Dienstag, 25. August 2020

Jenseits der Blogroll - 08/2020


Höchste Zeit wird es wieder einmal für die Links und Fundstücke des Monats. Vorweg ein Nachtrag: Zwar fiel der 'Ronny des Monats' dieses Mal dem Sommerloch zum Opfer, doch möchte ich es nicht versäumen, an dieser Stelle einen Preisträger zu nominieren bzw. eine Preisträgerin. Es ist nämlich durchaus interessant, aus was so alles politisches Kapital geschlagen wird, wenn die sonstigen Themen (Flüchtlinge! Klimahysterie! Ausländerkriminalität! Staatsversagen!) aufgrund der Seuche ein wenig in den Hintergrund treten.

Der Ronny des Monats August geht an:

Die Baden-Württembergische AfD-Landtagsfraktion.

Deren parlamentarischer Geschäftsführer Anton Baron war auf die Idee gekommen, sich mal die aktuelle Neuauflage des Duden näher anzuschauen. Was prinzipiell eine gute Idee ist. Doch was musste Baron, Schockschwerenot!, da lesen? Das Mannheimer Machwerk ist von unnötigen Anglizismen überfremdet und enthielte zudem Gendersternchen. Pfui Teufel! Fraktionsvorsitzender Bernd Gögel wird mit der Aussage zitiert, die "Mannheimer Duden-Ausgabe" sei "keine Schreibhilfe mehr, sondern eine Ideologiehilfe zur Durchsetzung linker Politik." Denn:

"So gehören Zusammensetzungen wie »Alltagsrassismus« oder »rechtsterroristisch«, aber auch »Klimanotstand« oder »Ladesäule« nur zum ideologischen Sprachschatz kleiner Gruppen von Sprachverwendern wie Aktivisten, Politikern oder Journalisten - die diesen Sprachschatz gern der Mehrheit der Bürger verordnen wollen, um aus ihren [sic] kruden Weltsicht Welt werden zu lassen." (Quelle)

'Ladesäule' als ideologischer Kampfbegriff. Muss man erst einmal drauf kommen. Jetzt ist also auch die Duden-Redaktion Teil der großen Verschwörung zur Abschaffung des Deutschtums. Keine Rede davon, dass es sich bei der Genderei lediglich um Vorschläge handelt und dass die im Duden zusammengefasste Rechtschreibung schon seit 1996 nicht mehr allgemeinverbindlich ist und sich nur mehr an den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung orientiert. Aber wen interessieren schon Fakten, wenn man Stimmung machen kann?

Nun aber zu den Fundstücken.

Politik. Die demokratische US-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez ('AOC') wird zur Zeit vor allem in linken Medien als die neue Hoffnungsträgerin der US-Politik gefeiert ("Wunderbare AOC", so wedelt etwa Bernd Pickert sich‘s von der Palme) und wie ein Popstar verehrt. Unter anderem, weil sie auf sexistische Anwürfe einigermaßen cool reagiert. Das ist zwar respektabel, doch vielleicht sollte man schon etwas genauer hinhören, wenn Ms. Ocasio-Cortez was zur Weltpolitik und zum Thema Israel zu verlautbaren hat, da rollen sich einem nämlich die Fußnägel nach oben.

Leo Fischer über Corona-Skeptiker.

Janko Tietz klärt auf: Angela Merkel hat die Krise genutzt, um klammheimlich den Sozialismus einzuführen. Die Durchhalteparolen und Motivationssprüche, die vermeintlich privatwirtschaftliche Unternehmen uns in diesen Zeiten allüberall reindrehen, als hätten sie einen 'Butlers'-Katalog gefrühstückt, erinnern nämlich verdächtig an die Zustände im Real existierenden damals. Mein Reden übrigens schon länger.

Peter Schwarz über das abgekartete Spiel der rechten Corona-Leugner.

In seinem Buch 'Gottes falsche Anwälte' kritisiert Mouhanad Khorchide das Islamverständnis vieler Muslime. Der Prophet Mohammed habe die Freiheit des Menschen gewollt, sagte Khorchide im Dlf. Stattdessen werde seine Verkündigung missbraucht und zu Herrschaftszwecken manipuliert.

Michael Blume: Ausgerechnet Platon hat uns mit dem Höhlengleichnis die Mutter aller europäischen Verschwörungserzählungen beschert.

Humor und Satire. Was immer in den Reihen des 'Demokratischen Widerstand' so für Medikamente gereicht werden, ich hätte gern auch was davon. Besonders heftig genascht scheint Anselm Lenz zu haben, denn das Berlin, das er in einem seiner Newsletter schildert (Dank an Frau Mühlstein!), liegt offenbar in einem Paralleluniversum, zu dem man nur mit psychoaktiven Substanzen Zugang findet. Auch sein Offener Brief, sein gepfeffertes 'J‘accuse!' an BP Steineimer ist herrlich amüsante Lektüre. Diese aufgeblasene, schwülstige, dabei semantisch schiefe Dicketu-Sprache erinnert in ihrem Pathos durchaus an historische Vorbilder. Kleine Kostprobe gefällig?

"Es ist das Wesen von Republik und Demokratie, dass die Implikationen der Öffentlichkeit transparent, repräsentativ und öffentlich verhandelt und entschieden werden. [….] In der Stunde des Versagens der Repräsentation unter Corona, der Nahezu-Gleichschaltung unserer Medien, ist es unsere Aufgabe als DemokratInnen, an unser Widerstandsrecht zu erinnern. Herr Bundespräsident, dies tun wir nicht zum Schein." (Lenz)

Na da wird Frank-Walter aber mächtig die Hosen voll gehabt haben!

