Nicht immer Kritisches über Politik, Gesellschaft, Medien, Kultur, Essen und manchmal auch Sport
Sonntag, 13. Oktober 2019
Ronny des Monats - Oktober 2019
Keine Sorge, auch diesen Monat werden wieder einmal die Ronnys vergeben. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. War mir nur wichtig, aus aktuellem Anlass etwas zum Thema Halle a.d. Saale dazwischenzuschieben, weil ich sonst vermutlich durchgedreht wäre. Ursprünglich hatte ich vor, die Gruppe 'Fridays for Hubraum' zu prämieren. Als abschreckendes Beispiel, in was für eine Güllegrube sich ein milde satirisches Nonsens-Projekt, das man so oder so finden kann, sich in kürzester Zeit verwandelt, wenn es in die Fänge potenzieller Ronny-Preisträger gerät.
In so eine zum Beispiel.
Und so eine.
Unter anderem.
Nee, lieber doch nicht. Jedes Bisschen Aufmerksamkeit für solchen Pöbel wäre zu viel. Um der Chronistenpflicht willen die Screenshots archivieren, reicht vollauf.
Die Top 5 des Monats:
Platz 5: KdF-Dampfer im Ring
Es ist ja kein besonders neuer Spruch, dass beim professionellen Fressepolieren, a.k.a. Boxen, in den ersten zehn Reihen um den Ring zirka 10.000 Jahre Knast säßen. Auch die Aktiven selbst und ihr Umfeld führen, von Ausnahmen abgesehen, gern ein eher halbweltliches Odium Gassi. René Hildebrand ist Inhaber und Betreiber des 'Germanen Boxstall' in Kiel. Das muss natürlich noch gar nix heißen. Und dass auf seinem Hemd letztens in Frakturschrift 'Kraft durch Freude' zu lesen war, erst recht nicht. Ist aus der gleichnamigen Organisation schließlich der VW Käfer entstanden. Überhaupt, was ist das bitteschön für ein Germanen-Boxstall, der Germanen wie Hasan Olaki, Flamur Elezaj und Islam (!) Ashabov unter Vertrag hat? Müsste der Laden nicht eher 'Linksgrüne Multikulti-Truppe' heißen oder 'Boxbude Bullerbü'? Wen heuern die als nächstes an? Bussi Bär?
Platz 4: Die Säge von Zwickau
Historisch Bewanderte wissen, dass der Heilige Bonifatius einst mit dem Heidentum in Mitteleuropa Schluss machte, indem er bei Fritzlar eine Eiche umhackte, die dem Gott Donar geweiht war. Als die entsetzten Druiden merkten, dass die fällig Reaktion Donars ausblieb und der Himmel ihnen nicht auf den Kopf gefallen war, guckten sie doof aus der Wäsche und ließen sich bekehren, so die fromme Legende. Man weiß nicht, ob demjenigen, der die zum Gedenken an den von der rechtsextremen Mörderbande NSU hingerichteten Enver Simsek im September gepflanzte Eiche umgesägt hat, dieser historische Hintergrund bewusst war. Oder es handelte sich einfach um ein rassistisches Faschistenarsch.
Platz 3: SS-Siggi macht Schule
Hätte Clemens K. im Januar 2019 sich bei einem Sportfest der Schule, an der er als Quereinsteiger unterrichtet, nicht halbnackig gemacht, wäre das alles nicht passiert. Weil er es aber getan hat, weiß nun alle Welt, dass seinen Oberkörper der Slogan 'Meine Ehre heißt Treue' ziert sowie eine 'Wolfsangel' und eine 'Schwarze Sonne'. Ersteres war bekanntlich der Wahlspruch der SS, bei den beiden letzteren handelt es sich um verbotene verfassungswidrige Symbole. Ihm wurde gekündigt, er klagte beim Arbeitsgericht. Ach so, sein Büro hatte übrigens die Durchwahl 88. Kein Scherz. "Reiner Zufall, erklärte das Schulamt dem Blatt. K. sei das letzte freie Büro zugeteilt worden, die Durchwahl '88' habe für das Telefon dort schon vorher bestanden." (ebd.). Aha. Das zuständige Schulamt Neuruppin muss Clemens K. vertragsgemäß weiterbeschäftigen, bis der Rechtsstreit entschieden ist. Um ihn nicht in Kontakt mit Schülern zu bringen, sei "Quereinsteiger K. [...] nun in einem Bereich tätig, der Konzepte für Fachdidaktik und Fortbildung entwickeln soll." (ebd.). Auf den Output darf man gespannt sein.
