung der englischen Küche versucht. Das bedeutet aber mitnichten, dass auch ich da nicht mitunter an Grenzen stieße. Beim Zeitungs- und Erfrischungshändler der Victoria Station überkam mich spontan der Wunsch, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und endlich einmal Irn-Bru zu probieren. Es handelt sich dabei um ein schottisches Kultgetränk, eine stark koffeinhaltige Limonade, die seit über hundert Jahren nach einem geheimen Rezept gebraut wird, in Schottland zeitweise mehr verkauft wurde als Coca Cola und als hervorragendes Anti-Kater-Mittel gilt.

Schmeckt schlimmer als es aussieht

Zwar war ich nicht verkatert und die grelle Schwimmwestenfarbe des Gesöffs schreckte schon rein äußerlich ab, aber im Dienste der Wissenschaft erstand ich eine Flasche und öffnete sie. Der Geruch? Undefinierbar. Ich sag's mal so: Ahoi-Brause riecht dagegen direkt natürlich. Einen Schluck riskiert und... Erster Eindruck: Zucker und nochmals Zucker. Flüssige Diabetes. Bestimmt super bei Kilometer 180 einer Bergetappe der Tour de France, kurz bevor es den Mont Ventoux hochgeht. Wonach das schmecken soll? Ich habe absolut keine Ahnung, aber wenn das natürliche Kräuterauszüge sind, dann bin ich ein Atomkraftwerk. Trinken Sie das nicht. Lassen Sie's. Es ist keine gute Idee, wirklich. Ich habe das bereits getan, damit Sie es nicht mehr tun müssen. Lassen Sie dieses eine Mal nicht Neugier Ihr Handeln lenken. Es sei denn, Energydrinks schmecken Ihnen zu laff und sie mögen es, die nächsten Tage Angst vor spontanem Haarausfall am ganzen Körper zu haben sowie davor, dass Ihr Urin im Dunkeln leuchtet.





3 Kommentare :

  1. Lieber Stefan Rose,
    aus brasilianischer Sicht bin ich ganz einer Meinung. Glücklicherweise bleibt uns hier IRN-BRU erspart, dafür aber nicht ein totaler Staatsstreich nach US-amerikanischer Braukunst.
    Übrigens: Habt Sie registriert, wie ZEIT und Spiegel sofort eine neue "faire" olympische Wertungsskale kreiert haben, nachdem Deutschland in den ersten Rio-Tagen keinerlei Medaillen geschafft hatte?
    Da waren Olympia-Medaillen plötzlich überholt und unfair usw.
    "Wir" sind halt die Besten - und wenn dabei keine Medaillen rausspringen, liegt's natürlichen an den Medaillen.
    Grüße aus São Paulo
    Wolf Gauer

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    1. Oder man geriert sich als Nation dauerbetrogener, sauberer Nichtdoper, die gegen das pharmazeutisch optimierte Ausland zwangsläufig abstinken muss...

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  2. Olympia habe ich mir nicht angetan.Diese Scheinheiligkeit ging mir dann doch zu weit.Russland wird gesperrt...aber darf dann doch die Sportler schicken^^Aber zu den Paralympics dürfen sie nicht!!!!!!Was ist das für eine Logik?Klar die dopen ja ganz dolle.Diese ganzen Mammutsportveranstaltungen gehen mir so was...dafür ist immer Geld da.Aber unsere Schul u. Vereinssportplätze verfallen

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