Kultur/Gesellschaft. In Corona-Zeiten boomt angeblich der Wohnmobil-Verkauf. Hannes Soltau warnt, dass das Freiheitsversprechen der mobilen Urlaubsheime sich, wie schon das des Autos, in dem Maße verflüchtigen wird, in dem die Dinger zum Massenphänomen werden.

Anlässlich eines Dokumentarfilms von Bettina Böhler über den vor 10 Jahren verstorbenen Christoph Schlingensief erinnert Georg Seeßlen an den Künstler, der zu Unrecht das Etikett des 'Enfant terrible' angepatzt bekam. Denn: "Als Zeitgenosse war er so liebenswürdig wie respektvoll und quälte andere Menschen höchstens dadurch, dass er nicht wegsah und nicht weghörte." (Seeßlen)

Co-Autorin und Regisseurin Lily Wachowski bietet jetzt eine neue Deutung der 'Matrix'-Trilogie an: Das sei im Prinzip eine Transgender-Geschichte.

Die Schweizer Rapperin Loredana, die schon mal mit einer Kalaschnikow posiert, soll gemeinsam mit ihrem Bruder ein älteres Ehepaar um mehrere hunderttausend Franken geprellt haben. Seither diskutiert man in der Schweiz: Wie viel Gangsta darf Rap sein? Identitätspolitisch Aktive fragen: Darf man eine gebürtige Kosovarin aus einer Flüchtlingsfamilie überhaupt so harsch kritisieren oder ist das nicht rassistisch und sexistisch? Und Feministinn/en fragen: Hat das Patriarchat nicht bloß auf den Fehltritt einer emanzipierten, starken Frau gelauert, um sie jetzt bei erster Gelegenheit gnadenlos abzusägen und zum Verstummen zu bringen? Fragen über Fragen...

Bald ist wieder Weihnachten. Ein Geschenktipp für alle Aufgewachten und Querdenker.

Musik. Wenn Rock bzw. Pop auf 'Klassik' trifft, dann werden meist populäre Musiktitel unter dicker, süßlicher Orchestersoße erstickt, dass man Angst bekommt, beim Hören Diabetes zu kriegen. Geht aber auch anders. Man nehme etwa ein Streichquartett.


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Essen, trinken, gut leben. Maxi Wunder in der so köstlich benannten Rubrik 'Coole Wampe' über die Rumfordsuppe, die klassische Sattmacherin der Armenspeisungen.

Einige schöne Rezepte für den Fall, dass man Hunger hat, keinen Bock zu kochen und Konserven einem nicht ins Haus kommen. Schnellgerichte für die Mikrowelle.

Das Rezept (II). Es gibt wenige traditionelle Gerichte der deutschen Küche, die man spontan als leicht, elegant und raffiniert bezeichnen könnte. Allzuoft ging und geht es hierzulande weniger um Delikatesse, um Verfeinerung, sondern ums bloße Sattwerden. Am besten viel und billig. Aber es gibt Ausnahmen. Frankfurter Grüne Soße ist so eine. Oder Schnüüsch (klingt wenig appetitlich, ist es aber, und zwar höchst). Oder das berühmte Leipziger Allerlei. Nur ist das leider immer noch ein wenig in Verruf, weil viele es nur als Dosengatsch aus Erbsen, Möhren und Spargelresten kennen, der, meist in Kantinen und Mensen als lieblose Gemüsebeilage verklappt wird. Stevan Paul erklärt, wie‘s richtig geht.





7 Kommentare :

  1. AOC ist nicht antisemitisch, das wäre noch irgendwie stringent.
    Eher sind ihre Äußerungen einfach nur wirr und werfen zwei Fragen auf:
    Hat ihr schneller Aufstieg was mit ihrem Hintergrund zu tun und blieb die Kompetenz dabei, vorsichtig gesagt, auf der Strecke?
    Ist das Stichwort "psychoaktive Substanzen" auch an dieser Stelle relevant?

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  2. »So gehören Zusammensetzungen wie [..] „Ladesäule“ nur zum ideologischen Sprachschatz kleiner Gruppen von Sprachverwendern wie Aktivisten, Politikern oder Journalisten«

    Genauso wie „Tanksäule“ oder „Tankstelle“: welch garstige Anglizismen! Der aufrechte Deutschsprecher nennt einen Panzer nicht „Tank“, sondern fährt an die Panzerstelle zum tanken!

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  3. @ nömix

    Perlen vor die Tanksäue geworfen.

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    1. Puh, da muss ich gestern ja wieder mächtig gepanzert haben...
      @Art: Das vielleicht nicht, aber sie zerstört das Patriarchat mit der Macht ihres Lidstrichs...

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    2. Da fällt mir ein, dass wir ja schon seit Langem auf die Morning Routine von Bonetti warten. Wann können wir denn damit rechnen?
      Maria Clara Groppler hat ja schon mal vorgelegt. Ob Bonetti das toppen kann?

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    3. @ Anonym

      https://kiezschreiber.blogspot.com/2014/07/ein-tag-im-leben-von-andy-bonetti.html

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  4. @Stefan
    Für individuelle Schönheit eintreten ist gar nicht so unmutig, wenn man sich den glühenden Haß ansieht, den sowas nicht nur unter Feministinnen triggern kann, dort aber besonders.
    Dann ist es aber wieder das Schönheitsideal des Patriarchats, daß sie -schluchz- zu erfüllen hat.
    Das eine Bein geht einen Schritt vorwärts, das andere steht noch knietief im alten Denken.
    Jetzt geht es da nur um Mode, aber solche Figuren haben wir mehrere, halb im Neuen, halb im alten, gerade auch bei relevanteren Themen.

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