Platz 2: Braune Hirse
Die Firmen Alnatura und Biomare haben entschieden, ein Produkt, das von einem AfD-Politiker vertrieben wird, aus dem Sortiment zu nehmen. Und schon fühlt man sich wieder wie die Juden 1933ff. ("Kauft nicht bei Juden! Ojeojeoje! Sind wir schon wieder so weit? Wann werden sie uns deportieren?) Haben diese Leute schon mal irgendwo was von Vertragsfreiheit gehört? Für den Fall dass nicht: Es ist eine normale und völlig legitime unternehmerische Entscheidung, Waren bestimmter Lieferanten bzw. Hersteller ins oder aus dem Sortiment zu nehmen. Kein Händler ist da irgendeinem Rechenschaft schuldig, solange er nicht gegen gesetzliche Bestimmungen oder gegen bestehende längerfristige vertragliche Bindungen verstößt. Manchmal beschleicht mich ja der Verdacht, zumindest ein paar dieser Honks glauben den abstrusen Blödsinn, den sie da absondern, tatsächlich selbst. Na gut, sie setzen auch eine Handelskette mit einem Staat gleich.
Platz 1 und Ronny des Monats Oktober: Er nu wieder!
Butz Lachmann, der mehrfach vorbestrafte Exilant, dem brave Bürger hinterdackeln, weil sie Angst haben vor kriminellen Ausländern, hat sich mal wieder zu Wort gemeldet und Klimaaktivisten als "Volksschädlinge" bezeichnet. Moment mal, da war doch was… Das erinnert mich doch an… Ah, da haben wir‘s ja! Hat aber nichts zu bedeuten. Keine Nazis nirgends. Nur Besorgte Bürger, deren Sorgen und Nöte nicht ernst genug genommen werden. Also quasi Notwehr.
Der Ehrenronny des Monats geht dieses Mal an:
Springer-Chef Mathias Döpfner
Leider steht sein Leitartikel (Screenshot), auf den hier Bezug genommen wird, hinter der Bezahlschranke. Und weil ich mir einst geschworen habe, mein Lebtag keinen Pfennig/Cent meines Geldes für ein Produkt aus dem Hause Springer auszugeben, muss ich mich als ausgemachter Fan von Quellenkritik leider auf das Urteil Dritter verlassen. Ich sag‘s mal so: Wenn davon auch nur die Hälfte stimmt, ist es ein würdiger Preisträger.
Ein Auszug auf spaetnachrichten.de:
"Es wird verschwiegen oder beschwichtigend verharmlost. Und wenn einige wenige Medien die Fakten doch nennen [...], dann werden vielfach nicht die Tatsachen beklagt, sondern wird derjenige beschimpft oder gar der Aufwiegelung bezichtigt, der die Realität beschreibt. Deutschlands Politik- und Medieneliten schlafen den Schlaf der Selbstgerechten und träumen den Wunschtraum der Political Correctness. Möchten sie nicht, dass diese Ruhe gestört wird?"
Nur zum besseren Verständnis: Es handelt sich um einen Artikel, der Bezug nimmt auf den antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Halle. Anders gesagt:
"Mathias Döpfner hat den tödlichen Anschlag eines Rechtsextremisten zum Anlass genommen, über alles zu schreiben außer über Rechtsextremismus." (Stefan Niggemeier)
Konsequenz?
"Anläßlich des Terrorattentats von Halle veröffentlichte der Chef des Springer-Konzerns ein wirres Manifest, in welchem er als Konsequenz aus dem Attentat u.a. eine härtere Gangart in der Flüchtlingspolitik, ein Ende der Political Correctness und irgendwelche personellen Konsequenzen beim Hamburger SV forderte.
Die genauere Erläuterung, was all diese Dinge mit dem rechtsradikalen Terroristen von Halle zu tun haben, bleibt er schuldig, man muss sie sich zusammenreimen. Ich habe sie mir so zusammengereimt: Menschen werden rechtsradikal, weil wir, Springer, immer noch nicht rechts genug berichten. Würden uns nicht die ganzen Gutmenschen ständig in die Parade fahren, könnten wir endlich offen über den an und für sich kriminellen Ausländer sprechen. Das würde dann paradoxerweise zu einer Beruhigung der Rechten führen, und die Gewalt wäre im Keim erstickt." (Leo Fischer)
Und die Juden wären auch wieder sicher. Problem gelöst.
Spaß beiseite. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es auch Stimmen gibt, die die Kritik an Döpfner für überzogen und die Debatte für "entgleist" halten. Insgesamt scheint es sich um ein erschreckendes Beispiel zu handeln für die, sehr höflich gesprochen, indifferente Haltung, die bürgerlich-konservative Medien gegenüber Rechtsextremismus auch im Jahr 2019 immer noch hegen. Als habe es einen Mordfall Lübcke nie gegeben. Während sie anderen vorwerfen, in (Wunsch-)Traumwelten zu leben.
5 Kommentare :
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Kommentare zum Post
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Der Text von Döpfner findet sich unter Deiner E-Mailadresse aus Deinem Impressum. Und nebenbei finde ich die Kritik daran den Umständen entsprechend. Und diese Umstände sind etwas zu ernst, als diese pupertäre Scheiße abzusondern. Aber auch das ist Ansichtssache.
AntwortenLöschenGruß,
Pantoufle
Ja, danke. Der große Meister möge mir nachsehen, dass ich nicht umgehend geantwortet habe, ich war gerade unterwegs und am Handy beantworte ich ungern Mails.
LöschenAch so: 'pubertär' hat rein gar nichts mit 'pupen' o.ä. zu tun und wird daher mit 'b' geschrieben. Es sei denn, man will krampfhaft witzig sein in diesen schweren Zeiten.
"Und nebenbei finde ich die Kritik daran den Umständen entsprechend."
LöschenFür mich eine Aussage ohne Substanz. Wenn man diese unterfüttern würde, warum genau die Kritik an Döpfner "denn Umständen entsprechend" sind und was genau das heißen soll, dann, ja dann, wäre vielleicht ein Diskussionsbeitrag draus geworden.
Da dies nicht der Fall ist, könnte man auch Deinen Einwurf als substanzlos, oder gar pup/bertär etikettieren/stigmatisieren.
Da ich Dich, lieber Pantoufle eigentlich anders kenne, enttäuscht mich schon dieser Anwurf von Deiner Seite - ohne argumentative Unterfütterung.
Man kann über alles streiten - aber dann bitte auch mit Argumenten statt mit Beleidigungen.
Aber auch das ist Ansichtssache.
LG
Duderich
Einen Ronny von Dir hätte ich mir auch für Jutta Ditfurth gewünscht.
AntwortenLöschenObwohl unter vermeintlich linker Flagge segelnd, hätte sie den Ehrenronny in der Kategorie Spaltung verdient.
Spalten oder aufklären und informieren über das angeblich Richtige im Falschen?
Löschenhttps://www.fr.de/politik/jutta-ditfurth-extinction-rebellion-eine-weltuntergangssekte-13116627.html